Deutschland 2018, gehypt wie selten ein Jahr zuvor, klar einnehmender und offener im Charme als der stylische, langlebige, aber zurückhaltende Superjahrgang 2016 und der fruchtstarke 2017. Was ist dann mit Bordeaux? Nur gehypt oder echt groß wie der geniale Sommer? So lautete meine neugierige Frage.
Die Bedingungen 2018
Bordeaux 2018 eilt seit vielen Monaten fast eine Qualitätshysterie voraus wie Deutschland … Journalisten sprechen von ganz großen Weinen und Jahrhundertjahrgang, der tendenziell zurückhaltende amerikanische Wine Spectator verteilte ganz früh fast euphorische Noten, aber stimmt das auch? Entspricht die Qualität wirklich diesem, von uns allen persönlich erlebten Supersommer 2018?
Fakt ist, dass das Jahr sehr nass und feucht begann. Nass bis in den Juni, nur unterbrochen von einer reibungslos verlaufenden tollen und perfekten Blüte. Nun ist diese Nässe im Grunde ein Segen um den nachfolgenden heißen und vor allem trockenen Sommer zu überstehen. Aber die lang anhaltende Feuchtigkeit hatte das Potenzial zum Desaster. Viele Domainen hatten große Verluste durch Mehltau. Ein Pilz, der viele Blätter und Ansätze vertrocknen und abfallen lässt, der insgesamt durch die Ertragsreduzierung aber die Qualität des Überlebenden tendenziell nicht verschlechtern muss, wenn man denn sehr sauber sortiert. Aber in jedem Fall gibt es eben wenig Menge. Und das Wetter wechselte im Juli zu einer langanhaltenden Trockenheit und hoher Wärme.
Wie den Jahrgang 2018 einordnen?
Kurz vor der Ernte Anfang Oktober gab es einen lang ersehnten moderaten Regen, die Aktivitäten in den Beeren starteten durch, die Ernte verlief in kurzer Zeit und ziemlich perfekt. Andere waren schon im September fertig, aber egal wie, die Ernte war easy.
Was zeigen nun die ersten Degustationen im Glas? Zum Glück gar nichts marmeladiges des fetten und trockenen Hitzejahrgangs 2003. In 2018 ist trotz des etwas sehr reifen Ansatzes und tiefer Säure und potenzieller Monsterhaftigkeit eben auch Schmelz, satte Frucht, seidiger Trinkfluss und Fülle, viel Samt und erstaunlich gute oder doch zumindest anständige Frische bei tendenziell tiefer Säure und hohen pH Werten. Die ersten Weine verfestigen eine Assoziation mit 2010, 2016, dazu noch 2008, ein Hauch 2003 und 1982. Weniger hohe Säurewerte als 2010 und weniger extraterrestrischen Schick des grandiosen 2016. Dennoch sind 2010 und 2016 und 1982 am ehesten mit 2018 zu vergleichen. Die 2018er Weine sind geschmeidiger als die extrem leckeren, runden 2009er und lecker-feinen, seidig süßen 2015er, und sie sind klar größer als 2008, 2003 und 2012. Das passt schon verdammt gut trotz ziemlich hoher Reife, tiefer Säure und unglaublicher Konzentration. Langjährige Verkoster sprechen von einer Analoge zu 1982, schon eine große Referenz. 2010 und 2016 bleiben trotz eines großen Jahrgangs 2018 aber auch eine Benchmark, diese zwei Jahrgänge waren unglaublich konsistent und stimmig, in Summe aller Weine gab es weniger Enttäuschungen. Wahrscheinlich macht auch die größere Säure den psychologischen Unterschied, in 2018 kommt die große und wirklich vorhandene Frische eher aus der Reife der Frucht. Die Feinheit der buttrig samtigen, sehr reichlichen Tannine, die saftig fruchtige Eleganz, der große Charme, der Trinkfluss und die sehr reife Frucht sind 2018 nämlich trotz leichter Monstrosität und großer Üppigkeit schon verdammt gut. Und 2018 hat ob der immensen Tanninmassen ein sehr hohes Alterungspotenzial.
Sonntag Abend bei Leognan angekommen. Erste Verkostungf des Jahrgangs 2018 dann am nächsten morgen. Nach den ersten 20 Mustern auf der Prowein Mitte März 2019 kam wie letztes Jahr der Besuch auf Chateau Léognan in Pessac Léognan. Ungeheuer aromatisch und samtig, recht üppig dazu. Alles passt, ziemlich perfekt und der Wein wird der benachbarten Domaine de Chevalier immer ähnlicher. Ein toller Wein mit 94–95 Punkten. Was kann man einwenden? Vielleicht zu nett und rund und zu stimmig? Aber ist das ein wirklicher Einwand?
Verkostungsnotiz Le Blanc by Château Leognan 2018 (Graves)
Dann eine Stunde Fährt zum Biodynamiker Clos Louie, der Superstar aus Castillon. An der Grenze zu Saint Emilion. Nachbar eines der besten Biodynamie-Weingüter Saint Emilions, Tertre de la Mouleyre. Hochreife Lese Anfang Oktober. Nur gut 5000 Flaschen. Erstmalig mit 20 % alter Cabernet Sauvignon zu den 30 % weit über 100 Jahre alten Cabernet Franc. Dazu 30 % 100-jährige Merlot und 20 % Malbec. Die große Frische der Cabernet Sauvignon schafft eine enorm pikante Balance zur extrem tiefen Säure der anderen Rebsorten. Stilistisch etwas Neuland, aber perfekt für diesen »low acidity vintage«. Anders, aber groß wie 2016 und 2015, besser noch als der sensationelle, zum lunch genossene 2010 und 2008 aus der Magnum. Ein Wein in der Liga der allerbesten 1er Grand Cru Classé aus Saint Emilion zu einem Drittel oder Viertel des Preises. Mehr als Understatement und der erste 98–100 Punkte Wein des Jahrgangs.
Verkostungsnotiz
Die kleine Weltreise geht weiter, jetzt nach Blaye zur kommenden Biodynamikerin (2018 ist das letzte Jahr der Konversion, ab 2019 zertifiziert) Bel Air La Royere. Uralte Reben, 65 % Merlot und 35 % Malbec. PH 3,65 – tiefe Säure. Trotz Lese in der letzten Septemberwoche unglaublich reif. 15 Alkohol wie 2016 und doch perfekt balanciert. Ein schwarzer Riese, ungeheuer aromatisch und lecker. Der daneben verkostete 2016er war schicker, stylischer und frischer von mehr Säure, aber der 18er ist dennoch leicht vorne, manchmal darf’s eben auch ein wenig mehr sein. Ein Samtteppich schwarzer Frucht, keine Härte im butterweichen, reichlichen Tannin und vollmundig üppig, die größten Argentinier sind kaum besser. 95–96 und best-ever hier.
Das Finale in Fronsac auf Moulin Haut Laroque. Seit 1988 der Primus der Appellation. Dazu unglaublich alterungsfähig. Immer elegant wie ein Pomerol. Oder auch mal üppig und wuchtig wie 1989 und 2009. Immer groß und immer ein Highlight im Preis-Qualitäts-Verhältnis. 2016 war vor 2010 und 2015 ein Meilenstein hier. Was macht nun dieser Sommer mit seiner hohen Reife bei niedriger Säure mit diesem Jahrgang? Erster Eindruck in Nase und Mund: Ein kleines Monster, die Wiederauferstehung des 1989? Ewiges Leben, sooo viel butterweiches Tannin, satte Reife Frucht ohne Marmelade. Puh... dieser Wein wird in 10 Jahren die meisten der viel teureren Wettbewerber wegfegen. Ich bewerte ihn wahrscheinlich mit 95 ungerecht einen Punkt tiefer als 2016, der meine Benchmark für diese Domaine bleibt.
Verkostungsnotiz
Start in Saint Emilion auf Chateau Valade. Der direkte Nachbar von Tour Saint Christophe, allerfeinstes reines Kalksteinterroir. Cedric Valade bewirtschaftet nur 5 Hektar mit bis zu 80 Jahre alten Reben. 95 % Merlot und 5 % Cabernet Franc, total entrappt, spontan vergoren, 70 % neues Barrique. Geschmeidiger und charmanter noch als die Benchmark, der extrem frische und finessereiche 2016. Grandios sind auch seine Castillons. Chateau Brisson und Le Peyrat (die jüngeren Reben) stehen auf dem Plateau von Castillon, Hillside auf hartem Lehm über Tuff-Kalkstein, ideal kühler Grund für heiße Jahre. Unglaublich fein aus komplett entrapptem Lesegut, 45 Jahre alte Reben. Und wie schon bei Clos Louie erfahren: das heiße trockene 2018 ist das Jahr von Castillon! Perfekte Eleganz und charmante Fülle bei seidig samtigen Tanninen und hoher Frische und Eleganz.
Verkostungsnotizen
Und dann kommt eine Begegnung mit der dritten Art... Alain Moueix, Biodynamiker der ersten Stunde mit Chateau Mazeyres in Pomerol und Fonroque in Saint Emilion. Beide komplett entrappt und in Stahl und Zement spontan vergoren. Ausbau mehr im 1500 und 2500 Holzfuder und Betonei, kaum noch Barrique. Biodynamie erhält Säure, ganz tiefe PH Werte von unter 3,5 und 3,4. Alkohol moderat mit 13,0 und 13,5. Wahnsinnig frische Weine im Loire-Stil, voller Finesse, vibrierend und aufregend. Weg von allem was Bordeaux war, hin zu Burgund und Loire. Traumweine und auf der Spur des Biodynamikers Clos Louie. Großes feines Kino! Chapeau Alain Moueix!
Verkostungsnotizen
Nachmittags bin ich dann bei Catherine Papon Nouvel. Auch Biodynamikerin der ersten Stunde mit ihren winzigen Weingütern in Saint Emilion: Clos Saint Julien auf reinem Kalkstein in der Ortsmitte mit Merlot und Cab. Franc, Petit Gravet Aine als Cabernet Franc neben Canon La Gaffeliere, Gaillard in der Ebene. Dazu Peyrou auf den Hängen von Castillon, ein Wunderwerk der Preiswürdigkeit. 2018 ist Peyrou üppig und reif, vollmundig, saftig, lecker, aber kein elegantes Finesse-Meisterwerk wie 2016. Auch Gaillard war vom Mehltau betroffen, deshalb besteht der Wein entgegen allen Gewohnheiten zu 60 % aus Cabernet Franc. Eine ungewöhnliche und mengenmäßig rare Delikatesse. Die Leichtigkeit des Seins, süß und lecker und saftig im Loire-Stil, ein kleiner Traumwein.
Petit Gravet Aine und Clos Saint Julien zeigen mit ihren hohen PH Werten und niedriger Säure eine Opposition zur extrem schicken Finesse aus 2016. Deutlich von Cabernet Franc dominiert kommen sie wie reife, rotfruchtige Blockbuster von der Loire rüber. Kleine Monster aber extrem hedonistische Zechweine der Extraklasse, Clos Louie ist in seiner eleganten süßen Wucht und Komplexität gar ein Anwärter für die allererste Reihe Saint-Emilions.
Verkostungsnotizen
Chateau Coutet in Saint Emilion, das aus der Zeit gefallene Antikweingut in Nachbarschaft zu Beausejour Duffau, Belair und Angelus, bildet den krönenden Abschluss des Tages. Das einzige Weingut des Bordelaise, dass seit Gründung Bio ist. Mehltau war auch bei diesem Biodynamiker das Thema, also auch hier eine Majorität der resistenten Cabernet Franc und keinen Primeur-Wein des Coutet, der am Hang und der Ebene darunter geerntet wird. Fast alles dem Mehltau geopfert, die grandiosen überlebenden 8000 Flaschen sind zwar genial, aber kommen erst in 2 Jahren raus. Aber oben auf dem Plateau, neben Beausejour Duffau, werden auf reinem Kalkstein, die 3000 Flaschen der Cuvée Demoiselle gewonnen. 2018 mit 60 % Cabernet Franc und 40 % aus der nur hier existierenden rotsaftigen Ursprungsform der Merlot. Mit 70 Freunden im einem Rutsch per Hand Beere für Beere vom Stock gelesen (unglaublich aber wahr). Ein Wein vom anderen Stern, auch in der ganz und gar ungewöhnlichen Aromatik. Man kann ihm 80 oder 100 Punkte geben, es gibt keine Referenz, ein Unikat.
Dann am Mittwochmorgen unser biodynamischer Freund Olivier Decelle. Chateau Jean Faure und Haut Maurac. 2018 wurde wegen der von Mehltau befallenen Stiele total entrappt, und dazu kam ein noch höherer Anteil Cabernet Franc. Keinerlei Schwefelung mehr vor der Malo, erst Ende März wird geschwefelt. Olivier sagt »Vergärung mit Schwefel ist wie schwimmen mit Haien«. Auch wird der finale Blend schon weit vor der Schwefelung durchgeführt, Ende Januar ist alles final vermählt. Das ist eine Empfehlung von Jacques Boisseneau, dem Superstar der Önologen aus dem Medoc. Das Ergebnis ist der mit Clos Louie zweite 100 Punkte Wein, unendlich zart und zugleich Loire-haft intensiv in der salzigen roten Frucht. Floral und immens komplex, seidig und voller vibrierender Finesse. Wenn man denn Eleganz und multiple Zartheit mit saftigem Trinkfluss als Ziel hat.
Verkostungsnotizen
Jean Philippe Janoueix und Chateau La Croix ist das nächste Ziel. 2018, kein Mehltau durch Prävention, 97 % Merlot und 3 % Malbec, floral und ultrafein, das Leichtgewicht von sandig kiesigen Böden. Multikomplex, Spontanvergärung, Ausbau zum Teil in Tonneaus von Stockinger. Wenn es einen Namen für Feinheit und komplexe, florale Finesse in Pomerol gibt, dann La Croix. Kein anderer Pomerol kann da mit, aber man muss Feinheit und Zartheit im Wein schätzen. Eine unglaubliche Delikatesse. Und mit dem Le Sacre aus Saint Georges Saint Emilion erzeugt Jean Philippe noch ein Preis-Qualitäts-Wunderwerk. Das ist und bleibt einer der besten Winzer des rechten Ufers.
Verkostungsnotizen
Am späten Nachmittag geht’s weiter zu Chateau Tour Perey. 3 Hektar Kalksteinplatte im Meer von Sand und Lehm auf Saint Emilions Tiefebene. Jean Luc Marteau, der zugleich der Weinmacher von Haut Condissas im Haut Medoc ist, schaffte es seinen Wein mit rechtzeitiger biodynamischer Bodenbehandlung frei von Mehltau zu halten. Nur 13,5 Alkohol und noch finessereicher als 2016. Fast unglaublich, der direkte Vergleich zeigt es. Nach Jean Faure das zweite Weingut, dass eine sagenhafte Qualität aus 2016 zumindest wiederholen kann.
Verkostungsnotizen
Finale des Tages. Das Team der Weingüter des Mister Kwok aus Hong Kong. Das mit Regisseur JC Meyrou und dem genialen Weinmacher Jerome Aguirre vielleicht beste Team des rechten Ufers. Chateau Bellefont Belcier, Chateau Tour Saint Christophe, Enclos Tourmaline und andere ... Auf dem biodynamischen Weg. Schwefelfrei bis kurz vor der Füllung. 2018 total entrappt. Die ganz, ganz große Feinheit mit unglaublicher Frische. Nach Jean Faure unerwartet weitere Kandidaten, den Benchmark-Jahrgang 2016 übertreffen zu können. Die zarteste Versuchung, großes Kino der kleinen Biowinzer außerhalb des Mainstreams. Die erste Woche in Bordeaux setzt ungeheuer hohe Maßstäbe. Durch die fast unvorstellbar hohen Arbeitseinsätze penibelster Workaholics. Das Niveau werden die größeren Chateaux sicher nicht halten können, die Wahrheit des Mainstreams kommt erst Samstag und Sonntag bei den großen Händlertastings ... ich bin gespannt.
Zum Chateau Tour Saint Christophe Zum Wein Bellefont Belcier Zum Weingut Enclos Tourmaline
Donnerstag, 28.3., morgens auf Chateau L’Etampe. 2,8 Hektar auf Lehm und Kalkstein, Kies und Sand am Eingang der Hochebene von Cheval Blanc. 35 Jahre alte Reben. Biodynamisch. Schwefelfrei bis kurz vor der Abfüllung. Entrappt. Spontan vergoren. Ausbau im Barrique und Tonneau und in der Amphore. Nur 6000 Flaschen. Floral bis zum abwinken. Unendlich zart und verspielt. Schon 2016 habe ich den Wein ins Programm genommen, dieses Boutique-Weingut wird von Familie Berrouet beraten (Chateau Petrus). Superlative und doch völlig unbekannt. Mehr als ein Kleinod und ein Star des Jahrgangs.
Verkostungsnotiz
Dann der Großmeister der reifen Frucht. Francois Mitjavile und seine Tochter Nina haben noch nie so übergeniale Weine auf Roc de Cambes erzeugt wie 2018. 97–100 für Roc und 96 für Domaine de Cambes. Nur diese Familie beherrscht das Spiel an der Kante zur Überreife so perfekt, es wundert nicht, dass Tertre Roteboeuf ein glasklarer 100 Punkte Wein ist. Mehr reife Perfektion auf den Punkt mit innewohnender Fruchtfrische als die 3 Weine der Familie Mitjavile habe ich überhaupt noch nicht probiert. Ich bin dankbar für diese Degustation.
Verkostungsnotizen
Chateau Le Voute, 1,4 Hektar alte Merlot auf reinem Kalkstein am Rande der Appellation Saint Emilions zu Castillon. Unendlich elegante Merlot im Pomerol-Stil. Groß!
Verkostungsnotiz
Dann Familie Trocard zum Abend. Trocard Monrepos ist ein Allzeit-Schnäppchen, der 2016 war reinste Finesse mit 20 Jahren Lebensdauer, ein Highlight der Weingeschichte in diesem Preisbereich. 2018 ist dagegen samtiger, dichter, reifer, üppiger. Gastronomisch vielleicht eindrucksvoller aber nicht besser. Einen ähnlichen Paradigmenwechsel gibt es beim Clos de La Vieille Eglise, dem Zwillingsnachbarn von Eglise Clinet, aber hier mit 30 % Cabernet Franc. Und diese hochreife CF mit dem besten Lehm-Terroir Pomerols gibt eine schwarzsamtig reiche, weiche Wuchtbrumme einer anderen Art hervor. Tannine bis zum umfallen, ungeheuer viel Veilchen, Lakritze und süße Schwarzkirsche. Aber butterweich ohne jedes grüne Element, hochreif wie ein Tertre Roteboeuf, aber gar nicht volatil. Perfekt wenn man es extrem reichhaltig und vollmundig liebt, Benoit nennt es den besten Wein seiner zwanzigjährigen Weinmachergeschichte. Bitte 10 Jahre wegsperren, vorher von allem zu viel. Der Clos Dubreuil vom gleichen Weinmacher war dagegen erstaunlich zivilisiert, zwar auch eine schwarze Wucht, aber der Wein wird schon früher delikat werden.
Verkostungsnotizen
Tage der Superlative gehen zu Ende. Morgen folgen mit Tertre de la Mouleyre, Vieux Chateau Certan und Le Pin und drei weitere Highlights.
Verkostung Tertre de la Mouleyre
Die unbestrittene Meisterschaft des Biodynamikers Eric Jeanneteau von Tertre de la Mouleyre und sein 2018er 100 Punkte Wein war im Vorfeld zumindest denkbar in einem perfekt reifen Jahr.
Auch, dass VCC den vielleicht besten und langlebigsten Wein seiner Geschichte erzeugt hat (so sagen es Regisseur und Weinmacher Alexandre und Guillaume Thienpont) ist mit dieser genialen Cabernet Franc und der Meisterschaft in reifer Frucht auch gut vorstellbar...
Doch die Sensation kommt danach. (Noch) keine 100, sondern »nur« 98–99 Punkte: Chateau Guillot Clauzel, gut 2 Hektar direkt neben Le Pin. Alte Reben und dabei 25 % Cabernet Franc und 75 % Merlot. Bestes Terroir mit Lehm, Kies, Quarzsand und Feuerstein. Eine extrem eigenwillige Mineralik und viel floral unterlegte rote Frucht. Seit Januar 2018 als Regisseur Guillaume Thienpont, der auch VCC und Le Pin macht. JETZT erst und mit diesem perfekten Jahr, dem großartigen Terroir und alten Rebbestand UND dem genialen Regisseur Thienpont ist die schon lange absehbare Weltklasse gekommen.
Verkostungsnotizen
Es verbleibt an dem Tag eine Wiederentdeckung. Die Wiederauferstehung des legendären Chateau Robin aus Castillon. Stephane Asseo, der 2005 in die USA auswanderte und das inzwischen extrem hoch bewertete Chateau L’Aventure in Paso Robles gründete, hob mit Robin Anfang der 90er Jahre erst Castillon in die Wein-Weltkarte. Nach seiner Auswanderung versank es im Desaster. 12 Hektar Amphitheater mit alten Reben (75 Merlot 25 Cab Franc) in bester Kalksteinlage neben Clos Puy Arnaud. Erst Anfang 2018 in den Besitz der berühmten Familie Thienpont gekommen. 2018 nur 10 Hektoliter pro Hektar. Das ist jetzt schon toller Stoff und wird in Zukunft einer der absoluten Superstars des Castillon werden.
Verkostungsnotizen Robin und Clos Puy Arnaud
300 Weine aus allen Appellationen. Raus aus unserer geschützten Nische der superkleinen Boutique-Weingüter. Heute kommt die Wahrheit, ob die Großbetriebe mit diesem extremen Jahrgang umgehen könnten. Die penibel und non-stop arbeitenden Winzlinge unserer ersten Woche konnten die großen Weine von 2016 in üppigerer und hochreifer Form wiederholen. Wie schafften die Großen die Hürden der Hitze und Trockenheit und zuvor den Ansturm von Mehltau?
120 Weine dann. Es gab einige Highlight unter den kleinen Weinen. Teyssier aus Montagne Saint Emilion war wie Pontac Monplaisir aus Pessac nicht nur wunderschön reif sondern bei reiferem und vollerem Charakter mindestens gleichwertig zu 2016. Chapeau! Erstaunlich gut war der endlich wieder reife Fonreaud aus Listrac, sogar noch 1 Punkt über den wunderbaren 2009 und 2010. In trockenen heißen Jahren geht hier die Post ab. Charmail in Haut Medoc war ein weiteres 93–94 Punkte Highlight aus dem Haut Medoc, klar vor Sociando Mallet.
Verkostungsnotizen
Die Appellation Pessac mag sich als Primus herausstellen. Drei ganz große Weine mit Carmes Haut Brion, Domaine de Chevalier und Pape Clement. Danach der erstaunlich gute rote Fieuzal und der oben schon erwähnte Pontac Monplaisir. Ich erwarte heute Abend bei der Verkostung noch Großes von Seguin, wenn die Appellation schon so gut ist, wird Seguin sicher vorne mitschwimmen.
Nur wenige Muster aus Saint Julien hab es hier, Beychevelle war der Superstar vor dem unerwartet üppigen, fast fetten, aber schwer beeindruckenden Leoville Barton.
Lobenberg: Fieuzal steht leider seit vielen Jahren im Schatten der immer besser werdenden Nachbarn. Eigentlich, genau wie der Weißwein des Hauses, ein sicherer Wert mit hohem Charmefaktor, aber nie die allererste Reihe. Die Lese der Trauben von den durchschnittlich 30 bis 50 Jahre alten Rebenstöcken erfolgt ausschließlich per Hand. Der Ausbau aller Weine von Chateau de Fieuzal erfolgt zu 50 % im neuen Barrique. Seit 2007 leitet Stephen Carrier das Château. Die Appellation Pessac-Léognan hat es im Jahr 2018 vielleicht als eine der herausragenden Appellationen geschafft eine große Homogenität zu zeigen. Auch Fieuzal Rouge ist extrem gelungen, allerdings nicht ganz auf dem Level eines Domaine de Chevalier oder Carmes Haut Brion. Doch die schöne Reife ist auch hier vorhanden. Ein sehr harmonischer Wein, fein auf der Frucht bleibend, schön unterlegt mit einer Mineralität, feines Salz. Er hat bloß einfach nicht ganz die Klasse und die absolute Feinheit der Tops, aber es ist ein wirklich ausgesprochen schöner Wert und für Fieuzal ein toller Erfolg. 94+/100
Lobenberg: Mitte der 80er trat das Gut mit seinen bemerkenswerten Weißweinen, die heute inzwischen immer zu den qualitativen Top 10 Bordeaux gehören, in Erscheinung und die Roten begannen langsam die Komplexität und Dichte zu erreichen, die sie heute auszeichnet. Die Lese der Trauben von den durchschnittlich 30 bis 50 Jahre alten Rebenstöcken erfolgt ausschließlich per Hand. Der Weißwein von Chateau Fieuzal ist eigentlich immer der angesagtere Wein als der Rotwein, und es ist ein sicherer Wert in der mittleren Oberklasse der Weißweine von Pessac Léognan. Seit 2007 leitet Stephen Carrier die Geschicke des Weingutes. Reife Nase mit sehr reifer Netz- und Honigmelone, üppige Birne und recht deutliches Holz, insgesamt etwas zu breit rüberkommend. Auch im Mund fehlt ihm der Kick, wahrscheinlich ist der Sémillon die Dominante in diesem Jahr, aber insgesamt fehlt mir das Spiel. Vielleicht ist auch 2018 kein ideales Weißweinjahr im Bordeaux, wirkt zu müde, zu breit. 93/100
Lobenberg: Mit 90 Hektar Rebfläche, von denen allerdings nur 77 zum Saint-Julien zählen, gehört Château Beychevelle zu den großen Châteaus im Bordeaux. Sorgfalt und Qualität leiden aber nicht unter dieser Größe: Die Lese von Hand, das sorgfältige Sortieren und anschließende Entrappen und das Aussondern des Pressweins sind Standard auf Château Beychevelle. Das ist ein ganz besonderes Weingut aus dem Lafitte-Imperium. Beychevelle kann in guten Jahren ein archetypischer Saint Julien sein, mit einer gewissen Sonderstellung in Sachen Sexappeal. In 2018 sind wir hier hochreif und dennoch enorm fein bleibend, in der Nase verblüffend fein zwischen all den reifen Blockbustern die es im Médoc dieses Jahr gibt. Der Wein zeigt eine unglaubliche Leichtigkeit. Die Nase zeigt etwas Schwarzkirsche mit roter Kirsche darunter, er hat die klassischen Eigenschaften. Vielleicht auch ein bisschen Lakritze, Veilchen und Rosenblätter. Und trotzdem bleibt er spielerisch leicht im Mund mit seidigen Tanninen und hoher Mineralik, sehr salzig, sehr lang. Das Tannin ist in Massen vorhanden, aber es bleibt spielerisch, es bleibt leicht, der Wein tänzelt. Er wird dennoch einige Jahre im Keller brauchen, um diese hohe Reife zu verdauen, ist aber dann sicher einer der absolut besten Saint Juliens, weil er eben so verspielt bleibt, weil er so seidig in seinen Tanninmassen bleibt. Ein tänzelnder, mozart-artiger Wein mit viel Reife, opulenter Frucht darunter, das passt sehr gut. Ein Wein für die Freude. 97–99+/100
Die Appellation Margaux zeigte mit Rauzan Segla einen der besten Weine dieser Show. Potenzielle 100 Punkte und knapp vor Malescot Saint Exupery, klarer dann vor Giscours. Sehr erstaunlich und fast ganz groß die Neuentdeckung Confidence de Margaux, ein 2 Hektar Weingut des Dominique Befve, Regisseur von Lascombes mit Weinbergen neben Palmer und Rauzan.
In Saint Estèphe war Chateau Meyney sogar vor dem großartigen Phélan Segur ein Mega-Highlight. Schwarz, rund, üppig, fruchtstark, unglaublich beeindruckend und für ein langes Leben geeignet. Ich glaube, dass Phelan und Meyney den besten Wein ihrer Geschichte erzeugt haben.
Lobenberg: Château Malescot St. Exupery ist seit den 50er Jahren im Besitz der Familie Zuger. Die 23,5 Hektar Rebfläche sind mit 50 % Cabernet Sauvignon, 35 % Merlot, 10 % Cabernet Franc und 5 % Petit Verdot bestockt. Seit 2003 ist das von Michel Rolland betreute Edel-Weingut in der Vinifikation »state of the art«. Direkt nach Giscours und vor Rauzan Ségla probiert. Noch deutlich süßer als Giscours, aber nicht so extrem auf Power getrimmt, eher weich, mit sehr viel schwarzer Kirsche, süßer Brombeere. Lakritze und Veilchen nicht so wuchtig und übermäßig rüberkommend, sondern das Ganze ist fein unterlegt. Auch schöne schwarze Schokolade, die aber süß ist. Weich, duftig, fruchtig, rund mit satten, samtigen Tanninmassen bereits in der Nase. Der Mund ist deutlich intensiver, sehr hohe Mineralität, sehr viel Salz, aber auch viel Holz. Jetzt sind wir schon eher bei Giscours, aber vielleicht einen Hauch feiner, dennoch wuchtig, kraftvoll, mit viel Power. Margaux ist eine echte Power-Appellation im Jahr 2018. Mit diesem üppigen Fett, mit diesem hohen Alkohol, aber die Weine sind durchgängig sehr reif, das macht sie so trinkig und das ist das Schöne. Wenn man wuchtig-üppige Weine aus 2018 sucht, ist die Appellation Margaux sicherlich die allererste Adresse. Ich erkenne an, dass das ein ganz großer Wein ist, aber mir persönlich ist die Appellation in diesem Jahr einfach ein bisschen zu viel. 97–99+/100
Lobenberg: Ein 90 Hektar großes Weingut in Margaux. Typische Garonne Kiesböden. Tiefe, gute Drainage. Dichter Kies mit etwas Lehm. 50 % Ausbau im neuen Holz, 50 % im gebrauchten, reine Spontanvergärung. Es ist der gleiche Besitzer wie bei Chateau Du Tertre in Margaux. Der Regisseur ist Alexander van Beek. Hier wird enorm viel im Weinberg investiert und Giscours ist seit 2008, vielleicht sogar seit 2005, einer der engsten Verfolger der Spitze. Das Weingut gehört immer zu den Top 5 und liegt mit Rauzan-Segla und Malescot St. Exupery fast immer gleichauf. Mit dem Jahrgang 2015 und 2016 dann vollständig aufgeschlossen zur Oberliga und zu den direkten Verfolgern von Margaux, Palmer und Rauzan Segla gehörend. 2018 zeigt sich reich, dicht, mit Rosenblättern und Veilchen, viel schwarze Frucht, viel Schwarzkirsche, süße Maulbeere, fein, rund, dann kommt Cassis. Das passt gut, das schiebt, die Tannine sind reichlich, aber samtig. Der Mund ist mindestens so massiv wie die Nase, hohe Intensität, hier allerdings mehr Süße, mehr Lakritze, mehr Cassis, satte Veilchen Aromatik, so süß, so intensiv, sehr viel Schub. Hochextrahiert, eine ziemliche Wuchtbrumme, ein ziemlicher Kracher. Die Appellation Margaux ist 2018 schon eine ziemliche Wucht, aber kommt überhaupt nicht an die große Feinheit der Weine von Pessac Léognan heran, mir ist das im Grunde ein wenig zu reif, zu schwarz, zu dicht, zu würzig, von allem zu viel. Das Ganze ist hochreif, mit hohem Alkohol, der allerdings durch den hohen pH-Wert relativ moderat gezügelt wird. Aber Giscours ist einfach ein ziemlicher Kracher, ich erkenne an, dass das ein großer Wein ist, aber stilistisch gefällt mir diese riesige Wucht nicht so sehr, dieses fast Fette in der Üppigkeit. Dennoch Riesenstoff. 95–96+/100
Lobenberg: Normalerweise finde ich Lascombes scheußlich, denn der Wein ist immer total extrahiert und deshalb bitter. In 2018 ist Lascombes zwar auch wieder stark extrahiert, aber nun überhaupt nicht bitter, die Frucht ist so unglaublich reif, üppig, zeigt neben Brombeere eben auch viel süße Maulbeere, viel süße Lakritze, auch etwas konfitürig, Feige. Im Mund leichte Exotik, sehr süße schwarze Kirsche, dichter, schwarzer, nicht zu süßer Saft mit Schokotörtchen. Lecker, aber wuchtig. Ich kann mir vorstellen, dass dieser Wein, wenn man ihm 10 Jahre Zeit gibt eine ausgesprochene Delikatesse wird. Lascombes ist 2018 ein bisschen auf den Spuren von Meyney aus St Estèphe und erstmalig seit unzähligen Jahren eine Empfehlung. Allerdings fehlt es ein wenig an Finesse, um in die vordere Reihe zu kommen. Der Wein ist nicht fein genug, aber in seiner schwarzen Wucht ohne Härte durchaus eine Empfehlung. 95–96/100
Lobenberg: Das Château zählt zu den ältesten im Médoc und wurde 1662 gegründet. Heute leitet Anne Le Naour das Weingut als technische Leiterin und wird beraten vom Önologen Hubert de Bouärd. Ähnlich wie bei Petrus sind die Untergrundböden von blauen Lehm durchzogen, der seine Farbe durch den Eisenanteil erhält und gleichzeitig berühmt ist für die exzellente Drainage. Der Erstwein liegt zwischen 18 und 24 Monaten im Holz. Doch nur zarte 40 % werden jedes Jahr erneuert. Somit fährt Meyney voll auf der Eleganzschiene. Die 51 Hektar Rebanlagen von Château Meyney sind zu 65 % mit Cabernet Sauvignon bepflanzt. Dann folgen 25 % Merlot und ein wenig Petit Verdot, was eher atypisch für Saint-Estèphe ist. Hier war 2015 und 2016 schon grandios, daher bin ich besonders gespannt auf diesen Wein, da er so ein wunderbarer Wein im Preis-Leistungs-Verhältnis ist. Und 2018 unterstreicht das zumindest in der Nase erneut. So üppig und reich, viel schwarze, aber auch rote Kirsche dabei, kaum Cassis, leichte Rosenblätter, leichte Lakritze, nichts Fettes, nichts Übermäßiges, sondern schwebend. Im Grund ein bisschen Pomerol-artige Feinheit in einer in der Nase suggerierten Merlot-Dominanz. Der Mund trägt einen hinfort mit seiner wahnsinnigen Aromatik. Gott, ist Meyney eine Wuchtbrumme im Mund, aber er ist trotzdem nicht fett, er ist nur wahnsinnig intensiv. Üppigste schwarze Kirsche, Maulbeere, Brombeere und Cassis, Lakritze, Veilchen, auch ein bisschen Jasmin, Rosenblätter. Und trotzdem, das mag man kaum glauben bei dieser Aufzählung, ist der Wein nicht übermäßig fett, nicht überbordend süß. Die Tannine sind eher seidig denn samtig, das Ganze bleibt spielerisch trotzdem dieser Üppigkeit. Das macht schon während der Fassprobe große Freude, ein grandioser, schicker Wein. Die Frische kommt aus der Reife der Frucht, nicht aus der hohen Säure, alles tanzt in finessereichem Spiel umeinander. Der Wein braucht ein paar Jahre, um diese Üppigkeit ein wenig zu mildern und zu verdauen, aber dann ist es ein grandioser Meyney für die Ewigkeit, ein super Wein und best-ever, wohl DAS Preis-Leistungs-Highlight der Appellation. 97–98/100
Lobenberg: Der Ire Frank Phélan vereinte Anfang des 19. Jahrhunderts die beiden bis dahin unabhängigen Güter »Clos de Garramey« und »Château Ségur« zu einem Anwesen, dem malerisch gelegenen Château Phélan Ségur. Das Anwesen umfasst 65 Hektar. Die Reben sind im Durchschnitt 45–50 Jahre alt. Phelan Segur hat in den letzten 10 Jahren unheimlich viel in die Weinberge investiert. Michel Rolland ist hier Consultant, was dazu führt, dass im Weingut mehr auf die Reife gesetzt wird. Dies Reife erreicht man allerdings nicht ohne eine dichtere Pflanzung und mehr biologische Weinbergsarbeit. Auch wird selbstverständlich per Hand gelesen. Die Beeren werden komplett entrappt und nochmals mit einer optischen Sortiermaschine nachsortiert. Nur die wirklich reifen Beeren kommen letztlich in die Kelter. Der Ertrag pro Pflanze sinkt von Jahr zu Jahr. Phelan Segur hat als Regisseurin, neben dem Besitzer Thierry Gardinier, seit 5 Jahren Veronique Dausse mit im Boot. Sie kam aus der Champagne und hat hier wirklich die Hosen an. Eine wirklich qualitätsversessene Person. Weinberge, die nicht der Perfektion entsprechen, gehen in Zweit- und Drittweine. Phelan Segur ist seit Jahren der engste Verfolger von Calon Segur hinter den Superstars Cos und Montrose. In jüngster Zeit muss Phelan sich auch etwas mit Meyney messen lassen, der so stark aufgeholt hat. Die Nase ist hochreif, lakritzig, Cassis, Brombeere in süßer Form, aber ganz weiches Tannin in Massen. Ein schöner klassischer Mund, ganz reif, aber auch mit viel Terroir, viel Salz, viel Mineralik und wunderbare Länge in dieser sehr reifen, schwarzen und roten Frucht, aber wir sind eher bei der schwarzen Frucht. Das Tannin ist seidig und samtig, der Wein ist lang, aber insgesamt deutlich schlanker als z. B. ein Meyney, deutlich klassischer und maskuliner in der Ausrichtung, deutlich mehr in Richtung Calon Segur gehend. Das ist ein sehr stimmiger, großer Phelan Segur, vielleicht der beste Phelan bisher. 96–97+/100
Lobenberg: Obwohl Chateau Palmer offiziell nur ein 3eme Cru ist, liegt er qualitativ oft weit darüber. Es gab 2018 wegen des Mehltaus nur 11 Hektoliter pro Hektar Ertrag bei diesem Biodynamiker. Die Cépage 2018 ist 53 % Cabernet Sauvignon, 40 % Merlot, 7 % Petit Verdot. Die Rebsorten sind ziemlich normal in dieser Verteilung, Palmer hat immer einen etwas höheren Merlotanteil, aber es gab eben diese starken Ausfälle durch Mehltau. Es wurde alles sauber ausgelesen, sodass der finale Blend extrem clean ist. Es gibt nur einen Erstwein in diesem Jahr, kein Alter Ego. Es gab durchschnittlich nur eine einzige Traube Ertrag pro Stock, in der Regel nur die dem Stock nächstgelegene hat überlebt, die häufig auch die beste ist. Palmer ist seit 2014 Demeter zertifiziert. Es wird natürlich alles spontanvergoren, hierfür wird ein großer Tank mit eigenen Hefen zur Vorgärung angesetzt und auch hier wird inzwischen komplett schwefelfrei vergoren, erst nach der Malo folgt die Zugabe. Eine Methode, die sich bei Biodynamikern immer mehr durchsetzt und die einfach die Frucht deutlich sauberer erhält. Es wird komplett entrappt. Am Ende ist Palmer 2018 aus einer extrem konzentrierten, kleinbeerigen Ernte entstanden und diese Konzentration merkt man zwar in der hohen Reife und Dichte, aber gleichzeitig ist der Wein auch so unendlich fein. Verspielt schwarzkirschig, mit wunderbarer Feinheit im Mund, der Cabernet ist so reif, hinzu kommt Frische aus der reifen Frucht. Wir haben direkt davor Château Margaux verkostet und der war noch reifer, noch konzentrierter in der Frucht als Palmer, letzterer ist der deutlich feinere Wein. Für mich war Ch. Margaux der Bessere, weil eben so viel Frische aus dieser brutal reifen Frucht kommt, aber Palmer ist auch ein ganz großer Wein, das muss ich gestehen. 2016 war schon ein Riese, aber 2018 wiederholt das mit einer grandiosen Feinheit und dennoch mit einer extrem spannenden Konzentration, die man im ersten Anflug gar nicht bemerkt. Ein großer Wein, keine Frage. 99–100/100
Graf Neipperg stellte hier auf der Händlerverkostung auf seinem Chateau d’Aiguilhe natürlich alle seine Weine vor. Ich bin kein Fan von La Mondotte, aber 2018 war auf reinem Kalkstein mit ganz niedrigem pH und moderatem Alkohol unendlich reif und zugleich fein wie Tertre de la Mouleyre, ich muss 100 Punkte geben. Auch Canon La Gaffeliere und D’Aiguilhe waren extrem gut und mit das Beste in ihrer Geschichte.
Graf Neipperg Weine
Die Weißweine aus 2018 waren etwas problematisch. Weder Carbonnieux noch Fieuzal noch Larrivet konnten an die Vorjahre heran. Extrem gelungen waren erstaunlicher Weise die Weine des leider gerade verstorbenen Denis Dubourdieu. Sein Önologenteam zeigte blitzsaubere Reynon und Clos Floridene Blanc, reine Sauvignon Blanc ohne jede Grasigkeit, allerbester Bordeaux-Stil. Sogar sein Süßwein, der Doisy-Daene vom Kalksteinfelsen Barsacs, blies alle Sauternes weg. Sensationell aromatisch und vibrierend lebendig, mit 100 Punkten aus Barsac hatte ich echt nicht gerechnet.
