Extrem gespannt machten wir, Heiner Lobenberg und Max Bomm, uns am Montag, den 25. April auf den Weg nach Bordeaux. Wie wird sich der Jahrgang 2021 präsentieren? Man hatte viel von einem herausfordernden Jahr gehört. Ähnlich wie in Deutschland. Aber da hatten wir schon so fantastische, lebendige, teilweise wirklich große Weine verkostet. Ebenso auf der »Vinitaly« Messe in Verona. Wird das im Bordelais ähnlich sein?
Eins können wir bereits vorwegnehmen: 2021 ist so ein archetypischer Bordeaux-Jahrgang, wie es ihn schon lange nicht mehr gab. Geprägt von genialer, kühler Eleganz und niedrigen Alkoholwerten. Sehr schick, fein, dabei aber auch so spannungsgeladen – ein absolutes Traumjahr für Finesse-Trinker. Cool-Climate par excellence. Wir nehmen Sie Tag für Tag mit auf unserer kleinen Zeitreise zurück zur Klassik!
Auftakt, erster Tag, Ankunft abends bei Denis Darriet von Château Seguin. Denis empfängt uns im malerischen Cap Ferret. Er erzählt uns vom Jahrgang quasi mit einem weinenden Auge, aber gleichzeitig hat er auch ein Lächeln auf den Lippen. Denn der Seguin, den er uns einschenkt, bringt auch uns zum Strahlen. Wow, was für ein schicker Einstieg in den Jahrgang! So wunderbar fein verwoben und balanciert, das ist eine echte Sensation. Denis beschreibt 2021 zunächst als kompliziert: Es gab hier Frost im April, dann hohe Niederschläge und Hitze, was den Pilzdruck dramatisch erhöht hat. In solchen Jahren zeigt sich, welche Winzer ihr Handwerk perfekt beherrschen und Denis ist ein absolutes Musterbeispiel dafür. Es musste penibel selektiert werden und so gibt es auch in 2021 keine Special-Cuvées, alles ging in den normalen Grand Vin. Mini-Ertrag von nur 17 hl/ha. Das ist natürlich irgendwo schade, wertet den Wein aber nochmals auf. Wirklich toller Stoff! Hier ist nur allerbestes Material drin, leider sind die Mengen so extrem gering, es gibt insgesamt nur 15.000 Flaschen… Zum Abendessen holt Denis eine Flasche Latour aus 2001 aus seinem Keller. Gewisse Jahrgangsparallelen sind hier durchaus erkennbar – wenn sich 2021 so schick entwickeln wird, ist das großes Kino. Ein genialer Auftakt in den Jahrgang.
Erster Termin des Tages, 9:30 Uhr auf Pontet Canet. Immer einer meiner persönlichen Favoriten, weil er ganz anders ist. Nicht richtig klassisch in seiner Ausprägung, hat immer einen dezenten Freakstoff-Touch. Erdig, würzig, eben diesen biodynamischen Twist. Auch im 2021er haben wir diesen Stil, aber enorm burgundisch-schick interpretiert. Es wurde nicht extrahiert, um eine starke Frucht und Eleganz zu bewahren. Ätherisch, fast schwebend. Glücklicherweise gab es auf Pontet Canet kaum Frost. Dafür aber Reifeverzögerungen, die dafür sorgten, dass alle Rebsorten quasi zeitgleich blühten. Aber wie bei allen Ökos gab es hier in 2021 vermehrt Probleme mit Mehltau, der aussortiert werden musste. So kam es zwar nicht zu Qualitäts- wohl aber zu Ertragsverlusten von rund 15 bis 20 Prozent im Vergleich zu 2020. Als Entschädigung haben wir hier einen wunderbar zarten Pontet im Glas, den ich am liebsten gar nicht spucken möchte…
Weiter geht’s zum großen Tasting bei Negociant CVBG auf Château Belgrave. Immer eine Riesengelegenheit direkt eine ganze Reihe von Weinen nebeneinander zu verkosten und untereinander zu vergleichen. Danach hat man schon einmal einen Überblick über den Jahrgang in den verschiedenen Appellationen. Perfekt organisiert, kann man sich die Weine in unterschiedlichen Tasting-Flights an den Tisch bestellen. Highlights? Für mich zum einen Le Boscq, der eh in den meisten Jahren ein super Deal ist. Das ist auch in 2021 der Fall. Wir haben hier einen typischen, würzig-schwarzen Saint-Estèphe im Glas. Dunkel und konzentriert, reife Beerenfrucht, schwarz-violett in der Ausprägung mit viel Saft. Es gab hier in 2021 keinen Frost, da die Weinberge in erster Reihe zum Fluss stehen. Ein Leckerli mit elegantem Twist! Zweites Highlight ist Domaine de Chevalier Rouge. Er strahlt so wunderbar schick aus dem Glas. Am Gaumen ist das ein wirklich zupackender Vertreter, der aber immer elegant und fein bleibt. Ein richtiger Musskauf für Burgunderfans! Nach Seguin schon der zweite Pessac, der mich flasht. Ich bin gespannt, wie Smith Haut Lafitte ausfallen wird.
