Südafrika, ein herrliches Land mit tollem Wetter, paradiesischen Stränden und ausgezeichnetem Wein. Erst kürzlich hatte ich das Vergnügen, mich mit einem deutschen Winzer zu unterhalten, der einige Lehrjahre in Südafrika verbracht hatte. Als er mir von dieser Zeit erzählte, kam er aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus. Das Land, die Menschen, der Weinbau, einfach alles an diesem Fleckchen Erde hatte es ihm angetan.
Hier in Europa zählen wir Südafrika zumindest weintechnisch zur neuen Welt. »Neue Welt? BULLSHIT!«, wäre wohl die Reaktion meines befreundeten Winzers gewesen. Immerhin war der erste nachweisbare Jahrgang aus Südafrika von 1659. Klar, nicht ganz so lange her wie hier in Europa, aber hey, über 350 Jahre, das ist doch schon mal was.
Trotzdem ist der Begriff ›neue Welt‹ nicht ganz unpassend, schließlich waren die Weine in Europa erst viel später verfügbar bzw. populär. Also waren sie irgendwie neu und der Name hat sich dann einfach gehalten.
Besonders spannend an diesen Weinen der neuen Welt ist die Tatsache, dass die Philosophien und Macharten im dortigen Weinbau nicht so krass von traditionellen Ländern wie Frankreich und Italien geprägt sind, wie es innerhalb Europas der Fall ist. Das bringt frischen Wind ins Weinglas. Hinzu kommen die anderen klimatischen und geologischen Bedingungen, aber das Fass will ich jetzt lieber nicht aufmachen, sonst wird das hier kein Artikel, sondern ein ganzes Buch.
Das alles hat mich natürlich neugierig gemacht, ich wollte mich selbst überzeugen, was der Wein aus der neuen Welt, im speziellen aus Südafrika, so auf dem Kasten hat. Ein Kurztrip wäre wohl die beste Möglichkeit, das in Erfahrung zu bringen, ist aber spontan nur schwer realisierbar. Ein Flasche südafrikanischen Wein zu ordern ist da deutlich einfacher.
Ich entschied mich für den Hemelrand Vine Garden von Alheit Vineyards. Eine Cuvée aus Chardonnay, Chenin Blanc, Roussanne und Viognier. Klingt abwechslungsreich und spannend, die Zusammensetzung des Weins war jedoch nicht das Hauptkriterium für meine Entscheidung. Mir hat es viel mehr die Story der Weinmacher angetan.
Chris und Suzaan, ein junges Ehepaar, das sich dem Wein verschrieben hat. Chris hat schon als Kind angefangen mit Wein zu experimentieren – naja, wenn man es so nennen kann. Irgendwie hat er aus Ananas Wein gemacht. Er selbst spricht eher von »nasty beer out of pineapple skins«. So kam eins zum anderen und er studierte Weinbau in Stellenbosch. Suzaan wiederum brauchte den Schubser eines Bekannten, der ihr (laut Suzaan fälschlicherweise) von den tollen Einkommensmöglichkeiten im Weinbau erzählte. Mit Dollarzeichen in den Augen stürzte sie sich ins Gefecht und studierte ebenfalls Weinbau in Stellenbosch, wo Chris und Suzaan sich wohl kennenlernten.
Mal schauen, ob das alles was gebracht hat. Ich habe die Flasche kaltgestellt, als ich mit dem Artikel begonnen habe. Jetzt steht sie hier vor mir, bereits entkorkt und der Rebensaft wartet darauf, seinen letzten Weg anzutreten. Da sage ich nicht nein, also rein damit ins Glas.
In zartem, klarem gelb strahlt mich der Hemelrand Vine Garden an. Er wirkt zurückhaltend und dezent auf mich. Doch der Eindruck ändert sich in dem Moment, als ich die Nase in das Glas halte. Eine Armee intensiver Düfte kommt mir entgegen. An der Front saftige Aprikose mit reifen Äpfeln im Rücken, ein Hauch gerösteter Nüsse verleiht der Truppe die Würze. Mir kommt nur ein Gedanke: »WOW«.
Es kommt selten vor, dass ich schon vor dem ersten Schluck so zufrieden bin. Ich zweifle gar nicht daran, dass der Wein das Versprechen an die Nase hält.
Voller Vorfreude setze ich zum ersten Schluck an und siehe da, die Begeisterung hält an. Das, was da im Mund passiert, ist der absolute Wahnsinn. Ich spüre im ersten Moment die anschmiegsame Konsistenz von Chardonnay mit all seinem Charme und dem typischen Honigaroma. Das alleine reicht für einen tollen Abend oft schon aus, doch hier kommt noch mehr. Wenn die Cuvée ganz langsam ihren Weg von den Lippen über die Zunge bis zum Gaumen findet, bitzelt eine leichte Säure auf, die ihr einen ungewohnten und nicht erwarteten Frischekick verpasst. Das gepaart mit dem ersten, eher cremigen Eindruck, ist der Hammer. Gegensätze ziehen sich bekanntlich an und dieser Wein zeigt mir eindrucksvoll, warum das Sinn ergibt.
Ich habe auch nach dem ersten Schluck noch lange Freude am Hemelrand Vine Garden, denn er verschwindet nicht einfach, sondern ich schmecke und spüre sein Aroma noch lange nachdem der Wein meinen Mundraum verlassen hat. Herzlich willkommen »Nachhall«, du darfst gerne den ganzen Abend bleiben.