Lobenberg: Dieser Wein ist die Benchmark im gehobenen Supermarkt-Bereich für weiße Bordeaux, aber nach Clos Floridene genossen hat er, obwohl er preislich darüber liegt, nicht den Hauch einer Chance. Er ist zu breit, zu aromatisch, er hat keine Länge und die Mineralität bleibt hinter der weichen Holzigkeit und der Üppigkeit zurück. Ein guter weißer Bordeaux, aber nichts Großes. 92/100
Lobenberg: Mitte der 80er trat das Gut mit seinen bemerkenswerten Weißweinen, die heute inzwischen immer zu den qualitativen Top 10 Bordeaux gehören, in Erscheinung und die Roten begannen langsam die Komplexität und Dichte zu erreichen, die sie heute auszeichnet. Die Lese der Trauben von den durchschnittlich 30 bis 50 Jahre alten Rebenstöcken erfolgt ausschließlich per Hand. Der Weißwein von Chateau Fieuzal ist eigentlich immer der angesagtere Wein als der Rotwein, und es ist ein sicherer Wert in der mittleren Oberklasse der Weißweine von Pessac Léognan. Seit 2007 leitet Stephen Carrier die Geschicke des Weingutes. Reife Nase mit sehr reifer Netz- und Honigmelone, üppige Birne und recht deutliches Holz, insgesamt etwas zu breit rüberkommend. Auch im Mund fehlt ihm der Kick, wahrscheinlich ist der Sémillon die Dominante in diesem Jahr, aber insgesamt fehlt mir das Spiel. Vielleicht ist auch 2018 kein ideales Weißweinjahr im Bordeaux, wirkt zu müde, zu breit. 93/100
Lobenberg: Dieser 2018er von Denis Dubourdieu wird inzwischen von seinen Söhnen verantwortet, die nach seinem Tod das Weingut zusammen mit Clos Floridene weiterführen. Die Önologin ist Madame Levigne, die gleiche, die zuvor mit Denis arbeitete. Sie hat eben schon viele Jahre mit Doubourdieu zusammengearbeitet. Dieser reine Sauvignon Blanc aus der AC Bordeaux stammt wie gesagt aus dem Reich der Familie Dubourdieu. Das ist eigentlich seit vielen Jahren immer der perfekte Einstiegs-Bordeaux in Weiß. Ein Muss in der Gastronomie, auch der perfekte Terrassenwein, ein archetypischer Sauvignon Blanc, sehr fein, ohne jegliche Grasigkeit oder Stachelbeerigkeit. Ganz im Gegenteil, wir haben eher Melone, reife gelbe Birne mit schöner Länge und hoher Aromatik, auch eine leichte Muskatnote, das macht ihn extrem lecker. Der Wein ist einfach ein Must-Have im Einstiegsbereich von weißem Bordeaux. 91–92/100
Lobenberg: Dieser Wein des 2016 verstorbenen Denis Dubourdieu ist eigentlich immer der perfekte Einstiegs-Sauvignon Blanc in Graves. Zusammen mit Fieuzal und Smith Haut Lafitte hat man die ganze Aromatik- sowie Preisrange ausgeschöpft. Den besten Einstieg, das beste gehobene Mittelfeld, mit hoher Aromatik, und den besten Sauvignon Blanc. Es geht meines Erachtens nach nur um diese drei Weine, deswegen laufe ich auch nur hinter diesen dreien her, obwohl ich die anderen immer probiere. Dieser Wein schafft es ob seiner hohen Intensität der Frucht durchaus in die Phalanx der Top-Weine Carbonnieux, La Louvier bis hin zu Fieuzal einzubrechen. Das ist ein wahnsinniges Preis-Leistungs-Verhältnis. Der Sauvignon ist superclean und fein, keine Stachelbeere, nur feine Melone, weiße Birne, dazu schönes Zitronengras, eine salzige Mineralität darunter. Man hat durchaus nicht nur Frische, sondern auch mineralische Untertöne und eine ganz feine, nur minimale Holznote, das passt sehr gut. Toller Wein 93–94/100
Lobenberg: Das Weingut des leider zu früh verstorbenen Denis Dubourdieu. Die Kalkböden des Barsac ermöglichen vielleicht sogar die interessanteren, zumindest feineren und finessenreicheren Weine. Wirkliche Konkurrenz zu den deutschen Beerenauslesen entsteht mit Chateau Climens, Doisy Daene und Nairac nur im Barsac und auf d’Yquem in Sauternes. Eine üppige, süße Nase, wie man sie erwartet, aber daneben gibt es auch ein paar Bitterstoffe. Durchaus eine schöne Aromatik im Mund. Der Kalkstein der Appellation Barsac tut das Übrige, um den Wein spannend zu halten. Das ist schon tänzelnd, das macht schon Freude. Das ist gar nicht so breit, wie ich nach den etwas zu breiten, trockenen Weißweinen befürchtet hatte. Aber die Weingüter der Familie Dubourdieu lieferten mit Reynaud und Clos Floridene auch im trockenen Bereich noch mit die spannendsten Weine ab. Ein Beleg dafür, dass dieses Önologen-Team mit einem solchen Jahrgang umgehen kann, Doisy Daene ist wirklich schick, lang, verspielt. Tolle Mango, Orange und Zitronengrasnoten, feines Salz dabei, sehr verspielt. Extrem lecker, aber dennoch fein und vor allen Dingen tänzelnd. Das ist wirklich schicker Stoff in all seiner Süße, das macht richtig Spaß. 97–99/100
Und dann der Besuch bei Denis Darriet von Chateau Seguin. Das Kleinod südlich von La Mission Haut Brion. Aus der 2018 so gut anschneidenden Appellation Pessac. Das Terroir ist historisch und in Büchern belegt identisch mit Haut Brion. Der Wein ist in seiner hohen, salzigen Mineralität und dem hohen Extrakt und der berstenden Frische von Frucht eine Offenbarung. Auf dem Niveau des großen 2016ers. In seiner Art des »von allem zu viel« und in dieser mineralischen Explosivität ein Kandidat für den Wein des Jahres. Der muss viel länger auf die optimale Trinkreife warten als 2016. Mein Eindruck Pessacs als eine Super-Appellation des Jahrgangs 2018 wird mehr als gestützt.
Verkostungsnotiz Seguin
Lobenberg: Besitzer ist seit 1987 die Familie Darriet, die Reben sind nun ca. 25 Jahre alt. Das Weingut liegt in der Nähe von Pontac Monplaisir, nicht weit entfernt von Château Haut-Brion. Die Böden hier sind sogar identisch mit denen der Nachbarn Haut-Brion und Mission Haut-Brion, das ist sogar in historischen Büchern so festgehalten. Es ist überwiegend sensationelles Kies-Terroir mit etwas Lehm und Sand. Das Weingut ist immer schon in Familienbesitz und hat ungefähr 30 Hektar, die mit über 7.000 Stöcken je Hektar dicht bepflanzt sind, eines der Erfolgsgeheimnisse. Denis folgt in seiner Ernte und seiner Auswahl für Erst- und Zweitwein mehr den Bodenformationen als anderen Kriterien. Alle Reben sind in etwa gleich alt, im Durchschnitt 25–30 Jahre alt. Die sandigen Böden gehen in den Angelot, der kein klassischer Zweitwein ist, sondern eben der Wein von den sandigen Böden. Die Top-Böden mit Lehm und Kies gehen in den Seguin. Es gibt in Frankreich eine neue staatliche Zertifizierung des Agrarministeriums, welches über ein 3-stufiges System die Umweltverträglichkeit attestiert. Stufe drei ist das höchste erreichbare Level, für welches die Verwendung von Rohstoffen wie Plastik, Holz, Wasser, der Einsatz von Pestiziden, Insektiziden, Dünger und vieles weitere nach den höchsten staatlichen Richtlinien geprüft und zertifiziert wird. Im Grund ist das genau wie bei Demeter oder anderen Verbänden, nur das dies hier staatlich geschieht. Da Seguin schon lange überwiegend organisch und ressourcenschonend arbeitet, hat Seguin inzwischen mit dem Jahrgang 2018 die höchste Stufe drei erreicht. Ab 2018 wird es daher ein neues zertifiziertes Rückenlabel für die Flasche geben. Die Cépage in 2018 ist 55 % Cab. Sauvignon und 45 % Merlot, der Alkohol liegt bei 14 %. Der Wein wird zu 60 % in neuen Barriques ausgebaut, der pH-Wert liegt bei 3.7. Die Nase dieses Seguin zeigt eine wunderschöne Reife, Backpflaume, schwarze Kirsche, nur feine Lakritze, Veilchen, sehr verspielt und getragen, langsam kommt auch etwas rote Kirsche. Insgesamt eine große Harmonie ausstrahlend, feiner Duft mit extrem feinem Tanningerüst in der Nase. Aber im Mund geht es dann richtig zur Sache mit extremer Mineralität, so viel Salz, so viel Gestein, Kalkstein, fast Schärfe zeigend aus der Mineralik, die nochmal deutlich höher ist als sie 2016 schon war und eine großartige Balance schafft zu dieser hohen Reife. Das mit dieser wirklich fast physisch spürbaren Säure, etwas an Zitronengras und Limette erinnernd, und dann diese salzige Schärfe, die für Minuten anhält. Dieser Seguin 2018 ist wie man so schön sagt ein Vin de Garde, ein großer achtungsgebietender Wein, der Zeit braucht. Der 2018 wird noch deutlich mehr Zeit brauchen, als der hochelegante 2016er, weil in 2018 von allem reichlich vorhanden ist. Reife Frucht mit einer deutlichen Dominanz bei der Kirsche, in der schwarzen Kirsche, darunter dann diese ungeheuren Tanninmassen, die aber total seidig und fein sind und noch ein guter Touch Toasting vom neuen Holz. Hochintensiv und dennoch fast schlank bleibend, fast filigran, aber weil alles belegt wird und alles immer wieder hochrollt, weil von allem irgendwie zu viel ist, ist es dennoch gleichzeitig eine Art Blockbuster. Ein Blockbuster der Feinheit, der bitte mindestens fünf Jahre, besser etwas mehr, weggesperrt gehört. Ein Wein, der sich dann finden wird, der Eleganz und Kraft verkörpert, der im Grunde stilistisch noch mehr als 2016 eine Art La Mission Haut-Brion ist. Gnadenlos gut, aber auch gnadenlos jung. Ich hätte nach dem schicken, feinen und zugleich großen 2016 einen viel üppigeren, runderen Wein hier erwartet, aber 2018 zeigt sich so gnadenlos mineralisch, zusammen mit dieser sehr reifen Frucht. Dieser Wein wird Jahrzehnte halten und braucht wirklich viel Zeit zur Entwicklung, das Potenzial ist riesig. Fast ein wenig maskuline Züge in dieser Mineralität, fast ein wenig irgendwo an Pape Clement erinnernd mit Zügen eines Pauillac. Der Wein hat zwar Charme in der reifen Frucht, aber eben noch sehr viel mehr Anspruch in der Mineralität und in der Power, die unter allem schlummert. Der Wein hat eine so viel größere Frische und Mineralität, im Gegensatz zu den meisten anderen bisher probierten Weinen aus Pessac Léognan, von denen die meisten eine Wärme gezeigt haben. Das sorgt nicht nur für große Verblüffung, sondern sorgt auch für den großen Unterschied. Unglaublich präzise, geradeauslaufend mit einer wahnsinnigen Frische und eben dieser hohen Mineralität. Da es das gleiche Terroir ist wie bei Haut-Brion, bin ich sehr gespannt, wenn wir dort hinkommen. Das muss ja ähnlich großes erwarten lassen. Seguin 2018 ist groß, lang, dicht und ein Wein für die ewig lange Reise. 100/100
Lobenberg: Besitzer ist seit 1987 die Familie Darriet, die Reben sind nun ca. 25 Jahre alt. Das Weingut liegt in der Nähe von Pontac Monplaisir, nicht weit entfernt von Château Haut-Brion. Die Böden hier sind sogar identisch mit denen der Nachbarn Haut-Brion und Mission Haut-Brion, das ist sogar in historischen Büchern so festgehalten. Es ist überwiegend sensationelles Kies-Terroir mit etwas Lehm und Sand. Das Weingut ist immer schon in Familienbesitz und hat ungefähr 30 Hektar, die mit über 7.000 Stöcken je Hektar dicht bepflanzt sind, eines der Erfolgsgeheimnisse. Denis folgt in seiner Ernte und seiner Auswahl für Erst- und Zweitwein mehr den Bodenformationen als anderen Kriterien. Alle Reben sind in etwa gleich alt, im Durchschnitt 25–30 Jahre alt. Die sandigen Böden gehen in den Angelot, der kein klassischer Zweitwein ist, sondern eben der Wein von den sandigen Böden. Die Top-Böden mit Lehm und Kies gehen in den Seguin. 2016er ist 60 % Cabernet Sauvignon, 40 % Merlot. Dieser Wein wird in einer etwas anderen Cépage als der Hauptwein zusammengestellt und von ganz speziellen Terroirs von Seguin gewonnen. Also selektionierte Top-Böden des allgemeinen Seguin Terroirs gehen in diese Mikro-Cuvée, die ähnlich vinifiziert, aber länger im Holz ausgebaut wird. Es gibt nur rare 2000 Flaschen. Das ist der Versuch das Beste des Besten aus dieser relativ großen Anlage von Seguin herauszuholen und mit dieser Mikro-Cuvée auch in der Außendarstellung der direkte Konkurrent von Haut-Brion zu werden. Das ist das erklärte Ziel. Was unterscheidet diesen Wein nun vom normalen Seguin 2016? Durch den etwas längeren Ausbau ist er etwas weicher, er ist weiter entwickelt, nun weniger auf der salzigen Mineralität laufend, er hat mehr Rundheit und Körper entwickelt. Man kann es sich vielleicht ein bisschen so vorstellen wie eine Spezial-Cuvée von Vina Tondonia oder Vega Sicilia, einfach eine weichere, rundere, üppigere und entwickeltere Version eines Seguin. Der Wein kommt auch später auf den Markt. Ich finde den Wein weder besser noch schlechter als Seguin, nur deutlich üppiger und voller, kraftvoller. Er ist schon deutlich weiter entwickelt als der normale Seguin, wenn er auf den Markt kommt und ist generell vom Ansatz her das Beste vom Besten. Aber noch einmal, für mich macht diese Mikro-Cuvée keinen riesigen Unterschied gegenüber einem ohnehin schon außergewöhnlichen Wein. Trotzdem ist er mindestens auf dem gleichen Level wie der absolut geniale 2016er Seguin und er ist ein toller Wein für die Opulenz. 98–100/100
Händlertag bei Ulysses Cazabonnes auf Chateau Rauzan Segla. Mehr als 300 Muster des Jahrgangs 2018. Ein echter Kampf, harte Arbeit, aber ein Kernpunkt der jährlichen Verkostung. Hier macht man Meter, aber klar ist auch, dass die direkten Besuche der Domainen manchmal bessere Proben ermöglichen.
Appellation Moulis und Listrac: Diese zwei tendenziell zu kühlen Gemeinden sind in trocken-warmen Jahren in der ersten Reihe des Haut Medoc zu finden. Branas Grand Poujeaux aus Moulis ist groß, best ever, der 95 Punkte Star aus Moulis, reif und samtig dicht. Fonreaud aus Listrac, auch best ever, bestätigt die Form von vor zwei Tagen.
Lobenberg: Der unter 10 Hektar große Nachbar von Poujeaux, nunmehr seit einigen Jahren, vielleicht sogar seit 2009, der Primus Inter Pares in dieser Appellation. Poujeaux hat zwar unter Stephan Derenoncourt zwischenzeitlich deutlich aufgeholt, aber der Winzling Branas ist wieder vorbeigezogen. Weit vorbei an dem inzwischen zu einer Karikatur verkommenen Chasse Spleen. Poujeaux und Branas Grand Poujeaux sind Nachbarn, aber der Ertrag bei Branas liegt tiefer, man ist auch noch nicht ganz so weltweit verbreitet wie Poujeaux, das ermöglicht dann die Ertragsbeschränkung. Reife schöne, schwarzfruchtige Nase, sanftes Tannin. Im Mund kommt auch rote Frucht dazu, feine Kirsche, eine schöne Frische zeigend, Schwarzkirsche, rote Kirsche, leichter Cassis-Hauch, zarte Lakritze, wenig Veilchen. Das Ganze nicht zu üppig werdend, sondern extrem fein im massig vorhandenen und feingeschliffen Tannin. Aber diese Seidigkeit, diese Verspieltheit bleibt. Das ist ein extrem schöner Wein aus Moulis und er gehört auf jeden Fall in die vordere Reihe hier, wenn man mal Moulis dem Haut Médoc hinzuzählt. 93–94/100
Fonreaud
Lobenberg: Die Cépage ist 50 % Cabernet Sauvignon, 45 % Merlot, 5 % Petit Verdot. Diese etwas südlich von Margaux gelegene Appellation war 2018 wieder begünstigt, da es hier wie in Moulis Hitze und Trockenheit braucht, da Listrac eben in schwächeren Jahren häufig katastrophal schlechte Weine macht – zu viel Lehm mit Kies-Sand. Aber in großen, meist warmen Jahren wie ’09, ’10 und ’15 wirklich strahlen kann. Fonreaud ist in warmen Jahren sogar ein richtiger Hammer, 2018 ist ja nun wieder genauso ein Jahr und da laufen wir hier zu Hochform auf. Die kühle des Terroirs schafft dann sogar einen perfekten Ausgleich zu der trockenen Hitze. Ganz cleane Nase, satte schwarze Kirsche, wunderschöne Veilchen-Süße darunter, nur ein Hauch Lakritze, aber alles süß, weich, reif, unglaublich charmant in dieser unerwarteten Opulenz. Auch im Mund diese fast überreiche Frucht, aber es ist nicht volatil, es ist nicht überreif, aber so schön ist sie, die massive Schwarzkirsche mit der Brombeere und dem Cassis. Alles ist reichlich vorhanden, ist hocharomatisch und schiebt, macht richtig Freude. Ein Wein zum Kauen mit sattem, samtigem Tannin. Fonreaud 2018 hat richtig Klasse und im Wissen um seinen tiefen Preis ist das eine Hammer-Empfehlung. Ich bin völlig baff, ich glaube Fonreaud 2018 muss ich unbedingt anbieten, weil es so viel Freude macht und für so wenig Geld so unglaublich viel Wein gibt. Der Wein braucht 3–5 Jahre, um diese enorme Fleischigkeit zu verdauen, um eine gewisse Eleganz neben der Wucht zu zeigen. Aber es ist sehr eindrucksvoll, was hier aus dem Glas kommt. 94–95+/100
Medoc und Haut Medoc: Clos Manou ist mit 97–100 einer der großen Weine des linken Ufers. Der Nord-Medoc Nachbar Carmenere liegt nur minimal dahinter, Du Retout, Doyac und Haut Maurac folgen auch mit 94 oder 95 Punkten. Selbst Belle-Vue ist zusammen mit Sociando Mallet und La Lagune nur knapp dahinter. Ein tolles reifes Jahr für Medoc und Haut Medoc.
Lobenberg: Dieses kleine Weingut liegt im äußersten Norden des gesamten Medoc Gebiets, weit nördlich von Saint Estèphe. Der Nachbar ist Chateau Haut Maurac. Clos Manou wird vom Besitzer Stéphane Dief persönlich bearbeitet. Zwar in einer nicht zertifizierten, aber extrem biologischen Weinbergsbearbeitung mit winzigen Erträgen, Dichtpflanzung (über 10.000 Stöcke pro Hektar). Ertrag pro Pflanze unter 500 Gramm, winzige Träubchen, sehr tief und nahe am Stamm. Wenn man die Arbeit im Keller sieht, die Stephan durchführt, wird einem schwindelig ob dieses wahnsinnigen Einsatzes. Er hat spezielle Rütteltische zur Entrappung, inzwischen sogar optische Nachsortierung der Trauben. Die Gärung erfolgt im Beton und Holz, Ausbau zum Teil auch in Betonamphoren. Hier wird nichts unversucht gelassen. Stephan ist ein echter Fanatiker der Qualität. Und wäre es nicht Haut Medoc sondern Pauillac, wären seine Weine, zusammen mit Pontet Canet, immer im 100-Euro-Bereich. Das ist seit vielen, vielen Jahren großes Kino und wird auf Grund der Randlage und zahlreicher »nur Etikettentrinker« total unterbewertet. Clos Manou kann man seit den Jahren 09, 10 und vielleicht schon ab 05 nicht mehr mit den normalen Vergleichsmaßstäben des Médoc und Haut Médoc werten. Wer schon mal auf dem Château war, wer gesehen hat wie in dieser Dichtbepflanzung mit den winzigsten Erträgen pro Stock einfach diese extrem feinen Finesseweine gewonnen werden, die gleichzeitig diese irre Spannung aufweisen, der nimmt Abschied von der Klassifikation von Bordeaux. Es geht nicht um alteigesessene, große Namen, es geht um Rebenbestand, die Böden und die Arbeit. Die Cépage des 2018ers lautet 52 % Cab. Sauvignon, 38 % Merlot, 5 % Cab. Franc und 5 % Petit Verdot. Sehr feine Nase, die eine verblüffend hohe Reife aufweist, mit sehr geschliffenem Tannin, eher zur schwarzen Frucht gehend, etwas Lakritze und Veilchen darunter. Aber wenig süß, eher ganz fein getragen. Und dieses reife Jahr 2018 führt überhaupt nicht dazu, dass Stéphane Dief irgendetwas Fettes in die Flasche zaubert, aber es führt dazu, dass der Wein eine wahnsinnige Spannung hat. Wir haben hier wie bei den allerbesten Weinen dieses Jahr eine Frische aus der hohen Reife, mit so viel Frucht, so grandioser Dichte. Tannin in Massen, aber total seidig, nichts beißt, nichts zwickt. Und trotzdem ist alles sehr präsent, sehr lang, und zugleich unendlich fein. Gleichzeitig diese konzentrierte Wucht aus sehr kleinen Beeren, aber das entscheidende ist, dass trotz dieser Unmengen an schwarzer und roter Beerenfrucht, diese unglaubliche Spannung aufsteigt. So komplex, dicht, sehr athletisch. Auch im Mund fast mehr eine Implosion als eine Explosion, der ganze Gaumen zieht sich zusammen, die Zunge rollt sich, die Augen werden schmal, das ist so unglaublich hyperkonzentriert und dicht und trotzdem nicht fett. Totale Balance und Harmonie und dabei eine wahnsinnige Spannung aufweisend aus der vornehmlich schwarzen Frucht, Brombeere, Schwarzkirsche, wenig Cassis, alles durchgegoren, nichts ist süß, alles ist unendlich fein. Trotz immenser Tanninmassen wie noch nie zuvor, mehr als 2016, mit diesem wahnsinnigen Druck und der gleichzeitig großen Feinheit. Bei diesem Wein spürt man einfach die irre Konzentration des Jahrgangs. Der Wein erinnert mich ein wenig an den einen Tag zuvor verkosteten Château Beychevelle aus Saint Julien, der auch unglaublich fein war. Das sind Belege dafür, dass man auch in einem so reichhaltigen Jahr wie 2018 sowohl famose, üppige Schönheiten, wie auf Château Meyney, als auch strahlend schicke Weine, wie in 2016 mit dieser unendlichen Finesse, erzeugen kann. Und genau das gelingt hier auf Clos Manou, lang, schön und ultrafein dabei. Das wird ein unglaublicher Langläufer, das ist besser als je zuvor und es kann problemlos mit in der Topliga der klassifizierten Weine mithalten. 97–100/100
Lobenberg: Dieses kleine Weingut mit rund 30 Hektar ist in der südlichen Region des Haut Medocs direkt an der Grenze zu Margaux gelegen. Seit 2005 eines der führenden Weingüter im Haut Medoc, aber preislich immer eines der Günstigsten. Das Superschnäppchen schlechthin. Der Ertrag pro Hektar liegt bei circa 45 Hektoliter. Es gibt etwas über 100.000 Flaschen. Der Überwiegend maschinell geerntet, weil es einfach sehr viel schneller geht und man so den Erntezeitpunkt perfekt einplanen kann, gerade in einem Jahr wie 2018 ein großer Vorteil, mit Handlese klappt das kaum bei 30 Hektar. Hier wird eine Erntemaschine benutzt, die bereits direkt nach dem Ernten eine komplette Entrappung der Trauben durchführt. Darauf folgt eine weitere Sortierung auf der Maschine, die Grünteile und Blätter herausselektiert, sodass recht cleane Beeren im Weingut ankommen. Dort wird auf dem Rüttelpult nochmals nachsortiert, der nur eine gewisse Beerengröße durchlässt und alle anderen Teilchen außer Beeren fernhält. Danach geht das Ganze nochmal über ein Laufband an dem viele Mitarbeiter per Hand erneut nachsortieren bis das Lesegut nahezu perfekt ist. Das ist schon eine enorm aufwendige Sortierarbeit, die hier vorgenommen wird. Danach kommt eine kalte Vorfermentation unter Schutzgas mit 4 Grad für 6 bis 10 Tage. Es folgt eine langsame Fermentation unter 26 Grad mit Überpumpen. Die Gesamtzeit auf der Schale beträgt bis zu 28 Tage bei 28 Grad. Der Wein reift danach komplett in Barriques, davon ein Drittel neu. Die Reifezeit beträgt zwischen 12 und 15 Monate. Die 2018er Cuvée besteht aus 60 % Cab. Sauvignon, 28,5 % Merlot, 11,5 % Petit Verdot. Der Alkohol liegt bei moderaten 13,5 % und der pH bei 3,89. Du Retout liegt wie bekannt im Grunde quasi fast in der Gemeinde Margaux, direkt am Rand gelegen. Und so ist der Charakter von Du Retout auch immer im Margaux Stil. 2018 war Margaux extrem reif, oft überreif, extrem voll, samtig, kraftvoll, üppig, fast fett. Das betrifft die ganze Appellation und so eben auch das direkt am Rand liegende Weingut Du Retout. So ist die Bezeichnung Haut Médoc hier auch völlig missverständlich, denn es gibt so andere Stilistiken, wenn wir oben im Norden an Haut Maurac, an Charmail denken, wo es deutlich rotfruchtiger wird. Und da gibt es eben hier die Cru Bourgeois, die nahe an Margaux liegen, weiter südlich werden sie dann nochmal anders. Deshalb ist Haut Médoc sicherlich die heterogenste Appellation überhaupt mit 3 bis 4 ganz verschiedenen Stilistiken. Um es noch einmal deutlich zu sagen, Du Retout ist immer im Margaux Stil. Und so wundert es nicht, dass die Nase unglaublich voll, reich und üppig ist. Tanninmassen schieben sich aus dem Glas. Süße Maulbeere, Brombeere, viel Wucht aus Cassis und Veilchen, Rosenblättern, ganz weich, ganz reif, sehr aromatisch. Darunter kommt Hagebutte, Cranberry, Haselnuss. Der Mund ist genauso typisch Margaux wie die Nase, hat jedenfalls 2018 die gleiche Reichhaltigkeit. Der Mund ist immens üppig, hier aber deutlich mehr satte Schwarzkirsche, nur ganz langsam kommt Lakritze darunter, Veilchen, auch wieder Rosenblätter, viel Assam Tee. Dann kommen rote Kirsche und Cranberry, ganz feines Tannin, das dann immer mehr Kraft aufbaut, immer voller wird. Aber nichts ist jemals hart, nichts ist spröde, keinerlei Rustikalität, sondern nur eine üppige Weichheit und dennoch Struktur und Geradeauslauf. Noch einmal die Stilistik hier ist völlig anders als die der Superstars im Norden bei Ch. Carmenère, Haut Maurac und Doyac. Dies ist im Grunde so etwas wie eine eigene Appellation. Und innerhalb der südlichen Weine des Haut Medoc ist Du Retout für mich ganz vorne. In 2016 hatten wir den bisherigen Überflieger des Weingutes der neben der Üppigkeit auch diese wahnsinnige Eleganz hatte und unglaublichen Schliff. 2018 ist auf Grund der Reife des Jahrgangs stilistisch anders, noch üppiger, voluminöser, nicht besser oder schlechter, eben nur deutlich anders. Man kann ihn eher mit einem Ch. Deyrem Valentin aus Margaux vergleichen und da finde ich, dass er durchaus auf dem gleichen Level liegt und Deyrem ist deutlich teurer. Im Preisleistungsverhältnis sind die Appellationen Medoc und Haut Medoc zu unser aller Glück ein Underperformer, diese Weingüter bekommen nie ihren wahren Wert gezahlt, weil die Appellationen so groß und uneinheitlich sind. So lange das so ist wollen wir das mit Freude hinnehmen. 95+/100
Lobenberg: Chateau Retout ist ein Vorreiter für eine sehr kuriose Weißweincuvée, aber nur in allerkleinster Menge. Diese Cuvée wird auf nur gut 1,5 Hektar angepflanzt. Es wird eine überschaubare Anzahl von 10.000 Flaschen erzeugt. Hier wird per Hand und in zwei Durchgängen gelesen, was möglichst ist auf Grund der kleinen Anbaufläche. Es wird extrem aussortiert und manuell nachsortiert. Sowohl im Weinberg als auch auf dem Band. Die Pressung ist eine Direktpressung ohne Entrappung (Ganztraubenpressung). Dann wird das Ganze sofort gekühlt unter Schutzgas bei 4 Grad einige Zeit abgesetzt, aber völlig ohne Zugabe von Schwefel. Die spontane Gärung findet dann ca. 48h später nur im Barrique und in schmalen Holzfudern statt. Es gibt eine Bâtonnage innerhalb der ersten vier Monate. Die Lese für die Weißweine findet natürlich eher als für die Roten statt. Die Fermentation selbst dauert bis zu 24 Tage. Der Wein wird danach 9 Monate zu über 80 % im Barrique ausgebaut. Diese sind zu einem Viertel neu. Der Rest bleibt im Stahl. Die 2018er Cuvée ist 40 % Gros Manseng, 40 % Sauvignon Gris, 10 % Savagnin, 10 % Mondeuse Blanche. Der Alkoholgrad liegt bei 13,5 %, der pH bei 3,18, was schon auf die große Frische des Weines hindeutet. Dieser Wein ist ein Unikat in Bordeaux, völlig anders auf Grund der Rebsortenzusammensetzung. Und es ist natürlich auch ungewohnt im Medoc am Rande von Margaux einen Weißwein zu haben. Selbstverständlich hat auch Ch. Margaux einen eigenen berühmten Weißwein aus 100 % Sauvignon Blanc, aber ansonsten sind es wirklich nicht viele. 2018 war das beste Jahr meiner Verkostungsgeschichte für den Pavillon Blanc von Ch. Margaux und ich weiß nicht ob es an der Region liegt dieses Jahr, aber Du Retout Blanc ist 2018 ein ähnliches Kaliber. Er ist zumindest gleichwertig zum unglaublich schönen, eleganten 2016er. 2018 ist etwas duftiger, etwas mehr Muskateinfluss, aromatischer, viel gelbe und weiße Birne, Aprikose, fast an den Sauvignon Blanc von Ch. Margaux erinnernd. Ganz viel weißer Pfirsich, helle Melone, ein ganz leichter Hauch Mango und Papaya darunter, unglaublich fein und aromatisch. Manchmal denke ich, wieso geben Leute 100 € und mehr für einen Wein aus, wenn dieser extrem günstige Wein so eine wahnsinnige Aromatik hat. Okay ich gebe zu, im Mund ist es dann ein Unterschied, aber der ist auch gewollt. Wir haben durch diese Rebsorten Savagnin und Gros Manseng eine so große Eigenwilligkeit, einen so eigenwilligen Charakter. Da kommt ganz viel Feuerstein, da kommt Sancerre-artiger Silex, dann sind wir im Jura oder auch im Jurancon der Gros Manseng. Wir haben all diese Einflüsse dieser verschiedenen Regionen in diesen Rebsorten. Der Wein ist unglaublich komplex, feine Aromatik, aber intensiv, feine Bitterstoffe daneben, tolle Länge. Das ist ein wirklich unikathafter Wein mit einer genialen Aromatik und Geschmacksvielfalt. Aber noch einmal, kein Genießer sollte ihm mit der Erwartungshaltung eines klassischen weißen Bordeaux begegnen. Allerdings ist er auch kein Jurancon und kein Jurawein. Dafür ist er dann wieder zu kompatibel, denn er ist bei aller Extremität und Unikathaftigkeit immer auch unglaublich lecker, süffig, saftig und macht viel Freude. Aber den eigenwilligen Charakter muss man ihm einfach lassen und den muss man auch lieben. Das ist ein wirklich ganz superber Weißwein. 96+/100
Lobenberg: Château Doyac ist ein ganz kleines Weingut mit wirklich extrem arbeitenden Besitzern, im Grund so eine Art zweites Clos Manou. Spezielles Terroir mit reinstem Kalkstein, deshalb auch die spezielle Ausrichtung mit so viel Merlot, was sehr untypisch für das Médoc ist. Die Cépage 2018 ist 25 % Cab. Sauvignon und 75 % Merlot. Die Reben sind rund 25 Jahre alt und mit 7.000 Stock pro Hektar in Dichtpflanzung angelegt. Das Weingut arbeitet biodynamisch, dementsprechend wird auch alles spontanvergoren, komplett entrappt. Hier wird zum Teil mit der Maschine gelesen, danach gibt es eine Laser-Selektion mit der Sortiermaschine. Der Ertrag lag bei 30 Hektoliter pro Hektar. Der Jahrgang 2018 wird Bio-zertifiziert sein, ab 2019 dann biodynamisch zertifiziert bei Demeter, obwohl dies auch 2018 schon gegeben war. Das Team von Boissenot um Marco Balsimelli steht als Berater zur Seite. Auch die Nase ist ungewöhnlich für 2018, so unglaublich fein, aber sehr konzentriert. Durch das spezielle Terroir hier im Médoc, direkt neben Saint Estèphe gelegen. Unglaublich reiche schwarze, dichte Kirsche in der Nase, mit feiner Süße wie aus Datteln, ein bisschen Blaubeere, Maulbeere, so wuchtig, so dicht, mit heller Lakritze, aber auch schwebend, voller Finesse. Ganz dicht, intensiv und hocharomatisch im Stil eines sehr reifen Margaux. Im Mund setzt sich diese unglaubliche Konzentration fort. Wir kriegen unglaublich viel unerwartete Schlehe und Hagebutte, eine unglaubliche Konzentration in heller Frucht, weiße Schokolade, und ganz viel helle Blüten bis hin zu Jasmin, Veilchen und Brombeere dazu. Eine unglaubliche Spannung aufzeigend. Der Wein ist in seiner Stilistik viel mehr bei der roten Frucht, was man bei Merlot ja so gar nicht erwarten würde. Das Tannin ist reif und total seidig. Der Mund erinnert mich total an Château Haut Maurac, auch dieser Haut Medoc ist gerade definiert, sauber, feine Eleganz zeigend, sehr verspielt, dazu eine schöne Länge und salzige Mineralität. Dieses Weingut muss ich unbedingt im Auge behalten, es war ein persönlicher Tipp vom französischen Superstar-Verkoster Quarin, durch den wir vor vielen Jahren auch Château Clos Manou entdeckt haben. Dieser Doyac ist so fein und verspielt im Nachhall, feiner noch als Haut Maurac, nicht besser aber feiner, total zart. Das könnte ein Pessac Léognan sein, so extrem geschliffen ist das superzarte, salzige Fruchtbild. Und trotzdem hat der Wein eine tolle Struktur. Wir haben diese drei Stilistiken der drei Tops des Medoc und Haut Medoc, Clos Manou der mit Max von Doyac sehr gut persönlich befreundet ist, dann Château Carmenère und jetzt Doyac, alle drei werden vom Team Boissenot betreut und dennoch ist es verblüffend wie unterschiedlich diese drei Weine sind. Und weiterhin ist es verblüffend, dass diese Weine ohne Probleme in die Reihe der klassifizierten Top-Weingüter einzuordnen sind. Nicht unter den Premiers Crus und den Super Seconds, aber direkt dahinter können sie allemal mitspielen. Superber Wein und der dritte im Bunde der drei Musketiere. 97/100
Lobenberg: Haut Maurac ist ein weiteres Weingut von Olivier Decelle von Château Jean Faure. Es liegt ganz im Norden des Haut Médoc in direkter Nachbarschaft zu Chateau Clos Manou. Wir hatten hier in 2018 extrem gesundes Lesegut, es gab keine Probleme mit Mehltau, aber dennoch eine kleine Ernte. Die Cépage ist 60 % Merlot, 40 % Cabernet Sauvignon. Der Alkohol liegt bei moderaten 13,5 %, der pH-Wert liegt bei 3,7, also mit einer für das Haut Médoc relativ milden Säure. Es ganz kleiner Teil von nachträglich selektierten, sehr reifen Rappen wurde der Spontangärung hinzugefügt. Der Ausbau erfolgt im neuen und gebrauchten Barrique, sowie ein wenig im größeren Tonneau. Seit vielen Jahren ist Haut Maurac nun einer der wichtigsten Verfolger des absoluten Primus im Haut Médoc, Clos Manou von Stephane Dieff, der ein solcher Extremist ist, dass er wohl im Médoc für immer eine Ausnahmeerscheinung bleiben wird, das kann man mit normalen Maßstäben nicht kopieren und erreichen. Aber Haut Maurac ist inzwischen schon vor Charmail, sicher vor Sociando-Mallet und auch vor dem super-teuren, klassifizierten La Lagune und somit der wahre Verfolger von Clos Manou. Die Nase ist trotz des kleinen Rappenanteils extrem sauber und puristisch, auch hier wird der gleiche Ansatz verfolgt wie bei Jean Faure. Anders als bei Jean Faure wird hier bei Haut Maurac schon in die Fermentation hinein recht früh Schwefel gegeben, weil das Traubenmaterial nicht so puristisch rein ist wie bei Jean Faure. Die Menge ist auch insgesamt deutlich größer und es wird ein Teil mit der Hand und ein Teil mit der Maschine gelesen, wie es hier so üblich ist, wenn man nicht gerade Château Clos Manou heißt. Auch der finale Blend wird hier nicht frühzeitig bis März vollzogen. Die Nase ist trotzdem verblüffend schön und für einen hohen Merlot-Anteil erstaunlich in der Rotfruchtigkeit. Rote Johannisbeere und frische Zwetschge sind die Dominanten, vor etwas Kirsche und Himbeere, dann kommt Schwarzkirsche, später auch etwas Brombeere hinzu, auch Sanddorn. Der Mund ist extrem aromatisch und obwohl durch den hohen pH-Wert die Anzeige geringer Säure offensichtlich ist, ist der Mund frisch. Die Länge und Intensität der Säure der roten Johannisbeere und der Kirsche wird unterlegt von weißer Schokolade und etwas Marzipan, ein Hauch von Griespudding unterlegt das Ganze auf eine sehr schöne Art, gibt einen Kick dazu. Guter Nachhall, wunderbare Länge, das ist mehr als ein sehr schöner Haut-Médoc. Da bin ich mal gespannt was die anderen Tops Charmail, Clos Manou und Château Carmenère hier zeigen werden. Dies hier ist ein ganz sicherer Wert, ein perfekter Haut Médoc. 95+/100
Lobenberg: Chateau Belle-Vue aus dem Haut Medoc liegt genau am Rand der Appellation Margaux. Nur so ist auch der in seiner satten und weichen Vollmundigkeit einzigartige Stil erklärbar. Allerdings totale Konzentration auf den Merlot in diesem südlichen Medoc-Weingut, was in der Nähe von Cambon la Pelouse liegt, südlich der Appellation Margaux. Immer sehr üppig, wuchtig und extrem köstlich und reif in den, wie gesagt, warmen Jahrgängen. 2018 ist sehr schick geworden, ich hätte ihn eigentlich etwas fetter erwartet, aber er ist sehr elegant, sehr fein. Der Wein macht viel Freude, hat Länge, hat salzige Mineralität, ist überhaupt nicht überreif oder überfett, was ich befürchtet hatte, sondern ein hocheleganter, sehr schicker Haut Medoc. Nicht ganz in der Liga wie du Retout, Haut Maurac oder Clos Manou, aber wie oft gesagt, das Bessere ist der Feind des Guten. Dennoch ein genialer Wert. 93–94/100
Lobenberg: Dieses Top-Weingut mit 10.000 Stöcken pro Hektar und der totalen Merlot-Ausrichtung war mal ein richtiger Geheimtipp. Dann haben sie aber neu gepflanzt und dadurch zu viele junge Reben im Ertrag gehabt. Mal sehen ob sie in 2016 zurück sind in der Spur. Früher war Sociando mal der absolute Primus des Haut Medoc, sogar noch vor La Lagune und vor allen Dingen vor den neuen Tops Carmenère, Charmail und Haut Maurac, Clos Manou. Aber 2016 war Sociando Mallet zumindest schon mal wieder sehr anständig. Ein Weingut, welches wahnsinniges Potenzial hat, als direkter Nachbar von Charmail, absolute Dichtpflanzung mit über 10.000 Stöcken mit sehr kleinen Stockerträgen. Der 2018er zeigt sich reif, mit schwarzer Frucht, intensiv, etwas stark extrahiert, etwas viel Holz, aber in sich stimmig, nichts Grünes, wie in manchen Jahren davor. Der Wein passt und hat trotzdem keine Größe, ich finde er gehört nicht in die erste Reihe des Haut Médoc, obgleich ich ihm attestiere, dass er sehr ordentlich ist. 92–93/100
Superbe Ergebnisse und Entdeckungen im bezahlbaren Bereich waren die reifen Charmeure Du Glana aus Saint Julien, Deyrem Valentin aus Margaux, Chantegrive aus Graves und Fonbadet aus Pauillac.