Im Anschluss gibt es auf Latour neben den aktuellen Releases auch die 2021er zu verkosten, die erst in ein einigen Jahren auf den Markt kommen werden. Besonders spannend ist hier aber der direkte Vergleich zwischen Latour 2014 und 2021. Stilistisch ist das schon recht nah beieinander in dieser extrem feinen, burgundischen Klasse. Aber 21 hat im Vergleich zu 14 einfach noch einen Hauch mehr Druck, mehr Reife, ist aber irgendwie gleichzeitig noch feiner, schwebender. Klingt verrückt, ist aber so. Insgesamt heute vielleicht noch etwas wild, zwar fruchtoffen, aber das Holz ist noch nicht komplett fein integriert. Die weiteren Jahre bis zum Release werden ihm sicher guttun.
Mit Ulysse Cazabonne steht am Nachmittag das zweite, große Händlertasting an. Hier in der neuen, klimatisierten Halle macht man immer richtig Meter. Mit Brane Cantenac, Cantenac Brown, Lascombes und Rauzan Segla sticht die Appellation Margaux qualitativ besonders heraus. Sehr schick, auf der charmanten, verspielten Frucht laufend. Trinkigkeit bis zum Abwinken, aber ohne Mangel an Komplexität. Hoch spannend! Mit einem wunderbar offenen Meyney haben wir hier auch das nächste Preis-Genuss-Wunder. In seiner hedonistisch-fleischigen Art ein Highlight unter den Cru Bourgeois.
Der letzte Termin des Tages ist um 18 Uhr auf Ducru-Beaucaillou. Im sensationellen Grand Vin sind wir hier quasi zurück in den 80ern, aber mit dem heutigen Know-How. Selten habe ich einen 98-prozentigen Cabernet Sauvignon in einer so unfassbar eleganten Ausprägung erlebt. Vollreif, konzentriert, terroirgeprägt und mit schiebender Frische – und das bei nur 12,5 % Vol. Genial! 2021 war eine riesige Herausforderung für das gesamte Team von Ducru-Beaucaillou. Recht viel Regen bis in den August hinein, was den Pilzdruck massiv erhöht hat. Um nicht systemische Mittel einsetzen zu müssen, hat hier eine 35-köpfige Mannschaft regelmäßig jedes einzelne Blatt entfernt, was erste Anzeichen von Mehltau hatte. Zwei optische Sortiersysteme haben unperfekte Beeren nach der Lese nochmals herausselektiert. Im Vergleich zu 2020 gibt es hier dadurch nur die halbe Menge, dieses stylische Meisterwerk wird also leider extrem limitiert sein.
Der Mittwoch startet auf Pichon Comtesse, hier werden Weine der Union Grands Crus Bordeaux (UGCB) aus Pauillac vorgestellt. Wie werden sie sich präsentieren? Nach dem schicken Pontet Canet sind die Erwartungen hoch.
Extrem gespannt beginnen wir mit dem »Hauswein« Pichon Comtesse und wow – so ein Jahr wie 2021 steht der Comtesse extrem gut! 88% Cabernet Sauvignon, 10% Cabernet Franc, 2% Merlot. Im Vergleich zu Pichon Baron ist Comtesse ohnehin schon immer der zartere, femininere Wein. Aber in 21 haben wir hier noch einmal eine Extraportion burgundische Finesse im Glas. Fast etwas untypisch Pauillac, mehr in Richtung Saint Julien oder Pomerol tendierend in dieser druckvollen Frucht. Unglaublich fein verwoben, tänzelnd, genial. Zusammen mit Ducru einer der 2eme-Stars in 2021?
Daneben direkt der Nachbar Pichon Baron im Vergleich. Wie immer der etwas rustikalere Wein, wobei der 21er an sich kein wirklich rustikaler Wein ist. Ebenfalls 88% Cabernet Sauvignon, die restlichen 12% sind Merlot. Changierend in rotfruchtiger Kirschsaftigkeit und druckvoller, schwarzer Cassisfrucht. Ebenfalls sehr geschliffen mit unbändiger Kraft und viel Frische zugleich. Für mich nicht ganz an die Klasse und Eleganz von Comtesse heranreichend, aber das ist wirklich jammern auf hohem Niveau.
Grand Puy Lacoste – Pauillac meets Pinot? So seidig, charmant und auf der rotfruchtigen Frische laufend habe ich GPL selten im Glas gehabt. Die pure Trinkfreude, ohne niederknien zu müssen. Einfach soo verführerisch lecker. Batailley ist im Vergleich etwas mehr geprägt von seiner dunklen Mineralität, sehr konzentriert und kraftvoll. Ist Pauillac in 2021 so burgundisch? Ich bin jedenfalls begeistert und enorm neugierig auf Lynch-Bages.
Weiter gehts aber erstmal zu Phelan Segur in Saint Estèphe. Der Winter war hier relativ mild mit normalen Niederschlägen und glücklicherweise blieben die Reben hier durch die günstige, flussnahe Lage auch vom Frost im April verschont. Jede Parzelle hat ihr einzigartiges Mikroklima und wird dementsprechend separat ausgebaut. Am Ende ist der Erstwein eine Assemblage der besten Parzellen. Das Ergebnis ist ein sehr klassischer und balancierter Phélan Ségur, eleganter und vielleicht etwas ernsthafter als das wollüstige Leckerli aus 2020. Laut Eigentümer Philippe Van de Vyvere »ein purer, zeitloser Wein mit Präzision, Dichte, Reife, geschliffenem Tannin und Eigenständigkeit« – ich könnte es nicht besser zusammenfassen.
Nach einem fantastischem Lunch-Buffet auf Phelan Segur, machen wir uns auf den Weg zu Giscours, um dort einige Weine der UGCB aus Margaux zu verkosten. Der erste Eindruck über die Appellation, den ich schon vom Tasting bei Ulysse hatte, bestätigt sich hier. Die 2021er Margaux strahlen nur so vor seidiger, transparenter Frucht. Im Giscours kommt die perfekt ausgereifte Cabernet so wunderbar durch – das kann man schon fast als typisch für den Jahrgang bezeichnen. Die Cabernet Sauvignon ist wirklich überall ultraschick. Im Malescot St. Exupéry wird sie zusätzlich von brillanter, glockenklarer Merlotfrucht ergänzt. Ätherisch und perfekt verwoben. Für mich ein echtes Highlight hier, wow! Ich kann es kaum erwarten die ganz großen Weine der Appellation wie Palmer und Margaux zu verkosten.
Direkt im Anschluss zum UGCB Tasting Saint Julien in den Kellern von Chateau Lagrange. Erstes Paar: Leoville Poyferré und Leoville Barton. Ein gegensätzliches Paar. Poyferré total auf der hellen, kreidigen Mineralität laufend. Extrem geschliffen, geradlinig und puristisch. Mag ich sehr! Die Erträge waren hier mit 24 hl/ha sehr gering, aber dafür haben wir hier eine geniale Konzentration und viel Spannung. Im Gegensatz dazu hat Barton die dunklere, kraftvollere, sattere Frucht. Einfach einen Hauch mehr »Fett« auf den Rippen, wenn man davon in 2021 überhaupt sprechen kann. Aber auch hier alles extrem gut ineinander verwoben. Am Ende ist es Geschmacksache, was einem besser gefällt. Für mich liegt Poyferre ganz knapp vor Barton, wobei sie qualitativ sicher auf einem Level sind. Langoa Barton ist sehr zart, liegt aromatisch irgendwo dazwischen. Er erreicht nicht die Konzentration, nicht den Druck den Leoville Barton und Poyferré haben, ist aber ein wirklich hinreißend trinkiger Charmeur.
Branaire Ducru ist ebenfalls enorm filigran und feinblättrig. 66% ultraschicke Cabernet Sauvignon dominieren hier die Assemblage, unfassbar wie elegant die Cabernet heraussticht. Branaire mit Finesse-Kick, stilistisch recht nah an Poyferré. In der Reihe dieser schlanken Athleten fällt Beychevelle etwas raus, jedoch überhaupt nicht negativ. Ein großer Verführer in fast erotisch anmutender, süßer, dunkler Frucht. Sehr floral untermalt mit Veilchen und Lavendel. Dabei auch fein bleibend, aber einfach expressiver. Saint Julien ist in 2021 wirklich nahezu durchgehend schön.
Weiter geht die Reise nach Pessac zu Smith Haut Lafitte. Nachdem mich Seguin und auch Domaine de Chevalier nachhaltig beeindruckt hatten, erwarte ich viel von dieser Appellation und insbesondere von SHL, was in vielen Jahren zu den absoluten Highlights von Pessac zählt. Außerdem wird es hier auch endlich etwas Weißes zu probieren geben.
Winemaker Fabien Teitgen empfängt uns schon mit einem vielversprechenden, breiten Lächeln auf den Lippen. In diesem herausfordernden Jahrgang mussten er und sein Team einige Maßnahmen ergreifen, um die höchstmögliche Qualität zu ernten. Größere Frostschäden konnten durch Windgebläse, Kerzen und pflanzliche Tees zur Stärkung der Rebe vermieden werden. Zur Mehltaubekämpfung wurde nur wenig Kupfer eingesetzt, dafür umso mehr pflanzliche Präparate aus Schachtelhalm, Brennnessel und Löwenzahn. Außerdem war das gesamte Team in der kritischen Phase immer auf Bereitschaft, sodass die gesamten 78 Hektar Rebfläche innerhalb eines Tages gespritzt werden konnten – selbst an Sonn- und Feiertagen. Zur Lese hin blieb Fabien mutig und ließ die Trauben möglichst lang am Stock ausreifen. Die richtige Entscheidung, denn in den Weinen gibt es nicht auch nur annähernd Anzeichen von Unreife. Alle Weine zeichnet eine perfekt ausgereifte Tannin- und eine durchaus präsente, aber sehr reife Säurestruktur aus. Entscheidend war am Ende die Selektion. Die wurde optisch vorgenommen, aber auch noch einmal per Dichte-Sortierer. Diese Maschine kam in 2021 unter anderem auch bei Denis Darriet zum Einsatz. Die Beeren werden nach ihrer Dichte sortiert, indem sie in ein Becken aus Zuckerwasser und Traubensaft kommen, das der Winzer individuell auf einen bestimmten Oechsle-Wert einstellt. Trauben, die nicht dicht genug sind, weil sie nicht reif genug sind, schwimmen oben in der Lösung und werden abgeschöpft.