Canon in Saint Emilion war hochreif im Stil von Tertre Roteboeuf, auch dieses ein Superstar mit bis zu 100 Punkten. Erstaunlich gut die sehr extrahierten aber reifen Faugeres und der große Peby Faugeres, nicht mein Stil, aber anzuerkennen.
La Fleur de Gay in Pomerol war erstmaligst nach über 10 Jahren wieder ganz oben. La Pointe gefiel mit 95 auch sehr.
Lobenberg: Obwohl nur als Cru Bourgeois klassifiziert nutzte »Du Glana« die ungemein günstige Gelegenheit, vom finanziell angeschlagenen 3ème Cru »Château Lagrange« (Heute wieder reich und angesehen im Besitz der japanischen Santori-Gruppe) 35 Hektar dazu kaufen zu können. Das katapultierte Du Glana von nur 5 auf satte 40 Hektar besten Reblands, leider ohne Mitnahme des »3ème Cru« Titels der Weinberge. Fast 7.000 Reben (75 % Cabernet Sauvignon, 20 % Merlot, 5 % Petit Verdot) stehen auf jedem Hektar, das durchschnittliche Alter liegt bei über 30 Jahren. Die Reife des Jahres 2018 ist für Du Glana eine Offenbarung. Das ist ein wunderschöner Saint Julien, warm, reich, süß, und vor allen Dingen rotfruchtig. Satte, süße Kirsche, Sauerkirsche dazu, ein bisschen Himbeere, fast in der Art eines Cabernet Franc und dazu diese mineralisch-salzige Länge. Ein extremes Leckerli und ein archetypischer Saint Julien, er weist all das auf, was Saint Julien haben sollte. Moderates Holz, geschliffene Tannine, das ist kein Riese zum Niederknien, aber ein unglaublich saftiger, leckerer Wein, hochcharmant. Du Glana hat es 2018 echt auf den Punkt getroffen. 94–95+/100
Lobenberg: Das winzige Gut liegt mitten in Margaux auf einem Sand- und Kieselplateau, also hervorragende Drainage. Das Durchschnittsalter der Reben liegt bei knapp 40 Jahren. Die Weinberge wurden in den letzten 25 Jahren stark überarbeitet, bessere Klone, höhere Pflanzdichte. Es ist im Besitz der Familie Sorge und wird häufig nicht beachtet, weil es nicht klassifiziert ist, aber seit Jahren ein Geheimtipp in der Appellation und oft auch ein Highlight. Hier werden immer extrem feine Weine erzeugt und das Preisleistungsverhältnis ist für Margaux außergewöhnlich. In der Regel das Superschnäppchen der Appellation, aber es bekommt eben ohne Klassifizierung niemals die Aufmerksamkeit um eine große Nummer zu werden. Dennoch im Grunde sowas wie Pontac Monplaisir in Pessac Léognan, unter dem Radar laufend. Margaux ist in 2018, wie schon mehrfach von mir ausgeführt, die Appellation für Power und das ist auch bei Deyrem Valentin so. Der Wein ist hochreif, sehr voll, Schokoladenküchlein, Brombeere, Maulbeere, Lakritze, schwarze Kirsche, auch leichte Konfitüre, etwas Feige. Das ist für so einen kleinen Wein schon ein ziemlicher Kracher in dieser typischen 2018er Margaux Üppigkeit, aber mit feiner Mineralität daneben, sodass die Balance stimmt. Und auch die Tannine sind geschliffen und fein, nichts tut weh, nichts ist überextrahiert. Ein guter Kompromiss zwischen der Üppigkeit des Jahrgangs und der Appellation und der Feinheit, die bei Deyrem immer erreicht wird. Der Wein braucht vielleicht 3–4 Jahre länger Zeit, als die Vorgängerjahre, wird dann aber ein wirkliches Preisleistungswunder darstellen. Das ist wirklich ein perfekter kleiner Margaux. 94+/100
Lobenberg: Dieses Weingut erzeugt einen Rot- und einen Weißwein. Diese Cuvée Caroline ist seit Jahrzehnten einer der besten Weißen in Graves und Pessac Léognan, immer auf der Höhe von Clos Floridene der Familie Dubourdieu. 2018 ist hier im Gegensatz zu vielen Weingütern in Graves hervorragend geraten, so war es auch bei Clos Floridene schon der Fall. Diese Weingüter, die etwas unter dem Radar der bekannten Weingüter segeln, die preislich viel spannender sind, haben es in 2018 besonders gut getroffen. Überhaupt nichts Grasiges, nicht typisch Sauvignon Blanc, sondern klassisch weißer Bordeaux, Mango, feine, gelbe Melone und Netzmelone, schöne Süße ausstrahlend, Birne, aber auch Zitronengras und feine, salzige Mineralität schon in der Nase. Das Holz ist moderat, ein bisschen neues Holz ist dabei, aber eigentlich eher als Stütze. Die extrem leckere Frucht ist auch hier wieder schön in der reifen, gelben Birne bleibend, Mango, dazu ein wenig Orangenzeste, Zitronengras, diese reife, gelbe Melone dazu. Hohe Aromatik, einfach ein leckerer Weißwein. Ein bisschen rund, aber das passt hervorragend zu diesem Jahrgang und unterstützt eben auch diesen saftigen Genussfaktor. Das ist kein Wein zum Anbeten, sondern genau wie Clos Floridene einfach ein extrem saftiger Genusswein zum Saufen. Tolles Preisleistungsverhältnis. 93/100
Lobenberg: Chantegrive ist ein Weingut, welches ich jetzt schon seit Jahren beobachte. Es hat einen sehr schönen Weißwein, der immer zu den besten weißen Bordeaux gehört. Aber der Rote ist seit Jahren im Aufwind und in einem so reifen Jahr wie 2018 müsste es hier gelingen einen großen Wein zu machen. Die Nase ist jedenfalls sehr reif und dennoch fein, große Üppigkeit und trotzdem eine feine rote Frucht darunter, auch ein bisschen gelbe Mango, mit süßer, roter Kirsche. Eine Feinheit, die auch die Appellation Pessac Léognan aufweist und Graves ist ja der südliche Anschluss. Der Mund ist ausgesprochen lecker und vor allen Dingen ausgesprochen üppig, mit satter roter Grütze, aber in richtiggehender Süße, süße Kirsche, Maulbeere, Brombeere, Cassis, süße Lakritze, aber dennoch nicht fett, dennoch fein bleibend, geschliffen und elegant. Auch lang und mit feinem Salz darunter. Das klingt jetzt wie ein großer Wein, doch nein, ein großer Wein ist das nicht, aber ein schöner Wein im Pessac Stil mit hoher Reife und hohem Genussfaktor. In 4 bis 5 Jahren wird das ein grandioser Charmeur sein in seiner Saftigkeit. Lecker Stoff. 93/100
Lobenberg: Fonbadet ist ein preislicher und qualitativer Konkurrent von Pedesclaux und seit Jahren in meiner Beobachtung. Manchmal ist das Weingut schöner und gefälliger, es ist weniger maskulin in der Ausrichtung und der Vinifikation. 2018 ist extrem fein, wunderbarer Schliff in den ultrafeinen Tanninen. Die Nase kommt so elegant rüber, schwarzfruchtig, die Lakritze ist nicht süß, das Schokotörtchen ist nicht so üppig, aber die schwarze Kirsche hat einen sehr eleganten Schliff. Darunter auch minimal Cassis und Brombeere, aber auch diese nicht süß, alles ist eher getragen, elegant. Auch der Mund ist ultrafein, toller Schliff, gar nicht Pauillac auf maskulin, fast nach Saint Julien rübergehend, dafür aber zu schwarz in der Frucht, es bleibt schon Pauillac, es ist eben ultrafein. Die Tannine sind seidig, reichlich vorhanden, aber nichts schmerzt. Einfach nur ein feiner, extrem saftiger, leckerer Pauillac, ohne die häufige Maskulinität. Um diesen Wein sollte ich mich bemühen, das macht echt viel Freude. Wenn der preislich interessant ist, dann ist das ein idealer Einstiegs-Pauillac. Zumal mir Pedesclaux dieses Jahr nicht so gut gefiel. 95–96/100
Lobenberg: 22 Hektar auf dem Kalkstein-Plateau, unter leichter Sandauflage liegend. Der Zweitwein ist Croix Canon. Canon selbst ist wie gesagt 22 Hektar allerbestes Terroir. Canon muss sich nur noch mit Beausejour Duffau und Ausone messen. Spätestens seit 2015 ist Canon dann reiner Kult. So eine dichte, üppige Nase, satte Schwarzkirsche, süße Blaubeere und Brombeere, Maulbeere dahinter, feine Lakritze. Alles nicht zu viel, aber trotzdem mit viel Wucht und Üppigkeit kommend. Der Wein tendiert auch im Mund in die Hochreife, es ist eine Stilistik wie Tertre Roteboeuf, extrem reife Frucht mit der Frische aus der Reife. Das ist für Canon eigentlich eher untypisch, da Canon eigentlich eher poliert, geschliffen und fein ist wie ein Beausejour Duffau, den ich aber noch nicht probiert habe. Vielleicht ist 2018 überall auf den Kalksteinplateaus so ausgefallen. Der Wein zeigt auf jeden Fall eine unglaubliche lakritzige Süße, etwas Feige darunter, satte, süße, schwarze Kirsche, Maulbeere, immer wieder die Lakritze, auch Schokotörtchen. Dennoch auch rote Frucht darunter, Himbeere, Kirsche und Sauerkirsche in extremen Tanninmassen, üppig, samtig, aber geschliffen. Nichts tut weh, alle Eigenschaften kommen aus der süßen, reifen Frucht. Wie gesagt, etwas das wir auch bei Tertre Roteboeuf hatten. Die besten 2018er sind also dementsprechend hochreif und beherrschen die Kunst nicht über die Kante zu hüpfen und volatil zu werden. Das ist bei Canon auch perfekt gelungen, großer Stoff. 98–100/100
Lobenberg: Dichtpflanzung, Ertragsreduktion, biologische Weinbergsarbeit. Das alles auf bestem Kalksteinfelsen in der Nähe von Tertre Rôteboeuf, auf bestem Terroir also. An der Kante zu Castillon gelegen und normalerweise immer stark extrahiert. Der 2018er ist extrahiert, schwarz, dicht und sehr reif. Auch wuchtig im Mund, sehr extrahiert, extrem sattes Tannin, aber reif, rund, weich und samtig. Der Wein schiebt unglaublich, das ist nicht mein Stil, weil der Wein im Grunde so eine Wuchtbrumme ist, in so einem reifen und feinen Jahr. Daraus hat man einen Kraftbolzen gemacht, aber gekonnt. Der Wein ist auf den Punkt, nichts ist überreif oder gezehrt, das Tannin ist nicht spröde. Es ist nur von allem viel vorhanden. Aber wenn man ihm 6 bis 7 Jahre Zeit gibt, glaube ich schon, dass Faugeres eindrucksvoll zu trinken ist. 95–96/100
Lobenberg: Auch dieses Weingut gehört wie Ch. Faugeres Silvio Denz, einem Schweizer Investor, der einen Hang zu Krachern mit hoher Extraktion hat. Die 12 Hektar Weinberge von Chateau Peby Faugeres sind mit 70 % Merlot, 25 % Cabernet Franc und 5 % Cabernet Sauvignon bestockt. Die Reben sind im Durchschnitt 30 Jahre alt. Aber wie bereits zu Ch. Faugeres geschrieben, war dieser in 2018 erstaunlich gut, trotz der enormen Extraktion. Bei der Toplage Peby kommt noch mehr Wucht aus dem Glas, alles ist schwarz, alles ist dicht, alles ist reif. Aber wie schon 2016 erkenne ich an, obwohl es nicht mein Stil ist, dass das ein großer Stoff ist. Extrem konzentriert, alle Regler nach rechts, aber auch die Frische ist groß. In der hochreifen Frucht schlummert große Frische, diese wahnsinnige Reife richtet den Wein nicht hin, sondern schafft eine neue Balance in diesem schwarzen Elixier. Satte Brombeere, Maulbeere, Schwarzkirsche, viel Lakritze, enorme Veilchenmassen, darunter Rosenblätter. Ein Powerteil der obersten Güte, wenn man denn so viel Power mag. Der Wein braucht 10 Jahre, aber auch nach 10 Jahren wird man sich die Flasche noch teilen müssen, weil es einfach so reichhaltig und dick ist, der Wein macht satt. Aber ich erkenne an, dass das großer, riesiger Stoff ist. 97–100/100
Lobenberg: Ein kleiner Boutique-Weinberg von La Croix de Gay. Sehr fein im Mund, fast nur schwarze Kirsche, aber so getragen, langsam kommt auch rote Frucht, für einen Pomerol ganz erstaunlich, fast mit Saint-Julien-artiger Frucht. Sehr gelungen, nicht nur lecker, sondern eben auch elegant in poliertem Tannin. Das ist eine wahnsinnige Schönheit, La Fleur de Gay war vor vielen Jahren schon einmal in der allerersten Reihe von Pomerol, dann lange in der Versenkung verschwunden, aber nun mit 2018 wieder groß. Was für ein Musterbeispiel für Eleganz, diese seidigen Tannine und vor allen Dingen dieser Spannungsbogen von roter und schwarzer Frucht und das in Pomerol. Das ist die große Eleganz, sehr schicker Stoff. 97–100/100
Lobenberg: Wie lange steht La Pointe schon im Schatten der großen Brüder wie La Conseillante oder Beauregard. Die berühmte Familie d’Arfeuille erzeugt hier sehr verlässliche Pomerol. Reife rote und schwarze Frucht in der Nase mit guter Harmonie. Im Mund schöne Reife zeigend, deutliche Kaffeenoten vom getoasteten Holz, schöne Länge, elegant. Sehr pikant hintenraus mit salzigem Nachhall. Aber diese Fruchtkomposition aus rot und schwarz gefällt mir sehr gut. La Pointe 2018 ist für mich besser als es jemals war. Ein sehr harmonischer Wein mit viel Eleganz und einem wirklich spannenden Finish. Eine Delikatesse! 95–96+/100
Fazit der 180 Weine dieses Tages und Zwischenfazit nach acht Tagen? Viele reife und feine Weine, manche überreif, manche überextrahiert, manche Weine sind trotz ihrer Üppigkeit einfach zu kurz. In Summe aber ist 2016 durchaus fein, lecker, reif, fruchtig und saftig, oft sogar ganz groß. In manchen Fällen ist 2018 sogar besser als 2016, der konzentrierte Charakter der seidigen Tannine ist ob des Liebreizes oft versteckt. Viele Genießer und hedonistische Gourmets und Gourmands werden 2018 dann auch ob seines berstenden Genussfaktors vorziehen. In Summe aber scheint mir 2016 konsistenter, und die tolle Mineralität und die große Länge mit der irren Finesse und Eleganz von 2016 ist für mich schwer zu schlagen. 2016 scheint mir im Moment komplexer. 2018 hat in der Trinkfreude und im Vergnügen durchaus aber auch viel Ähnlichkeit mit 1982, das ist dann schon sehr großes Kino. Was immer deutlicher wird ist die immense Konzentration des Jahrgangs 2018 aus sehr kleinen Beeren. Oft unterschätzt man die Größe der Weine, weil sie sich so unkompliziert verkosten lassen. Da sind eben auch viele »best-ever« für die Ewigkeit dabei.
Morgen, Montag ist der 1. April, hoffentlich kein Aprilscherz. Wir werden alle Premier Cru und Superseconds probieren. Da bin ich gespannt.
Was sagte mein Freund Max Gerstl?: »Seit mehr als 35 Jahren der feinste Calon.« Die inzwischen mehr als 80 % Cab Sauv. und Cab Franc machen den ultrafeinen Stil in einem wunderschönen reifen Jahrgang. Alles tanzt voller Finesse. Auch Chateau Capbern und der Zweitwein Marquis waren ein Traum, ich werde alle 3 Weine anbieten.
Verkostungen Calon Segur
Lobenberg: Das Weingut hat 55 Hektar, davon 45 Hektar in Produktion. Der Generaldirektor ist Laurent Dufau und seit ewigen Zeiten ist der Weinmacher Vincent Mellet. Önologischer Berater und Superstar des Médocs, der alle Premier Crus berät, ist Eric Boissenot. Eric Boissenot ist bekannt dafür, dass er Frische im Wein erhält. Er erntet nie zu spät, nie in Überreife. Das ist eigentlich sein Markenzeichen. Das Ganze wird gepaart mit immer sehr niedrigen Erträgen pro Pflanze. Das heißt Dichtbepflanzung. Hier sind wir inzwischen auf 8.000 Pflanzen pro Hektar. Natürlich alles per Hand gelesen. Zusätzlich danach händische und mechanische Sortierung der entrappten Beeren u. a. mit speziellen Rütteltischen und danach nochmal eine Handsortierung. Auf Calon Ségur wird immer schon alles zu 100 % entrappt, was im nördlichen Teil des Médoc durchaus Sinn macht, denn hier gibt es häufig auch etwas grüne Rappen. Der Wein besteht in 2018 zu 65 % aus Cab. Sauvignon, 17 % Merlot, 13 % Cab. Franc und 5 % Petit Verdot. Der Merlot ist also ganz stark heruntergefahren worden, davon ist fast alles in den Zweitwein Marquis de Calon gegangen. Wir haben hier 14,9 % Alkohol, 3,6 Gramm pro Liter Gesamtsäure bei einem pH-Wert von 3,75. Der Ertrag war auf normal niedrigem Niveau von 40 Hektoliter pro Hektar. Die Fermentation dauert 25 Tage und der Ausbau erfolgt anschließend in 100 % neuem Holz. Hier ist der Ausbau komplett klassisch im neuen Barrique, keine Tonneaus, keine Betoneier. Dieser Cabernet Sauvignon mit Cab. Franc dominierten Einsprengseln, entfernt sich immer weiter von den wuchtigen Calon Segurs früherer Tage mit dem hohen Merlotanteil. Der 2018er präsentiert sich unglaublich fein, sogar noch feiner als 2016, nicht besser aber feiner. Die Nase ist eine Ode an die Freude, wir haben Johannisbeere in feinster Art, etwas Sauerkirsche, süße rote Kirsche, etwas Schwarzkirsche und dann deutlich auch Himbeere von der Cabernet Franc. Ein blumiger, rotfruchtiger Mund, ein bisschen Veilchen und Vergissmeinnicht, feinste Schokolade, tolle Salzigkeit vom Terroir, aber auch hier die verspielte Blumigkeit. Dann folgt ein richtig intensiver Ansturm roter Frucht, Cabernet Franc kommt als erstes mit dieser schönen, reifen, aber auch säurebeladenen Waldhimbeere, dann kommt feine Kirsche und relativ viel sehr helle Lakritze, auch Nussaromen kommen dazu, dann wieder die Blumigkeit. Das ist sehr verspielt, sehr fein, sehr intensiv, aber am Ende ein wirkliches Finessenwunder mit dieser roten Frucht und dieser so typischen Calon Segur Cabernet-Ausrichtung. Ich finde, dass Calon Segur 2018 besser denn je ist, weil es hier die Zielsetzung, die Calon verfolgt noch besser trifft als im großen 2016er. Weil diese blumige Feinheit und diese tänzerische Verspieltheit hier absolut auf den Punkt gebracht ist. Ob dieser Wein den gleichen Alterungsprozess durchlaufen kann wie der sensationelle 2016er, vermag ich allerdings nicht zu sagen. Nur die Fassprobe des 2018ers ist einfach berauschend schön. 98–100/100
Lobenberg: Das Château betont, der Calon Segur sei von allen Saint-Estèphe-Weinen dem traditionellen Stil der Langlebigkeit und langsamen Entfaltung zu voller Blüte am meisten treu geblieben. Marquis ist der Zweitwein von Calon Segur, aber kein klassischer Zweitwein. Also keine Fassauswahl, sondern mehr eine Plot- und Weinbergsauswahl. Der größte Teil der Merlot geht in diesen Zweitwein. Der Erstwein Calon Segur hat einen weitaus höheren Cabernet-Anteil. Die Cépage für 2018 ist 53 % Merlot, 47 % Cab. Sauvignon bei 14,9 % Alkohol und einem pH-Wert von 3,65. Der Ertrag lag bei 40 Hektoliter pro Hektar von 20 Jahren alten Reben. Der Ausbau erfolgt mit einem Neuholzanteil von 30 %. Marquis de Calon besteht zu einem nicht unerheblichen Teil aus alten Merlot-Reben, die zuvor in den Calon Segur eingegangen waren, der Hauptwein ist allerdings auf dem Weg in Richtung 85 % Cab. Sauvignon, sodass die Merlot-Reben zunehmend Einzug in den Marquis gefunden haben. Außerdem haben wir hier die etwas sandigeren, leicht schwächeren Böden und die jüngeren Reben. Das macht diesen Marquis aus. Deutlich leichter als das Nachbarweingut Capbern aus gleichem Besitz, die Reben sind eben auch jünger. Aber der Wein ist extrem fein, sehr schick, fast an 2016 erinnernd, fein, getragen, voller Finesse. Sicherlich nicht ganz die Würze des Capbern oder des Calon Segur, aber dennoch ein unglaublicher Spaßmacher. Auf Grund seines starken Johannisbeeraromas, mit schöner Lakritze und feiner Blumigkeit ist das so ein archetypischer Saint Estèphe, wie er besser kaum sein kann. Wie gesagt es fehlt die letzte Würze und der letzte Druck, um groß zu sein, aber die Ausrichtung ist dennoch absolut und unverwechselbar Calon Segur. Toller Wein! Wenn hier der Preis stimmt bei diesem Zweitwein, dann ist das ein Muss-Kauf, der viele Médoc und Haut Médoc, trotz vielleicht höherer Punkte, schlägt, weil er so archetypisch für Saint Estèphe und Calon Segur ist. 93+/100
Selbst der Zweitwein war profund und intensiv. Montrose selbst eine Orgie in konzentrierter roter reifer Frucht. Berauschend und dicht und sooo berauschend. So groß wie 2016, etwas intensiver in roter Frucht dabei, etwas weniger lang in der salzigen Mineralität.
Verkostungen Montrose
Lobenberg: In einer der besten Lagen der Appellation, hoch oben, mit wunderbarem Blick auf die Gironde liegt Château Montrose. Die Cépage 2018 setzt sich zusammen aus 72 % Cabernet Sauvignon, 20 % Merlot, 6 Cabernet Franc, 2 % Petit Verdot. Wie schon bei Calon Ségur beobachtet haben die Top-Güter in Saint Estèphe einen Hang zu immer mehr Cabernet Sauvignon, Merlot wird zunehmend in die Zweitweine verbannt. Und wenn wir hier Cabernet Sauvignon und Franc zusammennehmen sind wir schon bei fast 80 %. Das ist natürlich der Erkenntnis geschuldet, dass in der zunehmenden Wärme der Jahre der Merlot immer früher reif wird und der spätreifende Cabernet Sauvignon diesem Klima angepasster ist. Wie jedes Jahr fast ein Paradigmenwechsel zwischen Calon Ségur und Montrose. Wir haben die unendliche Feinheit von Calon mit diesem leicht ätherisch-blumigen und wir haben auch bei Montrose eine totale Cabernet Fixierung, aber massiver. Satte Sauerkirsche, extrem schöne, süße rote Johannisbeere, mit Waldhimbeere, etwas Brombeere darunter, kaum Cassis, und auch hier Lakritze in heller Form, also nichts Süßes, nichts zu üppiges, sondern sehr fein. Nur insgesamt deutlich wuchtiger, deutlich massiver, viel schiebender vom Kern als Calon. Aber so soll es ja auch sein, das macht den Unterschied zwischen den beiden Häusern aus. Der Mund von Montrose ist dann auch extrem intensiv, hocharomatisch, fast brutal in der roten, sehr frischen Frucht, Sauerkirsche, süße Kirsche, Johannisbeere, Himbeere, recht ausgeprägte Schlehe, auch Cranberry, dazu helle Schokolade, helle Lakritze, fein und dennoch unglaublich intensiv in der rotfruchtigen Aromatik. Der Wein schiebt, 2018 ist feiner als 2016, nicht besser als dieses unendliche Lange Finessenwunder, aber der 18er ist wunderschön in dieser feinen Frucht und dieser Zugänglichkeit. Der Wein hat einen wahnsinnigen Charmefaktor, trotz aller hohen Intensitäten. Im Grund schon eine Wiederholung der Qualität, bloß mit einem anderen Charakter, mit etwas reiferem Charakter als in 2016. 100/100
Lobenberg: In einer der besten Lagen der Appellation, hoch oben, mit wunderbarem Blick auf die Gironde liegt Château Montrose. La Dame ist der Zweitwein des Hauses Montrose und kommt 2018 mit einer Cépage von 52 % Merlot, 39 % Cab. Sauvignon, 4 % Cab. Franc und 5 % Petit Verdot. Vom 17. September bis zum 5. Oktober geerntet. Feine rotfruchtige Nase mit viel Johannisbeere, typisch für Saint Estèphe, aber auch Kirsche und Sauerkirsche. Natürlich nicht so fein wie die Weine auf Calon Segur, dafür ist dieser Zweitwein hier etwas tiefer als der Marquis de Calon, aber eben nicht so fein, etwas wuchtiger, dafür rund. Im Mund aber eine wahnsinnige Aromenexplosion, alles auf roter Kirsche, roter Johannisbeere und Waldhimbeere laufend, aber intensiv, dicht, dazu feines Salz und feine Mineralik, auch blumig. Tolle Frische mit hoher Intensität in der Säure, in der roten Johannisbeere und der Sauerkirsche, trotzdem fein bleibend. Ein sehr schicker Saint Estèphe und erstmalig werde ich auch den Zweitwein von Montrose kaufen, weil es einfach eine Ode an die Freude ist, ein ausgesprochen schöner, aromatischer, geschmackvoller Wein. Hat Länge und Spiel, ohne wirkliche Größe, aber gefällt mir tatsächlich extrem gut. 94+/100
Unglaublich fein und elegant, reif, totale Finesse aus Cabernet, dennoch schwarz, Veilchen, Lakritze, Schwarzkirsche, Maulbeere. Nicht zu fett oder wuchtig, immer fein und tänzelnd bleibend. Nur knapp hinter 2016.
Verkostungen Cos d’Estournel
Lobenberg: Ein super 2ème Cru, der zusammen mit La Mission, Las Cases, Pichon Lalande und Ducru relativ nahe dran ist an den Premier Crus. Cos ist wie Montrose, wie Ducru und Las Cases eines der Weingüter, wo besonders penibel sortiert wird. Nicht nur mehrfache grüne Lese, sondern auch noch auf optischen Sortiergeräten, welche die entrappten Beeren nochmals nachsortieren. Hier kommt nur perfekte Reife in die Kelter. Fermentation überwiegend im Stahl, Ausbau überwiegend im neuen Holz, die Vergärung erfolgt spontan. Die Assemblage besteht 2018 aus 74 % Cab. Sauvignon, 23 % Merlot, 2 % Cab. Franc und 1 % Petit Verdot. Hier sind wir, wie bei allen Top Saint Estèphes, relativ nahe bei 80 % Cabernet. Dies ist der Erwärmung geschuldet und dem Hang zu größerer Finesse. Cabernet ist sicherlich besser geeignet, um dieser Klimaveränderung zu begegnen. Auf diesen Wein war ich besonders gespannt, denn der 2016er war der beste Cos unserer Zeit und für mich ein glatter 100 Punkte Wein. Was kann da 2018 mit dieser hohen Reife erreichen? Die Nase ist absolut untypisch für Cos. Schwarz, lakritzig, Veilchen, aber nicht wuchtig, sondern eher fein. So wie dieser erstaunliche Jahrgang 2018 generell ein verspielter, feiner, reifer Jahrgang ist, ohne das Fett oder die übermäßige Wucht der Jahre 2003 oder auch 2009. Nein, 2018 ist da deutlich näher an 2016. Jahrzehntelange Verkoster ziehen Vergleiche zu 1982 bezüglich der Schönheit der Verkostung. Der Mund ist eine wahre Freude, weil er so schick und fein ist. Cassis, Veilchen, Lakritze, Brombeere, auch süßere Maulbeere gesellt sich hinzu. Die Lakritze tritt deutlich hervor, auch das Salz tritt deutlich hervor, insgesamt sehr schön verwoben, tolle Harmonie zeigend und trotz der hohen Reife eine große Feinheit offenbarend. Ein toller Cos, aber wie man so manchmal sagt, ist das Bessere der Feind des Guten. Und 2016 war so astronomisch und außerordentlich, dass ich den 2018er, auch wenn manch anderer neben mir das tut, keine 100 Punkte geben. Dennoch ist es ein ganz großer Wein, der für die Zeitspanne in der ich Cos verkoste sicher zur Top 3 gehört. 98–100/100
Lobenberg: Der weiße Cos besteht zu zwei Dritteln aus Sauvignon Blanc, zu einem Drittel aus Sémillon. Seit Jahren ist das ein sehr frischer Weißwein, sehr gut gemacht, ganz fein, hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Pavillon Blanc von Château Margaux, wenngleich noch etwas dahinter zurück. In 2018 ist der Wein nicht ganz so extrem schick wie in den Vorjahren, das liegt aber einfach am Jahrgang. Für Weißweine war 2018 einfach kein optimales Jahr, dennoch finde ich ist dieser weiße Cos extrem schön, macht Freude, hat Länge. Zitronengrasfrische, feine grüne und weiße Birne, helle Melone, wirklich ein schöner Spaßmacher. Aber natürlich in einem Preisbereich, der den Kauf sicherlich nicht erleichtert. 94–95/100
Lobenberg: Dieser Zweitwein von Cos besteht aus 54 % Cab. Sauvignon, 37 % Merlot, 6 % Petit Verdot und 3 % Cab. Franc. Auch bei diesem Second besteht eindeutig die Tendenz die Majorität der alten Stöcke des Merlot aus dem Erstwein herauszunehmen und hier einfließen zu lassen. Weil der Merlot hier oben in St Estèphe auf Grund der Erwärmung doch von Jahr zu Jahr fetter und reicher wird. Zuviel Merlot steht dann der gewollten Finesse etwas entgegen. Dieser Zweitwein entspricht aber dem Modell Cos, er hat die selbe Charakteristik, die ja immer sehr schwarz und sehr üppig ist. So zeigt sich auch dieser Pagodes mit reichlich Cassis, Brombeere, Schwarzkirsche, aber im Jahrgang 2018 in seiner hohen Reife und gleichzeitig hohen Feinheit nicht zu üppig, nicht zu fett, sondern durchaus fein bleibend. Auch durchaus aromatisch lecker in der Nase. Hohe Intensität im Mund, ein typischer Cos d’Estournel, aber etwas grober. Das Tannin ist reichlich vorhanden, nicht ganz so geschliffen, sondern insgesamt etwas holprig, wuchtig. Der Zweitwein von Cos bleibt für mich beim Genussfaktor und beim Charme und der Leichtigkeit und Eleganz klar hinter den Zweitweinen von Calon Ségur und Montrose zurück, obwohl er viel Power hat. 92–93/100
Lobenberg: Das Weingut gehört zu Cos d’Estournel und ist seit Jahren im Aufwind, die Equipe versucht hier einen First-Class Haut Medoc zu erzeugen und er wird von Jahr zu Jahr besser. Die Rebsortenzusammensetzung des Goulee ist 73 % Merlot, 21 % Cab. Sauvignon, 6 % Cab. Franc. Die Nase des 2018ers besticht durch reiche, schwarze Frucht, viel Schwarzkirsche, feine Lakritze darunter, aber fein, nicht wuchtig, nicht zu süß. Auch etwas unsüße Brombeere, Cassis, leichte Blumigkeit, Veilchen, aber alles eher fein als wuchtig süß. Durchaus schick, sehr fein, lecker, aromatisch. Aber es fehlt ein bisschen der Druck, es bleibt ein feiner, tänzelnder, süffiger Zechwein mit Niveau, aber er gehört nicht in die erste Reihe der Médocs und Haut Medocs. Wahrscheinlich wird er zu teuer sein, ansonsten würde ich sagen ist das hier ein gehobenes Niveau für jeden Tag. 92–93/100
Sehr harmonische Weine hier, totale Balance, aber für mich der schwächste der 1er Cru von Pauillac. Auch Cos Montrose und Calon waren für mich besser. Jammern auf hohem Niveau mit 97–98 Punkten.
Lobenberg: Das Gut hat 100 Hektar und produziert jährlich je 240 000 Flaschen vom Grand Vin und vom Zweitwein; das durchschnittliche Alter der Reben liegt bei über 35 Jahren; gelesen wird selbstverständlich per Hand; selektiert zum Teil bereits im Weinberg; die Vinifikation erfolgt 18 bis 25 Tage in temperaturgeregelten Edelstahltanks und Holzfässern bei maximal 30° C; die malolaktische Säureumwandlung macht der Wein im Tank; ausgebaut wird 20 Monate in neuen Eichenfässern. Die Zusammensetzung des 2018ers sieht wie folgt aus: 91 % Cabernet, 8,5 % Merlot, 0,5 % Petit Verdot. Bei diesem 1er Cru warte ich noch auf den Tag an dem es ein reiner Cabernet Sauvignon ist. Der spätreifende Cabernet reagiert einfach so viel besser auf die Klimaveränderung der letzten Jahre, Merlot ergibt hier oben häufig zu alkoholische und zu reiche Weine. Das Besondere bei Lafite Rothschild ist, dass der Wein, trotz dieser hohen Cabernet Sauvignon Konzentration im Mund, nicht rotfruchtig in der Nase ist, sondern eher wuchtig daherkommt. Mit viel Kraft, viel schwarzer Kirsche, Cassis, Maulbeere, Lakritze, Veilchen, wir finden eigentlich alle klassischen Elemente, aber durchaus fein bleibend. Für Lafite im Mund eine tolle Reife zeigend, die Augen ziehen sich zusammen ob der hohen Fruchtintensität, satte Lakritze, Veilchen, eine Cassis-Brombeer-Dominanz. Die Lakritze ist äußerst fein, die Schokolade moderat, sehr hohe Harmonie ausstrahlend, sehr frisch. Vielleicht liegt es an mir, aber für mich ist Lafite seit Jahren der schwächere der drei Premiers in Pauillac und die zuvor probierten Nachbarn aus Saint Estèphe Cos, Montrose und Calon Segur sind für mich klar vorne. Ein sehr guter Lafite, aber eben nicht ganz groß. 97–98/100
Lobenberg: Der Zweitwein von Lafite Rothschild kommt mit 56,5 % Cab. Sauvignon, 38 % Merlot, 5,5 % Cab Franc. Der Wein stammt aus eigenen und anderen Parzellen des Weinberges. Trotz der hohen Cabernet-Dominanz hat der Carruades durchaus immer eine dunkle, würzige Nase, etwas Merlot-lastig. Feine Lakritze, etwas Schwarzkirsche und Cassis, Brombeere, durchaus fein, aber sehr Pauillac-typisch dabei mit leicht maskulinem Touch untendrunter. Tolle Frische im Mund, hohe Intensität, schlanke Cassis, Schwarzkirsche, durchaus ein schicker Wein ohne wirkliche Größe. Und im Grunde genommen immer eine Streichposition, denn Carruades ist unglaublich teuer und deutlich hinter dem zweiten Weingut des Hauses, Duhart Milon, zurück. 93–94/100
Lobenberg: Ein Chateau, das zu Lafite Rothschild gehört. Fast immer besser und interessanter als der Zweitwein Carruades de Lafite. 65 % Cab. Sauvignon, 35 % Merlot. Eine ähnliche Konstellation wie Clerc Milon bei Mouton-Rothschild, wenngleich durch den höheren Merlotanteil hier der Unterschied zum Erstwein doch recht deutlich ist. Würzige, dunkle Cassis, Schwarzkirsche, Lakritze in der Nase, aber nicht zu wuchtig, fein bleibend. Duhart Milon hatte die letzten Jahre ab 2015 ganz vorzügliche Jahre. Und auch 2018 mit dieser hohen Reife ist der Mund erstaunlich frisch. Feine Lakritze und auch hier wieder Cassis, Schwarzkirsche, Brombeere, feine blumige Note darunter, Veilchen, alles gut verwoben, gute Harmonie zeigend. Nicht die Größe des extraterrestrischen 2016er besitzend, dafür ist er insgesamt etwas zu brav, trotzdem ein sehr guter Wein. 94–95/100
Clerc Milon und Mouton sind Orgien in Schwarzkirsche, unendlich fein, aromatisch und lecker. Mouton dabei wahnsinnig mineralisch salzig und lang. Zur glatten 100 fehlt etwas Druck im mittleren Gaumen, aber mit 97–100 klar der beste 1er Cru Pauillac für mich.
Verkostungen Mouton Rothschild
Lobenberg: Nachdem für mich Best-ever 2016 bin ich jetzt sehr gespannt, wie 2018 sich präsentiert. Clerc Milon gerade eben aus gleichem Hause war extrem lecker, aber nicht so immens lang wie 2016. Mouton Rothschild 2018 kommt mit 86 % Cab. Sauvignon, 12 % Merlot, 2 % Cab. Franc und dadurch mit fast 90 % Cabernet-Anteil, noch höher als bei Clerc Milon. Und das benachbarte Terroir ist auch so baugleich mit dem von Clerc Milon. Auch der Mouton zeigt eine überhaupt nicht vermutete und erwartete Köstlichkeit in Schwarzkirsche, so unglaublich lecker, so reich, so duftig, wie bei Clerc Milon, nur ganz zarte Lakritze und Veilchen in diesem Kirschsaft. Diese Nase ist ungeheuerlich, verführerisch, erotisch, kirschig zum Reinspringen. Was sich in der Nase andeutet mit dem Vergleich zu Clerc Milon setzt sich im Mund fort, nur dass der Mouton dieses Quäntchen mehr an Gripp und Biss hat, das dem Clerc Milon zum großen Wein fehlte. Eine wunderbare hochintensive Salzspur, fast beißend auf der Zunge, Tanninmassen, aber total poliert, seidig. Samt wäre das falsche Wort, hier ist wirklich nur Seide im Spiel. Große Länge und Mineralität in ungeheurem Ausmaß, das Ganze neben dieser süffig-leckeren Schwarzkirsche. Zum 2016er fehlt ihm vielleicht ein ganz klein wenig der mittlere Gaumen, der fleischige Druck in der Mitte, aber die mineralische Länge ist ungeheuerlich, die Frucht und der hedonistische Genuss sind großartig. Eindeutig der beste Premier Cru aus Pauillac. Ich persönlich glaube, dass 2016, der ein reiner 100 Punkte Wein war, der größere Wein ist, dennoch gehört 2018 zu den ganz großen Erfolgen dieses Weingutes. Vor allen Dingen wenn man dieses Reife, Fruchtbetonte, extrem Leckere schätzt. Allerdings muss man auch 2018 Zeit geben, die Mineralität ist zu immens, die Salzigkeit zu hoch. Der Wein braucht sicherlich seine 10 Jahre, aber das ist beim 2016er ja auch nicht anders. 100/100
Lobenberg: Das ist der Zweitwein von Mouton Rothschild und diesen Wein habe ich noch nie verstanden, aber im Grunde verstehe ich auch den Carruades de Lafitte nicht besonders. Diese Weine kosten unglaubliches Geld und sind doch nur das Auffangbecken für die zu jungen Reben der Erstweine. Bei Calon Ségur passt der Zweitwein zumindest preislich und von seiner tänzerischen Feinheit. Bei Mouton ist der Zweitwein deutlich rauer und nicht ansatzweise so hedonistisch wie Clerc Milon, wirklich einfach nur eine kleine, etwas rustikale Version des Erstweines. So richtig verstehen, warum man diesen Wein kaufen sollte werde ich nie. 93/100
Lobenberg: Direkt neben Mouton-Rothschild und Lafite-Rothschild liegt Château Clerc Milon Rothschild. Die 30 Hektar Weinberge sind mit über 45 Jahre alten Reben bestockt. Die Cépage des 2018ers besteht aus 60 % Cabernet Sauvignon, 27 % Merlot, 9 % Cabernet Franc, 3 % Petit Verdot, 1 % Carmenere. Dieses Weingut von Mouton ist immer archetypisch, wie Mouton selber, im Grunde ist es der perfekte Zweitwein, auch wenn Mouton-Rothschild einen noch höheren Cabernet-Anteil aufweist. Wow, was hat der Wein für eine Nase! Die Mouton Familie scheint in diesem Jahr der schwarzen Kirsche verpflichtet zu sein, fast nur Schwarzkirsche, immens aromatisch und so weich, Veilchen und Rosenblätter treten dahinter zurück, vermutete Cassis und Brombeere kommen nicht durch, alles läuft voll auf der burgundischen Kirsche, sehr reife Weichselkirsche darunter, extrem fein, lecker und harmonisch. Auch im Mund ist das die reine Freude, feine salzige Mineralität darunter, cremig und kirschig, schön lang, aber voller Harmonie. Ein Leckerli der Oberliga und doch fehlt ihm im Moment noch ein wenig die Länge und der enorme Zug der 2016 so auszeichnete. Ich finde ihn im Grunde genommen einfach nur wunderschön und voll da. Auch wenn die Frische vorhanden ist und die salzige Mineralität ihn stützt, hat er nicht die Länge von 2016, nicht ganz das Zeug zum Best-ever, wie ebenjener 2016er. Und trotzdem ist es einfach nur ein wunderschöner Wein, meine Hochachtung für diesen immens leckeren, kirschigen Pauillac. 95–96+/100
Ähnlich kirschig fein wie Mouton, etwas milder in der Mineralität, fein, fast lecker. Tolle Weine, aber nicht so komplex wie Mouton oder wie die 2016er.