All diese Maßnahmen haben sich definitiv bezahlt gemacht. Der Smith Haut Lafitte Rouge ist so energiegeladen und komplex mit schöner Wucht aus dem reifen Tannin, schiebender Graphitmineralität und beeindruckender Struktur. Ein Unikat in 2021. Und mit SHL Blanc haben wir hier ein präzises Meisterwerk an weißem Bordeaux im Glas. Vielleicht der beste und spannendste SHL der letzten Jahre, weil wir hier eben best of both worlds haben. Konzentration und knackige Frische. Nach der Probe verkosten wir den 2017er im direkten Vergleich. Es gibt hier schon gewisse Parallelen in dieser energetischen Ausprägung, aber 2021 hat einfach nochmal ein Mehr an Power und klingt viel runder, cremiger aus. Ich bin begeistert! Ein tolles Jahr für Pessac und scheinbar auch für Weiß. Wie werden nur die Blancs von Domaine de Chevalier oder gar Haut Brion sein? Es bleibt spannend.
Der Donnerstag startet im State of the Art-Keller von Haut Bailly. Anders als bei Smith sind die Böden von Haut Bailly deutlich fetter, mehr von Lehm geprägt, weniger von Kies. Dadurch neigen die Weine in manchen Jahren zur Opulenz und Wärme, aber in 2021 war das ein Vorteil. Die Beeren waren hier extrem klein und perfekt reif durch die lange Vegetationsperiode. Sagenhaft balanciert, qualitativ auf einer Höhe mit SHL und auch Domaine de Chevalier, aber stilistisch einfach anders.
Chateau Léognan – Das Mikroklima der ist hier total anders, dadurch gab es in 2021 keine Krankheiten, alles war sehr gesund. Kein Ernteausfall, im Gegenteil – hier spricht man auch mengenmäßig sogar von einem sehr guten Jahrgang. Auch der Wein ist fast eher untypisch für den Jahrgang mit seiner warmen, fast kalifornischen Ausprägung. Total lecker, einfach rund, stimmig und in sich ruhend mit phänomenaler Dichte und Wucht. Schon seit Jahren durchaus mehr als nur so etwas wie ein Zweitwein der Domaine de Chevalier und auch in 2021 wieder extrem gelungen.
Nach einem hervorragenden Lunch im Restaurant von Chateau Léognan verlassen wir Pessac Leognan und machen uns auf den Weg zu den UGCB Tastings am rechten Ufer. Zwischenfazit zur Appellation: Schon meine erste Vermutung nach der Verkostung von Seguin und Chevalier hat sich bewahrheitet – die 21er aus Pessac sind total anders, aber genial. Sicher sehr weit vorn.
Weiter geht es mit dem UGCB Tastings in Saint Emilion. Balestard La Tonnelle und Larcis Ducasse überzeugen mit viel Frische. Nicht extrem druckvoll, aber charmant, wirklich schön und verführerisch in ihrer roten Kirschfrucht. Canon La Gaffeliere ist der Gegenentwurf; zwar auch elegant und geschliffen, aber noch viel hedonistischer, gut strukturiert und saftig zugleich, fast ein bisschen an 2018 erinnernd in dieser Dichte, aber eben deutlich schlanker. Das macht mich neugierig auf die anderen Neipperg-Weine, die es hier leider nicht zu verkosten gibt. Eine weitere Überraschung ist Valandraud, der viel weniger breitschultrig und mit mehr Finesse daherkommt als in anderen Jahrgängen.
Beauregard / Petit Village
Zum Abschluss des Tages verkosten wir Beauregard und Petit Village, direkt nebeneinander auf Chateau Petit Village. Wir befinden uns hier in absolut prominenter Nachbarschaft. Vieux Château Certan, La Conseillante, L’Evangile. In unmittelbarer Umgebung auch Trotanoy, La Fleur-Pétrus, Le Pin und auch Pétrus. Der charakteristische Boden ist hier der blaue Lehm, absolutes Top-Terroir. Petit Village sind 10 Hektar Kernstück auf dem höchstgelegenen Plateau in Pomerol. Klingt nicht nur beeindruckend, sondern schmeckt auch so. Super reif, sehr konzentriert, tiefgründig, unfassbar geprägt vom Terroir. Spielt für mich definitiv in der ersten Liga von Pomerol, ein absolutes Unikat. Beauregard ist etwas weniger schiebend, nicht ganz mit dieser enormen Tiefe ausgestattet, aber unglaublich elegant und verspielt mit großer Länge und burgundischer Finesse. Die Erträge waren hier sehr gering, man hat relativ viel durch den Frost verloren. Rund 30% Ertragseinbußen. Auch hier wurde per Dichte-Sortiertisch gearbeitet, um wirklich nur die perfekt reifen Beeren zu selektieren. Dafür wurde man hier mit diesen erstaunlich guten Weinen belohnt. In 2021 zahlt sich Qualitätsfanatik total aus. Am Abend ist der gesamte Tisch geflasht, nachdem uns Regisseur Vincent Priou einen unfassbar jugendlichen 1970er Petit Village aus der Magnum blind serviert. Wenn es noch einen Beweis für das Top-Terroir gebraucht hätte, wäre er das gewesen.