Verkostungen Latour
Lobenberg: 2018 hat Latour große Ähnlichkeit mit Mouton in der Offenheit seiner Frucht. Dieser inzwischen komplett biodynamisch produzierte Wein besticht mit wunderbarer Kirschfrucht. Hocharomatisch, wirklich lecker, dazu feine Blumigkeit, etwas Mango neben der Schwarzkirsche, roter Kirsche, Cassis und Brombeere sind wirklich fein, nichts ist wuchtig, total seidiges Tannin schon in der Nase. Eine Tänzerin mit toller Länge im Mund, wunderschöne Salzspur, vielleicht nicht ganz so ausgeprägt mineralische Länge wie zuvor Mouton. Auch hier nicht an die wahnsinnige Komplexität des 2016ers heranreichend. Die Premiers Crus sind 2018 auf jeden Fall hinter 2016, aber das war tendenziell bei Montrose und Cos d’Estournel ja auch so. Die Komplexität von 2016 ist so immens, dass die 100 Punkte Skala gemessen an 2016 einfach schwer zu erreichen ist. 97–98+/100
Lobenberg: Der Zweitwein von Château Latour, der aber ähnlich wie Clos de Marquis bei Leoville Las Cases kein klassischer Zweitwein mit der Selektion von jungen Reben ist, sondern zum Großteil von eigenen Rebflächen kommt, die immer dem Forts de Latour vorbehalten sind. Er besteht zu etwa zwei Drittel aus alten Reben von außerhalb der l’Enclos-Lage, aus der der Grand Vin stammt. Nur in Drittel stammt aus den jungen Reben dieser Lage. Er wird in der Regel aus circa zwei Dritteln Cabernet Sauvignon und einem Drittel Merlot produziert und auf dieselbe Art vinifiziert wie der Latour. Auch dieser Wein wird inzwischen biologisch produziert. Extrem offen und lecker im Mund, sehr stark auf der Kirsche laufend, sehr charmant, deutlich offener als der Drittwein Pauillac de Latour. Einnehmend, eine große Freude, ein Spaßmacher mit mittlerer Länge und mittlerem Körper, kein großer Les Forts de Latour, aber ein schicker Wein. 93–94/100
Eine Konzentration und Potenzierung von Feinheit, von schwarzkirschiger Finesse. Kein Komplexitätsmonster und Mineralien-Blockbuster wie der unendlich gute 2016, dafür ist 2018 aber eine kaum zu steigernde Freude, eine anmutige Tänzerin um das goldene Kalb der Kirschfrucht. 99–100 für einen der besten Weine des linken Ufers.
Verkostung Pichon
Lobenberg: Aktueller Besitzer ist die Familie Rouzaud, ebenfalls Besitzer des Champagnerhauses Roederer. Die Familie erwarb das Weingut 2007, seit 2010 ist Sylvie Cazes Verwalterin von Pichon-Comtesse. Seit Jahren einer DER Überflieger in Pauillac mit einem perfekten 100 Punkte 2016er als Best-ever. 2018 lautet die Cépage 71 % Cab. Sauvignon, 23 % Merlot, 5 % Cab. Franc, 1 % Petit Verdot. Sehr würzige, schwarzfruchtige Nase, ein Beerenkompott mit feiner Lakritze und satter Veilchen Unterlage. Satte Aromatik im Mund, auch hier wieder eher ein Beerenkompott, eine Fruchtkaltschale, eine rote Grütze, alles auf schwarzer Frucht laufend. Immer mehr stellt sich die schwarze Kirsche als Dominante heraus, wie auch schon beim Nachbar Latour und bei Mouton Rothschild. Aber hier auf PiCoLa deutlich würziger, aber vor allen Dingen konzentrierter, und das erstaunt, denn wir sind ja »nur« auf einem 2ème Cru. Pichon Comtesse bläst Latour um Längen fort, weil es so lang und intensiv ist mit extrem feiner, seidiger Mineralität. Die Tannine sind butterweich, aber sie sind nicht samtig-üppig, sondern seidig-fein. Alles tanzt um die schwarze Kirsche herum, der Wein hallt für Minuten nach. Es ist kein anbetungswürdiges Komplexitätsmonster wie 2016, sondern unendliche Feinheit mit ganz großer Länge, hedonistisch, extrem lecker, so süffig, so fein. Der Wein macht unglaubliche Freude und nimmt trotzdem alles ein. Eine Potenzierung von Feinheit, wenn es so etwas gibt. Das hatte ich auf dieser Verkostungsreise bisher nur bei einigen wenigen St Émilions und Pomerols, aber hier bei PiCoLa geschieht es genauso. Eine Feinheit potenziert und das grandiose ist doch, dass dieser Wein so anders ist als der megakomplexe 2016er, der zu den allseits großen Weinen der Welt gehört. Der 2018er ist auch ein potenzieller 100 Punkte Wein, aber er gehört zu den ganz feinen, schicken Teilen, ich bin verzückt ob dieser komplexen Finesse, dieser spielerischen Leichtigkeit, dieser tänzelnden Primaballerina in lakritzig-veilchenhafter Kirschfrucht. Die wahre Freude. 100/100
Archetypischer Pauillac mit jahrgangstypischer Reife und viel schwarzer Frucht. Oberstes Mittelfeld und sehr aromatisch, aber nicht die sagenhafte Komplexität des mineralischen 2016. Wenn der Preis stimmt dennoch ein Topwert.
Verkostung Grand Puy Lacoste
Lobenberg: Weit ab von der Gironde auf dem »Bages-Plateau« liegt Château Grand Puy Lacoste. Francois-Xavier Borie lebt mit seiner Familie auf dem Gut und beaufsichtigt persönlich die Pflege der fast 55 Hektar Rebfläche und die Kellerarbeit. Die 2018er Cépage ist 78 % Cabernet Sauvignon und 22 % Merlot. Sehr würzige Schwarzkirschnase, Veilchen und Cassis, aber mehr schwarze Kirsche, fein, aromatisch. Der Mund ist auf der einen Seite sehr Pauillac, also dieses leicht maskuline, scharfe Tannin mit Ecken und Kanten. Das ist die Definition die Pauillac ausmacht, das Tannin ist hier immer etwas bitterer als zum Beispiel in Saint Julien oder Saint Estèphe. Das Terroir ist eben etwas anders, dazu kommt hier eine schöne Würze, ein voller Körper und die volle Reife des Jahrgangs, die GPL sehr entgegenkommt, macht ihn rund und charmant. In der schwarzen Würze fast ein wenig Richtung Saint Estèphe laufend, das passt gut, das ist ein schicker Wein. Aber er hat nicht die Größe des komplexen, langen 2016ers. Wenn der Preis stimmt dennoch ein archetypischer Pauillac im obersten Mittelfeld. 95–96/100
Seit mindestens 2009 sooo anders als alle Weine des Medocs und Pauillacs. Getrunkene Biodynamie. Würzig tief, pflaumig und kirschig, erdig natürlich, positiv rustikal. Groß und unvergleichlich.
Verkostung Pontet Canet
Lobenberg: Der biodynamische Vorzeigebetrieb im Bordeaux. Seit 2005 wahrscheinlich immer eins der zwei oder drei besten Chateaus überhaupt, häufig auch gerne mal die Nummer 1. Erreichte in den Jahren 2009 und 2010 jeweils 100 Parker-Punkte. Seit 1995 immer eine sichere Bank und seit 2000 Weltklasse. 2015 und 2016 der Durchbruch auf 1er Cru Niveau zusammen mit Pichon Comtesse. Wenn hier kein grandioser Wein entsteht, kann man den Jahrgang abhaken. Die Vergärung passiert spontan im großen Holz und im konischen Beton. Der Ausbau geschieht in kleinen, mittleren und größeren Holzfässern und neuerdings zum Teil in kleinen und auch großen Beton-Eiern und großen Megaamphoren, die den Inhalt von vielen Barriques aufnehmen können. Die Beton-Eier und Amphoren sind nicht mit Epoxid ausgekleidet, sondern können atmen, sodass in Summe der Holzeinsatz noch mal deutlich verringert wird und trotzdem der Vorteil der Micro-Oxygenese über diesen Umweg vielleicht sogar noch gesteigert wird. Ein weiterer Sprung zur Natürlichkeit der Weine. Im Weinberg geschieht nur Natur, keinerlei chemische Spritzung, keine Beschneidung, keine grüne Lese, keinerlei Eingriff in die Natur, kein Stress. In 2018 gab es hohe Verluste durch Mehltau bei diesem Biodynamiker. Die 2018er Cépage ist 70 % Cab. Sauvignon, 22 % Merlot, 5 % Cab. Franc, 3 % Petit Verdot. Und das Ergebnis ist ein typischer Pontet Canet, es ist so unglaublich schwer zu verstehen, wieso Pontet Canet eine ganz andere Nase hat als der Nachbar Mouton und auch viele andere in diesem Jahrgang. Dass er reif ist, ist völlig normal, aber die letzten Jahre wird der Wein immer würziger, immer tiefer und kräftiger, immer deutlicher in die Amarenakirsche, hochreife Backpflaume, Orangenzeste darunter, aber süß, drückend, wuchtig. Mit Zeit und Luft baut der Wein dann Kirsche auf, neben der Pflaume, eine satte, reiche, volle, rote Kirsche, auch Schwarzkirsche, aber rote Kirsche bleibt die Dominante, viel Cranberry. Sehr würzig und lang. Mit der Zeit baut sich auch die Mineralität auf, es ist erstaunlich, dass selbst in der Fassprobe der Wein so viel Luft braucht. Die Mineralität ist lang, intensiv, salzig, aber nicht aggressiv. In Summe ist Pontet Canet deutlich mehr in der reifen Frucht, deutlich mehr in der Pflaume, in der ganz reifen, roten Kirsche, als der schwarzkirschig, frische Mouton oder PiCoLa, aber Pontet Canet ist so wie man sich einen würzigen Bio-Wein auch vorstellt. Er hat ganz sicher ein Alleinstellungsmerkmal in dieser ausgeprägten Art. Große Länge, aber das Besondere an Pontet Canet ist, dass er auch in der Länge diese reife und runde Feinheit der biodynamischen Würze beibehält. Ja das ist einfach ein ganz anderer Wein als von den Nachbarn in Pauillac und dieser Unterschied wird von Jahr zu Jahr größer. Weniger stylisch als die anderen, einfacher, ehrlicher in der Erdverbundenheit. Eine ganze Ecke natürlicher, was nicht besser bedeutet, nur anders. 97–98/100
Wie schon Leoville Barton zeigte, dieses Terroir bringt 2018 hochreife Weine mit Druck und Power. Unglaublich würzig und kraftvoll, ganz anders als 2016, und trotzdem fein und schick. Diese Kombi hat was, großer Stoff.
Verkostungen Leoville Las Cases
Lobenberg: Léoville Las Cases ist trotz seiner unmittelbaren Nachbarschaft zu Pauillac seinem Terroir immer treu. Trotz seiner immensen Dichte lässt er den spielerischen Aspekt eines Saint-Juliens niemals vermissen. 2018 wurde ein Alkoholgrad von 14,5 % bei einem pH von 3,65 erreicht. Der Clos du Marquis deutete es bereits an, obwohl er ein eigener Wein ist, aber natürlich liegt er nicht weit entfernt, hat ein fast gleiches Terroir und wird vom gleichen Team vinifiziert. Leoville las Cases 2018 ist deutlich wuchtiger, kraftvoller und maskuliner als es 2016 war. Der 2016er mit dieser langgezogenen, komplexen Seidigkeit war ein ganz anderer Wein. 2018 zeigt viel Lakritze, viel Veilchen, satte Brombeere, etwas Schwarzkirsche darunter, hochintensive Aromatik in der Nase, aber weniger fein und delikat, etwas rustikaler, mit viel Druck. Auch im Mund ein Powerwein, das habe ich in diesem Jahr so gar nicht erwartet, ich habe mit unendlicher Feinheit gerechnet, aber nein. Die Tannine sind zwar seidig, der Wein ist elegant, aber trotzdem zeigt er viel Druck, viel Kraft, viel Struktur, deutliches Holz, stark auf der Brombeere, Lakritze, Cassis, das Ganze schon mit einer gewissen Rauheit, auch mit einer sehr präsenten Frische. Ein Kraftwein, dennoch extrem schön. Diese zugleich reife und kraftvolle Stilistik haben wir aber auch schon bei Leoville Barton gesehen. Saint Julien ist 2018 einfach sehr reif und sehr intensiv. 100/100
Lobenberg: Der Zweitwein von Leoville Las Cases, der kein Zweitwein ist, weil er auf fest definierten Rebbergen wächst. Ist ein eigenständiger Wein von Leoville Las Cases. In diesen Wein gehen also niemals abgewertete Fässer von Las Cases. Im Gegenteil. Inzwischen hat Clos du Marquis einen eigenen Zweitwein, um den Erstwein besser zu machen. Also ein ganz eigenständiger Wein, der dadurch seinen nicht ganz günstigen Preis auch wert ist. Dennoch ist er schwer zu verkaufen, weil er eben als Zweitwein gehandelt wird. Kann durchaus mit einigen 3ème und 4ème Crus aus Saint Julien mithalten. 2018 beträgt der Alkoholgrad 14,4 % und der pH 3,66. Die Assemblage besteht aus 64 % Cabernet Sauvignon, 30 % Merlot und 6 % Cabernet Franc. Eigentlich wie immer ist Clos du Marquis archetypischer für Saint Julien. Die Nase ist sehr würzig, viel Unterholz, Lakritze, Brombeere, etwas rau. Der Wein zeigt viel Gripp im Mund, deutlich Brombeere mit viel Tannin beladen, viel Struktur, etwas später kommt Schwarzkirsche und etwas Cassis hinzu, auch Veilchen. Aber die etwas rustikal rüberkommende Brombeere ist ganz vorne. Der Wein hat unglaublich viel Gripp, Dampf und Power mit massigen Tanninen. Für diesen delikaten Jahrgang 2018 fast erstaunlich rustikal, aber das hat was. Ein spannender Wein und der Preis passt. 94–95/100
Ducru kommt auch mit hoher Reife und großer Wucht, aber ganz schnell kommt auch schicke rote Kirsche. Würzig, reif und fein zugleich. Gäbe es 2016 nicht spräche man bei Las Cases und Ducru vom Jahrhundertjahrgang, so ist es aber immer noch verdammt gut.
Verkostung Ducru Beaucaillou
Lobenberg: Jean-Eugene Borie ist einer der wenigen Weingutbesitzer im Bordeaux, der auch auf seinem Château wohnt. 50 Hektar Weinberge sind zu 65 % mit Cabernet Sauvignon, zu 25 % mit Merlot und zu je 5 % mit Cabernet Franc und Petit Verdot bestockt. In die Assemblage des 2018ers sind 85 % Cabernet Sauvignon und 15 % Merlot eingegangen. Auf diesen Wein bin ich nun besonders gespannt, ob es hier einen Paradigmenwechsel gibt. Leoville Barton, Leoville Las Cases das waren alles reiche, volle, kraftvolle Weine. Die Würze, die Power setzt sich auch hier bei Ducru fort. Warum ist Saint Julien 2018 so viel kraftvoller als die enorm schicken, feinen Pauillacs und Saint Estèphes? Es muss an den Wetterkapriolen des Jahres liegen, die noch weiter südlich von Saint Julien liegende Appellation Margaux ist das Powerhouse überhaupt dieses Jahres, das zieht sich auch nach Saint Julien rein und ab Pauillac wird es eben dramatisch feiner. Das ist aber keine wertende Feststellung, denn Ducru kommt schon mit unglaublicher Wucht und Würze, so viel Lakritze und so viel Veilchen, so viel Brombeere. Das ist ja fast wie ein Zwilling zu Leoville Las Cases mit dieser enormen Würze, dem Druck und dem Schub. Auch Leoville Barton hatte das schon. Bei Ducru liegt im Wein ein bisschen mehr Feinheit darunter als bei Barton. Der Wein hat untendrunter eine wunderbare Finesse, ganz helle Lakritze, feine rote Kirsche kommt langsam unter der Schwarzkirsche und der Brombeere zu Tage, der Wein wandelt sich zur Feinheit und Delikatesse. Las Cases schiebt mehr, Ducru tänzelt etwas mehr, aber beide kommen in voller Reife und Wucht daher, Ducru nur noch etwas zarter, noch etwas feiner. Ducru war 2016 ganz großes Kino, ob er das in 2018 wieder so ist kann ich nicht ganz genau beantworten. Klar ist jedenfalls, wenn 2016 nicht da gewesen wäre, hätte jeder von 2018 als dem Best-ever und Jahrhundertjahrgang gesprochen. Und das gilt eben auch hier, das ist ein großer Ducru, aber 2016 war vielleicht noch größer. Dennoch superber Stoff. 97–99/100
Die höchste Konzentration aus den kleinsten Beeren seit Beginn der Aufzeichnungen auf Chateau Margaux und trotzdem keinerlei Ähnlichkeit mit 2003 sondern unendlich fein. Schon der Pavillon Rouge ist groß, 96–97, aber wahrscheinlich sehr teuer. Der 1er Cru selbst ist der Primus im Medoc, sogar klar vor Picola, Mouton, Palmer, Calon und Montrose. Großer, reifer dichter und doch eleganter Stoff für die Ewigkeit. Besser als 2005, 2009, 2010, 2015 und 2016, weil er die traumhafte Finesse aus der extrem reifen Frucht mineralisiert. Einer von zwei 100+ Weinen des Jahrgangs.Der Pavillon Blanc ist in seiner Frische und multikomplexen Fruchtigkeit und Frische für mich der beste Weißwein des Jahres.
Verkostungen Margaux
Lobenberg: Die Assemblage des Grand Vin von Château Margaux 2018 enthält 4 % Merlot, 4 % Cab. Franc, 2 % Petit Verdot und 90 % Cabernet Sauvignon. Im Jahr 2018 gab es hier auf Ch. Margaux die höchste Konzentration, die je erreicht wurde seit es Aufzeichnungen darüber gibt. Extrem kleine Beeren, extrem hohe Extraktwerte und trotzdem nicht wie 2003, sondern enorme Frische, enorme Feinheit im konzentriertesten Jahrgang der Geschichte. Ganz im Gegenteil zu 2003 ist die Finesse und die Feinheit, das Delikate, das Tänzelnde ganz weit vorne in diesem Jahr. Und das alles in dieser unendlichen, dieser ganz großen Reife. Das ist ein Château Tertre Roteboeuf aus Margaux, die Frische kommt aus der Reife der Frucht. Unglaublich voluminöse Schwarzkirschnase, Backpflaume, Lakritze, Cassis, feine Rauchnoten daneben, Blumigkeit, nicht nur Veilchen, sondern auch Rosenblätter, auch etwas Jasmin, sehr komplex. Und dieser Vergleich zu Château Tertre Roteboeuf setzt sich eben auch im Mund fort. Unglaublich konzentriert, tief, reich und wuchtig, unglaublich viel Wein, ein Mund voll Wein, geradezu zum Kauen. Irre, immens und trotz dieser übermäßigen Fülle und dieser Reichhaltigkeit ist der Wein nicht fett, sondern lebendig, zeigt Frische aus der satten Frucht heraus. Bis an die Hochreife gehend, aber nicht volatil, supersauber, superclean, unendlich lang. Schwarzkirsche, Cassis, auch rote Kirsche, alles superkonzentriert, ganz reife Himbeere und Brombeere, immer wieder Veilchen und andere Blumen im langen Nachhall voller Salz und Gestein. Das ist einer der Megaweine schlechthin in 2018 und einer der besten Château Margaux, vielleicht sogar der Beste, den ich je probiert habe. Aus dieser fast brutalen Reife heraus und der daraus resultierenden Fruchtfrische noch besser als 2016, was ich persönlich nicht für möglich gehalten habe. Das ist eine Offenbarung. 100+/100
Lobenberg: Das ist der Zweitwein von Château Margaux. 2018 kommt er mit einer Cépage von 69 % Cab. Sauvignon, 19 % Merlot, 9 % Petit Verdot, 3 % Cab. Franc in die Flasche. Im Jahr 2018 gab es hier auf Ch. Margaux die höchste Konzentration, die je erreicht wurde seit es Aufzeichnungen darüber gibt. Extrem kleine Beeren, extrem hohe Extraktwerte und trotzdem nicht wie 2003, sondern enorme Frische, enorme Feinheit im konzentriertesten Jahrgang der Geschichte. Die Nase des Pavillon Rouge ist sehr würzig, voll und reich, die Appellation Margaux ist 2018 generell enorm reich und gehaltvoll ausgefallen. Enorme Massen an schwarzer Kirsche in der Nase, feine Blumigkeit, etwas Jasmin, fast schwebend, duftig. Im Mund fast wunderbar leicht und balanciert, voller Finesse, grandiose Harmonie zeigend. Auch hier ist die Majorität wieder Schwarzkirsche, als hätten wir die Appellation Saint Julien übersprungen und wären direkt von Pauillac im Château Margaux gelandet. So fein, so delikat, wie viele Pauillac Weine, mit schwarzer Frucht und dennoch großer Finesse. Stramme Salzladung, hohe Mineralität, sehr lang, dieser Pavillon Rouge ist wirklich ein Ausbund an Feinheit, Finesse und tänzelnder Schönheit und doch hat er Kraft und Wucht. Superber Stoff, der beste Pavillon Rouge den ich bisher probiert habe. Der gefällt mir wirklich ausgesprochen gut, aber wahrscheinlich ist er auch astronomisch teuer. 96–97/100
Lobenberg: Der Weißwein von Château Margaux besteht zu 100 % aus Sauvignon Blanc und wird im neuen Holz ausgebaut. Zusammen mit dem weißen Cos d’Estournel vielleicht der beste Weißwein des Jahrgangs, das erstaunt. Die Pessac Léognans waren dieses Jahr etwas zu breit, warum sind dann die Weine im Norden viel besser?! Der Wein wurde schon am 27. August geerntet, das ist sehr früh, um die Frische zu erhalten und trotzdem ist er nicht grün. Es war das erste Mal, dass die Weine des Nordens, also Pavillon und Cos Blanc, genauso früh geerntet wurden wie die Weine des Südens aus Pessac, wie Haut Brion und Dom. de Chevalier Blanc. Normalerweise wird hier oben immer später geerntet, aber scheinbar hat der Süden dieses Jahr einfach etwas zu spät gelesen, deshalb sind die Pessacs bis auf die Weine von Dubourdieu einfach ein bisschen breit ausgefallen. Die nördlichen Weine ragen deshalb so sehr heraus. Unglaublich feiner Sauvignon Blanc, überhaupt keine Stachelbeere, keine Grasigkeit, nichts dergleichen. Sondern nur wunderschöne, reife, gelbe Melone, gelbe Birne, auch etwas grüne und weiße Birne dahinter. Birne ist ganz klar vorne, dann kommt nicht zu reife Aprikose, ein ganz kleiner Hauch Pfirsich, satt Orangenzeste, viel Orangenabrieb und etwas Orangensaft darunter, das Ganze ist mit Mango und etwas Papaya unterlegt. Nichts ist zu fett, alles exzentrisch, ein unglaubliches Leckerli. Um zu den allergrößten Weißweinen Bordeaux aller Zeiten aufzuschließen fehlt ein bisschen der mineralische Säurekick, den Pavillon Blanc im Grunde nicht kriegen kann. Aber für Pavillon Blanc selbst ist das ganz großes Kino, für mich der beste Weißwein des Jahres. 97–98+/100
Immenser Verlust durch Mehltau bei diesem Biodynamiker. Der verbleibende Teil total clean spontan vinifiziert. Nur 11 Hektoliter pro Hektar und eine Traube pro Stock. Biodynamie mit ungeheuren Mehltau Verlusten. Spontan vergoren ohne Schwefel bis nach der Malo. Extrem konzentriert wie Margaux aber ungeheuer kalifornisch und superfein. Harlan Estate. Aber auch auf eben diesem 100 Punkte Level. Not to bad!
Verkostung Palmer
Lobenberg: Obwohl Chateau Palmer offiziell nur ein 3ème Cru ist, liegt er qualitativ oft weit darüber. Es gab 2018 wegen des Mehltaus nur 11 Hektoliter pro Hektar Ertrag bei diesem Biodynamiker. Die Cépage 2018 ist 53 % Cabernet Sauvignon, 40 % Merlot, 7 % Petit Verdot. Die Rebsorten sind ziemlich normal in dieser Verteilung, Palmer hat immer einen etwas höheren Merlotanteil, aber es gab eben diese starken Ausfälle durch Mehltau. Es wurde alles sauber ausgelesen, sodass der finale Blend extrem clean ist. Es gibt nur einen Erstwein in diesem Jahr, kein Alter Ego. Es gab durchschnittlich nur eine einzige Traube Ertrag pro Stock, in der Regel nur die dem Stock nächstgelegene hat überlebt, die häufig auch die beste ist. Palmer ist seit 2014 Demeter zertifiziert. Es wird natürlich alles spontanvergoren, hierfür wird ein großer Tank mit eigenen Hefen zur Vorgärung angesetzt und auch hier wird inzwischen komplett schwefelfrei vergoren, erst nach der Malo folgt die Zugabe. Eine Methode, die sich bei Biodynamikern immer mehr durchsetzt und die einfach die Frucht deutlich sauberer erhält. Es wird komplett entrappt. Am Ende ist Palmer 2018 aus einer extrem konzentrierten, kleinbeerigen Ernte entstanden und diese Konzentration merkt man zwar in der hohen Reife und Dichte, aber gleichzeitig ist der Wein auch so unendlich fein. Verspielt schwarzkirschig, mit wunderbarer Feinheit im Mund, der Cabernet ist so reif, hinzu kommt Frische aus der reifen Frucht. Wir haben direkt davor Château Margaux verkostet und der war noch reifer, noch konzentrierter in der Frucht als Palmer, letzterer ist der deutlich feinere Wein. Für mich war Ch. Margaux der Bessere, weil eben so viel Frische aus dieser brutal reifen Frucht kommt, aber Palmer ist auch ein ganz großer Wein, das muss ich gestehen. 2016 war schon ein Riese, aber 2018 wiederholt das mit einer grandiosen Feinheit und dennoch mit einer extrem spannenden Konzentration, die man im ersten Anflug gar nicht bemerkt. Ein großer Wein, keine Frage. 99–100/100
Teynac – die Überraschung am Abend
Ganz spät am Abend des 1. April gab es dann nämlich noch eine kleine sensationelle Neuentdeckung: Château Teynac in Saint Julien. Die Weinberge von 12 Hektar sind umrahmt von Leoville Barton, Gruaud Larose und Talbot, also allerbestes Terroir. 70 % Cabernet und 30 % Merlot. Konzentrierter rotbeeriger Stoff, besser noch als der in 2018 hervorragende Du Glana. auch besser als La Bridane, und das will was heißen. Für mich nach vielen Jahren des Suchens endlich DIE ideale Referenz im Einstiegsbereich Saint Juliens.
Verkostung Teynac
Lobenberg: Dieses Weingut liegt in direkter Nachbarschaft zu Talbot, Gruaud Larose und Leoville Barton, also innerhalb der besten Terroirs Saint Juliens, auf Kies, Sand und Lehm Lagen. Die Cépage 2018 lautet 75 % Cab. Sauvignon, 21 % Merlot, 4 % Petit Verdot. Saint Julien hat ähnlich wie Margaux im Jahr 2018 relativ viel Wucht und Würze in den Weinen, feine ätherische Würze in Saint Estèphe und Pauillac. Dieser Teynac riecht und verkostet sich relativ ähnlich wie Château du Glana, was für mich eine hohe Auszeichnung ist, denn du Glana 2018 ist vorzüglich. Satte Sauerkirsche, rote Kirsche in der Nase, Veilchen, Vergissmeinnicht, ganz helle Lakritze. Im Mund tolle Konzentration zeigend, so archetypisch Saint Julien mit dieser satten, roten Frucht darunter, voller Spannung. Große Länge in roter Johannisbeere, Sauerkirsche, roter Kirsche, relativ wenig schwarze Frucht, sondern so typisch Saint Julien eine rote Orgie mit hoher Aromatik. Nein, das liest sich jetzt wie ein großer Wein, doch das ist kein großer Wein, aber es ist für Saint Julien qualitativ sogar oberhalb von La Bridane, ein ziemlich perfekter Einstieg und nicht weit weg von den großen Namen. 95–96/100
Beyond the 1er Crus – Fantastische Einstiegsweine
Aber es gibt eben auch neue Erkenntnisse über die berauschend schönen Einstiegsweine, Bordeaux ist da für mich weltweit vorne:
Lobenberg: Haut Maurac ist ein weiteres Weingut von Olivier Decelle von Château Jean Faure. Es liegt ganz im Norden des Haut Médoc in direkter Nachbarschaft zu Chateau Clos Manou. Wir hatten hier in 2018 extrem gesundes Lesegut, es gab keine Probleme mit Mehltau, aber dennoch eine kleine Ernte. Die Cépage ist 60 % Merlot, 40 % Cabernet Sauvignon. Der Alkohol liegt bei moderaten 13,5 %, der pH-Wert liegt bei 3,7, also mit einer für das Haut Médoc relativ milden Säure. Es ganz kleiner Teil von nachträglich selektierten, sehr reifen Rappen wurde der Spontangärung hinzugefügt. Der Ausbau erfolgt im neuen und gebrauchten Barrique, sowie ein wenig im größeren Tonneau. Seit vielen Jahren ist Haut Maurac nun einer der wichtigsten Verfolger des absoluten Primus im Haut Médoc, Clos Manou von Stephane Dieff, der ein solcher Extremist ist, dass er wohl im Médoc für immer eine Ausnahmeerscheinung bleiben wird, das kann man mit normalen Maßstäben nicht kopieren und erreichen. Aber Haut Maurac ist inzwischen schon vor Charmail, sicher vor Sociando-Mallet und auch vor dem super-teuren, klassifizierten La Lagune und somit der wahre Verfolger von Clos Manou. Die Nase ist trotz des kleinen Rappenanteils extrem sauber und puristisch, auch hier wird der gleiche Ansatz verfolgt wie bei Jean Faure. Anders als bei Jean Faure wird hier bei Haut Maurac schon in die Fermentation hinein recht früh Schwefel gegeben, weil das Traubenmaterial nicht so puristisch rein ist wie bei Jean Faure. Die Menge ist auch insgesamt deutlich größer und es wird ein Teil mit der Hand und ein Teil mit der Maschine gelesen, wie es hier so üblich ist, wenn man nicht gerade Château Clos Manou heißt. Auch der finale Blend wird hier nicht frühzeitig bis März vollzogen. Die Nase ist trotzdem verblüffend schön und für einen hohen Merlot-Anteil erstaunlich in der Rotfruchtigkeit. Rote Johannisbeere und frische Zwetschge sind die Dominanten, vor etwas Kirsche und Himbeere, dann kommt Schwarzkirsche, später auch etwas Brombeere hinzu, auch Sanddorn. Der Mund ist extrem aromatisch und obwohl durch den hohen pH-Wert die Anzeige geringer Säure offensichtlich ist, ist der Mund frisch. Die Länge und Intensität der Säure der roten Johannisbeere und der Kirsche wird unterlegt von weißer Schokolade und etwas Marzipan, ein Hauch von Griespudding unterlegt das Ganze auf eine sehr schöne Art, gibt einen Kick dazu. Guter Nachhall, wunderbare Länge, das ist mehr als ein sehr schöner Haut-Médoc. Da bin ich mal gespannt was die anderen Tops Charmail, Clos Manou und Château Carmenère hier zeigen werden. Dies hier ist ein ganz sicherer Wert, ein perfekter Haut Médoc. 95+/100
Lobenberg: Château Doyac ist ein ganz kleines Weingut mit wirklich extrem arbeitenden Besitzern, im Grund so eine Art zweites Clos Manou. Spezielles Terroir mit reinstem Kalkstein, deshalb auch die spezielle Ausrichtung mit so viel Merlot, was sehr untypisch für das Médoc ist. Die Cépage 2018 ist 25 % Cab. Sauvignon und 75 % Merlot. Die Reben sind rund 25 Jahre alt und mit 7.000 Stock pro Hektar in Dichtpflanzung angelegt. Das Weingut arbeitet biodynamisch, dementsprechend wird auch alles spontanvergoren, komplett entrappt. Hier wird zum Teil mit der Maschine gelesen, danach gibt es eine Laser-Selektion mit der Sortiermaschine. Der Ertrag lag bei 30 Hektoliter pro Hektar. Der Jahrgang 2018 wird Bio-zertifiziert sein, ab 2019 dann biodynamisch zertifiziert bei Demeter, obwohl dies auch 2018 schon gegeben war. Das Team von Boissenot um Marco Balsimelli steht als Berater zur Seite. Auch die Nase ist ungewöhnlich für 2018, so unglaublich fein, aber sehr konzentriert. Durch das spezielle Terroir hier im Médoc, direkt neben Saint Estèphe gelegen. Unglaublich reiche schwarze, dichte Kirsche in der Nase, mit feiner Süße wie aus Datteln, ein bisschen Blaubeere, Maulbeere, so wuchtig, so dicht, mit heller Lakritze, aber auch schwebend, voller Finesse. Ganz dicht, intensiv und hocharomatisch im Stil eines sehr reifen Margaux. Im Mund setzt sich diese unglaubliche Konzentration fort. Wir kriegen unglaublich viel unerwartete Schlehe und Hagebutte, eine unglaubliche Konzentration in heller Frucht, weiße Schokolade, und ganz viel helle Blüten bis hin zu Jasmin, Veilchen und Brombeere dazu. Eine unglaubliche Spannung aufzeigend. Der Wein ist in seiner Stilistik viel mehr bei der roten Frucht, was man bei Merlot ja so gar nicht erwarten würde. Das Tannin ist reif und total seidig. Der Mund erinnert mich total an Château Haut Maurac, auch dieser Haut Medoc ist gerade definiert, sauber, feine Eleganz zeigend, sehr verspielt, dazu eine schöne Länge und salzige Mineralität. Dieses Weingut muss ich unbedingt im Auge behalten, es war ein persönlicher Tipp vom französischen Superstar-Verkoster Quarin, durch den wir vor vielen Jahren auch Château Clos Manou entdeckt haben. Dieser Doyac ist so fein und verspielt im Nachhall, feiner noch als Haut Maurac, nicht besser aber feiner, total zart. Das könnte ein Pessac Léognan sein, so extrem geschliffen ist das superzarte, salzige Fruchtbild. Und trotzdem hat der Wein eine tolle Struktur. Wir haben diese drei Stilistiken der drei Tops des Medoc und Haut Medoc, Clos Manou der mit Max von Doyac sehr gut persönlich befreundet ist, dann Château Carmenère und jetzt Doyac, alle drei werden vom Team Boissenot betreut und dennoch ist es verblüffend wie unterschiedlich diese drei Weine sind. Und weiterhin ist es verblüffend, dass diese Weine ohne Probleme in die Reihe der klassifizierten Top-Weingüter einzuordnen sind. Nicht unter den Premiers Crus und den Super Seconds, aber direkt dahinter können sie allemal mitspielen. Superber Wein und der dritte im Bunde der drei Musketiere. 97/100
Lobenberg: Chateau Charmail liegt ganz im Norden, der direkte Nachbar von Sociando Mallet, den er seit vielen Jahren überflügelt hat. Phelan Segur zur anderen Seite. Eine überwiegend auf Merlot basierende Cuvée, die in warmen Jahren mit zu dem Besten gehört, was das Haut Medoc zu bieten hat. Er ist in der direkten Verfolgerschaft mit Haut Maurac, du Retout, alle jagen sie der Spitze um Château Carmenère und Clos Manou nach. Auf jeden Fall ist das schon die Oberliga des Haut Médoc. Die Nase ist sehr schwarzbeerig, intensiv und reif, dabei ganz weich, die Lakritze ist sehr gemäßigt, die Veilchen sind nicht so sehr drückend, leichte Rosenblätter. Eine schöne Süße ausstrahlend, aber eben auch eine gute Feinheit in den Tanninen signalisierend. Ein wirklich schicker, toller, aromatischer Mund, die Augen ziehen sich zusammen ob der Intensität und gleichzeitig dieses viele Salz und diese Länge. Kirsche, Cassis und Brombeere bleiben sehr fein, nichts wird zu fett, zu üppig, der Wein ist ganz reif, aber nicht überreif. Der Alkoholgehalt, der sicherlich hoch sein wird in diesem Jahr ist nicht zu spüren, die Balance ist da. Das ist ein Charmail, der ein würdiger Nachfolger der großen Weine aus 2010 und 2016 ist. Der vielleicht ob seiner Reife und seiner Intensität noch besser werden mag, der noch mehr Wucht aufbauen wird. Für Charmail ein großer Wein, eine Ode an die Freude und an den hedonistischen Genuss in dieser Opulenz. 95+/100
Lobenberg: Dieses kleine Weingut liegt im äußersten Norden des gesamten Medoc Gebiets, weit nördlich von Saint Estèphe. Der Nachbar ist Chateau Haut Maurac. Clos Manou wird vom Besitzer Stéphane Dief persönlich bearbeitet. Zwar in einer nicht zertifizierten, aber extrem biologischen Weinbergsbearbeitung mit winzigen Erträgen, Dichtpflanzung (über 10.000 Stöcke pro Hektar). Ertrag pro Pflanze unter 500 Gramm, winzige Träubchen, sehr tief und nahe am Stamm. Wenn man die Arbeit im Keller sieht, die Stephan durchführt, wird einem schwindelig ob dieses wahnsinnigen Einsatzes. Er hat spezielle Rütteltische zur Entrappung, inzwischen sogar optische Nachsortierung der Trauben. Die Gärung erfolgt im Beton und Holz, Ausbau zum Teil auch in Betonamphoren. Hier wird nichts unversucht gelassen. Stephan ist ein echter Fanatiker der Qualität. Und wäre es nicht Haut Medoc sondern Pauillac, wären seine Weine, zusammen mit Pontet Canet, immer im 100-Euro-Bereich. Das ist seit vielen, vielen Jahren großes Kino und wird auf Grund der Randlage und zahlreicher »nur Etikettentrinker« total unterbewertet. Clos Manou kann man seit den Jahren 09, 10 und vielleicht schon ab 05 nicht mehr mit den normalen Vergleichsmaßstäben des Médoc und Haut Médoc werten. Wer schon mal auf dem Château war, wer gesehen hat wie in dieser Dichtbepflanzung mit den winzigsten Erträgen pro Stock einfach diese extrem feinen Finesseweine gewonnen werden, die gleichzeitig diese irre Spannung aufweisen, der nimmt Abschied von der Klassifikation von Bordeaux. Es geht nicht um alteigesessene, große Namen, es geht um Rebenbestand, die Böden und die Arbeit. Die Cépage des 2018ers lautet 52 % Cab. Sauvignon, 38 % Merlot, 5 % Cab. Franc und 5 % Petit Verdot. Sehr feine Nase, die eine verblüffend hohe Reife aufweist, mit sehr geschliffenem Tannin, eher zur schwarzen Frucht gehend, etwas Lakritze und Veilchen darunter. Aber wenig süß, eher ganz fein getragen. Und dieses reife Jahr 2018 führt überhaupt nicht dazu, dass Stéphane Dief irgendetwas Fettes in die Flasche zaubert, aber es führt dazu, dass der Wein eine wahnsinnige Spannung hat. Wir haben hier wie bei den allerbesten Weinen dieses Jahr eine Frische aus der hohen Reife, mit so viel Frucht, so grandioser Dichte. Tannin in Massen, aber total seidig, nichts beißt, nichts zwickt. Und trotzdem ist alles sehr präsent, sehr lang, und zugleich unendlich fein. Gleichzeitig diese konzentrierte Wucht aus sehr kleinen Beeren, aber das entscheidende ist, dass trotz dieser Unmengen an schwarzer und roter Beerenfrucht, diese unglaubliche Spannung aufsteigt. So komplex, dicht, sehr athletisch. Auch im Mund fast mehr eine Implosion als eine Explosion, der ganze Gaumen zieht sich zusammen, die Zunge rollt sich, die Augen werden schmal, das ist so unglaublich hyperkonzentriert und dicht und trotzdem nicht fett. Totale Balance und Harmonie und dabei eine wahnsinnige Spannung aufweisend aus der vornehmlich schwarzen Frucht, Brombeere, Schwarzkirsche, wenig Cassis, alles durchgegoren, nichts ist süß, alles ist unendlich fein. Trotz immenser Tanninmassen wie noch nie zuvor, mehr als 2016, mit diesem wahnsinnigen Druck und der gleichzeitig großen Feinheit. Bei diesem Wein spürt man einfach die irre Konzentration des Jahrgangs. Der Wein erinnert mich ein wenig an den einen Tag zuvor verkosteten Château Beychevelle aus Saint Julien, der auch unglaublich fein war. Das sind Belege dafür, dass man auch in einem so reichhaltigen Jahr wie 2018 sowohl famose, üppige Schönheiten, wie auf Château Meyney, als auch strahlend schicke Weine, wie in 2016 mit dieser unendlichen Finesse, erzeugen kann. Und genau das gelingt hier auf Clos Manou, lang, schön und ultrafein dabei. Das wird ein unglaublicher Langläufer, das ist besser als je zuvor und es kann problemlos mit in der Topliga der klassifizierten Weine mithalten. 97–100/100
Mit Du Retout, Haut Maurac, Doyac, Charmail, Carmenere und Clos Manou In Haut Medoc, mit Lilian Ladouys und noch mehr Le Boscq in Saint Estèphe, mit Deyrem Valentin in Margaux, Pontac Monplaisir und noch mehr Seguin und Léognan in Pessac, Dutruch Grand Poujeaux in Moulis, und eben neben Chateau La Bridane diesem Teynac in Saint Julien habe ich die perfekte Weltklasse im Einstiegsbereich der Village-Appellationen des linken Ufers unter oder um 25 Euro gefunden. Nur Pauillac klemmt da noch. Vielleicht klappt es mit dem grandiosen Fonbadet? Dann »rien ne va plus«.
Lobenberg: Erst in der heutigen Zeit, unter den Direktoren Pierre Fougere und Georges Pauli, ist Lilian Ladouys wieder auf den Weg in die Spitze. Seit 2008 ist das Gut im Besitz von Françoise und Jacky Lorenzetti. Mehr als 90 einzelne Parzellen erstrecken sich über insgesamt 45 Hektar in der gesamten Appellation Saint-Estèphe. Überwiegend stehen die Reben auf Kieslinsen und Sand, dem vorherrschenden Terroir des Médoc. Andere Teile wachsen auf Ton über Kalkstein, auch durchaus üblich in der Gemeinde Saint-Estèphe. Dieses kleine Weingut hat in sehr guten Jahren wie 2009 und 2010, aber auch 2015 und 2016, schon große Erfolge gefeiert. Sie brauchen vernünftiges Wetter. In schwierigen Jahren ist es eben hier auch sehr schwer einen guten Wein zu erzeugen. In dieser Appellation in wärmeren Jahren einer der feineren Weine, dennoch reife, schwarze Frucht, auch guten Terroirabdruck und Mineralität zeigend, seidiges Tannin, tänzelnd. Der Wein macht Freude, er hat zwar keine Größe, wie ein Meyney oder Phelan Segur, von dieser Reihe ist er weit entfernt, aber dafür macht er viel Freude. Es ist ein schicker Saint Estèphe aus einem großen St Estèphe Jahr und ich hätte nicht gedacht, dass man hier 2016 noch steigern kann. Aber im Grunde gibt es dieses Jahr viele St Estèphe, die mit ihrer Reife auch große Balance gefunden haben und damit noch vor 2016 liegen. Lilien Ladouys ist auf jeden Fall richtig gelungen, ein Spaßmacher auf gutem Niveau. 93–94/100
Lobenberg: Der Le Boscq gehört zum Imperium der Thienot Champagner-Familie, zu denen auch Belgrave in Haut-Medoc und La Garde in Pessac-Léognan gehört. Das ist einer der größten Négoce hier, CVBG, der auf Chateau Belgrave sitzt. CVBG ist einer der fünf größten Négoce in Bordeaux überhaupt. Le Boscq ist spätestens seit 09/10 im Bereich der Verfolger der Spitze angekommen, also durchaus gehobenes Mittelfeld. In 2018 gibt es einige Siegerappellationen, zu denen gehört auch klar Saint Estèphe und der obere Norden gehört. Das trifft dieses Château natürlich auch gut. Hohe Reife auf einem im Grunde eher kühleren, gut mit Wasser versorgten Terroir, das ist eigentlich ziemlich perfekt. Viel schwarze Kirsche, sehr üppig, aber gleichzeitig fein. Für einen Burgunder zu dick, trotz der Kirschorientierung, langsam kommt Cassis dazu, Veilchen, Rosenblätter, aber immer sehr fein bleibend. Schon aus dem Glas steigt diese Feinheit der Tannine, massiv, aber sehr geschliffen. Wirklich hübsche, einnehmend charmante Nase. Was für ein ausgesprochen leckerer, charmanter Mund, jetzt kriegen wir eben unerwartet viel rote Frucht dazu. Waldhimbeere, satte Kirsche, auch Sauerkirsche, hohe Intensität roter Waldbeerenfrüchte, dann kommt wieder die aus der Nase bekannte Schwarzkirsche dazu, auch Cassis, aber nur zu einem kleinen Teil. Ganz feine Lakritze, nichts zu Süßes, alles bleibt fein trotz Tannin in Massen, anders kann man das nicht beschreiben, aber total seidig. Und das Ganze spielerisch mit einer großen Harmonie, in sich perfekt. Das ist fast ein großer Wein. Ein Wein normal in der Verfolgung von Ch. Meyney und Phelan Ségur. Ein Wein, der eigentlich im Mittelfeld angesiedelt ist, aber in 2018 auf jeden Fall ins obere Mittelfeld gehört. Phänomenaler Erfolg für Ch. Le Boscq. 96–97/100
Lobenberg: Das winzige Gut liegt mitten in Margaux auf einem Sand- und Kieselplateau, also hervorragende Drainage. Das Durchschnittsalter der Reben liegt bei knapp 40 Jahren. Die Weinberge wurden in den letzten 25 Jahren stark überarbeitet, bessere Klone, höhere Pflanzdichte. Es ist im Besitz der Familie Sorge und wird häufig nicht beachtet, weil es nicht klassifiziert ist, aber seit Jahren ein Geheimtipp in der Appellation und oft auch ein Highlight. Hier werden immer extrem feine Weine erzeugt und das Preisleistungsverhältnis ist für Margaux außergewöhnlich. In der Regel das Superschnäppchen der Appellation, aber es bekommt eben ohne Klassifizierung niemals die Aufmerksamkeit um eine große Nummer zu werden. Dennoch im Grunde sowas wie Pontac Monplaisir in Pessac Léognan, unter dem Radar laufend. Margaux ist in 2018, wie schon mehrfach von mir ausgeführt, die Appellation für Power und das ist auch bei Deyrem Valentin so. Der Wein ist hochreif, sehr voll, Schokoladenküchlein, Brombeere, Maulbeere, Lakritze, schwarze Kirsche, auch leichte Konfitüre, etwas Feige. Das ist für so einen kleinen Wein schon ein ziemlicher Kracher in dieser typischen 2018er Margaux Üppigkeit, aber mit feiner Mineralität daneben, sodass die Balance stimmt. Und auch die Tannine sind geschliffen und fein, nichts tut weh, nichts ist überextrahiert. Ein guter Kompromiss zwischen der Üppigkeit des Jahrgangs und der Appellation und der Feinheit, die bei Deyrem immer erreicht wird. Der Wein braucht vielleicht 3–4 Jahre länger Zeit, als die Vorgängerjahre, wird dann aber ein wirkliches Preisleistungswunder darstellen. Das ist wirklich ein perfekter kleiner Margaux. 94+/100
Lobenberg: Dieses winzige Château noch im Stadtgebiet Bordeaux liegend ist nun seit vielen Jahren, spätestens seit 2008, im Kreise der Top-Weine Pessac Léognans angekommen. Der Preishammer am linken Ufer schlechthin. Das Weingut segelt im Fahrwasser von La Mission Haut-Brion, Pape-Clement, Carmes Haut-Brion, Seguin, Haut Bailly, Château Léognan, Domaine de Chevalier und Smith. Auf der Höhe eines Fieuzal, nur raffinierter und weniger wuchtig, mehr Seguin-Stil. Das Jahr 2018 mit seiner hohen Reife kommt diesem Château hier absolut zu Gute. Die Nase verblüfft und schlägt den wirklich famosen, eleganten und schicken 2017er um Längen. Wir sind hier auf dem Niveau des großartigen 2015ers und 2016ers, allerdings mit einer anderen Charakteristik. Die Trockenheit und die Hitze sorgen für so viel eingekochte Kirsche in der Nase, reichlich, dicht, süße rote Kirsche, süße schwarze Kirsche und Zwetschge, aber nichts Überreifes, einfach nur wuchtig, voluminös und hoch intensiv. Rosenblätter darunter, kaum Veilchen, kaum Lakritze, sondern nur ein Hauch. Wir bleiben in der kirschigen Wucht, langsam kommt ein bisschen Cassis und süße Maulbeere hinzu. Gott, was für eine Fruchtorgie in der Nase. Die Balance stellt sich dann im Mund ein und das ist auch gut so, ansonsten wäre es ein reiner, dicker Fruchtsaft. Im Mund kommt deutlich Salz, deutlich das Kalkstein-Terroir, Lehm, Sand, also auch Feinheit. Aber dieser salzige Terroirabdruck unter diesem Kirschsaft, der immer noch massiv spürbar ist, schafft eben den Ausgleich. So wird aus diesem üppigen Kirschsaft sogar ein feiner Wein mit feiner, heller holländischer Lakritze, auch hier die Blumigkeit, aber wir gehen weg von reinen Rosenblättern, hin auf etwas Jasmin, auch Kräuter der Provence. Der Wein braucht ein paar Jahre Zeit, 2018 hätte ich viel fertiger erwartet, aber man sieht hier, dass es ein großer Wein ist. Ich könnte mir vorstellen, dass er sogar irgendwann an 2015 und 2016 vorbeizieht, weil er neben der Üppigkeit und diesem massiven, aber total samtig und seidigen Tannin eben auch diese mineralische Struktur hat, die diesen Ausgleich schafft. Das ist und wird ein Top-Wert. 95/100
Lobenberg: Besitzer ist seit 1987 die Familie Darriet, die Reben sind nun ca. 25 Jahre alt. Das Weingut liegt in der Nähe von Pontac Monplaisir, nicht weit entfernt von Château Haut-Brion. Die Böden hier sind sogar identisch mit denen der Nachbarn Haut-Brion und Mission Haut-Brion, das ist sogar in historischen Büchern so festgehalten. Es ist überwiegend sensationelles Kies-Terroir mit etwas Lehm und Sand. Das Weingut ist immer schon in Familienbesitz und hat ungefähr 30 Hektar, die mit über 7.000 Stöcken je Hektar dicht bepflanzt sind, eines der Erfolgsgeheimnisse. Denis folgt in seiner Ernte und seiner Auswahl für Erst- und Zweitwein mehr den Bodenformationen als anderen Kriterien. Alle Reben sind in etwa gleich alt, im Durchschnitt 25–30 Jahre alt. Die sandigen Böden gehen in den Angelot, der kein klassischer Zweitwein ist, sondern eben der Wein von den sandigen Böden. Die Top-Böden mit Lehm und Kies gehen in den Seguin. Es gibt in Frankreich eine neue staatliche Zertifizierung des Agrarministeriums, welches über ein 3-stufiges System die Umweltverträglichkeit attestiert. Stufe 3 ist das höchste erreichbare Level, für welches die Verwendung von Rohstoffen wie Plastik, Holz, Wasser, der Einsatz von Pestiziden, Insektiziden, Dünger und vieles weitere nach den höchsten staatlichen Richtlinien geprüft und zertifiziert wird. Im Grund ist das genau wie bei Demeter oder anderen Verbänden, nur das dies hier staatlich geschieht. Da Seguin schon lange überwiegend organisch und ressourcenschonend arbeitet, hat Seguin inzwischen mit dem Jahrgang 2018 die höchste Stufe 3 erreicht. Ab 2018 wird es daher ein neues zertifiziertes Rückenlabel für die Flasche geben. Die Cépage in 2018 ist 55 % Cab. Sauvignon und 45 % Merlot, der Alkohol liegt bei 14 %. Der Wein wird zu 60 % in neuen Barriques ausgebaut, der pH-Wert liegt bei 3,7. Die Nase dieses Seguin zeigt eine wunderschöne Reife, Backpflaume, schwarze Kirsche, nur feine Lakritze, Veilchen, sehr verspielt und getragen, langsam kommt auch etwas rote Kirsche. Insgesamt eine große Harmonie ausstrahlend, feiner Duft mit extrem feinem Tanningerüst in der Nase. Aber im Mund geht es dann richtig zur Sache mit extremer Mineralität, so viel Salz, so viel Gestein, Kalkstein, fast Schärfe zeigend aus der Mineralik, die nochmal deutlich höher ist als sie 2016 schon war und eine großartige Balance schafft zu dieser hohen Reife. Das mit dieser wirklich fast physisch spürbaren Säure, etwas an Zitronengras und Limette erinnernd, und dann diese salzige Schärfe, die für Minuten anhält. Dieser Seguin 2018 ist wie man so schön sagt ein Vin de Garde, ein großer achtungsgebietender Wein, der Zeit braucht. Der 2018 wird noch deutlich mehr Zeit brauchen, als der hochelegante 2016er, weil in 2018 von allem reichlich vorhanden ist. Reife Frucht mit einer deutlichen Dominanz bei der Kirsche, in der schwarzen Kirsche, darunter dann diese ungeheuren Tanninmassen, die aber total seidig und fein sind und noch ein guter Touch Toasting vom neuen Holz. Hochintensiv und dennoch fast schlank bleibend, fast filigran, aber weil alles belegt wird und alles immer wieder hochrollt, weil von allem irgendwie zu viel ist, ist es dennoch gleichzeitig eine Art Blockbuster. Ein Blockbuster der Feinheit, der bitte mindestens 5 Jahre, besser etwas mehr, weggesperrt gehört. Ein Wein, der sich dann finden wird, der Eleganz und Kraft verkörpert, der im Grunde stilistisch noch mehr als 2016 eine Art La Mission Haut-Brion ist. Gnadenlos gut, aber auch gnadenlos jung. Ich hätte nach dem schicken, feinen und zugleich großen 2016 einen viel üppigeren, runderen Wein hier erwartet, aber 2018 zeigt sich so gnadenlos mineralisch, zusammen mit dieser sehr reifen Frucht. Dieser Wein wird Jahrzehnte halten und braucht wirklich viel Zeit zur Entwicklung, das Potenzial ist riesig. Fast ein wenig maskuline Züge in dieser Mineralität, fast ein wenig irgendwo an Pape Clement erinnernd mit Zügen eines Pauillac. Der Wein hat zwar Charme in der reifen Frucht, aber eben noch sehr viel mehr Anspruch in der Mineralität und in der Power, die unter allem schlummert. Der Wein hat eine so viel größere Frische und Mineralität, im Gegensatz zu den meisten anderen bisher probierten Weinen aus Pessac Léognan, von denen die meisten eine Wärme gezeigt haben. Das sorgt nicht nur für große Verblüffung, sondern sorgt auch für den großen Unterschied. Unglaublich präzise, geradeauslaufend mit einer wahnsinnigen Frische und eben dieser hohen Mineralität. Da es das gleiche Terroir ist wie bei Haut-Brion, bin ich sehr gespannt, wenn wir dort hinkommen. Das muss ja ähnlich großes erwarten lassen. Seguin 2018 ist groß, lang, dicht und ein Wein für die ewig lange Reise. 100/100
Lobenberg: Besitzer ist seit 1987 die Familie Darriet, die Reben sind nun ca. 25 Jahre alt. Das Weingut liegt in der Nähe von Pontac Monplaisir, nicht weit entfernt von Château Haut-Brion. Die Böden hier sind sogar identisch mit denen der Nachbarn Haut-Brion und Mission Haut-Brion, das ist sogar in historischen Büchern so festgehalten. Es ist überwiegend sensationelles Kies-Terroir mit etwas Lehm und Sand. Das Weingut ist immer schon in Familienbesitz und hat ungefähr 30 ha, die mit über 7.000 Stöcken je Hektar dicht bepflanzt sind, eines der Erfolgsgeheimnisse. Denis folgt in seiner Ernte und seiner Auswahl für Erst- und Zweitwein mehr den Bodenformationen als anderen Kriterien. Alle Reben sind in etwa gleich alt, im Durchschnitt 25–30 Jahre alt. Die sandigen Böden gehen in den Angelot, der kein klassischer Zweitwein ist, sondern eben der Wein von den sandigen Böden. Die Top-Böden mit Lehm und Kies gehen in den Seguin. 2016er ist 60 % Cabernet Sauvignon, 40 % Merlot. Dieser Wein wird in einer etwas anderen Cépage als der Hauptwein zusammengestellt und von ganz speziellen Terroirs von Seguin gewonnen. Also selektionierte Top-Böden des allgemeinen Seguin Terroirs gehen in diese Mikro-Cuvée, die ähnlich vinifiziert, aber länger im Holz ausgebaut wird. Es gibt nur rare 2000 Flaschen. Das ist der Versuch das Beste des Besten aus dieser relativ großen Anlage von Seguin herauszuholen und mit dieser Mikro-Cuvée auch in der Außendarstellung der direkte Konkurrent von Haut-Brion zu werden. Das ist das erklärte Ziel. Was unterscheidet diesen Wein nun vom normalen Seguin 2016? Durch den etwas längeren Ausbau ist er etwas weicher, er ist weiter entwickelt, nun weniger auf der salzigen Mineralität laufend, er hat mehr Rundheit und Körper entwickelt. Man kann es sich vielleicht ein bisschen so vorstellen wie eine Spezial-Cuvée von Vina Tondonia oder Vega Sicilia, einfach eine weichere, rundere, üppigere und entwickeltere Version eines Seguin. Der Wein kommt auch später auf den Markt. Ich finde den Wein weder besser noch schlechter als Seguin, nur deutlich üppiger und voller, kraftvoller. Er ist schon deutlich weiter entwickelt als der normale Seguin, wenn er auf den Markt kommt und ist generell vom Ansatz her das Beste vom Besten. Aber noch einmal, für mich macht diese Mikro-Cuvée keinen riesigen Unterschied gegenüber einem ohnehin schon außergewöhnlichen Wein. Trotzdem ist er mindestens auf dem gleichen Level wie der absolut geniale 2016er Seguin und er ist ein toller Wein für die Opulenz. 98–100/100
Dutruch Grand Poujeaux
Lobenberg: Ein kleines Weingut von unter 30 Hektar, direkt neben den Nachbarn Branas Grand Poujeaux gelegen. Branas ist allerdings nur 13 Hektar groß und pflegt einen hochreiferen Stil. Dutruch versucht nach Möglichkeit früh zu lesen, und trotzdem bauen die Weine nach 5–6 Jahren unglaublich an Volumen aus. Der Berater ist der Superstar Eric Boissenot, der alle 1er Cru und heimlichen Überflieger des Medoc (auch Carmenere) berät, und der total auf Frische geht, dafür brauchen seine Weine immer mindestens 5 Jahre um sich sehr gut zu präsentieren. Die 2018er Cépage ist 50 % Merlot, 40 % Cab. Sauvignon, 5 % Petit Verdot und 5 % Cab. Franc. Der Ausbau erfolgt im neuen und gebrauchten Holz. Auf Grund der Nachbarschaft und der Ähnlichkeit des Terroirs verwundert es nicht, dass die Nase von Dutruch Grand Poujeaux und Branas Grand Poujeaux durchaus Ähnlichkeiten aufweisen. Der gleiche Charakter in dieser wunderschön reifen schwarzen und roten Frucht, üppig, sehr feine Lakritze, schöne Süße steigt aus dem Glas, gleichzeitig sehr elegant. Sehr geschliffene Tannine, nichts Raues in der Nase. Der Mundeintritt ist seidig und fein, die Tannine sind total geschliffen, hier gibt es nichts Sprödes, alles ist reif, seidig und samtig. Was man dem Wein in seiner ganzen Delikatesse und Feinheit vielleicht vorwerfen kann ist, dass er nicht unendlich lang ist und dass die mineralische Länge nicht ganz so gegeben ist. Es ist alles geschliffen, geschmeidig und auf der anderen Seite ist es genau das, was man am Ende trinken will. Macht Spaß, große Trinkfreude, das ist schon als Fassprobe eine Ode an die Freude. So verspielt, gute Frische zeigend, dann kommt auch eine salzige Mineralität durch. Ein ganz klein wenig trocken im Mund durch das Barrique. Wenn der Preis stimmt und er preislich unterhalb von Branas Grand Poujeaux liegt, ist das eine Super-Empfehlung. Ein Wein der sich in die Liga um Charmail und Haut Maurac, vielleicht sogar Du Retout einordnen kann. Das macht richtig Spaß. 94–95/100
Lobenberg: Fonbadet ist ein preislicher und qualitativer Konkurrent von Pedesclaux und seit Jahren in meiner Beobachtung. Manchmal ist das Weingut schöner und gefälliger, es ist weniger maskulin in der Ausrichtung und der Vinifikation. 2018 ist extrem fein, wunderbarer Schliff in den ultrafeinen Tanninen. Die Nase kommt so elegant rüber, schwarzfruchtig, die Lakritze ist nicht süß, das Schokotörtchen ist nicht so üppig, aber die schwarze Kirsche hat einen sehr eleganten Schliff. Darunter auch minimal Cassis und Brombeere, aber auch diese nicht süß, alles ist eher getragen, elegant. Auch der Mund ist ultrafein, toller Schliff, gar nicht Pauillac auf maskulin, fast nach Saint Julien rübergehend, dafür aber zu schwarz in der Frucht, es bleibt schon Pauillac, es ist eben ultrafein. Die Tannine sind seidig, reichlich vorhanden, aber nichts schmerzt. Einfach nur ein feiner, extrem saftiger, leckerer Pauillac, ohne die häufige Maskulinität. Um diesen Wein sollte ich mich bemühen, das macht echt viel Freude. Wenn der preislich interessant ist, dann ist das ein idealer Einstiegs-Pauillac. Zumal mir Pedesclaux dieses Jahr nicht so gut gefiel. 95–96/100
In Saint Emilion gibt es sogar viele Anwärter, Gaillard, Amelisse und sicher Le Sacre und Teyssier ist so ein Top-Anwärter, da ist einfach mehr günstige Oberklasse der bäuerlichen Winzer am Start. Castillon hat in der Liga auch eine Handvoll. Fongaban, Robin, Peyrou, Brisson, Le Rey und de l’A sind solche feinen und preiswerten Wunderwerke. Wahrscheinlich hat Castillon mit Saint Emilion die meisten Preis-Leistungs-Stars in der Pipeline. Mehr als erwähnenswert ist auf dem rechten Ufer auch der Lalande Pomerol Haut Musset des gefeierten Önologen Jerome Aguirre und Fronsacs Bester, Chateau Moulin Haut Laroque. Best ever Bel Air La Royere aus Blaye ist auch ein MUSS – und das preiswerte Leckerli Domaine de Courteillac ist mit Chateau Puygueraud von den Côtes de Franc wohl unumgänglich. Mir gefällt das verdammt gut, ich bin damit mehr als zufrieden.
Lobenberg: Ein sortenreiner Merlot von Denis Durantou von Eglise Clinet. Geerntet zwischen dem 29. September und dem 9. Oktober, mit einer Alkoholgradation von 14,5 %. Der Ausbau erfolgt in 30 % neuem Holz, Rest in zweijährigen Barriques. Duftige, reiche und warme Nase. Dominiert von schwarzer Kirsche, unglaublich wuchtig, aromatisch, tief und würzig. Dazu süße Brombeere, Maulbeere, ein Hauch Cassis darunter, Wacholder, schwarze Oliven, Lakritze, balsamische Noten, Amarena, Backpflaume, Unterholzwürze, auch ein bisschen Weihrauch, unglaublich wuchtig und würzig, dem Jahr 2018 mit seiner tieferen Säure entsprechend mit schönem Volumen und Fett. Der Wein ist extrem aromatisch, lecker, auch hier mit einer Dominanz schwarzer Frucht, Schwarzkirsche, Lorbeer, schwarze Olivenpaste, Lakritz, intensiv, üppig, süße Brombeere, ganz tief, würzig, deutlich wuchtiger als die Vorgängerjahre. 2018 hat dementsprechend diesen hohen pH-Wert, die niedrige Säure, aber diese unglaublich leckere Frucht, überwältigend charmant, einnehmend. Ein grandioser Wert für diesen kleinen Preis. Das ist Saint Émilion von der modernen, wuchtigen Seite, der ganze Mund wird belegt, der Amelisse haftet lange nach. Das ist durchaus nochmal eine Steigerung zum reichhaltigen und zugleich deutlich feineren 2017er. 2018 ist noch etwas voluminöser und wuchtiger und schiebt etwas mehr von unten heraus. Im Grunde genommen sind sie auf dem gleichen Qualitätslevel, aber etwas anders im Charakter. Eindrucksvoller Startwein in Saint Émilion, durchaus mit dem Hang zu einer gewissen Größe. Im Grunde ist das die Einstiegsvariante der Weine in Richtung Troplong Mondot und Angelus, zeigt den gleichen Charakter, ohne natürlich mit diesen Weinen konkurrieren zu wollen. Eine ziemliche Wuchtbrumme. 94+/100
Lobenberg: Einer der leistungsstärksten und zugleich preiswertesten Weine aus Castillon und seit Jahren ein Dauerrenner bei mir. Nach den großen Jahren 09 und 10 folgten die Überflieger 2015 und 2016 und nun schließt sich 2018 in diese Reihe der grandiosen Jahre ein. Die Nase ist üppig, reif und rotfruchtig, dicht mit Kirsche, Schlehe, sehr fein, ätherisch strömend, schöne Würze. Eine berkenswerte Dichte und auch durchaus mit Wucht, dabei aber große Feinheit und Harmonie verströmend. Nach den großen Jahrgängen 15 und 16 dachte ich, dass keine Steigerung möglich ist. Aber der Mund von Fongaban straft mich Lügen. So eine wunderbare Frische, gestützt durch intensive, dichte, üppige, reife Frucht, wieder diese pikante Schlehe mit schwarzer Kirsche, süßer roter Kirsche, Schwarzkirsche, getrockneter Blaubeere, alles reif, dicht und samtig. Das Ganze ist überwiegend auf der roten Frucht langlaufend mit genialer Frische und toller, salzig mineralischer Länge und dichtem, reifem Tanninteppich. Die Rebsortenzusammensetzung ist zwar überwiegend Merlot, aber auch ein guter Anteil Cabernet Sauvignon und vor allen Dingen Cabernet Franc, die hier ganz klar durchschlägt. Ihre grandiose Qualität ist eben auch dem wunderbar frischen und perfekten Cabernet-Franc geschuldet. Castillon ist da extrem begünstigt und ist Kalkstein-Lehm Terroir, es gibt keinen Hitzestress und die kühlen Nächte und Tage im September und Oktober tun immer das ihrige. Natürlich sind Peyrou, CPA und vor allem Clos Louie in Castillon noch besser, aber das ist bei den drei Bio-Superstars auch zu erwarten, sie kosten auch etwas mehr. Fongaban ist 2016 und 2018 auf jeden Fall noch besser als 09 und 10 und dieser Wein ist ein wirkliches Superschnäppchen. 91–92/100
Lobenberg: Das Chateau Le Rey besteht aus einem Erst- und einem Zweitwein. Der Les Roucheuses ist einfach aus den älteren Reben und liegt auf reinem Kalkstein. Über 35 Jahre sind die im Durchschnitt, aber hier gibt es zum Teil auch noch uralte wurzelechte Reben und der Untergrund besteht komplett aus Kalkstein, während der Zweitwein auch Sand- und Kieselemente enthält. Die Cépage ist 80 % Merlot und 20 % Cabernet Franc, der pH liegt bei 3,5 und der Alkohol bei 14,5 %. Die besten Lage Castillons auf dem Plateau, nächster Nachbar ist der superfeine Clos Puy Arnaud. Die reinen Kalksteinböden haben hohe basische Werte, dementsprechend ist die Säure hier ziemlich hoch. Das gibt die Frische und die Feinheit und die salzige Terroirbezogenheit des Kalksteins. Dieser Wein ist zum Teil im Barrique vergoren, zum Teil im Stahl, aber alles spontan. Der Ausbau erfolgt dann während einem Jahr nur im gebrauchten Barrique. Und der Quantensprung zu seinem Bruder, dem günstigeren Les Argileuses von blauem Lehm, ist wirklich enorm. Das sind wie zwei verschiedene Weingüter, deshalb möchte man das auch nicht zusammenführen, und so muss man das auch getrennt betrachten. Es ist auch nicht ein Erst- und ein Zweitwein, sondern es ist ein Wein vom besten Terroir Castillons – und daneben ein einfacherer Wein für die Power vom blauen Lehm. Deshalb nie verwechselbar und auch nicht zusammenführbar. Die Nase des Rocheuses ist unglaublich fein, Merlot dominiert, aber kommt in Form von sehr zarter, schwarzer Kirsche daher. Nur ein ganz kleiner Hauch Lakritze, aber recht viel Mango darunter, auch Orange und ziemlich viel Veilchen, ein bisschen süße Rose, und langsam kommt auch Hagebutte und Schlehe. Der Mund hat beides, eine wunderbare, warme, reiche Fülle, und gleichzeitig hohe Eleganz. Viel schwarze Kirsche, Lakritze, auch hier Veilchen, aber dann auch etwas Johannisbeere und rote Kirsche, Sauerkirsche. Sehr lang, der Wein vibriert und tänzelt, das ist schon ein Castillon der oberen Liga, auch wenn er natürlich von Clos Louie Meilen entfernt ist. Aber Clos Louie ist kein großer Wein aus Castillon, sondern einer der größten Weine die das Bordelais aufweist, damit dürfen wir nichts vergleichen. Er muss sich messen mit Château d’Aiguilhe von Graf Neipperg, und den kann er ob seiner größeren Feinheit relativ locker toppen, weil Les Rocheuses einfach so verspielt ist, weil es einfach neben der Kraft und Vollmundigkeit diese vibrierende Finesse gibt mit dieser wunderbaren Säure und Frische. Am Ende muss er sich noch der Domaine de l’A und selbstverständlich Clos Louie beugen. Aber es ist schon ein verdammt guter Castillon und ein verdammt guter Wert. Der Wein kann im Bereich des unteren Mittelfelds von St Émilion durchaus mithalten. Aber das ist eben gerade der Punkt, die besten Weine aus Castillon brechen komplett ein in die Phalanx der guten und sehr guten St Émilions. Die höhere Wärme des Klimawandels gibt dem kühleren Castillon einfach soviel Nachhilfe, dass dieses grundsätzlich kühlere Terroir in warmen Jahren mithalten oder gar besser sein kann. Denn die Gesteinsformation und das Terroir selbst sind jedenfalls gleichwertig zu Saint Emilion. 94+/100
Lobenberg: Wow! Das ist zusammen mit dem Chateau Peyrou und Brisson der beste Einstieg, den ich Ihnen in Castillon bieten kann. Seit 2016 im Besitz von Peter Kwok von Château Tour Saint Christophe und weiteren Châteaux, dem Inhaber von Bodega Mas Alta und Jean-Christophe Meyrou! 80 % Merlot und 20 % Cabernet Franc stehen hier auf grünem und blauem Lehm. Der Alkohol liegt bei 14,5 % und der pH-Wert bei 3,4. Es gibt zwei sehr unterschiedliche Terroirs auf Le Rey, einmal blauen Lehm, von dem dieser Wein stammt und dann gibt es den Topwein Les Rocheuses von purem Kalkstein. Dieser Argileuses vom etwas gröberen blauen Lehm ist entsprechend deutlich kraftvoller, voluminöser, wuchtig, stark in Richtung schwarze Frucht gehend, ohne jedoch zu viel Lakritze zu haben. Er bleibt schon im Bereich feiner holländischer Lakritze, schön in schwarzer Kirsche, mit ein bisschen Cassis, alles ein bisschen grober als die zuvor probierten St Émilions und Pomerols vom gleichen Besitzer, aus dem Imperium von Peter Kwok. Und die Besitzer sind mutig genug diesen Castillon nach den ganzen Tops zu präsentieren. Am Ende ist das auch logisch, weil die Castillons etwas grober und rustikaler sind, als die so feinen Weine aus den Toplagen. Der Wein zeigt eine schöne Länge, ist sehr geschmacksintensiv, sehr aromatisch und dicht. Der Argileuses hat als 2018er überhaupt kein Holz gesehen. Er ist im Stahl spontan vergoren und dann in Amphoren ausgebaut, was durchaus zusätzliches Volumen gibt, aber eben keinen zusätzlichen Vanille-Touch. Weil wir hier schon so intensiv in der Frucht sind, wollten sie das Ganze nicht noch weiter mit Holz in der Wuchtigkeit unterstützen. Das ist eine wirkliche Delikatesse und einer der sensationellen Erfolge der Weine aus Castillon. Ein Gebiet das ob seiner Kühle in warmen Jahren zu ganz großer Klasse aufläuft. 91–92/100
Lobenberg: Dieses Miniweingut von Jérôme Aguirre in Lalande Pomerol hat nur vier Hektar. Sehr alte Reben. Das Terroir ist Kies mit leichtem Sand und Lehmanteilen. Nicht der üppig schwere Lehmboden. Das Weingut gehört der Familie seiner Frau. Die Trauben werden natürlich von Hand gelesen, die Auslese ist auch im Weinberg extrem. Es wird immer entrappt und im Zementtank spontan vergoren auf fast null Gramm Restzucker. Der Wein verbleibt danach noch einige Wochen auf der Schale. Eine Art Nachmazeration zur Harmonisierung. Anschließend wird der Wein zum Teil im Zement und zum Teil im Barrique ausgebaut. 50 % des Holzes ist einjährig, der Rest zweijährig. Also gar kein neues Holz. Die Weine werden extrem auf Harmonie ausgerichtet. Es wird kein Schwefel während oder vor der Gärung und auch nicht nach der Malo verwendet. Schwefel kommt erst zum Hochsommer, wenn die Temperatur stark ansteigt. Es geht also um extrem harmonische, würzige, fruchtstarke, süffige und leckere Weine. Die Reben auf Haut Musset sind zwischen 30 und 35 Jahre alt. Im Jahr 2018 steigt der Cabernet Franc Anteil erstmals auf 30 % und der Merlot sinkt damit auf 70 %. Hier gab es dieses Jahr überhaupt kein Mehltauproblem, da man hier auf diesen vier Hektar Tag ein Tag aus, auch am Wochenende, immer arbeitet und damit jeden Ansatz sofort bemerkt und rechtzeitig dagegen angegangen werden kann. Das Hauptproblem ist nicht der Pilzbefall selber, sondern rechtzeitig präventiv zu arbeiten. Dieses Phänomen hatten wir auch schon bei Château La Croix bei Jean-Philippe Janoueix, der auch ein penibler und rechtzeitiger Arbeiter im Weinberg ist. Der Alkohol ist 13,5 % und der pH-Wert liegt bei 3,7. Die größere Frische und Rotfruchtigkeit des höheren Cabernet Franc Anteils tut diesem Charmewunder durchaus gut. Wir kriegen mehr rote Frucht, etwas mehr Himbeere, etwas mehr frische Zwetschge. Der größte Fortschritt kommt aber im Mund. Diese Rotfruchtigkeit des Cabernet Franc dominiert den Merlot ganz klar, aber auch der Merlot ist frisch. Wir haben hier so viel Himbeere und Zwetschge und rote Johannisbeere, Tee, weiße Schokolade, Nüsse, helle Lakritze, und auch einen kleinen Hauch süße Walderdbeere dazu. Ganz fein, ganz ätherisch, extrem aromatisch, ja richtig lecker, süffig. Auf jeden Fall vollzog Haut Musset einen richtigen Paradigmenwechsel in dieser Hinwendung zur Loire-haften und burgundischen, feinen, roten Frucht. Manch einer wird bedauernd, dass der Wein jetzt nicht ganz so viel Struktur und Massivität aufweist wie 2016, sondern so extrem rotfruchtig fein ist, so verspielt und süß in seinem großen Charme. Aber diese Süffigkeit, die Trinkigkeit nimmt sicher nochmals zu, auch wenn der Wein nicht größer ist als 2016. Das ist ein richtig leckerer Stoff, jede und jeder wird ihn mit Vergnügen und Begeisterung bis zum letzten Tropfen austrinken, und so ein hedonistischer Hochgenuss mit soviel Charme ist durchaus ein bis zwei Bewertungspunkte wert. 94/100
Lobenberg: Ein Weingut von 40 Hektar der Familie Thienpont. Regisseur ist Nicolas Thienpont, der auch Beausejour Duffau und Pavie Macquin mitverantwortet. Seit Jahren, ja fast seit Jahrzenten das einzig ernstzunehmende Weingut der Cotes de Franc. Und weit mehr als ein Geheimtipp. 2016 und 2010 waren Mega-Erfolge. Der önologische Berater ist Stephan Derenoncourt. Seit Jahren einer der absoluten Top-Werte außerhalb der klassischen Appellationen. Die Weinberge liegen in Saint Cibard. 50 % Merlot, die anderen 50 % sind Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und ein bisschen Malbec. Intensive, schwarzfruchtige Nase, sehr üppig, viel Lakritze, viel Veilchen, duftig, wuchtig, fast mehr ein St Émilion in der Wucht, sehr viel Schub. Auch ein sehr reifer Mund, Backpflaume, eingekochte schwarze Kirsche, auch hier wieder ganz viel Lakritze, hochreif mit massiven Tanninbergen, völlig erstaunlich für diesen Puygueraud, der im Grunde immer ein feiner Wein ist. Nun haben wir hier ganz viel Druck, ganz viel Wucht für so einen kleinen Wein. Ich bin total geflasht, wie kann man so eine Wuchtbrumme in so einen bezahlbaren Wein kriegen?! Das ist unglaublicher Stoff in dieser dichten, lakritzigen, schwarzkirschigen Brombeersauce mit Schokotörtchen. Wow – alles hallt nach, alles bleibt dicht und üppig, fast etwas fett mit diesen Tanninmassen. 93+/100
Hintereinander der Besuch der drei besten Weingüter des Medoc und Haut Medoc. Chateau Clos Manou und Chateau Carmenere im äußersten nördlich Medoc. Immens konzentrierte Weine aus kleinen Beeren und Dichtpflanzung. Betreut vom Önologenteam des Eric Boissenot, der auch alle 1er Cru des Medoc berät. Danach der Biodynamiker Chateau Doyac, ebenfalls von Boissenot betreut. Dreimal in der Klasse der besten klassifizierten Weingüter des Medoc. Ganz großes Kino für kleines Geld! Der Norden des Medoc, Saint Estèphe und Pauillac sind einfach reif und groß 2018.
Das bestätigt sich auch bei der ersten UGC Verkostung auf Batailley. Ein sensationell feiner und grandios verspielter Lynch Bages ist nicht weit hinter Pichon Comtesse. Pichon Baron in extrem reifer Konzentration folgt mit Wucht, ein Irrer, weicher Blockbuster. Batailley hat das beste Jahr seiner Geschichte vor dem tollen Haut Bages Liberal.