Die Agenda für den Freitag liest sich wie eine Weinkarte im Sternerestaurant. Gleich morgens um 9:30 Uhr geht’s los bei Cheval Blanc. Und was soll ich sagen? Großer Stoff! Es ist nicht 19, nicht 20, aber nicht weit weg. Einfach anders, vielleicht noch etwas eleganter, noch einen Hauch zarter als in den Vorjahren. Petit Cheval ist normalerweise der zugänglichere Wein, während Cheval Blanc immer etwas reservierter ist in der Jugend. Dieses Jahr ist es interessanterweise genau andersherum. Vielleicht liegt das am höheren Cabernet-Anteil, den wir hier im Erstwein haben? Ein großer, klassischer Cheval Blanc mit immens feinem Druck und tänzelnder Verspieltheit. Denn auch hier strahlt die Cabernet so wunderschön klar und offen. Über Erst- und Zweitwein gab es nur insgesamt 28 hl/ha Ertrag. Fast die Hälfte im Vergleich zu 2020. Nur 69% der Gesamternte gingen in den Erstwein, das macht 70.000 Flaschen statt der sonst üblichen 120.000. 18% sind Petit Cheval und der Rest wurde als Fasswein verkauft. Die Marktmenge wird also dramatisch schrumpfen.
Danach zu L’Evangile. Das erste Jahr offiziell Bio-Zertifiziert und dann direkt eine solche Herausforderung. L’Evangile hat immer überwiegend Merlot im Blend und gerade die ist so sensibel. Deshalb haben wir im 2021er auch den höchsten Anteil an Cabernet Franc seit den 90ern. In Zukunft möchte man noch mehr auf Cabernet Sauvignon setzen, die deutlich resistenter ist. Momentan ist das hier noch ein Experiment, aber der Cabernet-Touch steht dem Wein extrem gut und gibt ihm eine schicke Eleganz mit.
Weiter geht’s zu La Conseillante, wo es ein Jubiläum zu feiern gibt. 2021 ist hier der 150. Jahrgang. Die Daten der Lese gehen als eine der spätesten in die Geschichte des Châteaus ein, übrigens ähnlich wie im Über-Jahr 2016. Die Trauben haben hier ihre perfekte Reife und aromatische Konzentration erreicht. Im Keller wurde dann ganz schonend gearbeitet, nur minimal und sehr behutsam extrahiert, um feine Textur hereinzubringen und den fruchtigen Charakter zu wahren. Rund 3% der Assemblage ist in Amphoren vergoren. Seit 2018 macht man hier Experimente mit Amphoren, wobei aufgefallen ist, dass diese Chargen meist die feinste Tanninstruktur haben.
Im Anschluss folgt die Audienz bei Jacques Thienpont, wo wir seinen legendären Le Pin verkosten. Nie ein lauter Wein, immer burgundisch, der Gegenentwurf zum benachbarten Petrus, der immer kraftvoller daherkommt. Wo liegt das Geheimnis? Jacques sagt beim speziellen Terroir, denn das Winemaking an sich ist ziemlich simpel. Die Weine werden in Edelstahl bei warmen Temperaturen vergoren und nach einer zwei Wochen Mazeration in neue Eichenfässer von Seguin Moreau und Taransaud zur malolaktischen Gärung und Reifung umgefüllt. Nach 18 Monaten wird der Wein mit Eiweiß geklärt und ohne Filtration in Flaschen abgefüllt. Auch in 2021 wieder enorme Tiefe, schicke Finesse, schiebende Graphitmineralität, unfassbar viel Druck bei gleichzeitig seidiger Eleganz. Fast schon hedonistisch-trinkig kommt er daher, wenn da nur nicht dieser hohe Preis wäre… Aber Le Pin ist eben ein Unikat.
Um 11 Uhr steht der nächste Termin an beim Schwestern-Duo von L'Eglise Clinet. Nach dem Tod des Vaters haben hier beide Töchter das Ruder übernommen. Hier bekommen wir einen tänzerisch-schicken L’Eglise Clinet mit feinziselierter Säurestruktur und mit dem Petit Eglise einen großartigen Zweitwein, der mit einer Gesamtproduktion von nur 7.000 Flaschen aber auch extrem rar ist. Pure Pomerol-Eleganz.