Lobenberg: Château Lynch Bages liegt auf dem Bages-Plateau oberhalb des Örtchens Pauillac und der Gironde. Selber Besitzer wie bei Pichon Baron, Jean-Michel Cazes ist der Inhaber. Die Rebsortenzusammensetzung des 2018ers ist 72 % Cab. Sauvignon, 19 % Merlot, 6 % Cab. Franc, 3 % Petit Verdot. Deutlich feiner und rotfruchtiger in der Nase als das Schwesterweingut Pichon Baron mit mehr Kirsche, feinerer Frucht, Kaltschale, rote Grütze, ein Potpourri von roten Waldbeeren, tolle Konzentration, aber auch große Feinheit zeigend. Sehr aromatischer, schicker Mundeintritt, viel rote Frucht neben feiner heller Lakritze, viel rote Kirsche, rote Johannisbeere, Schlehe, darunter Brombeere und nur ein wenig Cassis, blumig, helle Veilchen, Rosenblätter und helle Blüten. Superfeines Tannin, sehr seidig. Verglichen mit dem Wuchtmonster Pichon Baron ist Lynch Bages unglaublich fein, delikat. Nicht ganz diese extraterrestrische Überfliegerversion wie Pichon Comtesse, aber nicht weit weg. Ein grandioser Pauillac, eine Ode an die Freunde und die Feinheit, eine Delikatesse. 98–99/100
Lobenberg: Aktueller Besitzer ist die Familie Rouzaud, ebenfalls Besitzer des Champagnerhauses Roederer. Die Familie erwarb das Weingut 2007, seit 2010 ist Sylvie Cazes Verwalterin von Pichon-Comtesse. Seit Jahren einer DER Überflieger in Pauillac mit einem perfekten 100 Punkte 2016er als Best-ever. 2018 lautet die Cépage 71 % Cab. Sauvignon, 23 % Merlot, 5 % Cab. Franc, 1 % Petit Verdot. Sehr würzige, schwarzfruchtige Nase, ein Beerenkompott mit feiner Lakritze und satter Veilchen Unterlage. Satte Aromatik im Mund, auch hier wieder eher ein Beerenkompott, eine Fruchtkaltschale, eine rote Grütze, alles auf schwarzer Frucht laufend. Immer mehr stellt sich die schwarze Kirsche als Dominante heraus, wie auch schon beim Nachbar Latour und bei Mouton Rothschild. Aber hier auf PiCoLa deutlich würziger, aber vor allen Dingen konzentrierter, und das erstaunt, denn wir sind ja »nur« auf einem 2eme Cru. Pichon Comtesse bläst Latour um Längen fort, weil es so lang und intensiv ist mit extrem feiner, seidiger Mineralität. Die Tannine sind butterweich, aber sie sind nicht samtig-üppig, sondern seidig-fein. Alles tanzt um die schwarze Kirsche herum, der Wein hallt für Minuten nach. Es ist kein anbetungswürdiges Komplexitätsmonster wie 2016, sondern unendliche Feinheit mit ganz großer Länge, hedonistisch, extrem lecker, so süffig, so fein. Der Wein macht unglaubliche Freude und nimmt trotzdem alles ein. Eine Potenzierung von Feinheit, wenn es so etwas gibt. Das hatte ich auf dieser Verkostungsreise bisher nur bei einigen wenigen St Émilions und Pomerols, aber hier bei PiCoLa geschieht es genauso. Eine Feinheit potenziert und das grandiose ist doch, dass dieser Wein so anders ist als der megakomplexe 2016er, der zu den allseits großen Weinen der Welt gehört. Der 2018er ist auch ein potenzieller 100 Punkte Wein, aber er gehört zu den ganz feinen, schicken Teilen, ich bin verzückt ob dieser komplexen Finesse, dieser spielerischen Leichtigkeit, dieser tänzelnden Primaballerina in lakritzig-veilchenhafter Kirschfrucht. Die wahre Freude. 100/100
Lobenberg: Das Terroir liegt nahe an Château Latour (Die Comtesse hat ihre Weinberge eher Richtung Saint-Julien), der maskuline Stil resultiert auch daher. Außerdem das Schwesterweingut von Lynch Bages, gleiche Besitzverhältnisse. Die 2018er Cépage lautet 78 % Cab. Sauvignon und 22 % Merlot. Sehr konzentrierte, intensive, harmonische Nase, trotz der Minderheit von Merlot hat dieser einen großen Einfluss, viel Schwarzkirsche und Brombeere. Direkt nach Pichon Comtesse probiert dachte ich, dass es hier sehr schwer wird, aber Pichon Baron hat ein ganz eigenes Standing, ist völlig anders als das gegenüberliegende Pichon Comtesse. Deutlich würziger, deutlich süßer, die Maulbeere ist viel weiter vorne, viel mehr Lakritze. Hohe Intensität mit viel Cassis, Veilchen, Lakritze, das sind die Dominanten. Unglaublich konzentriert, aus sehr kleinen Beeren gewonnen und die Frische nur aus der extrem reifen Frucht holend. Nicht überreif, aber mir durch die enorme Konzentration fast ein wenig süß erscheinend im Mund, das ist unglaublich viel Wein. Ich hoffe, dass er im Alter diese Süße noch etwas abbaut und noch etwas feiner wird. So ist es zumindest ein Maul voll Wein und schwer so eine Flasche alleine zu trinken. Ich erkenne dennoch an, dass das ein großartiger, konzentrierter Wein ist. 98+/100
Lobenberg: Die Rebsortenzusammensetzung des 2018ers ist 74 % Cabernet Sauvignon, 23 % Merlot, 3 % Petit Verdot. Batailley liegt an der gleichen Ausfahrtsstraße Pauillacs vis-à-vis Grand Puy Lacoste. Batailley braucht warme, heiße Jahre, um wirklich Klasse zu zeigen. Von daher gibt es 2018 Top-Voraussetzungen. Sehr wuchtige Schwarzkirschnase, reife Pflaume, aber nicht überreif. Dicht mit ganz feiner, blumiger Spur darunter, helle Lakritze, nicht zu süß. Fein und dicht, gut gelungene Nase. Erstaunlich leckerer Mund für Batailley, das ist eigentlich immer ein sehr klassischer Pauillac, aber in heißen Jahren, speziell in 2018 – dem vielleicht reifsten Jahrgang bisher, ist das Ganze sehr gelungen. Wir haben eine tolle Spannung, eine tolle Fokussierung mit Schwarzkirsche, Brombeere, Cassis und Veilchen, Lakritze, superfeines, samtiges Tannin, tolle Länge. Ein wirklich schicker Batailley, besser als alles was ich hier bisher probiert habe. Alles stimmt, sehr Pauillac und trotzdem rund und reif, dicht, konzentriert und frisch in der Frucht. Ein Langläufer allemal. 96–97/100
Lobenberg: Jacques Merlaut ist der Besitzer dieser Gruppe von Haut Bages Liberal, Ferrière, Durfort Vivens und anderen. Inzwischen hat er die Regie der biodynamischen Güter Ferrière, Durfort Vivens und Haut Bages Libéral an seine Enkelin Claire Villars abgegeben. 27,5 Hektar auf einer ungewöhnlich dicken Schicht mit Garonne-Kieseln, die höchstgelegenen Weinberge des Médoc. Auch hier biodynamische Bewirtschaftung. Dementsprechend minimale Erträge in diesem komplizierten Jahr durch Mehltauverluste. Gute Spannung in Nase und Mund, ein Potpourri aus roter und schwarzer Frucht, guter Fokus, gut Länge. Sehr typisch Pauillac mit schöner Süße aus diesem konzentrierten Jahr, im Grunde ein toller Wein. Aber das Bessere ist der Feind des Guten, so nach Grand Puy Lacoste im Bereich des oberen Mittelfeldes einzusortieren. Dennoch ein toller Wein, wären da nicht die vielen noch Besseren. 95–96/100
Zweite UGC Verkostung auf Branaire Ducru
Die zweite UGC Verkostung auf Branaire Ducru betrifft alle Saint Julien. Las Cases und Ducru sind da nicht und sind dennoch die Besten. Hier führt Leoville Poyferré vor Leoville Barton und Branaire Ducru. Insgesamt ist Saint Julien nicht so stark wie Pauillac, Saint Estèphe und Pessac.
Lobenberg: Zu Zeiten der französischen Revolution war Léoville das größte Weingut im Médoc. Mittlerweile ist es dreigeteilt (Poyferré, Barton, Las Cases). Seit 1920 ist Château Leoville Poyferré im Besitz der Familie Cuvelier und wird seit 1979 von Didier Cuvelier geleitet, der sich die Unterstützung von Michel Rolland gesichert hat. Wir finden hier kiesdurchsetzten Sandboden. Der 2018er ist aus 64 % Cabernet Sauvignon, 30 % Merlot, 3 % Cabernet Franc und 3% Petit Verdot zusammengesetzt. Wenn man alle 3 oben genannten Leoville vergleicht, dann ist es schon überraschend, dass Poyferré in 2018 die eleganteste Nase aufweist. Barton war viel wuchtiger und intensiver, voluminöser, reifer. Poyferré ist zwar konzentriert aber gleichzeitig ultrafein, fast an einen Pauillac Richtung Lynch Bages erinnernd. So feine Kirsche, seidiges Tannin schon in der Nase, voller Finesse, blumig aus dem Glas steigend. So feine süße Kirsche, feinste helle Lakritze, weiße Schokolade, viel Haselnuss und Walnuss, ganz fein gewebt. Im Mund dann allerdings auch die Reife zeigend, wie die meisten Saint Juliens dieses Jahr sie zeigen, extrem konzentrierte Frucht, wie Barton sie auch schon hatte, vielleicht ein bisschen feiner bleibend. Aber insgesamt schon enorme Spannung, enorme Konzentration. Dabei bleiben die Tannine ultrafein, weich, der Wein ist seidig, tänzelnd. Die Tanninmassen tun nie weh und dennoch ist die immense Konzentration spürbar. Der Wein scheint vordergründig fertig trinkbar, es ist sofort alles da und doch merkt man an der Konzentration, dass das ein extremer Langstreckenläufer sein wird. Die Tannine und die Säure sind weniger gradlinig als 2016, der ein ganz großer Wein war. 2018 wird groß, braucht aber Zeit. Und wird immer feiner, weicher, reifer im Tannin bleiben. Die Frische kommt auch hier aus der Reife. Toller Stoff und eigentlich gar nicht hinter Leoville Las Cases. Gefällt mir extrem gut! 97–99/100
Lobenberg: Zu Zeiten der französischen Revolution war Léoville das größte Weingut im Médoc. Mittlerweile ist es dreigeteilt (Poyferré, Barton, Las Cases). Seit 1920 ist Château Leoville Poyferré im Besitz der Familie Cuvelier und wird seit 1979 von Didier Cuvelier geleitet, der sich die Unterstützung von Michel Rolland gesichert hat. Wir finden hier kiesdurchsetzten Sandboden. Der 2018er ist aus 64 % Cabernet Sauvignon, 30 % Merlot, 3 % Cabernet Franc und 3 % Petit Verdot zusammengesetzt. Wenn man alle 3 oben genannten Leoville vergleicht, dann ist es schon überraschend, dass Poyferré in 2018 die eleganteste Nase aufweist. Barton war viel wuchtiger und intensiver, voluminöser, reifer. Poyferré ist zwar konzentriert aber gleichzeitig ultrafein, fast an einen Pauillac Richtung Lynch Bages erinnernd. So feine Kirsche, seidiges Tannin schon in der Nase, voller Finesse, blumig aus dem Glas steigend. So feine süße Kirsche, feinste helle Lakritze, weiße Schokolade, viel Haselnuss und Walnuss, ganz fein gewebt. Im Mund dann allerdings auch die Reife zeigend, wie die meisten Saint Juliens dieses Jahr sie zeigen, extrem konzentrierte Frucht, wie Barton sie auch schon hatte, vielleicht ein bisschen feiner bleibend. Aber insgesamt schon enorme Spannung, enorme Konzentration. Dabei bleiben die Tannine ultrafein, weich, der Wein ist seidig, tänzelnd. Die Tanninmassen tun nie weh und dennoch ist die immense Konzentration spürbar. Der Wein scheint vordergründig fertig trinkbar, es ist sofort alles da und doch merkt man an der Konzentration, dass das ein extremer Langstreckenläufer sein wird. Die Tannine und die Säure sind weniger gradlinig als 2016, der ein ganz großer Wein war. 2018 wird groß, braucht aber Zeit. Und wird immer feiner, weicher, reifer im Tannin bleiben. Die Frische kommt auch hier aus der Reife. Toller Stoff und eigentlich gar nicht hinter Leoville Las Cases. Gefällt mir extrem gut! 97–99/100
Lobenberg: Die 50 Hektar Weinberge von Château Branaire Ducru sind in kleine Parzellen zerstückelt und mit 70 % Cabernet Sauvignon, 22 % Merlot, 5 % Cabernet Franc und 3 % Petit Verdot bestockt. Ich bin ein ausgewiesener, großer Freund von Branaire Ducru, das ist einer der frühen Weine meiner Wein-Karriere. Diesen Wein verfolge ich seit Jahren und er hatte auch die letzten Jahre einige Erfolge. Ich weiß, dass er sich schwertut, weil das Preisleistungsverhältnis von Branaire an einem schwierigen Zwischenspot liegt. Er ist qualitativ nicht in der allerersten Reihe, aber er ist preislich auch nicht wirklich günstig. Aber 2018 ist zumindest von der Klasse her ganz großes Kino. Eine extrem feine, geschliffene Nase, keinerlei kitschige Süße in der saftigen Nase mit totalem Schliff im Tannin. Schwarzkirsche ist die Dominante, aber auch Veilchen, insgesamt feine Blütenaromen. Die Nase macht richtig Freude. Der Mund ist dann typisch Saint Julien, nach einer ganzen Reihe verkosteter Pauillacs ist es sehr deutlich, dass wir hier mehr in die rote Frucht kommen. Süße, rote Kirsche, natürlich auch süße Schwarzkirsche, Veilchen, aber auch ein bisschen Orangenzeste, Mango, es gibt eine hervorragende Balance, es gibt einen Saint Julien mit Klasse. Zumal die Tannine extrem geschliffen sind, massig vorhanden, aber sehr seidig, filigran rüberkommend. In 6 bis 7 Jahren wird das ein St Julien der Extraklasse und ich glaube sogar sagen zu können, dass das der beste Branaire Ducru ist, den sie je gemacht haben. Ich muss ein bisschen Luft nach oben lassen, zumal Beychevelle und Leoville Barton in die Hunderter-Richtung unterwegs waren und Poyferré und Las Cases noch kommen. Aber großes Kino für Branaire Ducru allemal. 97–98+/100
Château Du Retout
Am Abend dann noch der Überflieger des südlichen Haut Medoc, noch auf Terroir von Margaux gelegen und deshalb immer so gut wie ein Margaux: Château Du Retout. 2018 ist reifer und charmanter als der stylisch elegante 2016. Zusammen mit dem großen 2010 die drei besten Jahrgänge des Chateau, mit 95+ fast ganz großer Stoff. Im Preis-Qualitäts-Verhältnis einer der besten Weine des Jahrgangs.
Verkostungsnotizen Du Retout
Lobenberg: Dieses kleine Weingut mit rund 30 Hektar ist in der südlichen Region des Haut Medocs direkt an der Grenze zu Margaux gelegen. Seit 2005 eines der führenden Weingüter im Haut Medoc, aber preislich immer eines der Günstigsten. Das Superschnäppchen schlechthin. Der Ertrag pro Hektar liegt bei circa 45 Hektoliter. Es gibt etwas über 100.000 Flaschen. Der Überwiegend maschinell geerntet, weil es einfach sehr viel schneller geht und man so den Erntezeitpunkt perfekt einplanen kann, gerade in einem Jahr wie 2018 ein großer Vorteil, mit Handlese klappt das kaum bei 30 Hektar. Hier wird eine Erntemaschine benutzt, die bereits direkt nach dem Ernten eine komplette Entrappung der Trauben durchführt. Darauf folgt eine weitere Sortierung auf der Maschine, die Grünteile und Blätter herausselektiert, sodass recht cleane Beeren im Weingut ankommen. Dort wird auf dem Rüttelpult nochmals nachsortiert, der nur eine gewisse Beerengröße durchlässt und alle anderen Teilchen außer Beeren fernhält. Danach geht das Ganze nochmal über ein Laufband an dem viele Mitarbeiter per Hand erneut nachsortieren bis das Lesegut nahezu perfekt ist. Das ist schon eine enorm aufwendige Sortierarbeit, die hier vorgenommen wird. Danach kommt eine kalte Vorfermentation unter Schutzgas mit vier Grad für sechs bis zehn Tage. Es folgt eine langsame Fermentation unter 26 Grad mit Überpumpen. Die Gesamtzeit auf der Schale beträgt bis zu 28 Tage bei 28 Grad. Der Wein reift danach komplett in Barriques, davon ein Drittel neu. Die Reifezeit beträgt zwischen 12 und 15 Monate. Die 2018er Cuvée besteht aus 60 % Cab. Sauvignon, 28,5 % Merlot, 11,5 % Petit Verdot. Der Alkohol liegt bei moderaten 13,5 % und der pH bei 3,89. Du Retout liegt wie bekannt im Grunde quasi fast in der Gemeinde Margaux, direkt am Rand gelegen. Und so ist der Charakter von Du Retout auch immer im Margaux Stil. 2018 war Margaux extrem reif, oft überreif, extrem voll, samtig, kraftvoll, üppig, fast fett. Das betrifft die ganze Appellation und so eben auch das direkt am Rand liegende Weingut Du Retout. So ist die Bezeichnung Haut Médoc hier auch völlig missverständlich, denn es gibt so andere Stilistiken, wenn wir oben im Norden an Haut Maurac, an Charmail denken, wo es deutlich rotfruchtiger wird. Und da gibt es eben hier die Cru Bourgeois, die nahe an Margaux liegen, weiter südlich werden sie dann nochmal anders. Deshalb ist Haut Médoc sicherlich die heterogenste Appellation überhaupt mit 3 bis 4 ganz verschiedenen Stilistiken. Um es noch einmal deutlich zu sagen, Du Retout ist immer im Margaux Stil. Und so wundert es nicht, dass die Nase unglaublich voll, reich und üppig ist. Tanninmassen schieben sich aus dem Glas. Süße Maulbeere, Brombeere, viel Wucht aus Cassis und Veilchen, Rosenblättern, ganz weich, ganz reif, sehr aromatisch. Darunter kommt Hagebutte, Cranberry, Haselnuss. Der Mund ist genauso typisch Margaux wie die Nase, hat jedenfalls 2018 die gleiche Reichhaltigkeit. Der Mund ist immens üppig, hier aber deutlich mehr satte Schwarzkirsche, nur ganz langsam kommt Lakritze darunter, Veilchen, auch wieder Rosenblätter, viel Assam Tee. Dann kommen rote Kirsche und Cranberry, ganz feines Tannin, das dann immer mehr Kraft aufbaut, immer voller wird. Aber nichts ist jemals hart, nichts ist spröde, keinerlei Rustikalität, sondern nur eine üppige Weichheit und dennoch Struktur und Geradeauslauf. Noch einmal die Stilistik hier ist völlig anders als die der Superstars im Norden bei Ch. Carmenère, Haut Maurac und Doyac. Dies ist im Grunde so etwas wie eine eigene Appellation. Und innerhalb der südlichen Weine des Haut Medoc ist Du Retout für mich ganz vorne. In 2016 hatten wir den bisherigen Überflieger des Weingutes der neben der Üppigkeit auch diese wahnsinnige Eleganz hatte und unglaublichen Schliff. 2018 ist auf Grund der Reife des Jahrgangs stilistisch anders, noch üppiger, voluminöser, nicht besser oder schlechter, eben nur deutlich anders. Man kann ihn eher mit einem Ch. Deyrem Valentin aus Margaux vergleichen und da finde ich, dass er durchaus auf dem gleichen Level liegt und Deyrem ist deutlich teurer. Im Preisleistungsverhältnis sind die Appellationen Medoc und Haut Medoc zu unser aller Glück ein Underperformer, diese Weingüter bekommen nie ihren wahren Wert gezahlt, weil die Appellationen so groß und uneinheitlich sind. So lange das so ist wollen wir das mit Freude hinnehmen. 95+/100
Lobenberg: Chateau Retout ist ein Vorreiter für eine sehr kuriose Weißweincuvée, aber nur in allerkleinster Menge. Diese Cuvée wird auf nur gut 1,5 Hektar angepflanzt. Es wird eine überschaubare Anzahl von 10.000 Flaschen erzeugt. Hier wird per Hand und in zwei Durchgängen gelesen, was möglichst ist auf Grund der kleinen Anbaufläche. Es wird extrem aussortiert und manuell nachsortiert. Sowohl im Weinberg als auch auf dem Band. Die Pressung ist eine Direktpressung ohne Entrappung (Ganztraubenpressung). Dann wird das Ganze sofort gekühlt unter Schutzgas bei 4 Grad einige Zeit abgesetzt, aber völlig ohne Zugabe von Schwefel. Die spontane Gärung findet dann ca. 48 Std. später nur im Barrique und in schmalen Holzfudern statt. Es gibt eine Bâtonnage innerhalb der ersten vier Monate. Die Lese für die Weißweine findet natürlich eher als für die Roten statt. Die Fermentation selbst dauert bis zu 24 Tage. Der Wein wird danach neun Monate zu über 80 % im Barrique ausgebaut. Diese sind zu einem Viertel neu. Der Rest bleibt im Stahl. Die 2018er Cuvée ist 40 % Gros Manseng, 40 % Sauvignon Gris, 10 % Savagnin, 10 % Mondeuse Blanche. Der Alkoholgrad liegt bei 13,5 %, der pH bei 3,18, was schon auf die große Frische des Weines hindeutet. Dieser Wein ist ein Unikat in Bordeaux, völlig anders auf Grund der Rebsortenzusammensetzung. Und es ist natürlich auch ungewohnt im Medoc am Rande von Margaux einen Weißwein zu haben. Selbstverständlich hat auch Ch. Margaux einen eigenen berühmten Weißwein aus 100 % Sauvignon Blanc, aber ansonsten sind es wirklich nicht viele. 2018 war das beste Jahr meiner Verkostungsgeschichte für den Pavillon Blanc von Ch. Margaux und ich weiß nicht ob es an der Region liegt dieses Jahr, aber Du Retout Blanc ist 2018 ein ähnliches Kaliber. Er ist zumindest gleichwertig zum unglaublich schönen, eleganten 2016er. 2018 ist etwas duftiger, etwas mehr Muskateinfluss, aromatischer, viel gelbe und weiße Birne, Aprikose, fast an den Sauvignon Blanc von Ch. Margaux erinnernd. Ganz viel weißer Pfirsich, helle Melone, ein ganz leichter Hauch Mango und Papaya darunter, unglaublich fein und aromatisch. Manchmal denke ich, wieso geben Leute 100 € und mehr für einen Wein aus, wenn dieser extrem günstige Wein so eine wahnsinnige Aromatik hat. Okay ich gebe zu, im Mund ist es dann ein Unterschied, aber der ist auch gewollt. Wir haben durch diese Rebsorten Savagnin und Gros Manseng eine so große Eigenwilligkeit, einen so eigenwilligen Charakter. Da kommt ganz viel Feuerstein, da kommt Sancerre-artiger Silex, dann sind wir im Jura oder auch im Jurancon der Gros Manseng. Wir haben all diese Einflüsse dieser verschiedenen Regionen in diesen Rebsorten. Der Wein ist unglaublich komplex, feine Aromatik, aber intensiv, feine Bitterstoffe daneben, tolle Länge. Das ist ein wirklich unikathafter Wein mit einer genialen Aromatik und Geschmacksvielfalt. Aber noch einmal, kein Genießer sollte ihm mit der Erwartungshaltung eines klassischen weißen Bordeaux begegnen. Allerdings ist er auch kein Jurancon und kein Jurawein. Dafür ist er dann wieder zu kompatibel, denn er ist bei aller Extremität und Unikathaftigkeit immer auch unglaublich lecker, süffig, saftig und macht viel Freude. Aber den eigenwilligen Charakter muss man ihm einfach lassen und den muss man auch lieben. Das ist ein wirklich ganz superber Weißwein. 96+/100
Händlertasting bei CVBG Dourthe
Das vierte große Händlertasting bei CVBG Dourthe. Eine perfekt organisierte Probe. Bester Komfort mit Tischservice. Und eine sagenhafte Auswahl. Fast alle Lücken werden hier geschlossen. Unerwartet fruchtig feine Weine mit großer Finesse zeigten Chateau Larcis Ducasse und Pavie Macquin aus Saint Emilion. Zwei superfeine fruchtsüße Delikatessen des Teams um Regisseur Nicolas Thienpont und Önologe Stephan Derenoncourt. In der ersten Reihe Saint Emilions! Die Firma Dourthe zeigte mit Le Boscq aus Saint Estèphe einen preiswerten Riesen als qualitativ fast gleichwertiger Verfolger von Chateau Meyney und Phelan Segur. Berauschend schön und mit 96–97 echte Oberklasse.
Lobenberg: Larcis Ducasse liegt untern an der Cote Pavie in der Nachbarschaft von Bellefont Belcier und Pavie. Also an den Südhängen des Kalksteinplateaus. Direktor ist Nicolas Thienpont, der auch Beausejour Duffau und Pavie Macquin verantwortet. Önologischer Berater ist Stephane Derenoncourt. Wow, was für eine Nase! Trotz hohem Merlotanteil eine wahnsinnige Dominanz der Cabernet Franc mit superreifer, extrem delikater, süßer Waldhimbeere, darunter ein klein wenig Erdbeere laufend, dann kommen sanfte rote und schwarze Kirsche, aber diese roten Waldfrüchte dominieren total, sind extrem charmant. Feine Süße, feine Blumigkeit dahinter, schon seidig aus dem Glas in die Nase strömend. Auch im Mund setzt sich dieses Leckerli fort, so feine rote Frucht, wieder diese Himbeere, Kirsche, ganz fein verwoben, ganz feine, helle Lakritze, Milchschokolade. Fast ein wenig Straßenstaub in dieser hellen Mineralik. Fein, lang und seidig, nichts tut weh und dennoch hat der Wein Struktur, der Wein ist konzentriert und lässt davon nichts spüren. Das ist das famose des Jahrgangs 2018. Ein superelegantes, feines, fruchtbetontes Konzentrat, das macht große Freude. 97–98/100
Lobenberg: Pavie Macquin liegt in direkter Nachbarschaft zu Troplong Mondot oben auf dem reinen Kalksteinplateau. Seit sehr vielen Jahren biologisch bearbeitet. Der heutige Superstar der Önologie Saint Emilions, Stephane Derenoncourt, war früher Weinbergs-Manager auf Pavie Macquin und hat hier sein Erstlingswerk in die Landschaft gesetzt. Das Terroir besteht aus Kalkstein mit Lehm-/Sandauflage, ganz hervorragend. Nun seit Jahren vom Direktor Nicolas Thienpont verantwortet wie Larcisse Ducasse und Beausejour Duffau. Weiterhin ist Stephane Derenoncourt der önologische Berater. Immer wuchtiger, strukturierter, kraftvoller als Larcisse Ducasse, aber das sind eben die unterschiedlichen Terroirs. Larcisse Ducasse in dieser unglaublichen Rotfruchtigkeit, in dieser Feinheit wie auch der übernächste Nachbar Bellefont-Belcier. Pavie Macquin geht mehr Richtung Troplong Mondot, der der direkte Nachbar darüber ist. Und trotzdem ist Pavie Macquin so unglaublich viel feiner, weil das Team um Derenoncourt einfach keine Superextrakte will. Der Wein ist sehr reif, zeigt Himbeere, schwarze und rote Kirsche, ganz feine Lakritze, Milchschokolade. Ätherisch fein und trotzdem strukturiert, seidigste Tanninmassen, aber unglaublich fein dabei. Toller schwarzkirschiger Geradeauslauf im Mund, sehr reif und trotzdem mit massigen, aber ultrafeinen Tanninen, so seidig, so geschliffen. Unglaublich lecker und saftig mit toller Länge, die Mineralität hallt gut nach. Aber der Wein ist eben weit entfernt von irgendetwas Überextrahiertem, von allem was auch nur irgendwie Troplong Mondot ähnelt. Wir sind hier bei einer unglaublichen Feinheit und seidigen Länge. Wie so oft ist das Bessere der Feind des Guten, es wird also mit Tour Saint Christophe, Bellefont-Belcier und anderen durchaus ernstzunehmende Konkurrenten geben, aber Pavie Macquin spielt eben auch in dieser Liga. 97–98/100
Lobenberg: Der Le Boscq gehört zum Imperium der Thienot Champagner-Familie, zu denen auch Belgrave in Haut-Medoc und La Garde in Pessac-Léognan gehört. Das ist einer der größten Négoce hier, CVBG, der auf Chateau Belgrave sitzt. CVBG ist einer der fünf größten Négoce in Bordeaux überhaupt. Le Boscq ist spätestens seit 09/10 im Bereich der Verfolger der Spitze angekommen, also durchaus gehobenes Mittelfeld. In 2018 gibt es einige Siegerappellationen, zu denen gehört auch klar Saint Estèphe und der obere Norden gehört. Das trifft dieses Château natürlich auch gut. Hohe Reife auf einem im Grunde eher kühleren, gut mit Wasser versorgten Terroir, das ist eigentlich ziemlich perfekt. Viel schwarze Kirsche, sehr üppig, aber gleichzeitig fein. Für einen Burgunder zu dick, trotz der Kirschorientierung, langsam kommt Cassis dazu, Veilchen, Rosenblätter, aber immer sehr fein bleibend. Schon aus dem Glas steigt diese Feinheit der Tannine, massiv, aber sehr geschliffen. Wirklich hübsche, einnehmend charmante Nase. Was für ein ausgesprochen leckerer, charmanter Mund, jetzt kriegen wir eben unerwartet viel rote Frucht dazu. Waldhimbeere, satte Kirsche, auch Sauerkirsche, hohe Intensität roter Waldbeerenfrüchte, dann kommt wieder die aus der Nase bekannte Schwarzkirsche dazu, auch Cassis, aber nur zu einem kleinen Teil. Ganz feine Lakritze, nichts zu Süßes, alles bleibt fein trotz Tannin in Massen, anders kann man das nicht beschreiben, aber total seidig. Und das Ganze spielerisch mit einer großen Harmonie, in sich perfekt. Das ist fast ein großer Wein. Ein Wein normal in der Verfolgung von Ch. Meyney und Phelan Ségur. Ein Wein, der eigentlich im Mittelfeld angesiedelt ist, aber in 2018 auf jeden Fall ins obere Mittelfeld gehört. Phänomenaler Erfolg für Ch. Le Boscq. 96–97/100
Lobenberg: La Garde verfügt über knapp 45 Hektar Rebflächen in Martillac. Der Wein besteht 2018 aus einem Drittel Cabernet Sauvignon und zwei Dritteln Merlot und kommt mit Pessac Léognan aus einer der besten Appellationen dieses Jahres. La Garde war schon 2016 unglaublich gut, 2018 mit der größeren Wärme ist Pessac eine der Siegerappellationen überhaupt. Mit dieser hohen Reife und trotzdem dieser Eleganz und Frische. La Garde zeigt eine sehr üppige Schwarzkirsch- und Brombeernase, Cassis und Veilchen, ziemlich wuchtig für einen Wein des unteren Mittelfeldes. Auch im Mund sehr satt, jetzt ist die Lakritze vorne und kämpft mit Veilchen um die Vormachtstellung. Süße Rosenblätter, dann kommt ein wahnsinniger Schub von süßer Brombeere, eher Maulbeere, viel Cassis, Schwarzkirsche, etwas Holzkohle, satte Tanninmassen aber butterweich, geschliffen. Der Wein ist sehr massiv, das ist ein kleines Monster. Doch Frische kommt aus der Reife der Frucht, das ist für diese Preisklasse schon ziemlich großes Kino. Aber 2018 wird, obwohl er sich so reif präsentiert, länger brauchen als 2016. Das wird ein Wein für ein langes Leben, das ist wirklich groß für diesen Preisbereich. 94+/100
Lobenberg: Das Haut Medoc Chateau liegt direkt neben Chateau Lagrange, Saint Julien, und ist seit vielen Jahren der eigentlich bessere Saint Julien. Seit etwa 10 Jahren wird kräftig in den Weinberg investiert. Das Haus gehört zur Champagner Familie Thienot. Chateau Belgrave hat 54 Hektar an Weinbergen in Produktion. 69 % Merlot, 28 % Cabernet Sauvignon und 3 % Petit Verdot. Die Zielsetzung aller Top-Chateaus auf dem Plateau, von 10000 Stöcken pro Hektar, ist hier schon erreicht. Der Ertrag liegt bei unter 500 Gramm je Weinstock. Kiesböden mit Lehm, identisch wie beim Nachbarn Chateau Lagrange. Überwiegend biologische Arbeit im Weinberg. Spontane Vergärung, Ausbau in überwiegend neuem Holz. Eines der wenigen als Cru klassifizierten Weingüter des Haut Médoc. In kühlen Jahren im Mittelfeld schwimmend, in warmen Jahren durchaus in die Oberliga aufsteigend. Da bin ich mal gespannt wie er sich schlägt in den Reihen von Clos Manou, Carmenere, Charmail, Du Retout, Doyac und Haut Maurac. Wir haben hier großes Potenzial, weil die Reben auf bestem Saint Julien Terroir stehen, direkt an der Grenze ist der Nachbar Ch. Lagrange. Und für mich ist Belgrave eigentlich oft der bessere Saint Julien, der Lagrange überlegene Wein, weil hier einfach mit Dichtpflanzung und der Weinbergsarbeit so viel geleistet wird. In guten Jahren also der Saint Julien im Haut Medoc. Die Nase ist entsprechend des Terroirs eben auch deutlich in der roten Frucht angesiedelt. Dazu aber diese enorm hohe Reife des Jahrgangs 2018, fast gekochte Frucht, dazu Backpflaume, eine rote Grütze aus Maulbeere, Blaubeere, Brombeere, Schwarzkirsche, dazu Veilchen und Rosenblätter, etwas Mango. Kräuter der Provence, helle Lakritze, sehr duftig, sehr komplex. Der Mund ist extrem tanninreich, aber das Tannin ist total seidig, total poliert. Nichts kommt fett rüber, alles ist tänzelnd, aber hochintensiv. Alle Früchte stehen hinter diesem Tannin zurück, aber gleichzeitig hinter dieser enorm seidigen Harmonie. Ein Wein mit schöner Länge und grandioser Balance. Und er kann sich neben den Topweinen des Haut Médoc durchaus sehen lassen, weil er eben in diesem auch rotfruchtigen Bereich des Saint Julien liegt, weil er seine eigene Stilistik mitbringt. Wenn Du Retout in Wirklichkeit ein Margaux des Haut Médoc ist, so ist Belgrave eben ein Saint Julien des Haut Médoc. Und die im Norden angesiedelten Château Doyac und Haut Maurac sind in Wirklichkeit Saint Estèphe Stilistiken, das ist schon sehr lustig in dieser Appellation, die so heterogen ist, weil sie eben so viele verschiedene Charakteristiken hat. Belgrave gehört auf jeden Fall mit in die vordere Reihe der Weine des Haut Médoc, auch wenn er die absolute Spitze nicht erreichen kann. 94+/100
Lobenberg: Das Château zählt zu den ältesten im Médoc und wurde 1662 gegründet. Heute leitet Anne Le Naour das Weingut als technische Leiterin und wird beraten vom Önologen Hubert de Bouärd. Ähnlich wie bei Petrus sind die Untergrundböden von blauen Lehm durchzogen, der seine Farbe durch den Eisenanteil erhält und gleichzeitig berühmt ist für die exzellente Drainage. Der Erstwein liegt zwischen 18 und 24 Monaten im Holz. Doch nur zarte 40 % werden jedes Jahr erneuert. Somit fährt Meyney voll auf der Eleganzschiene. Die 51 Hektar Rebanlagen von Château Meyney sind zu 65 % mit Cabernet Sauvignon bepflanzt. Dann folgen 25 % Merlot und ein wenig Petit Verdot, was eher atypisch für Saint-Estèphe ist. Hier war 2015 und 2016 schon grandios, daher bin ich besonders gespannt auf diesen Wein, da er so ein wunderbarer Wein im Preis-Leistungs-Verhältnis ist. Und 2018 unterstreicht das zumindest in der Nase erneut. So üppig und reich, viel schwarze, aber auch rote Kirsche dabei, kaum Cassis, leichte Rosenblätter, leichte Lakritze, nichts Fettes, nichts Übermäßiges, sondern schwebend. Im Grund ein bisschen Pomerol-artige Feinheit in einer in der Nase suggerierten Merlot-Dominanz. Der Mund trägt einen hinfort mit seiner wahnsinnigen Aromatik. Gott, ist Meyney eine Wuchtbrumme im Mund, aber er ist trotzdem nicht fett, er ist nur wahnsinnig intensiv. Üppigste schwarze Kirsche, Maulbeere, Brombeere und Cassis, Lakritze, Veilchen, auch ein bisschen Jasmin, Rosenblätter. Und trotzdem, das mag man kaum glauben bei dieser Aufzählung, ist der Wein nicht übermäßig fett, nicht überbordend süß. Die Tannine sind eher seidig denn samtig, das Ganze bleibt spielerisch trotzdem dieser Üppigkeit. Das macht schon während der Fassprobe große Freude, ein grandioser, schicker Wein. Die Frische kommt aus der Reife der Frucht, nicht aus der hohen Säure, alles tanzt in finessereichem Spiel umeinander. Der Wein braucht ein paar Jahre, um diese Üppigkeit ein wenig zu mildern und zu verdauen, aber dann ist es ein grandioser Meyney für die Ewigkeit, ein super Wein und best-ever, wohl DAS Preis-Leistungs-Highlight der Appellation. 97–98/100
Lobenberg: Der Ire Frank Phélan vereinte Anfang des 19. Jahrhunderts die beiden bis dahin unabhängigen Güter »Clos de Garramey« und »Château Ségur« zu einem Anwesen, dem malerisch gelegenen Château Phélan Ségur. Das Anwesen umfasst 65 Hektar. Die Reben sind im Durchschnitt 45–50 Jahre alt. Phelan Segur hat in den letzten 10 Jahren unheimlich viel in die Weinberge investiert. Michel Rolland ist hier Consultant, was dazu führt, dass im Weingut mehr auf die Reife gesetzt wird. Dies Reife erreicht man allerdings nicht ohne eine dichtere Pflanzung und mehr biologische Weinbergsarbeit. Auch wird selbstverständlich per Hand gelesen. Die Beeren werden komplett entrappt und nochmals mit einer optischen Sortiermaschine nachsortiert. Nur die wirklich reifen Beeren kommen letztlich in die Kelter. Der Ertrag pro Pflanze sinkt von Jahr zu Jahr. Phelan Segur hat als Regisseurin, neben dem Besitzer Thierry Gardinier, seit fünf Jahren Veronique Dausse mit im Boot. Sie kam aus der Champagne und hat hier wirklich die Hosen an. Eine wirklich qualitätsversessene Person. Weinberge, die nicht der Perfektion entsprechen, gehen in Zweit- und Drittweine. Phelan Segur ist seit Jahren der engste Verfolger von Calon Segur hinter den Superstars Cos und Montrose. In jüngster Zeit muss Phelan sich auch etwas mit Meyney messen lassen, der so stark aufgeholt hat. Die Nase ist hochreif, lakritzig, Cassis, Brombeere in süßer Form, aber ganz weiches Tannin in Massen. Ein schöner klassischer Mund, ganz reif, aber auch mit viel Terroir, viel Salz, viel Mineralik und wunderbare Länge in dieser sehr reifen, schwarzen und roten Frucht, aber wir sind eher bei der schwarzen Frucht. Das Tannin ist seidig und samtig, der Wein ist lang, aber insgesamt deutlich schlanker als z. B. ein Meyney, deutlich klassischer und maskuliner in der Ausrichtung, deutlich mehr in Richtung Calon Segur gehend. Das ist ein sehr stimmiger, großer Phelan Segur, vielleicht der beste Phelan bisher. 96–97+/100
Angelus
Danach die Probe von Chateau Angelus auf dem Weingut. Fast ein Paradigmenwechsel, 35 % Cabernet Franc und 65 % Merlot, nur mindestens 65 Jahre alte Reben. Innerhalb von 10 Jahren vom Saulus zum Paulus. Schon 2016 war extrem fein, 2018 ist gar im Ausone-Stil. Ende mit fetter Blockbuster. Der neue Titel als 1er Grand Cru Classé A verpflichtet Hubert de Boüard anscheinend auch zur feinsten Stilistik der Allerbesten. Einer der Top-Weine des Jahres.
Chateau Angelus 1er Gr. Cr. Cl. A
Lobenberg: Besitzer von Chateau Angelus ist der charismatische Winzer Hubert de Bouard, der mit Bellevue und Fleur de Bouard mehrere Eisen im Feuer hat. Die Weinberge von Angelus befinden sich an den unteren Hängen des Mazerat-Tals auf kalkhaltigem Lehm und auf gemischten Lehm- und Sandböden in bester Südlage. Die Cépage des 2018ers besteht aus 65 % Merlot und 35 % Cabernet Franc. Nur die ältesten Reben über 60 Jahre finden hier Einzug. Die Nase ist für einen Angelus unglaublich fein, fast burgundisch, mit schwarzer und roter Kirsche, aber Schwarzkirsche dominiert, ein bisschen Veilchen, helle Lakritze, aber nichts üppig fettes, sondern fein schwebend. Wir finden was wir schon im Carillon festgestellt haben, nämlich diese neue Art von Frische und Eleganz, auch im 2018er Angelus. Fast rasiermesserscharfe Mineralität, tolle Frische zeigend. Unglaublich konzentriert aber vorne total fein, die Cabernet Franc mit ihrer Mineralität dominiert alles, viel Salz, sehr lang. Und wie gesagt eher eine Stilistik wie man sie bei Ausone erwartet hätte, nicht so sehr wie Angelus in den letzten Jahren war. Fein schwebend, frisch und die immense Konzentration aus dem Cabernet Franc schiebt von hinten, ohne dass es jemals ein fetter Wein wird. Es bleibt ein frisches, filigranes Wunderwerk. 100/100
Lobenberg: Der Zweitwein von Château Angelus. In 2018 zusammengesetzt aus 85 % Merlot und 15 % Cabernet Franc. Es gibt das erste Mal in diesem Jahr 2018 ganz spezielle Parzellen extra für den Carillon, die nicht in den Erstwein Angelus und nicht in den Drittwein aus den jungen Reben des Angelus eingehen. Die Parzellen haben einen hohen Merlotanteil und liegen außerhalb der klassifizierten Gebiete. Also Carillon ist jetzt wirklich ein eigenständiger Wein von eigenen Weinbergen. Dementsprechend sind auch die Reben nicht so alt, der ganze Charakter des Weins ist anders, aber durchaus spannend. In der Nase schwarze Kirsche, helle Lakritze, extrem seidige Tannine. Im Mund eine große Frische und tolle salzige Mineralität, lang und extrem frisch, fast rasiermesserscharf am Gaumen. Das ist ein ganz anderer Stil als Angelus bisher und auch ein anderer Stil für St Emilion, in dieser Frische und dieser Leichtigkeit. Aber der Carillon ist hier nur der Vorbote für einen leichten Stilwechsel, welchen wir in sehr ähnlicher Art auch im Erstwein Angelus wiederfinden, der 2018 ebenfalls von stylischer Frische getragen wird und ein bisschen neue Wege geht. Diese enorme Mineralität und Säure, die fast ein wenig grün zu sein scheint, zumindest momentan etwas aggressiv rüberkommt. Das ist schon sehr spannend in dieser Art, aber sicher kein ganz großer Wein. 93–94/100
Lobenberg: Sechs Hektar im Besitz von Hubert de Bouard, der Weinberg liegt direkt oberhalb seines anderen Weinguts Angelus um eine kleine Kuppe herum. Alter Rebbestand. Nur 20.000 Flaschen werden erzeugt. Fast reinsortiger Merlot mit etwas Cabernet Franc. Üppig, schwarze und rote Frucht, sehr satt, unglaublich extrahiert. Fast spröde im Tannin und gleichzeitig süß und reif, fast etwas zu viel gemacht und gleichzeitig nicht aufgepasst. Das Ausgangsmaterial war sicher sehr gut, aber im Keller dann zu viel gewollt. 91–92/100
Lobenberg: Das Lalande Pomerol Weingut von Hubert de Bouard von Angelus. De Bouard hat es gerade so vermieden den Wein mit starker Extraktion hinzurichten. Gott was hat man hier viel rausgeholt, aber man muss zugeben, es ist auch viel drin. Hubert de Bouard arbeitet viel mit Tonamphoren, hier wird gar nicht so viel mit gerötetem Holz gearbeitet, aber der Wein ist stark extrahiert. Es ist von allem viel vorhanden, viel schwarze Frucht, aber auch viel rote Frucht, reichlich Extrakt und sattes, butterweiches Tannin. Das einzige was man diesem Wein vorwerfen kann für einen Lalande Pomerol ist eigentlich, dass er zu dicht und eindimensional ist. Es fehlt ihm das Spiel und er ist ein wenig zu süß und reif. Ein Kracher, nicht über den Punkt, sondern gut vinifiziert. Nicht mein Stil, aber ein eindrucksvoller Wein. 93–94/100
Tasting auf Larmande
Danach UGC Saint Emilion auf Chateau Larmande. Ein überragender 98+ Punkte Clos Fourtet und ein verdammt guter 97 Punkte Valandraud waren die einzigen Highlights. Der Rest war nur unteres Mittelfeld.
Lobenberg: Clos Fourtet liegt mit 20 Hektar auf dem Plateau von Saint Emilion. Gegenüber der Kirche. Lehm und Kalkstein-Terroir. In der Nase Kirschsaft rot und schwarz, dann kommt auch ein wenig Veilchen, Brombeere, eine schöne, feine St Émilion Nase. Der Mund ist dann aber überraschend schick und fein mit deutlicher Cabernet Franc Orientierung. Sehr schlank, sehr scharf in der salzigen Mineralik, aber das Tannin ist total geschliffen. Ein bisschen vom Kalkstein dominiert, denn Clos Fourtet sitzt auf reinem Kalksteinfelsen. Und so ist auch der Wein, enorm mineralisch, scharf und salzig, aber auch super fein und elegant mit toller Länge. Insgesamt ein für ein so reifes Jahr unerwarteter Wein, weil es einfach ein filigranes, tänzelndes, kleines Wunder ist. Ich finde das großartig. 97–100/100
Lobenberg: Ganz am Rande der Appellation gelegene Weinberge und der Nachbar von Château Tertre de la Mouleyre. Der Besitzer ist Jean-Luc Thunevin, ein ehemals berühmter Garagenwinzer, der inzwischen zu den großen Negociants des rechten Ufers gehört. 2018 besteht der Wein zu 90 % aus Merlot, 4 % Cabernet Franc, 4 % Cabernet Sauvignon und 2 % Malbec. Dieses so wechselhafte Jahr, das einerseits extrem reif ist, andererseits auch extrem feine Weine hervorgebracht hat. Der Nachbar hier, Château Tertre de la Mouleyre, war eines der Highlights des Jahres. Und so verwundert es nicht, dass wir hier auf dem gleichen Terroir auf Valandraud, die in den letzten Jahren einen deutlichen Paradigmenwechsel in Richtung Feinheit vollzogen haben, auch eine ausgesprochen schicke Nase haben. Obwohl 90 % Merlot relativ viel rote Frucht, rote Kirsche, Erdbeere, etwas Himbeere, auch Hagebutte und Schlehe, aber alles sehr fein und burgundisch. Gut verwoben, tolle Dichte zeigend, aber eben auch seidig. Erstaunlich schlanker Mund für Valandraud, das ist überhaupt nicht mehr der Valandraud, dieser Blockbuster, der er vor 10, 15, 20 Jahren mal war. Das ist unglaublich fein, eine zarte Schärfe in der salzigen Mineralik, lang, schlank, verspielt. Die besten St Emilions haben ihren Paradigmenwechsel so stramm vollzogen, dass es eine Freude ist, hier gibt es nichts mehr Fettes und Üppiges. Und gerade in so einem reifen Jahr wie 2018 ist dieser Wechsel so wichtig. Der Wein ist schlank, lang und salzig, mineralisch, mit viel roter Frucht und hoher Intensität. Echt schick, schon ein ziemliches Highlight für Valandraud. 98+/100
Stephane Derenoncourt
Final die Probe des Önologen Stephane Derenoncourt. Alle seine Beratungsweine. Wie öfters und 2018 mehr denn je war die extrem günstige Domaine de Courteillac eines DER Preis- Leistungs-Wunder. Chateau Poujeaux aus Moulis war allerdings nur oberes Mittelfeld, wenig Chance gegen Dutruch und Branas Poujeaux. Dafür überragte Beausejour Duffau aus Saint Emilion mit an die 100 Punkte. Ein feiner Riese. Und berauschend war Derenoncourts eigenes Chateau, die Domaine de l’A aus Castillon, wo er auch zu Hause ist. Seit Jahren DER qualitative Verfolger von Clos Louie. Stilistisch 2018 noch feiner als 2016 und 2017. Nur 20 Hektoliter pro Hektar Ertrag, 30 % Cabernet Franc. Tolle Mineralität und sensationell frische Eleganz. Groß mit 97 Punkten, besser denn je? Immer noch hinter Clos Louie, aber das ist auch einer der besten Weine des rechten Ufers.
Lobenberg: Eine kleine 27 Hektar große Domaine südlich von Castillon. Ursprünglich gegründet von Stephane Asseo, der heute in Kalifornien mit L’Aventure einer der Top-Erzeuger ist. Das Weingut wurde dann von Dominique Meneret übernommen. Diese Weine sind immer gleichwertig zu Castillon und dafür extrem preiswert. Ein kleines Leckerli und seit vielen Jahren ein Star des Preisleistungsverhältnisses. 2018 zeigt sich fein, fast schlank, elegant, sehr schön auf der roten Kirsche laufend. Ein richtiger schicker, leckerer Wein und 2018 erstaunlicherweise noch schlanker und noch feiner als der wunderbare 2016er. Das ist einfach ein Wein für die Freude. Kein Riesenwein, aber ein Aushängeschild für Bordeaux. 92–93/100
Chateau Poujeaux
Lobenberg: Das Cru Bourgeois Poujeaux ist eines der ältesten Weingüter in Bordeaux (seit 1544). Die 2018er Cépage ist 50 % Merlot, 40 % Cabernet Sauvignon, 5 % Cabernet Franc, 5 % Petit Verdot. Dieses Weingut wird nunmehr seit fast 10 Jahren von Star-Önologe Stephane Derenoncourt beraten, auch Umstellung auf Bio. Die Typizität ist in guten Jahren ähnlich eines guten Margaux, das ist die Nachbarappellation, das Terroir ist ähnlich. Es ist etwas kühler aber gut mit Wasser versorgt, man braucht hier also warme Jahre, das liegt ja 2018 vor. Reife, dichte Schwarzkirsche, ziemlich wuchtig. Im Mund deutlich schlanker, auch schöne Frische zeigend, das Tannin etwas spröde, etwas stark extrahiert. Etwas trocken der Wein und wie ich schon sagte ist das Tannin etwas rustikal, etwas brutal vinifiziert, etwas grün durch Kerne. Ganz okay aber kein großer Wein und deutlich hinter Branas Grand Poujeaux und Dutruch Grand Poujeaux zurückbleibend. Allerdings vor dem sehr schwachen Chasse Spleen.
92–93/100
Lobenberg: Das von Nicolas Thienpont und Stephane Derenoncourt betreute Weingut in bester Lage St Emilions an der Fortsetzung der Hänge von Ausone, leicht oberhalb von Château Coutet gelegenen, darunter Angelus, also allerbestes Terroir. Und seit dem 100 Punkte Wein aus 1990 ein Mythos, den es nur in kleiner Stückzahl zu kaufen gibt. In 2018 mit dieser enormen Reife hat der Wein eine famose Nase, satte schwarze Kirsche, extrem charmant, auch rote Kirsche und dunkle, fast schwarze Himbeere, ins Brombeerige driftend, super fein, feinste Veilchen und Rosenblätter, aber nichts ist süß, nichts schwer, nichts üppig. Tänzelnd, eine unglaubliche Schönheit in der Nase. Im Mund so süß, so reif und trotzdem so kirschig, tolle Struktur aufweisend. Auch hier feinste, aber helle Lakritze, nichts drückt, wieder Blumigkeit, alles spielt um die Kirsche herum, Schwarzkirsche, Kirsche, dann wieder untermalt von dieser ins Brombeerige driftenden, dunklen Waldhimbeere. Ganz feine Tannine, total poliert und dennoch eine wahnsinnige Konzentration anzeigend, der Wein wird ewig halten. Das ist ein ganz großer St Emilion und ein ganz großer Beausejour Duffau. Ein tänzelnder Riese, der mit uns Verstecken spielt. 99–100/100
Lobenberg: Der biologisch bearbeitete Castillon, auf dem Stephan Derenoncourt, der Superstar der Önologie des rechten Ufers, persönlich wohnt. 11,5 Hektar, überwiegend Kalkstein mit Lehm. Die Domaine de L’A ist seit Jahren der zweitbeste Wein in Castillon nach dem Weltklassewein von Clos Louie, aber in einigen Jahren durchaus nicht so weit entfernt. In 2018 gab es 40 % weniger Ernte durch Mehltauverluste, auch hier wird biodynamisch gearbeitet. Zwar noch nicht zertifiziert auf dem Etikett, aber die Arbeit ist eben so. Die Cépage 2018 lautet 70 % Merlot und 30 % Cabernet Franc bei gerade einmal 20 Hektoliter pro Hektar Ertrag. Spontan vergoren, ohne Schwefel zur Fermentation und bis nach der Malo. Der Ausbau erfolgt im Barrique aber auch in größeren Tonneau. Feine eher rotkirschige Nase, schicke Süße, darunter ein bisschen Himbeere, ganz feine helle Lakritze, Milchschokolade, fein verwoben, tänzelnd, burgundisch. Der kleine Cabernet Franc Anteil dominiert den ganzen Wein. Wir haben eine fast rasiermesserscharfe, salzige Mineralität und Würze, das ist Cabernet Franc pur. Dieser Wein braucht ein paar Jahre, aber die Eleganz ist verblüffend. Sensationelle Länge, überhaupt nicht verhallen wollend und immer wieder dieser rotfruchtige, frische Tanz, extrem schlank. Eine Bewegung die in St Emilion und Castillon seit Jahren zunimmt und inzwischen auch Weingüter wie Angelus und andere große Namen angesteckt hat. Weg vom Barrique, hin zum Tonneau, hin zu mehr Cabernet Franc, hin zur Frische und zum burgundischen und Loire Stil. 97–98
Chateau Cheval Blanc
Chateau Cheval Blanc. Pierre Olivier Clouet ist seit einigen Jahren verantwortlich für die Weine. Seitdem ist Cheval einer der feinsten Weine des Bordelaise und wohl auch der Welt. Atemberaubende Finesse und Frische. Lang und unendlich. Vielleicht sogar minimal besser als der wahnsinnig schöne Nachbar Jean Faure. 50 % Cabernet. Genial. Welten besser als 1982 und 1990 damals waren. 100+
Lobenberg: Die Besonderheit von Chateau Cheval Blanc ist die Lage, das Terroir. Wie das auch beim Nachbarn Jean Faure genauso zum Ausdruck kommt. Wir haben einen Untergrund komplett aus Lehm. Darüber ein sehr hoher Kies-/Sandanteil. Aber 60 % ist Lehm, 40 % Kies und Sand. Kies und Sand macht die Feinheit aus. Der Lehm hält das Wasser. Es gab also auf diesen Untergründen mit diesem hohen Lehmanteil keine Probleme in Form von Wasserstress, trotz der Trockenperiode. Die Cépage 2018 lautet 55 % Merlot, 40 % Cabernet Franc und 5 % Cabernet Sauvignon. Hier bei Cheval Blanc ist man schon nah an der angepeilten Ideallösung von 50 % Cabernet Franc, 45 % Merlot und 5 % Cab. Sauvignon, die Bestockung entspricht dem schon, nur gibt es noch zu viele junge Reben. 2018 ist die Nase des Cheval Blanc fast baugleich mit dem Nachbarn Jean Faure. Auch die Rebsortenzusammensetzung ist bei Jean Faure schon weiter fortgeschritten auf noch mehr Cabernet Franc, also dem Ideal dem auch Cheval Blanc nacheifert. Da in diesem Jahr beide Weingüter komplett entrappt gearbeitet haben, ohne Schwefel spontan vergären und auch erst nach der Malo Schwefel einsetzen, ist die Fruchtigkeit der Weine durchaus ähnlich, die Feinheit sowieso und das Terroir ist das gleiche, auch das Rebalter ist ähnlich. Und so wundert es mich nicht, dass ich Cheval Blanc nach der Verkostung auch mit 100 Punkten bewerte. Der einzige Unterschied ist, dass das Komma beim Preis des Cheval Blanc eine Stelle weiter rechts zu setzen ist, leider. Die Nase des Cheval Blanc ist berauschend schick, die rote Waldhimbeere, die ins Dunkle, Schwarze abdriftet, die Feinheit der hellen Schokolade, helle Lakritze, Blumigkeit. Ja, im Grunde hat Cheval Blanc alles, was Jean Faure auch hat in diesem Jahrgang, der durch die große Wärme des Sommers eigentlich prädestiniert war, fette Weine zu machen. Aber hier auf diesen Böden ist die unendliche Leichtigkeit des Seins, auch Nachbarn wie La Conseillante beweisen wie großartig dieser Jahrgang ist. Der 2016er war best-ever, 2018 ist für die Weingüter in diesem Bereich best-ever plus. Alle der vier genannten Château, Jean Faure, Conseillante, Cheval Blanc und Vieux Château Certan haben nochmal eine Steigerung gegenüber 2016 hinbekommen. Das ist eine große Freude, auch wenn es ein Wein nur für Millionäre sein wird, das ändert aber nichts daran, dass er groß ist. 100+/100
Lobenberg: Petit Cheval 2018 kommt mit 70 % Merlot und 30 % Cabernet Franc. Es gibt nur ganz kleine Mengen, nur 10 % der Gesamtmenge macht Petit Cheval aus. Es wird ein ziemlicher Kampf bei der Allokation werden. Die Nase des Petit Cheval ist dann auch auf Grund des hohen Merlot-Anteils sehr anders als die des Cheval Blanc. Wir sind hier deutlich mehr in der dunklen, in der schwarzen Frucht, etwas wuchtiger. Sehr frischer Mund, total balanciert, extrem fein. Petit Cheval kostet leider so viel, dass viele großartige Erstweine günstiger sind und natürlich kaufe ich und jeder vernünftige Mensch lieber einen Ch. Figeac als einen Petit Cheval. Dennoch attestiere ich, dass es ein extrem schöner Wein ist, mit einer wunderbaren Frische, mit schwarzfruchtiger Saftigkeit und Rassigkeit, sowie einer tollen Balance. Ohne Frage ein ziemlich perfekter St Emilion aus einem Jahr, das unerwartet viel Frische zeigt und eine Balance und Harmonie der anderen Art aufweist. Das ist ein berauschender St Emilion, wenn er bloß nicht so wahnsinnig teuer wäre. Dennoch ist das der beste Petit Cheval den es je gab. 95–96/100
Lobenberg: Quinault L’Enclose gehört inzwischen zu Cheval Blanc ist ganz in der Nähe des Friedhofs in Saint Emilion. Inzwischen 20 % Cabernet Sauvignon, 18 % Cabernet Franc und nur noch 62 % Merlot. Das Team ist der Meinung, besser gesagt weiß, dass auf diesen Kiesböden Cabernet Sauvignon im Grunde erfolgreicher ist als Merlot. Das sieht man auch bei ähnlichem Terroir wie Chateau Figeac. Schon der 2016er war grandios, der 2018er zeigt sich reich, dicht, fruchtig mit sehr viel Schwarzkirsche, Brombeere, Maulbeere, etwas stark extrahiert, auch viel Holz zeigend. Ein guter Erfolg, gehört aber nicht zu meinen Favoriten. 93–94/100
Chateau Ausone
Ein Mythos. Alain Vauthier ist der völlig geerdete, bäuerliche und zugleich philosophischer Besitzer. Seit 2005 immer einer DER Finesseweine der Welt überhaupt. 2018 sehr fein und fast lecker. Superb aber doch klar hinter Cheval.
Lobenberg: Ein 7 Hektar Weingut auf purem Kalkstein an der Kante von St. Emilion. Bestes Terroir und häufig die Benchmark überhaupt für St. Emilion. Bis zu 7.500 Stöcke pro Hektar in Dichtpflanzung dicht gepflanzt. Die Cépage 2018 ist 40 % Cabernet Franc mit 60 % Merlot. Die Rebsortenzusammensetzung ist eine Idealform für St Emilion, diesen hohen Cabernet Franc Anteil streben viele Château an. Und Alain Vauthier ist der Meister dieser Rebsorte, manchmal ist der Anteil sogar noch höher. Unglaublich frische Loire-hafte Nase, bleibt ja nicht aus bei soviel Cabernet Franc. Reife, fast süße Waldhimbeere, fast Brombeere darunter. Etwas Eukalyptus und Minze und damit schon in der Nase eine schöne Frische anzeigend. Und das Ganze ist im Mund sehr gut verwoben. Auch hier wieder diese Himbeere, aber auch noch mehr Sauerkirsche, Salz, etwas Schärfe zeigend, ja fast rasiermesserscharf in dieser Frische, die Tannine sind komplett poliert. Ausone ist groß, Ausone war für mich 2016 allerdings noch größer. Und ich finde, dass er in 2018 nicht in der gleichen extremen Liga spielt wie Cheval Blanc, der in St Emilion dieses Jahr der Primus überhaupt ist. 97–100/100
Lobenberg: Das ist der Zweitwein von Ausone. Er besteht 2018 aus 50 % Merlot, 40 % Cab. Franc und 10 % Cab. Sauvignon. Bis zu 12.600 Stöcke pro Hektar in Dichtpflanzung. 2018 ist auf der einen Seite so extrem fein wie erwartet, auf der anderen Seite aber auch durchaus reich. Mit viel Kirsche, süßer, schwarzer Beerenfrucht, gute Balance zeigend, harmonisch, seidig. Darunter ein bisschen Hagebutte, schöne Wärme aus Himbeere und süßer Kirsche. Im Mund fast lecker, gar nicht so rasiermesserscharf wie er manchmal ist. Gute salzige Kirschfrucht, mittlere Länge, ein toller Chapelle d’Ausone aber auch nicht ganz groß. 95/100
Lobenberg: Nur 4 Hektar auf zum Teil reinem Kalksteinfels mit etwas Lehm, der Besitzer ist Alain Vauthier von Ch. Ausone. Die 2018er Cuvée enthält 85 % Merlot, 10 % Cabernet Sauvignon und 5 % Cabernet Franc. Entsprechend der Stilistik von Alain Vauthier sehr fein, voller Spiel, zarter schlanker Mund. Aber La Clotte ist durchaus auch mit einer gewissen Wärme und einem Schmelz gesegnet. Die schwarze Kirsche mit der Maulbeere und etwas Holunder sind nicht so extrem in der Säure, die Mineralität ist mehr harmonisch eingebunden, ein feiner, ausgewogener, leckerer Saint Emilion. 94/100
Evangile
Das Pomerol-Weingut der Lafite-Rothschild-Gruppe. DER Powerwein Pomerols. Nicht so in 2016 und 2018. Die große Frische Feinheit, sooo lang, qualitativ bei den grandiosen Nachbarn Cheval, Conseillante und VCC. 99–100 mit Luft nach oben.
Lobenberg: Die Cépage 2018 lautet 80 % Merlot und 20 % Cabernet Franc. Evangile hat mit 2016 den besten Wein seiner Geschichte erzeugt und 2018 schließt wie bei den grandiosen Nachbarn Conseillante, Vieux Chateau Certan und Cheval Blanc daran an. Mal sehen ob 2018 den 2016er noch übertreffen kann, bei den anderen genannten war das der Fall. Bei Evangile weiß ich es nicht genau, aber wir sind nahe der Perfektion. Wir sind ganz fein, wir haben Maulbeere, deutliche Holunderspuren in der Nase, was ich so bisher nur bei Evangile gerochen habe in diesem Jahrgang, das passt aber sehr schön, dann wirklich ultrafeine Lakritze darunter, nichts Schweres, Üppiges oder Süßes. Getragen, fein verwoben, mit Schwarzkirsche, sehr betörend in der Nase. Eigenwillig und ausdrucksstark, so unendlich fein im Mund und trotzdem so Merlot. Satte Schwarzkirsche, auch hier wieder dieser Touch Holunder, sehr erstaunlich, vielleicht auch etwas Eukalyptus und Minze, fein verwoben, ein minimaler Hauch Cassis und süße Waldbeeren, sogar Himbeere aus der Cabernet Franc kommt. Feine salzige Länge, sehr reif mit hoher Konzentration, total seidiges Tannin, aber in den Massen an Gerbstoffen, die hier vorhanden sind. Der Ganze Druck kommt aus dem Untergrund, der Wein wird wie der 2016er ein langes Leben vor sich haben, ich fand den 2016er zumindest etwas kraftvoller und strukturierter. Ich probiere den Wein noch etwas weiter und er wird immer länger und länger, nach 5 Minuten Degustation bin ich doch an dem Punkt ihn gleichzusetzen mit dem 2016er, weil er so eine irre Länge in der salzigen Mineralik zeigt. Dann kommt mehr rote Frucht durch, wieder Holunder, lang, lang und noch länger in der Mineralität. Der 2018er kommt mit der versteckten Konzentration und der unendlich feinen Raffinesse, das ist zweimal das gleiche Niveau. Auf jeden Fall großes Kino. 99–100/100
Le Pin
Inzwischen der teuerste Wein Pomerols und Bordeaux. Ein Kult für Milliardäre. Dazu der Saint Emilion L’IF, eine Art zweiter Troplong Mondot, das Nachbarweingut. Wucht, schwarz und doch fein. Le Pin selbst ist ein Traum in Kirsche mit Minze und feiner Blumigkeit. Eine verspielte Ode an die Freude, ganz groß und ganz teuer.
Lobenberg: Winziges Weingut mit 2,8 Hektar von Jacques Thienpont in Pomerol, beste Lage neben Trotanoy und Enclos Tourmaline. Château Le Pin ist Kies und Sand in dicker Schicht. Der Lehm liegt sehr viel tiefer. Das heißt, nur die alten Reben erreichen die Lehmschicht mit der guten Wasserführung. 100 % Merlot bei 14,5 % Alkohol, die aber nicht spürbar sind. Le Pin ist trotz reinsortigem Merlot meist extrem fein und rotfruchtig. Die Nase ist unterlegt von Mango, Schwarzkirsche, ein bisschen Holunder und Minze, durchaus fein. Vor allen Dingen sehr schick. Anders als bei Vieux Chateau Certan das ebenfalls der Fam. Thienpont gehört haben wir hier viel mehr Kies und Sand, der Lehm beginnt erst sehr viel tiefer, kein Kalkstein. Der Mund ist ein Potpourri aus Kirsche, schöne Weichselkirsche, süße Kirsche, ganz wenig Sauerkirsche, ein wenig Schwarzkirsche, ganz feine helle Lakritze, Milchschokolade, Holunder und Minze, auch ein wenig Eukalyptus, alles toll verwoben, spielerisch leicht. Ein Wein für die Freude in dieser tänzerischen Eleganz. Aber eben auch ein Wein für Milliardäre, jährlich mittlerweile der teuerste Wein in Bordeaux überhaupt. 98–100/100
Lobenberg: Zweites Weingut von Jacques Thienpont von Le Pin. Liegt vis-à-vis in der Kurve von Troplong Mondot, also bestes Kalksteinplateau. IF ist die Eibe, der Baum der dort vor dem Haus steht. Saint Emilion in seiner wuchtigen Ausprägung, Maulbeere, Schwarzkirsche und Veilchen, sehr intensiv, sehr reich, fast Troplong Mondot-artig, was nicht verwundert, denn If liegt direkt unterhalb von Troplong. Es ist das gleiche Terroir, also reiner Kalkstein mit Lehmauflage. Langsam zeigt sich ein bisschen Schwarzkirsche mit Mango und Orangenzesten, die Nase wird feiner, auch rote Kirsche kommt langsam durch. Der Mund fängt ebenfalls wuchtig an und wird immer feiner, schwarze Olivenpaste, Lorbeer, sehr intensiv. Etwas trocken vom neuen Holz, aber keineswegs zu stark extrahiert, keine Bitterstoffe, sondern relativ wuchtig, drückend und durchaus im Troplong Mondot Stil. Durchaus eine Powerversion eines St Emilion, aber da alles so harmonisch verwoben ist passt das gut, schiebt und drückt. 95–96+/100
Pavie
Einer von nur vier 1er Grand Cru Classé A. Superteuer. Ist er 2018 sein Geld wert? 2016 war toll, 2018 wurde mit scharfer Extraktion und viel neuem Holz, alles auf die Spitze getrieben … Ein verschenktes Potenzial?
Lobenberg: Von der Côte Pavie, also den Südhängen St Emilions auf reinem Kalkstein. Wahnsinnig duftige, intensive Schwarzkirsche, Maulbeere, etwas Holunder aber auch Eukalyptus, Minze. Eine sehr eigenwillige Nase aber durchaus spannend. Ein sehr reicher Mund, intensiv, Eukalyptus, Holzkohle, Minze, Holunder, Schwarzkirsche, Maulbeere, aber auch unglaublich viel Holz, viele Bitterstoffe aus den Kernen, scharf extrahiert. Das ist wirklich schade, 2016 war man auf so einem tollen Weg, hat es nicht so übertrieben mit der Extraktion und dem Holz, 2016 war Pavie ein potenzieller 100 Punkte Wein. 2018 hätte das auch sein können, wurde aber leider zu brutal behandelt. 94–96/100
Figeac
Für mich einer der besten Weine des rechten Ufers und zusammen mit Clinet aus Pomerol immer einer meiner persönlichen absoluten Lieblingsweine. 2018 ist in der Nase eine total verspielte Kirschnase, im Mund aber total Cabernet Sauvignon. Satte rote Johannisbeeren und etwas Cassis, unglaublich frisch mit Irrer Konzentration, mineralisch ohne Ende. Ewiges Leben und 10–15 Jahre in Ruhe lassen. Best ever klingt langsam etwas abgeschmackt, hier muss man es aber sagen. Dieses Terroir von Figeac, Cheval, VCC, Conseillante, Evangile … unglaublich aber wahr. So 100 wie es eben geht.
Lobenberg: Chateau Figeac ist ein wunderschöner Landsitz auf dem Kiesplateau des Saint Emilion mit 40 Hektar Rebfläche schräg gegenüber von Cheval Blanc. Die 2018er Cépage lautet 37 % Merlot, 33 % Cabernet Franc, 30 % Cabernet Sauvignon. Der Ertrag lag bei normalen 39 Hektoliter pro Hektar und ergab somit ca. 100.000 Flaschen Gesamtproduktion. Château Figeac bewirtschaftet etwa 70 % seiner Fläche organisch und ist bei H. I. V. zertifiziert, das ist ein Zertifikat des französischen Staates zur Schonung der Umwelt, Figeac hat mit Stufe 3 die höchste Klasse. Jean Faure und Seguin haben dieselbe Zertifizierung. Diese Art des Bio Anbaus ohne in eine extreme Organisation wie Demeter zu gehen nimmt momentan stark zu. Letztlich soll uns egal sein wie es passiert, Hauptsache es nimmt zu. Nur Figeac hat so eine fast brutale Fokussierung auf Cabernet-Reben in St Emilion oder Pomerol. Es gibt natürlich mit Clinet auch andere Weingüter, die etwas Cabernet haben. Oder Weingüter wie Ausone, die auch auf 50 % Cabernet Anteil kommen, allerdings immer überwiegend mit Cab. Franc. Auf Figeac sind beide Cabernets eben in etwa gleichstark vertreten auf Grund der speziellen Kiesböden, die in größeren Teilen denen des Medoc entsprechen. Trotz des Cabernet Anteils haben wir eine sehr dunkle, fast schwarze Nase, viel Maulbeere, Schwarzkirsche, aber noch viel mehr Eukalyptus und Minze, stark ausgeprägt, dazu Holunder, Veilchen, Jasmin, Orangenzeste. Das ist schon eine ziemliche Wucht an Nase und das bei so viel Cabernet, das hätte ich nicht erwartet. Die Antwort auf die Fragen in Richtung Cabernet kommt dann im Mund, denn der Mund ist Cabernet Sauvignon, aber ganz reif, rote Johannisbeere, deutlich vor Cassis, aber eine reife, fast süße Johannisbeere, und dahinter eine unendlich lange Mineralität, viel Salz. Der Wein hat unglaublich Schliff und Spiel, ist sehr komplex, blumig und dennoch würzig und tief. Die reife aber sehr konzentrierte Himbeere kommt hinzu, das Ganze mit unglaublich viel Gripp und Power, nur eben nicht mit brutalem Tannin, nicht mit Extraktion, sondern seidig und samtig. Und trotzdem dieser Gripp mit der hohen Säure und der genialen Frische. Ein Wein der nicht 5 Jahre, nein, sondern mindestens 10 Jahre weggesperrt gehört. Ein Figeac in einer großen Intensität und Dichte und gleichzeitig mit viel Finesse. 2016 war Figeac ein Mörderwein und 2018 ist noch besser, das schien mir kaum vorstellbar. 100/100
Chateau Trottevieille
Mehr als 50 % Cabernet Franc. Wahnsinnig konzentriert und bei großer Frische brutal konzentriert. 15 Jahr wegsperren. Ein Riese mit 98+. 2018 auf dem rechten Ufer schockt mich.
Lobenberg: Chateau Trottevieille befindet sich seit 1949 im Besitz des Handelshauses Borie-Manoux und liegt etwas östlich vom Stadtkern Saint Emilions auf Lehm- und Kalkböden. 44 % Merlot, 54 % Cab. Franc und 2 % Cab. Sauvignon. Dieses klassifizierte Weingut liegt im unteren Hangbereich auf reinem Kalksteinfels kurz vor Troplong Mondot. Schöne, intensive Beerennase, hauptsächlich schwarze Kirsche, auch ein wenig Maulbeere, Holunder, auch wieder obligatorisch in diesem Jahrgang, Minze und langsam auch ein wenig Teer und eingekochte schwarze Beerenfrucht, Backpflaume, sehr dicht, sehr wuchtig, sehr schwarz, auch florale Aromen. Unglaublich viel Druck im Mund, Schwarzkirsche, Holunder und Eukalyptus, fast scharfe Salzigkeit, unglaubliche Konzentration und Tanninmassen, die aber nicht hart und spröde sind. Der Wein ist zwar ein bisschen extrahiert, aber nichts ist bitter, das Tannin ist nur in Mengen vorhanden und gleichzeitig bleibt vorne eine Seidigkeit und eine Finesse, etwas Tänzelndes. Schwarz, dicht und konzentriert, wieder Minze, Eukalyptus und Schwarzkirsche, Maulbeere, Holunder, Teer und Schokolade. Das ist schon ein ziemlich irrer Wein und wenn mir jemand in einer Blindverkostung gesagt hätte das sei Troplong Mondot, der Nachbar dann hätte ich das geglaubt, weil Trottevieille noch nie so immens war in der Dichte und Konzentration. Bitte 10 Jahre oder mehr wegsperren, aber für Trottevieille ist das ein ganz großer Wein, der dieses Jahr fast in die allererste Reihe gehört. 98+/100
Troplong Mondot
Kraftwein Saint Emilions. Dramatisch konzentriert aber nicht fett. Groß. Ein Paradigmenwechsel zur Feinheit. Burgundisch. Not to bad!
Lobenberg: Troplong Mondot ist oben auf dem Plateau gelegen, aber nicht an der Südkante, sondern ziemlich mittig, direkt am Wasserturm. 28 Hektar besten Landes auf Kalkstein und Lehm. Etwas abfallend. Darunter dann Tertre Roteboeuf. Der direkte Nachbar ist Pavie Macquin. Im Grunde eines der Top Terroirs in Saint Emilion schlechthin. Die 2018er Cuvée besteht aus 85 % Merlot und 13 % Cab. Sauvignon und 2 % Cab. Franc. Die Lese fand schon am 7. September statt, 90 % der Lese wurden so schnell wie möglich durchgeführt, um die maximale Frische und Saftigkeit zu erhalten. Der Ertrag ist mit 49 Hektoliter pro Hektar ziemlich hoch, es gibt 80.000 Flaschen. Der Wein ist reif und konzentriert und er ist überhaupt nicht so Blockbuster-mäßig schwarz und dicht wie 2016, der war zwar auch super, aber 2018 ist fast dramatisch viel feiner durch die frühe Ernte. Der Alkohol ist mit 14,5 % hier für Troplong Mondot mindestens ein halbes, häufig sogar ein ganzes Prozent unter normal. Ein schöner, weicher, fruchtbetonter Mund, eher zur roten Frucht gehend, Kirsche. Diese Fülle an roter und schwarzer Kirsche ist für Troplong ungewöhnlich, wir haben nur helle Lakritze, ein bisschen Holunder, helle Milchschokolade, Haselnüsse, alles sehr fein. Sogar noch feiner als der Nachbar L’If von Jacques Thienpont. Mehr in Richtung des darunterliegenden Nachbarn zur anderen Seite Pavie Macquin, also mit dieser Verspieltheit. Ein Paradigmenwechsel für Troplong Mondot, er verliert zwar ein wenig diese brutale Wucht des Blockbusters, die ihn auch ein wenig unique machte, aber dafür wird er gut trinkbar. Auch wenn ich ihn nicht in die erste Reihe stelle, trotzdem ein sehr guter Troplong. Und wie gesagt erstmalig mit hohem Genussfaktor und schönem Schmelzfaktor versehen. 97–98/100
La Conseillante
Eine Wuchtbrumme in Frucht und Konzentration. Unglaublicher Schub und satte polierte Tannine mit immenser Mineralität. Für ein ewiges Leben. Best ever. 100. Chapeau!
Lobenberg: Auf 12 Hektar tiefgründigem, kieshaltigem, mit Lehm und Eisen durchsetzten Boden stehen die durchschnittlich 40 Jahre alten Reben von La Conseillante. Der Wein kommt 2018 mit einer Cuvée von 83 % Merlot und 17 % Cabernet Franc. Es gab ungefähr 10 % Verlust durch Mehltau, ansonsten alles im grünen Bereich, nur eben konzentriert von kleinen Beeren. Hochintensive Nase nach schwarzer Kirsche, etwas Mango, Schlehe, Eukalyptus und Minze, spannende Nase. Extrem aromatischer Mund, da kommt eine unglaubliche Wucht, aber nicht unbedingt fett, sondern nur schiebende Massen von Frucht, eine wahnsinnige Konzentration von butterweichen Tanninen, nichts ist hart, nichts ist bitter, nichts ist überextrahiert. Alles ist in sich stimmig, unendlich lang in salziger Mineralität. Aber diese Wucht in der Frucht ist wirklich verblüffend, ich habe kaum einen Wein dieses Jahr in Pomerol probiert, der dermaßen schiebt. Ein bisschen wie Eglise Clinet oder Clos de la Vieille Eglise, die auch sehr reichhaltig daherkamen. Aber hier kommt noch eine rote Frucht dazu, konzentrierte Schlehe, Waldhimbeere, Kirsche in allen Schattierungen, Veilchen, dunkle Lakritze, aber nicht süß, sondern eher salzig. Nichts Überreifes oder gar Volatiles, wir haben hier eine grandiose Frische und einen schiebenden Druck. Ich bin sicher, dass dieser Wein ein sehr langes Leben vor sich hat und das ist einer der größten je erzeugten Conseillante. Für mich ein Riesenwein.
99–100/100
Letzte UGC Probe Pomerol auf Chateau Beauregard
Gazin und Petite Village waren ordentlich, La Pointe nach Jahren wieder mal super. 2005 mit viel mehr Finesse und frischer roter Frucht.
Chateau Clinet. Mein Liebling. Total fein in roter Kirsche laufend, tänzelnde Finesse, geniale 15 % Cab Sauv unter der Merlot, der Figeac der Pomerols. Ich bin wie 2016 sehr begeistert. 97–100
Zum Abschluss Chateau Beauregard, der Biodynamiker neben Chateau La Croix in Catusseau. Sand und Kies und Lehm. Extrem fein und dazu vom Lehm etwas mehr Power als La Croix. Total auf Kirsche, rote Frucht, extrem wohlschmeckend, angekommen in der Spitze der Biodynamiker. Best ever hier mit 98–99/100.
Lobenberg: Holunder, Schwarzkirsche und Sauerkirsche in der Nase, auch leichte Blumigkeit, ziemlich viel Gripp im Mund, etwas stramm extrahiert. Viel Schwarzkirsche und süßliche Waldbeerenfrucht, insgesamt etwas unharmonisch und spröde, etwas viel extrahiert und trocken vom neuen Holz. Noch nicht richtig absehbar. 93–94/100
Lobenberg: Die 2018er Cuvée enthält 72 % Merlot, 20 % Cab. Franc, 8 % Cab. Sauvignon, ungefähr zur Hälfte in neuem Holz ausgebaut. Auf diesen Wein war ich besonders gespannt, denn in durchschnittlichen Jahren finde ich Petit Village total langweilig, aber in großen Jahren kann das durchaus mal außergewöhnlich werden. Zumindest in der Nase zeigt er sich schon mal sehr fein, auf der schwarzen Kirsche laufend. Es fehlt aber ein bisschen Aufregung, um z. B. an La Pointe vorbei oder auf gleicher Stufe zu Beauregard zu laufen. Einfach ein netter, sehr guter Pomerol. 94–95/100
Lobenberg: Wie lange steht La Pointe schon im Schatten der großen Brüder wie La Conseillante oder Beauregard. Die berühmte Familie d’Arfeuille erzeugt hier sehr verlässliche Pomerol. Reife rote und schwarze Frucht in der Nase mit guter Harmonie. Im Mund schöne Reife zeigend, deutliche Kaffeenoten vom getoasteten Holz, schöne Länge, elegant. Sehr pikant hintenraus mit salzigem Nachhall. Aber diese Fruchtkomposition aus rot und schwarz gefällt mir sehr gut. La Pointe 2018 ist für mich besser als es jemals war. Ein sehr harmonischer Wein mit viel Eleganz und einem wirklich spannenden Finish. Eine Delikatesse! 95–96+/100
Lobenberg: Im Chateau Clinet treffen sich die drei Voraussetzungen, die einen großen Wein garantieren: Alte Reben, ein superbes Terroir und engagierte Arbeit in Keller und vor allem im natürlich organisch bewirtschafteten Weinberg. Die Bestockung hier ist 85 % Merlot und 15 % Cabernet Sauvignon, es ist eines der wenigen Cab. Sauv. Weingüter in Pomerol und hat daher immer eine völlig eigene Stilistik. 2018 ist, wie schon 2016, eine Orgie in Kirsche, man kann es gar nicht anders sagen. Ich hatte zuvor Beauregard, das war ein Traumwein, aber Clinet mit dieser Weichselkirsche, mit dieser knubbeligen Kirsche, mit der roten süßen Kirsche, dazu ein bisschen Cranberry, ganz feine Moschusnote, auch etwas Vanille, Jasmin, ein Hauch Orangenzeste darunter. Unglaublich duftig, erotisch, fruchtig, ein grandioser Burgunder. Rote Frucht geht über alles im Mund, was die Nase versprach wird hier gehalten, schöne Kirsche mit einer wunderbaren Säure und auch ein bisschen Schlehe, Sauerkirsche, wieder diese Blumigkeit, ganz feine helle Lakritze, fast weiße Schokolade, ein Hauch Nutella darunter, Haselnüsse, alles fein verwoben mit extrem seidigem Tannin. Die hohe Konzentration des Jahrgangs ist überhaupt nicht spürbar in dieser tänzelnden Schönheit, der Wein ist fast zu lecker in dieser spielerischen Leichtigkeit, eine große Freude. 98–100/100
Lobenberg: Chateau Beauregard hat in den letzten Jahren große Investitionen im Weinberg und Chateau getätigt. Das ist nunmehr abgeschlossen. Alles sehr schick. Aber die Hauptarbeiten geschahen im Weinberg. Das Chateau gehört der Familie Moulin, der auch die Galeries Lafayette gehört. Mitbesitzer sind die Cathiards von Smith Haut Lafitte. Das Terroir gehört schon immer mit zu dem Besten. Es ist der Nachbar von Chateau La Croix. Es sind lehmige, sandige Böden, also sehr feine Weine. Jetzt wird alles entsprechend in den Keller gebracht. Die Umstellung zur Biodynamie ist komplett abgeschlossen. Die Arbeit in den Weinbergen geschieht überwiegend mit dem Pferd. Alle Weine sind inzwischen biologisch zertifiziert. Auf den unteren sandigen Böden wird kein Erstwein erzeugt, die Ernte geht in den Zweitwein. Beauregard ist auf dem Weg an die erweiterte Spitze der Appellation. Sicherlich nicht in die Reihe der Top 10, aber nahe dran. Der Regisseur Vincent Priou ist auf jeden Fall einer der talentiertesten und genialsten Regisseure auf dem rechten Ufer. Der Cabernet Franc Anteil ist im Lauf der letzten Jahre immer weiter erhöht worden. 2018 ist die Cépage 75 % Merlot und 25 % Cabernet Franc. Der Nachbar La Croix ist bekanntermaßen eines der feinsten Weingüter in Pomerol auf sandigem Terroir, wenn man denn diese Finesse in Pomerol sucht und nicht die würzige Tiefe. Beauregard ist genau der Mittelweg dazwischen, war schon 2016 und so auch 2018 so unglaublich tief in der reichen, würzigen, roten Frucht. Satte rote Kirsche, Veilchen, dazu Rosenblätter, aber rot bleibt, Kirsche in allen Variationen, Zwetschge, ein bisschen Mango dahinter, ganz fein. Ein bisschen wie eine etwas dichtere Nase eines Ch. Le Pin oder VCC. Das trifft nicht nur den Jahrgang extrem gut, sondern das ist ein in sich schlüssiger Wein, mit diesem verspielten Hauch, dieser Extravaganz, dieser Finesse in der Nase. Ich verfolge Beauregard schon lange und glaube, dass Beauregard mit dem 2018er dem selbstgesteckten Ziel von vor 10 Jahren schon ziemlich nahegekommen ist. Der Mund spiegelt mehr schwarze als rote Kirsche wider, schön dicht, Tanninmassen, hohe Konzentration, aber alles extrem fein, butterweich, lang und salzig. Ein bisschen Holunder und Schlehe, Cranberry, feines Salz, sehr lang, ein extrem harmonischer Pomerol. Im Grund wie der Nachbar La Croix, nur etwas rotfruchtiger und etwas druckvoller und länger. Pomerol hat es in vielen Fällen in 2018 sehr gut getroffen. Und Beauregard ist sicherlich einer der kommenden Superstars und auch jetzt schon Bestandteil direkt hinter der ersten Reihe. 98+/100
Lobenberg: Ein Weingut der Familie Janoueix. Jean-Philippe Janoueix persönlich ist verantwortlich für den Weinberg und Keller. Ein winziges Weingut mitten in Catusseau neben Beauregard, seit Ewigkeiten ein Geheimtipp, schwer zu finden. Das klassische »old-fashioned« Weingut in der Vinifikation. Sandböden mit ein bisschen Lehm. Immer super zart und vorsichtig vinifiziert. Auf La Croix wird anders gearbeitet als auf den anderen Weingütern von Jean-Philippe Janoueix. Das Terroir ist wie gesagt sandiger, kalkhaltiger, lehmiger. Aber nicht zu schwerer Lehm. Der Wein wird klassisch im Zement vergoren mit seiner natürlichen Hefe. Nach der Vergärung verbleibt der Wein noch drei Wochen auf den Schalen. Der Ausbau geschieht nur zum Teil im neuen Holz, seit 2015 zunehmend in Stockinger-Holzfässern von 1500 l und 2500 l, um weiter vom Holzeinfluss wegzugehen. Pump over, nur ganz vorsichtig. Und mit 2017 trat der neue Kellermeister in die Janoueix-Gruppe ein. Ein bewiesen extrem talentierter, italienischer Önologe, der zuvor 7 große Jahrgänge auf Château Clinet zu Ruhm und Ehre brachte und als Meister der Eleganz und Finesse gilt. Die finale Cépage ist unverändert in 2018, im Grund genommen besteht der Wein aus Merlot, allerdings sind 3–4 % Malbec dabei, die wichtig sind, um Würze, Farbe und vor allem florale Elemente einzubringen. Der pH-Wert in 2018 lag bei etwas über 3,6, also mittlere Säure, der Alkoholwert beträgt moderate 13,5 %. La Croix liegt ja wie bekannt im Herzen Pomerols, aber auf der Westseite neben dem Nachbarn Beauregard. Wir haben überwiegend sandige, kiesige Böden, die deutlich feinere Weine als die von schwerem Lehm berühmterer Pomerol-Weingüter ergeben. Eine ganz feine, getragene Nase, dunkle Früchte, ein Potpourri aus Brombeere und süßer schwarzer Kirsche, sehr mild, sehr fein, sehr ätherisch. Im Mund besticht der auch hier deutlich schwarzfruchtige Wein durch große Harmonie, durch eine Balance, eine Leichtigkeit im sagenhaften Trinkfluss, die noch höher einzuschätzen ist als die Komplexität. Wunderbarer Nachhall aus säurebeladener schwarzer Kirsche, etwas Brombeere und Maulbeere, auch ein bisschen Barbera-hafte Sauerkirsche kommt hinzu, durchaus lebendig. Aber das Ganze voller Finesse, aber vor allen Dingen – und das ist die hervorstechende Eigenschaft von La Croix – große Harmonie und Feinheit und verspielte Leichtigkeit jenseits aller Komplexität, so fein und sooo elegant. Viele Pomerol-Liebhaber stehen mehr auf Blockbuster und Kracher, das ist La Croix niemals auf Grund des Terroirs und der überaus zurückhaltenden Kellerarbeit. Es bleibt immer die Leichtigkeit des Seins, die Feinheit, die Trinkfreude und Saftigkeit. Und genau das zeigt dieser milde 2018er mit seinem schönen, vollen, runden Körper, nichts Fettes, einfach nur fein, harmonisch und voll komplexen Spiels, dabei überwiegend auf der schwarzen Frucht laufend. Eine grandiose Trinkfreude, nie wird ein Schluck in der Flasche überbleiben, aber man muss La Croix nicht anbeten, man muss ihm nicht Achtung entgegenbringen, sondern man muss sich einfach diesem hedonistischen Genuss und der Trinkfreude hingeben. Diese Freude, die dieser Wein ausstrahlt, ist schon unbeschreiblich. Einfach nur lecker, saftig und extrem gut.