Auf dem Weg zu Figeac entdecken wir die hauseigenen Pferde bei der Arbeit im Weinberg. Das ist hier nicht nur Show, sondern wirklich gängige Praxis. 2021 ist der erste Jahrgang, der komplett im neuen Chateau entstanden ist. Figeac ist fast jedes Jahr einer meiner absoluten Lieblingsweine, der schon längst den A-Status unter den 1er GCC verdient hätte. Geniale Komplexität aus druckvoller Frucht und klirrender Mineralität. Wirklich großer, finessenreicher Stoff, für mich auf einem Level mit Cheval Blanc, vielleicht sogar noch einen Hauch zarter, charmanter, süßer. Wunderbar balanciert und trinkig. Macht in dieser extrem feinen, hedonistischen Art schon jetzt in der Jugend so unglaublich viel Freude. Ein absolutes Highlight, vielleicht sogar DAS Highlight des rechten Ufers. Bei dieser qualitativen Konstanz steht der höchsten Klassifizierung eigentlich nichts mehr im Wege. Ich bin sehr gespannt auf das Urteil im September.
Nach einer kurzen Mittagspause geht der Marathon am Nachmittag bei Pavie weiter. Wie so häufig haben wir hier einen echten Dampfhammer, für diesen zarten Jahrgang verhältnismäßig konzentriert und dicht. Der saftig-offene Jahrgangscharakter geht dadurch etwas verloren. Zu extrahiert? Eins ist sicher, Pavie braucht definitiv noch ein paar Jahre um sich zu harmonisieren.
Weiter geht’s zu Angelus. Der Jahrgang geht hier als einer der kleinsten überhaupt in die Geschichte ein. Zuerst Frost, dann viel Regen. Angelus befindet sich in der Umstellung auf Bio und dadurch gab es hier beim Merlot massive Verluste durch Mehltau. Natürlich wurde mehrfach selektiert, nur allerbestes Material wurde schlussendlich verwendet. Das führt dazu, dass wir hier 60% Cabernet Franc im finalen Blend haben. Das hat es noch nie zuvor gegeben. Aber was soll ich sagen? Dieser hohe Cabernet Franc-Anteil steht Angelus extrem gut! So vibrierend, expressiv-floral und mit feiner Würze unterlegt. Sehr schick und komplex!
Mit Troplong-Mondot folgt im Anschluss ein weiteres, persönliches Highlight. Hier gab es kein Frost und auch keine Probleme mit Mehltau. Wie immer hochreif und konzentriert, schon mit Power, aber in 2021 mit dieser genialen Frische. Total schick! Zum ersten Mal seit 1999 haben wir hier unter 14% Vol. Bei der Merlot wurde zudem erstmals mit Ganztrauben experimentiert. Natürlich nur mit völlig reifen Rappen. Der Anteil macht am Ende nur rund 5% aus, aber das gibt eine zusätzliche Dimension mit genialer Würze. Sehr komplex, ich bin begeistert! Haben wir hier mit Figeac den zweiten Anwärter auf 1er GCC A? Wir werden sehen. Verdienst wäre es, das Niveau hat man hier definitiv erreicht.
Bei Canon waren die Erträge mit 40 hl/ha normal, Frost gab es nur etwas bei Berliquet. Canon ist sehr fein akzentuiert, gefällt mir sehr gut. Berliquet tendiert in eine geniale Funky-Richtung. Erstmals wurden hier rund 10% in Amphoren ausgebaut. Deutlich animalischer geprägt als in den Jahren davor. Kein ganz großer Wein, aber durchaus eine spannende Entdeckung.
Weiter geht es zu Tertre Roteboeuf. Francois Mitjavile ist eine absolute Legende, seine Weine sind immer total anders. Niemand beherrscht dieses Spiel mit Reife so gut wie er. Ziel ist es, dadurch das Terroir im Wein abzubilden. Frische Frucht sucht man hier vergebens. Immer steht der Bodenausdruck im Vordergrund. Und wie ich es erwartet hatte – der Jahrgang passt so gut zu diesem Stil. Die Hochreife wird durch eine kristalline Säureader ergänzt. Wirklich genial, so anders, sicher einer der abgefahrensten Weine der Appellation. Diesen eigenständigen Stil schätze ich sehr.
Letzter Termin dieses Marathons ist bei Coutet. Hier fühlt man sich immer ein bisschen in die Vergangenheit versetzt. So ein hinreißend charmanter Hof. Perfekt gelegen in direkter Nachbarschaft zu Beausejour Duffau und Angelus. Einer der ältesten Öko-Betriebe im Bordelais, Bio seit der ersten Stunde. Immer noch eine Art hidden Star in Saint Emilion. Kein Wunder, denn Winzer Adrien David Beaulieu und sein Cousin wollen auch gar nicht wie Stars gesehen werden. Sie sind einfach echte, leidenschaftliche Winzer, für die der respektvolle Umgang mit der Natur an erster Stelle steht. Seit 2015 werden die Weinberge per Pferd bewirtschaftet. Vom Frost blieb man hier verschont, aber wie bei allen Ökos war der Kampf mit dem Mehltau recht mühsam. Das penible Selektieren hat sich am Ende ausgezahlt – was für einen schönen, eleganten und balancierten Coutet wir hier im Glas haben, lässt mich wirklich erstaunen. Völlig anders als die Weine der bekannteren Nachbarn, wie immer mit dem biodynamischen Twist. Wie in fast jedem Jahr ist das hier ein absolutes Must-Have, ich kann es nicht oft genug sagen. Coutet ist wirklich ein Preis-Genuss-Sieger. So viel Wein für verhältnismäßig kleines Geld – ich bin begeistert! Die Cuvée Demoiselle ist enorm tiefgründig, wirklich großer Stoff. Ein schlummernder Riese. Natürlich gibt es hier keinen Besuch, ohne einen Abstecher in den Weinberg direkt hinterm Haus. Hier zeigt uns Adrien anderenorts ausgestorbene Blumenarten, die man im Umkreis nur hier findet. Coutet ist einfach original und immer wieder einen Besuch wert.