96–97/100
Jean Pierre Moueix.
Das hochkarätige Händlertasting in Libourne
Chateau Trotanoy, La Fleur Petrus, Latour a Pomerol, Certan de May, Belair Monange. Hier sind viele Superlative unter einem Besitzerdach vereint.
Lobenberg: Das kultigste und edelste Weingut von Christian Moueix. Nur 7 Hektar Boden mit Kies auf blauem und schwarzem Lehm mit sehr viel Eiseneinsprengseln. Nachbar von Le Pin, Petrus und VCC. Trotanoy ist ein Mythos und neben Größen wie Le Pin vielleicht der einzig wahre Konkurrent. Das ist die ultimative Feinheit in schwarzer Frucht von der nichts drückt. Schwarze Kirsche, Holunder, darunter ein bisschen Schlehe, Cranberry und rote Kirsche, man kann kaum beschreiben wie unendlich fein das ist und dennoch so duftig und intensiv, Le Pin ist dagegen ganz anders, geht viel mehr in die rote Frucht, Petrus konnte ich nicht probieren dieses Jahr. Aber Verkoster die ich traf tendierten in die gleiche Richtung, unendlich dicht, schwarz, reichhaltig, fein und kirschig. Der Mund hat alles was ein großer Pomerol braucht, er ist so wahnsinnig hocharomatisch in schwarzer und roter Frucht, aber es tut eben nichts weh, alles ist immens fein und zugleich mit unglaublicher Intensität, alle Sinne werden berührt, alles tänzelt. Im Mund läuft es hin und her, so intensiv, so hochkonzentriert. Ein Wein für viele Jahrzehnte, der von der Fassprobe bis für weitere 50 Jahre wahrscheinlich immer ein 100 Punkte Wein bleibt, denn das ist er glasklar. Ich bin ziemlich geflasht, denn das ist einer der besten Weine die ich dieses Jahr probiert habe. Und speziell in Pomerol zusammen mit VCC das ultimative Erlebnis und mindestens gleichwertig zu Le Pin, bei anderer Stilistik. Großer Stoff, berauschender Stoff, unglaublich feiner Stoff. 100+/100
Lobenberg: Relativ großes Weingut in Pomerol mit 18 Hektar, tiefer Kies- und blauer Lehmboden, stark eisenhaltig. Die 2018er Cuvée ist 91 % Merlot, 6 % Cab. Franc und 3 % Petit Verdot. Ein Weingut der Moueix Gruppe, direkt nach den beiden großen Weinen Certan de May und Hosanna probiert. Alle diese drei Pomerols gehören mit zu den besten des Jahrgangs, La Fleur Petrus ist der teuerste von allen dreien. Aber er ist auch der allerfeinste, La Fleur Petrus geht wieder weg von der totalen Wucht, hin zur großen Feinheit. Schwarze und rote Kirsche, sehr fein, schwebend. Der mineralischste Mund der bisherigen Pomerols von Moueix, nicht nur viel Salz, sondern auch viel Gestein. Rote und schwarze Früchte, noch etwas undefiniert, schöne Länge zeigend. Ein Wein von dem man jetzt schon weiß wie er in 10–15 Jahren mal sein wird, weil es einfach ein archetypischer, perfekter Pomerol wird. Er hat nicht ganz so viel Eigenwilligkeit wie Hosanna und Certan de May, er ist universeller, aber es ist ein Pomerol wie er dereinst groß sein wird. Dennoch kann ich ihn nicht höher bewerten als die beiden Unikate, die so brutal beeindruckend waren. La Fleur Petrus ist nur der Riese in Feinheit und Harmonie. 98–100/100
Lobenberg: 8 Hektar tiefer Kies und Lehm, auch blauer Lehm, mit 100 % Merlot Bestockung. Ein legendäres Château aus der Moueix Gruppe, hier gab es schon sagenhafte Weine. Reiche, dichte, Schwarzfruchtnase, aber butterweich, üppig und schick, gar nichts Raues dabei. Einfach nur fein, kirschig, ein bisschen süße Maulbeere, reiche schwarze Kirsche, etwas rote Kirsche darunter, ein Hauch Blaubeere, auch Holunder, helle Lakritze, etwas Nuss, schicke Nase. Der Mund ist dann auch deutlich rotfruchtig, intensiv, eine tolle Frische aus der sehr reifen Frucht zeigend, Kirsche, Sauerkirsche, auch Schlehe. Schön tänzelnd, das Ganze in sich sehr harmonisch. Der Wein hat zwar keine absolute Größe, dafür ist er im Grunde zu lieb, aber alles passt so wunderbar und hat viel Niveau. Kein Wein zum Niederknien aber ein ausgezeichneter Pomerol aus einem hervorragenden Jahr. Ein Pomerol, der schon als Fassprobe sehr viel Spaß macht. 97–100/100
Lobenberg: Nur 5,5 Hektar groß. Der Untergrund besteht aus Lehm mit tiefem Kies darüber. 70 % Merlot, 25 % Cabernet Franc, 5 % Cabernet Sauvignon. Der hohe Cabernet Anteil ist natürlich dem hohen Kiesanteil geschuldet. Das ist der direkte Nachbar von Vieux Chateau Certan, der häufig eine ähnlich feine Cabernet-Ausrichtung hat. Also mit die beste Lage in Pomerol, in der Nähe dann Evangile, etwas weiter Petrus. Certan de May hat schon manches Mal an den 100 Punkten gekratzt. Geniale Vergangenheit aber in den letzten 10 Jahren nur das obere Mittelfeld gestreift, aber nie in die Top 10 vorgedrungen, 2018 soll es aber sein. Wuchtige Schwarzkirsche mit süßer Maulbeere, unglaublich voluminös, Lakritze über Maulbeere, hohe Intensität, zerdrückte schwarze Oliven, Unterholz. Und wie ich schon sagte süße, dunkle, schwarze Lakritze, dazu Eukalyptus und Minze. Die Nase ist schon eine Wucht. Extrem reicher Schwarzkirschmund, langsam kommen andere schwarze Waldbeeren hinzu, aber die schwarze Kirsche dominiert komplett, unglaublich lecker, unglaublich voluminös. Gott – was für eine Wucht von Pomerol. Der Nachbar VCC war trotz seiner Wucht feiner, Eglise Clinet ging schon eher in diese Richtung. Wahnsinnig geschmackvoll, alle Geschmacksnerven im Mund werden beschäftigt. Immer wieder rollt es hoch ob dieser Dichte und Intensität, was für ein Knaller, und trotzdem sind die Tannine butterweich. Massen von Tannin aber da ist gar nichts, wirklich gar nichts das stört oder eckig ist. Nur rund, fleischig, dicht, lang, aber dennoch niemals überfordernd, alles bleibt immer köstlich trotz dieser enormen Wucht. Ich finde Certan de May 2018 ist zwar weniger fordernd als ein Evangile oder ein VCC, weniger polarisierend in seiner positiven Extremität, einfach köstlich, aber er ist ganz sicher Oberliga. Der Wein gefällt mir extrem gut. 98–100/100
Lobenberg: Das Top Saint Emilion Weingut von Christian Moueix. Oben auf dem Plateau als direktester Nachbar von Ausone gelegen. Hat früher nur Belair geheißen und war im Besitz von Pascal Delbeck. Nun seit vielen, vielen Jahren von Moueix betrieben, und wiederum seit vielen Jahren eines der besten Weingüter in Saint Emilion. Das Weingut ist mit 23 Hektar relativ groß. Reines Kalkstein-Plateau. Auch ein bisschen blauer Lehm darüber, speziell wenn es etwas den Hang runter geht. Blauer Lehm, der ja auch eine Kalksteinvariante ist, und der auf Grund der Metallanteile unglaublich reichhaltige, kraftvolle Weine ergibt. Hier stehen 90 % Merlot und 10 % Cab. Franc. Früher DER Konkurrent von Ausone und Beausejour Duffau, dann lange, lange in Vergessenheit geraten, durch den früheren Besitzer Delbeck etwas hingerichtet worden. Auch sein Partner Vauthier konnte das nicht retten. Erst mit der Moueix Gruppe aus den Ruinen auferstanden und seit einigen Jahren wieder in die absolute Spitze St Emilions gehörend. Die Nase kann je nach Jahrgang mal von brutaler Kraft zu großer Feinheit changieren. 2018 ist wie 2016 unendlich fein mit reiner, ätherisch-tänzelnder Schwarzkirsche. Gott – das ist die reinste Verzückung in der Nase, viel mehr Charme als der Nachbar Ausone, eher sich kabbelnd mit Beausejour Duffau in dieser wunderschönen Kirschduftigkeit. Feinste Blütenaromen darüber und darunter, auch Lakritze und Mango, Orange. Gott ist diese Nase lecker. Was mach ich denn mit diesem Mund? Der Eintritt ist wirklich der schiere und der pure Wahnsinn, denn wir haben Backpflaume und eingekochte Schwarzkirsche in so einer unglaublichen Massivität, das muss eine Reduktion über Tage gewesen sein, so hochintensiv ist diese Schwarzkirsche. Und die Lakritze darunter ist süß und reich, ja fast dick und saftig, Schokolade dabei, auch Holunder, sehr viel Eukalyptus, satt Minze. Die Frische und die Mineralität sind verblüffend, aber die kommen hier nicht aus irgendeiner Säure, sondern wie bei Tertre Roteboeuf aus der reinen reife der Frucht. Das ist ein grandioser St Emilion für ein langes Leben mit dieser wahnsinnigen Konzentration, die nie zu überreif ist und die einfach nur unglaublich beeindruckt. Man ist einfach nur geflasht von diesem Eintritt und dennoch ist der Wein saftig und trinkbar bei dieser immensen Dichte und Konzentration. Ein Turbo Saint Emilion der anderen Art, wie ich ihn in dieser Form dieses Jahr sonst nur bei Tertre Roteboeuf gefunden habe. Auf jeden Fall ist das auch eine glatte 100/100.
Ich hatte befürchtet dass es sooo gut ist. Und dann war es noch besser, La Serre Saint Emilion und Latour a Pomerol einfach Traumweine. Certan de May, Hosanna und La Fleur Petrus mit 97–100 gaaanz groß, besser als 2016. Trotanoy und Belair Monange glatt 100 ... bei Trotanoy zuckte sogar das + Zeichen ... Christian Moueix war dann mit mir einer Meinung, dass 2016 und 2018 die besten Weine seiner Historie waren, mit einem kleinen Plus für 2018.
Lobenberg: Lehm auf dem Kalksteinplateau in Saint Emilion. Extrem gutes Terroir. La Serre ist ein Grand Cru Classé und ein weiteres Gut aus dem Imperium von J-P Moueix aus Libourne, mindestens seit 2005 in immer weiterem Höhenflug begriffen. Das Gut hat nur 7 Hektar Lehm über Kalksteinplateau, darauf stehen 80 % Merlot und 20 Cabernet Franc. La Serre ist in der Reihe der Moueix Weine der erste der eine gewisse Größe hat, und zwar Größe in Feinheit. Eine Orgie in süßer, roter Kirsche, Weichselkirsche, unglaublich süß, dazu feinste Himbeer-Erdbeer-Unterlage, ganz helle Lakritze und Milchschokolade, ein wenig Holunder. Das Ganze ist mit Blüten unterlegt, aber keine massiv süße Blüte wie Veilchen, eher helle Blüten. Das Ganze tänzelt in der Nase, eine kleine Geruchsorgie in Feinheit. Der Mund ist wahnsinnig lecker, ich kann das gar nicht anders sagen. Da ist süße Kirsche in allen möglichen Schattierungen, daneben Milchschokolade, viel Haselnuss, helle Lakritze, ganz leichte Salzspur, das Ganze süß und wollüstig. So eine Ode an die Freude, es macht so viel Spaß diesen Wein zu trinken, und das schon als Fassprobe. Und wir wissen ja, große Fassproben sind auch später groß, große Weine sind immer groß. La Serre ist nicht groß, das wäre jetzt einfach übertrieben, aber das ist eine wirkliche Delikatesse in dieser Feinheit der Frucht. Das wird Everybody’s Darling auf gehobenem Niveau. 95–96/100
Lobenberg: Ein kleines Weingut von nur 4,5 Hektar auf blauem Lehm, rotem Kies mit sehr viel Eisen im Unterboden. 70 % Merlot und 30 % Cabernet Franc. Die Eisenhaltigkeit des Bodens ist schon in der Nase zu spüren, ein bisschen Blut, viel Holunder und viel würziger, teeriger, lakritziger Brombeere, so intensiv, so reich. Ein Wein so intensiv wie Eglise Clinet, unglaublich wuchtig und dennoch butterweich, nichts tut weh. Hier muss man auf keinen Fall sagen, dass der Wein noch etwas wird, wie beim zuvor probierten Certan de May, denn hier ist alles schon da und ist trotzdem groß und es wird wohl noch größer und hält ewig. Der süße Lakritze- und Schokoladenmund zeigt auch viel Minze und Eukalyptus, unglaublich würzig durch diese Zusatzaromatik, dann auch sehr nussig, Haselnuss satt, leichte Nougatschicht darunter. Viele helle Blüten, der Wein tanzt und ist trotzdem so reich und dicht, fleischig, üppig, blutig. Alles knallt vor lauter Intensität und dennoch ist alles butterweich, kein einziges kleines Tanninchen das auch nur im Ansatz spröde ist. Alles ist einfach nur wuchtig, dicht und trotzdem nicht zu fett, aber der Wein sollte dennoch 10, 12, 15 Jahre in den Keller. Das wird einmal ein Riese, ich bin schwer beeindruckt. 98–100/100
Chateau Haut Brion und La Mission Haut Brion
Aus der 2018 so grandiosen, unendlich feinen Appellation Pessac Léognan. Schon die Zweitweine Chapelle und Clarence waren mit 95 Punkten schicke Meisterwerke. Haut Brion war die Wiederauferstehung des 1989ers und La Mission war noch feiner und mineralischer. 100.
Lobenberg: Château Haut Brion ist im Besitz der amerikanischen Familie Dillon. Seit dem Jahre 2001 ist Prinz Robert von Luxemburg, ein Urenkel Dillons, für die Leitung des Châteaus verantwortlich. Die 2018er Cepage ist 49,4 % Merlot, 11,9 % Cabernet Franc und 38,7 % Cabernet Sauvignon. Hohe Übereinstimmung mit dem Zweitwein Clarence de Haut Brion, in der Wucht, in der Frucht, eben ganz anders als die La Mission Serie. Hier gibt es üppige Pflaume, üppige rote und schwarze Kirsche, aber durchaus Frisch, wenngleich mit total buttrigen, samtig-seidigen Tanninen unterlegt. Da kommt nichts Hartes, nichts Sprödes, nichts Grünes aus dem Glas, sondern nur eine wunderschöne, fruchtig-intensive Reife aus der Nase. Im Mund sehr guten Gripp zeigend, tolle Mineralität, Salz, feine helle Lakritze, auch ein wenig Holunder. Der Großteil der Frucht ist aber reife Zwetschge und Pflaume mit reifer, süßer Kirsche, fast bis zur Amarenakirsche reichend. Hohe Intensität, geniale Aromatik. La Mission war vielleicht einen Hauch feiner, aber auch dieser Haut Brion ist einer der ganz großen Weine des Jahres. Die Appellation Pessac Léognan ist so unendlich fein und holt ihre unendliche Frische aus der großen Reife, das sind tänzelnde Riesen. Mir ist durchaus klar, dass La Mission und Haut Brion trotz 100 Punkte im Verkauf nie richtig spannend sind, weil sie vielleicht nicht ganz den Sexappeal eines Mouton haben. Aber wer Weine kauft nur für den Hochgenuss, der sollte dieses Jahr in Pessac Léognan massiv zum Auftragsblog greifen. Und wen es finanziell nicht schmerzt, der sollte durchaus an La Mission und Haut Brion denken, um einfach puren Genuss und pure Freude mit hoher Reife und unendlich schöner Aromatik im Glas zu haben. Dieser 2018er ist eine fast 100 % Kopie des 1989ers, wenngleich auch eine Spur konzentrierter und zugleich feiner. 100/100
Lobenberg: Der Zweitwein von Haut Brion kommt dieses Jahr mit einer Cuvée von 58,2 % Merlot, 28,5 % Cab. Sauvignon, 9,7 % Cab. Franc und 3,6 % Petit Verdot. Die beiden Zweitweine von La Mission und auch von Haut Brion sind 2018 unglaublich gut gelungen. Wir haben hier etwas, das andere Güter aus dem oberen Mittelfeld gerne als Grand Vin haben würden. Der Clarence ist deutlich wuchtiger in der Nase als der feinere La Chapelle von Mission. Würziger, mehr dunkle Beerenfrüchte, aber auch hier Feinheit neben der Üppigkeit, Kirsch- und Pflaumenaromatik. Das macht Freude, das hat unglaublich viel Charme. Sehr intensiver Mund und hier im Clarence haben wir auch das dazu, was der La Chapelle nicht ganz hatte, nämlich die Fülle und das Fleisch in der Mitte. Dazu kommt eine hohe Würze, er ist vielleicht nicht ganz so mineralisch schwebend wie der La Chapelle, dafür noch intensiver in der Frucht, noch konzentrierter. Wow, tolle Länge. Ein wirklich wunderschöner Pessac Wein und für einen Zweitwein richtig großes Kino. Das ist der beste Clarence, den ich bisher probiert habe. Diese beiden Zweitweine sind einfach wirklich toll. 95/100
Lobenberg: Haut Brion Blanc 2018 kommt mit 88,6 % Sauvignon Blanc und 19,4 % Semillon in die Flasche. Zeigt sich deutlich frischer als La Mission Blanc, das liegt zu einem Stück weit natürlich auch am viel höheren Sauvignon Anteil. Etwas feiner, sehr schöne typische Bordeaux Sauvignon Aromatik mit dieser feinen Birne, Orangenzeste, Zitronengras, süße Melone, ein bisschen Mango und Passionsfrucht darunter. Gut, fein und schick. Im Mund, wie schon der weiße La Mission, einfach ein Powerwein. Irgendwie gibt es für eine solche Art von Weißwein auch eine Berechtigung, eine gewisse Süße aus dem Alkohol, dem Druck und der Konzentration kommt durch. Das schiebt unglaublich, hat für einen fast reinen Sauvignon Blanc eine ungeheure Wucht. Ein echter Kracher. Was ihm jedoch fehlt ist diese Leichtigkeit eines tänzelnden Weißweins, wer im Weißweinbereich aber gerne Krafttrinker ist wird sich hieran erfreuen, wobei das Holz hier gar nicht mal viel ist, die ganze Kraft kommt aus der irren Konzentration. Wer also so eine Art Wein liebt, der ist bei Haut Brion in Pessac gut aufgehoben. Und unter diesem Aspekt ist Haut Brion Blanc doch fast auf Augenhöhe mit dem Pavillon Blanc von Ch. Margaux. Auf irgendeine Art bin ich von diesem weißen Haut Brion doch sehr beeindruckt. 98/100
Chateau La Mission Haut Brion Cru Classe
Lobenberg: Die gut 20 Hektar sind im Besitz der Familie Dillon. 53,5 % Merlot, 3,6 % Cab. Franc und 42,9 % Cab. Sauvignon. Auf diesen Wein war ich nach der Verkostung des hervorragenden Zweitweines sehr gespannt. Und es ist wirklich eine Freude, wie sehr die Tendenz und die Richtung bei beiden übereinstimmt. Wie immer ist La Mission deutlich feiner in der Nase als Haut Brion, sowohl beim Zweit- als auch beim Erstwein. Eine richtig feine Mineralität, helle Lakritze, helle Milchschokolade, Haselnüsse, ganz feinster Veilchenduft auch, ein bisschen Jasmin, Rosenblätter. Nichts ist süß, nichts ist zu fett, auch die Lakritze bleibt hell und fein. Dazu eine schöne Zwetschgen-Pflaumen-Aromatik, in der Würze bis zur Backpflaume reichend und üppige, ganz süße rote und schwarze Kirschen, aber nichts ist wuchtig. Der Wein riecht im Grunde wie ein 10 Jahre gereifter, harmonischer Wein, eine große Freude in dieser samtigen Eleganz. Auch im Mund eine rassige Schönheit, aber vor allen Dingen wie eine reife Schönheit, der Wein trinkt sich nicht wie eine Fassprobe, sondern wie ein perfekt gereifter großer Wein. Diese pflaumig-süße Kirschfrucht, rot, üppig und total geschmeidig. Die Tannine sind schon kaum noch zu spüren, wie gesagt ein bisschen wie ein reifer Wein, weil die Tannine so butterweich und samtig-seidig sind. Die Frische kommt aus dieser Reife der Trauben. Ein ziemlich perfekter Traumwein, wie ein 20 Jahre gereifter Premier Cru. Aber all das hat dieser Wein noch vor sich, denn er wird ein langes Leben haben. In dieser Feinheit, in dieser Aromatik, in dieser Größe gehört dieser Mission Haut Brion zu den besten Weinen von Bordeaux. 100/100
Chapelle de la Mission Haut Brion
Lobenberg: Das ist der Zweitwein von Mission Haut Brion und der kommt mit 40,8 % Merlot, 7,6 % Cabernet Franc, 51,6 % Cabernet Sauvignon. Dieser Zweitwein von Mission kann in warmen Jahren schonmal berauschend schön werden und das ist auch 2018 der Fall. Hinzu kommt natürlich die unglaubliche Feinheit der gesamten Appellation Pessac Léognan. Für mich zwar nicht alleine die beste Appellation des Jahres, aber ich halte sie für die Feinste, mit den schicksten und elegantesten Weinen. Wunderschöne, reife Pflaumennase mit satter süßer Kirsche, schöne Blumigkeit. Konzentrierter aber extrem feiner Mund, tolle Aromatik, niedrige Säure, die Frische kommt aus der wirklich ausgeprägten Mineralität. Auch eine erstaunliche Länge für einen Zweitwein. Dieser Chapelle kann mit vielen Grand Vins von größeren Château sehr gut konkurrieren. Eine wirkliche Schönheit, mit Anspruch, Mineralität, innerer Spannung und seidigen, butterweichen Tanninen. Zum ganz großen Wein fehlt ihm ein bisschen das Fleisch und die Wucht in der Mitte, der Rest passt super. 94–95+/100
Lobenberg: Die 2018er Cuvée, wieder mit dem ungewöhnlich hohen Semillon-Anteil, beinhaltet 57,4 % Sauvignon Blanc und 42,6 % Semillon. 2018 ist, das habe ich in den vielen Tagen mehrfach festgestellt, nicht das große Weißwein- und Süßweinjahr, einzelne Ausnahmen bestätigen diese Regel. Auch La Mission Blanc hat zwar Größe und enorme mineralische Länge und bezieht alle Kraft aus der Wucht, der Dichte und der Konzentration, es fehlt ihm aber die überragende Dynamik, das Tänzelnde der großen Weißweine anderer Jahre. Wenn man allerdings Richtung Power gehen will ist dieser La Mission Blanc schon ein Riese, er hat mehr Druck als alle Weine aus dem südlichen Pessac. Aber für mich bleibt Pavillon Blanc von Ch. Margaux in 2018 der absolute Primus. La Mission ist gut, aber in diesem Preisbereich auch irgendwo schwer zu vermitteln. 96–97/100
Haut Bailly
Fruchtstark und fein. Fast ganz groß mit 97–100. Superb im oberen Mittelfeld das zweite Weingut Le Pape. Aromatisch und unglaublich fein.
Lobenberg: Der Blend 2018 enthält 55 % Cabernet Sauvignon, 35 % Merlot, 5 % Cabernet Franc, 5 % Petit Verdot. Also bei diesem Wein als einzigem eine ganz klare Majorität des Cabernet. Er zeigt neben schwarzer und roter Kirsche deutliche Spuren von reifer, süßer, roter Johannisbeere und Cassis. Auch Schlehe und ein bisschen Brombeere, hier kommt Cabernet Sauvignon zum Tragen, aber in einer ganz reifen Form. Nichts Sperriges, nichts Eckiges, nichts Grünes, gar nichts Raues, was ein Cab. Sauvignon durchaus haben kann. Sondern einfach aromatisch dicht und konzentriert, schon in der Nase deutlich aufzeigend, toller Geradeauslauf. Verblüffend identisch in Nase und Mund, sehr viel Struktur, sehr viel Cabernet im Mund. Zu allererst mal rote Johannisbeere mit einer wahnsinnigen Würze, von unten schiebend mit Cassis, Brombeere, extremer Geradeauslauf. Die Mineralität schiebt mit Salz, aber auch mit einer würzigen Süße. Sehr harmonischer Wein, sehr Cabernet-like, und im Jahrgang 2018 in großer Feinheit, Finesse und entsprechender aromatischer Reife. Das macht richtig Freude, braucht aber dennoch ein paar Jahre Zeit, weil diese hohe Konzentration sich sicherlich erst nach 10 Jahren perfekt eingebunden hat. Das ist keiner der zwei, drei besten Weine der Appellation, aber das ist auf jeden Fall ein ganz großer Haut Bailly. 97–100/100
Lobenberg: Der Haut Bailly II kommt 2018 mit einem Blend von 65 % Merlot und 35 % Cabernet Sauvignon. Das ist der Zweitwein von Haut Bailly aus den etwas jüngeren Reben und aus bestimmten Plots. Er zeigt in 2018 die ganze Schönheit dieses Jahrgangs, archetypisch in dieser wunderschönen Kirsche, schwarze Kirsche, sehr viel rote Kirsche, sehr dunkel, fast an Amarena heranreichend, auch etwas Backpflaume, aber alles bleibt fein, alles ist eine Orgie in Frucht. Ganz feine, helle Lakritze, Veilchen und Rosenblätter, aber nichts üppig Süßes, sondern alles eher fein und getragen, schwebend mit keinerlei Grün oder Ecken. Der Mund spiegelt die Nase zu 100 % wider, unendlich schöne Kirschfrucht, so lecker, und dann kommt feine Mineralität, sehr lang. Aber nichts Ehrfurchtgebietendes, einfach nur fein verwoben, eine Köstlichkeit. Natürlich ist ein solcher Zweitwein problematisch, da er qualitativ weder über dem Le Pape aus gleichem Hause, noch über klassifizierten Erstweinen anderer Weingüter steht. Also preislich passt so ein Zweitwein im Grunde gar nicht rein, aber ich erkenne an, dass es ein wunderschöner Wein ist.
94–95/100
Lobenberg: Château Le Pape gehört zu Château Haut Bailly, ein zweites, kleines Gut, dass sie vor ein paar Jahren dazugekauft haben. Die Cepage ist 80 % Merlot und 20 % Cabernet Sauvignon. Reiche, hocharomatische Nase mit wunderbar reifer, roter Kirsche, Pflaume, eine tolle Reife anzeigend, samtig, seidig, aber auch ein bisschen Frische, Hagebutte, Schlehe, eine sehr individuelle Mineralität, fast an Feuerstein erinnernd, Silex-artig. Dazu kommt etwas Jasmin und sehr viel frische Minze. Und was für ein Mund dann folgt! Fast explosiv in der Aromatik, unglaublich schöne, salzige Mineralität, auch hier wieder die Erinnerung an Silex, an Quarzsand. Wunderschöne Länge, Zwetschge, rote und schwarze Kirsche, ganz feine, helle Lakritze. Der Wein wird nie schwarz, er bleibt immer mehr auf der roten Seite, trotz oder vielleicht gerade wegen dem hohen Merlotanteil. Eine echt tänzelnde Schönheit, wunderbar verwoben, große Harmonie, ausdrucksstark und aromatisch. Wirklich eine tänzelnde Schönheit. Wenn der Le Pape preislich passt sollte ich ihn unbedingt kaufen, wenn ich ihn denn kriege, denn die Distribution der kleinen Mengen ist doch sehr eingeschränkt. 96–97/100
Chateau Smith Haut Lafitte.
Unser letzter Besuch auf der Reise. 2016 war der Wein berauschend und fokussiert, 2018 konzentrierter und noch feiner zugleich. Ein 100 Punkte Wein zum Schluss, ein grandioses Finale.
Lobenberg: Heute ist Château Smith Haut Lafitte als Cru Classé eines der glänzendsten Erfolgsbeispiele der jüngeren Bordeaux-Geschichte. Florence und Daniel Cathiard sind die Besitzer. Die Cépage ist 60 % Cab. Sauvignon, 34 % Merlot, 4 % Cab. Franc und 2 % Petit Verdot. Der Ausbau erfolgt im zu 60 % neuen Holz. Bei SHL lehnt man derzeit zumindest noch den Ausbau in Tonneaus, Fudern, Zementeier, Tonamphoren oder ähnlichem ab, hier ist es noch das ganz klassische Barrique, nur die Auswahl des Holzes hat sich im Laufe der Zeit geändert zu deutlich feinerem Toasting und dichteren Poren. Die Nase ist geprägt von schwarzer Kirsche, frischer Zwetschge, reifer Backpflaume, auch etwas Amarenakirsche. Dann kommen Kirsche, Schlehe und viel Holunder, Veilchen, Vergissmeinnicht, Rosenblätter, Minze, Eukalyptus, auch ein bisschen süßlicher Wachholder, schwarze Olivenpaste, die Nase ist wirklich multikomplex, aber ultrafein. Nichts stört, nichts ist grün, nichts ist aggressiv. Der Mund greift dieses grandiose Nasenbild auf, das ist ein extrem moderner Wein, wenn wir das mal mit Haut Brion vergleichen, so ein geschliffenes Wunderwerk, seidige Tannine, samtig-dichtes Mundgefühl, üppig und trotzdem so verspielt, keinerlei Schmerz in keinem Winkel des Mundes, einfach nur seidig-fein und tänzelnd. Wieder diese Masse an schwarzer Kirsche, aber all die anderen Aromen kommen Stück für Stück hinzu, kaum Cassis und Brombeere, sondern viel stärker in der Kirsche laufend, vielleicht sogar ein Hauch Blaubeere darunter und dann diese feine ganz helle Lakritze darunter, Haselnüsse, Nutella, aber in ganz feiner Form, immer zart bleibend. Das ist ein wirkliches Leckerli, hocharomatisch und lang, ein Genusswein. Und alle Frische kommt aus der Reife der Frucht, der Wein hallt unendlich nach, man wird ihn total unterschätzen können, weil es einfach so ultrapoliert ist. 2016 Smith war schon gut, aber 2018 ist noch besser als ich überhaupt erwarten konnte. SML hat hier so eine aromatisch-feine, leckere Delikatesse erzeugt. Der Nachhall bleibt für Minuten stehen, sehr fein aber auch deutlich mineralisch, salzig geprägt und die Fülle an Kirschfrucht bekommt ein wenig Gripp dazu. Ich glaube dieser Wein ist von Beginn an bis in sein hohes Alter, das er erreichen kann immerzu eine Köstlichkeit. Und wie ich schon sagte, völlig anders als die hochreifen Weine von Haut Brion und La Mission. Ich finde ihn in seiner Feinheit sogar meinem Lieblingschateau Seguin überlegen. 100+/100
Lobenberg: Chateau Smith Haut Lafitte Blanc ist oft mein Lieblings Sauvignon Blanc, weil er beides hat: Er hat einerseits diese typische Sauvignon-Nase mit dem Feuerstein so wie an der Loire und mit der hohen Mineralität und andererseits trotzdem leicht exotische Früchte. Die 2018er Cuvée besteht aus 90 % Sauvignon Blanc, 5 % Sauvignon Gris und 5 % Semillon. Ganz klassisch in zu 50 % neuen Barriques mit geringem Toasting und dichten Poren ausgebaut, keinerlei Amphoren, Beton oder Fuder hier. SML ist nun seit vielen Jahren der Primus inter pares im Bereich der Weißweine von Pessac Léognan. 2018 ist für mich ein etwas schwieriges Jahr im Weißweinbereich, ich hatte bisher nur 2 bis 3 gute Weiße im Einstiegsbereich aus der Denis Dubourdieu Gruppe, und mit einem richtigen Hang zur Größe den Pavillon Blanc von Margaux und Haut Brion Blanc. Und jetzt bekomme ich den dritten großen Wein mit dem Smith Haut Lafitte Blanc dazu. Aber SML 2018 ist anders als seine Vorgänger, auf Grund des warmen Jahrgangs. Trotz früher Lese sind wir enorm reif, dicht, mit anderer Fruchtstruktur, mehr zur Passionsfrucht und zur Mango, süße, reiche Mango ist eigentlich die Hauptkomponente. Darunter ein bisschen pfeffrige Papaya und hochreife, gelbe Melone. Auch wieder extrem reife weiße und gelbe Birne. Das Holz gibt ein ganz klein wenig Stütze. Auch Zitronengras und grüne Limette dazu, die es auch braucht, um diesen großen Weißwein auch frisch zu halten. Aber in Summe kommt hier eine üppige Frucht, doch weil das Holz sehr zurückhaltend ist wird der Wein nicht fett, er bleibt im Bereich der hohen Aromatik. Ausgesprochen lecker, dieser Wein wird immer Freude machen und wir immer mit Genuss getrunken werden, aber gehört eben nicht zu den ganz Großen Smith aus den kühleren Jahren. Das ist der dritte große Weißwein, den ich dieses Jahr probieren konnte.
97–98/100
100 ist inzwischen öfters eine zu enge Bewertung. Mehr als 5 Weine müssten 2018 eine höhere relative Bewertung bekommen im Vergleich zu anderen 100 Punkte Weinen und zur eigenen Historie. Diese Skala muss endlich, wie die nach oben offene Richter-Skala für Erdbeben, nach oben geöffnet werden. 2016 und 2018 sind doch so ungeheuer viel besser als die meisten 100 Punkte Weine aus 1945, 1947, 1959, 1961 und 1982 jemals waren, wie soll man das denn abbilden? Mir bliebe ja eigentlich nichts anderes übrig als 2018 mehrfach 100+ zu vergeben.
Fazit einer denkwürdigen Reise in den Weinhimmel
Ich hatte hier in Bordeaux genial beeindruckende Proben der Traum-Jahrgänge 2005, 2009, 2010 und 2015. Wahnsinnig gute Weine und ob der Intensität durchaus auch anstrengende Verkostungsreisen.
Es gab aber nur zwei Jahrgänge für uneingeschränkte Probierfreude und die unendliche Leichtigkeit des Seins im Trinkvergnügen direkt vom Fass. 2016 und 2018. Was eint und was unterscheidet diese grandiosen Jahrgänge der Freude?
2016 hat wie 2010 alle Regler rechts. Tanninmassen und hohe Säure. Aber während 2010 alles vordergründig und offensichtlich zu Tage tritt, man ob der Massivität sogar noch nach 10 Jahren zu Recht von wahnsinnig hohem Potenzial spricht, ist 2016 alles mild und fein und hintergründig und elegant verwoben. Von allem genau so viel oder mehr als 2010, aber eben seidig und immer mit Finesse. Bei 2010 sagte man »das wird groß«, 2016 war immer und bleibt immer groß. 2010 wird, wenn in 30 bis 40 Jahren auch die ganz großen Weine langsam reif sind, ein gleichwertiger Sensations-Jahrgang sein, aber 2016 ist und bleibt eben immer schon groß.
Und nun kommt 2018
Der Jahrgang hat final die meiste Ähnlichkeit mit 2016 (und 1982 – aber 82 war in Summe nicht so gut), aber es gibt auch einen einige ganz große Unterschiede. Die Tannine sind 2018 noch reichlicher als 2016 und 2010, aber sie sind ganz reif und seidig schick wie 16 und zugleich üppig und samtig und fast etwas fett im positiven Sinn.
Die Konzentration und der Extrakt sind unvorstellbar hoch, mehr als jemals zuvor. Dennoch sind die Weine nicht fett und nicht sehr alkoholisch. Die Weine werden ewig altern können. Trotz der Milde muss man ob der immensen Konzentration auf 2018 länger warten bis die optimale Trinkreife beginnt, 10 Jahre ist bei den großen Weinen sicher eher das Minimum.
Die reichliche aber total milde Säure aus 2016 ist 2018 deutlich geringer. Die dennoch erstaunlich hohe Frische kommt 2018 nur aus der extrem reifen Frucht. Für Weine aus südlichen Gefilden ist das ein perfektes Resultat, das hier ob des atlantischen Einflusses eher selten erreicht wird. Große Klassiker wie 2005 und 2010 sind hier der Idealzustand, himmlische Finesse wie 2016 und extrem feine Reife wie 2018 sind bisher absolute Ausnahmen.
Nun hoffen wir auf gute Zuteilungsmengen und Allokationen der oft knappen Mengen und auf Preise wie Jahrgang 2016. Lesen Sie mit Vorfreude meine Texte und schaffen Sie Platz im Keller. Und beziehen Sie mit 2015, ’16 und ’18 Bordeaux wieder in Ihren Alltag ein, es gibt so viele geniale Weine von 9 bis 25 Euro nirgendwo sonst auf der Welt zu kaufen.
Viel Freude und lieber Gruß
Heiner Lobenberg