Der Samstag startet mit der Verkostung einiger Muster auf Jean Faure. Hier haben wir uns wieder unser kleines Tasting-Studio eingerichtet. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an Olivier und Marie-Laure, die uns die Räumlichkeiten für die gesamte, kommende Woche zur Verfügung gestellt haben. Highlights der kleinen Verkostungsreihe: Zum einen Beau-Sejour Becot, weil er so anders ist. Er hätte auch einen Brunello als Vorbild gehabt haben können in seiner dichten Art. Fast etwas untypisch für den Jahrgang, aber hoch spannend. Außerdem L’Etampe, der schon seit Jahren eine spannende Alternative zu den großen Nachbarn ist. Auch in 2021 wieder ein Preis-Leistungs-Wunder in Saint-Émilion.
Am Vormittag statten uns zudem Dominique und Reto von der Biodyn-Domaine Léandre Chevalier einen Besuch in unserem Tasting-Studio ab. Mit im Gepäck ein fantastischer 2021er Le Joyau. Hochpikant und intensiv, mit blutiger roter Frucht und seidigstem Tannin bei hoher aromatischer Intensität. Sehr spannend!
Am Nachmittag geht es weiter zu Bellefont Belcier. Wir verkosten hier alle Saint Emilion und Pomerol-Weingüter, die zu Kwok gehören. Außer bei Haut Brisson, wo es mit rund zwei Drittel Verlust große Frostschäden gab, blieben die Weingüter hier vom Frost verschont. Auch Mehltau gab es so gut wie gar nicht. Die Reifeverhältnisse waren hier so ähnlich wie in 2008. Insgesamt quasi kein Verlust, mengenmäßig ist das hier ein total normaler Jahrgang. Auf Bellefont rund 35 hl/ha wie in 18, 19 und 20. Regisseur JC Meyrou erklärt das damit, dass er nicht mehr mit Lohnunternehmern arbeitet. So kann er alles bestmöglich unter Kontrolle haben. Alle Mitarbeiter sind hier vollbeschäftigt und stammen aus der näheren Umgebung, sind also auch in kritischen Situationen kurzfristig abrufbar. Es gibt zudem eine personelle Veränderung: Der langjährige Weinmacher Jerome Aguirre hat die Gruppe verlassen, dafür wird den 2022er Jahrgang die erfahrene Önologin Emmanuelle d’Aligny-Fulchi verantworten. Sie war zuvor für über 25 Jahre technische Direktorin bei Angelus und zählt zu den absoluten Top-Winemakern der Region.
Letzter Termin am späten Samstagnachmittag bei Benoit Trocard auf Clos Dubreuil. Hier entstehen direkt neben dem Weingut gerade sechs Gäste-Suiten. Zudem gibt es hier jetzt auch eine kleine Weinbar mit gastronomischem Angebot.
Aber jetzt zu den Weinen: L’Ambroisie mit bestechender Frische, unfassbar schicke, reife, seidige Frucht. Konzentriert, aber so fein. Das ist ein wirklich beeindruckender Pomerol. Clos Dubreuil ist seidig-verspielt, deutlich weniger extrahiert als in manchen Vorjahren. Sehr fein und mit schiebender Mineralität. Ein wirklicher Ausnahmewein ist der Chardonnay. Einer der wenigen Chardonnays überhaupt im Bordeaux und laut Benoit der einzige in ganz Saint Emilion. Klone aus dem Burgund. Niemand macht das hier sonst, es ist offiziell gar nicht zugelassen, deshalb darf er die Appellation auch nicht auf dem Etikett angeben sein. Es ist also ein Vin de France. Aber das pure Kalkstein-Terroir ist hier wirklich perfekt geeignet für mineralische, tiefe und ausdrucksstarken Chardonnay. Ein Unikat!
Für Sonntag stehen einige kleine, exklusive Chateaus auf dem Plan. Wir beginnen mit Carmenere und was entdecken wir da im Verkostungsraum? Unsere Weinbibel! Der 21er hier trinkt sich total schön, fast etwas untypisch reif für den Jahrgang. Wie eine kleine Ausgabe eines Pontet-Canet – voll auf der Naturseite bleibend, dabei aber Everybody’s Darling. Wirklich gelungen.
Weiter geht’s bei Clos Manou. Hier gab es keinerlei Verlust durch Frost oder Mehltau. Sehr gesunde Weinberge und sehr erfreulicher Ertrag von 55 hl/ha. Durch die biologische Bewirtschaftung sind die Weine total im Gleichgewicht. Winzer und Besitzer Stéphane Dief ist ein totaler Qualitätsfanatiker, er zeigt uns ein Foto seiner perfekten Trauben. Mir ist ein Rätsel, wie man sich mittels extremer Arbeit so sehr von Jahrgangseinflüssen abkoppeln und so extrem gesundes Lesegut durch das Jahr retten kann. 2021 Clos Manou ist für das Jahr echt der Hammer und spielt im Grunde in einer viel höheren Liga. Unglaublich stark, vielleicht der beste Wein in diesem Preissegment.
Rund 10 Kilometer weiter südlich bei Biodynamiker Doyac, gab es leider wieder Verluste durch Mehltau. Nur rund 30 hl/ha Ertrag. Aber hier wird immer alles entrappt, händisch und per optischer Beerensortiermaschine selektiert. Es kommt also nur cleanstes Lesegut in den Wein. Eine Neuentdeckung ist der Pelican Blanc, eine Idee von Tochter Clémence, die nach ihrem Önologiestudium in Bordeaux seit 2016 nun als technische Leiterin im Weingut ihrer Eltern arbeitet. Die 1,5 Hektar Sauvignon Blanc hat sie 2016 angelegt. Verblüffende Nase, sehr in Richtung Natur laufend, sehr eigene Würze und Stilistik. Überhaupt nicht mit Pessac oder Graves zu vergleichen. Ich bin gespannt, was hier in den nächsten Jahren noch von der neuen Generation kommen wird.
Die Weine von Chateau Julia in Pauillac und Haut-Medoc sind echte Charmeure in ihrer hedonistisch-saftigen Ausprägung. Beide klar auf der femininen Ader laufend, fein und ohne harte Ecken und Kanten. Nicht richtig groß, aber das wollen sie auch gar nicht sein. Einfach total schicke Spaßmacher.
Bei Du Retout ist mit der Tochter nun mittlerweile auch die nächste Generation in den Startlöchern. Im 2021er Rouge gibt es keinen Petit Verdot, weil dieser relativ anfällig ist für schwankendes Wetter. Durch den Regen im September wurden die Petit Verdot Trauben relativ groß und platzten auf, daraufhin kam es zu Botrytisbefall. Leider unbrauchbar. Deshalb ist der Cabernet-Anteil in 2021 etwas höher, der Anteil Merlot ist aber gleichgeblieben. Ein ganz feiner, samtig-runder Retout. Der Retout Blanc bestätigt wieder meinen Eindruck, dass 2021 ein geniales Jahr für Weißweine ist. Er setzt die Serie der großen Weißweine von Du Retout nahtlos fort und ist in seiner total geradlinigen Ausprägung durchaus ein würdiger Nachfolger von 2020.
Chateau de Lauga befindet sich momentan in der Umstellung auf Bio. Offiziell zertifiziert werden die Weine dann mit dem Jahrgang 2024 sein. Die Weinberge sind hier schon ziemlich besonders mit ihrer hohen Stockdichte von 7.000 - 10.000 Stöcken pro Hektar. Das fördert die Konkurrenz unter den Stöcken, gibt zwar nur geringe Erträge von rund 700g pro Stock, dafür aber umso konzentriertere, aromatischere Trauben. Das hat in 2021 durchaus geholfen hier eine schöne Reife in die Weine zu bringen.
Weiter geht es mit Les Sadons. Alain Albistur ist ein extrem leidenschaftlicher Boutique-Winzer. Nach 37 Jahren Erfahrung als Kellermeister bei den Domaines Borie, wozu auch Grand Puy Lacoste gehört, hat er sich diesem Herzensprojekt gewidmet. Weniger als ein Hektar biologisch bewirtschaftete Weinberge. Exakt gleiches Terroir wie Pichon Baron und Pichon Comtesse. Direkt Reihe an Reihe angrenzend. Wegen Mehltau musste extrem viel sortiert werden, wodurch es rund 30% Verlust gab. Dafür aber keinerlei Frost. In einer Reihe mit den Blockbustern aus 19 und 20 verkostet, hält der 21er problemlos mit, ist nur vielleicht der eleganteste Vertreter der drei. Les Sadons ist so ein unglaubliches Schnäppchen!
Abschluss am Sonntag ist bei Biodyn-Mastermind Claire Villars Lurton von Ferrière. Insgesamt 150 ha Rebfläche, alles Bio oder Biodynamisch zertifiziert seit mindestens 12 Jahren. Ferrière & Haut Bages Liberal blieben vom Frost verschont. Letzterer grenzt quasi an Latour. Es gab hier durch Mehltau Verluste im Merlot, weshalb der Cabernet-Anteil auf 90% hochgefahren wurde. Je länger ich die Médoc-Seite probiere, desto mehr wird mir klar, was für ein Ausnahmejahr es für die Cabernet Sauvignon darstellt. Hohe Intensität zeigend. Cassis, aber alles nicht zu süß, eher poliert, geradeaus und fokussiert. Die Reben für Ferrière wachsen quasi angrenzend zu Chateau Margaux. Auch sehr feinpoliert und gleichzeitig mit guter Definition.