Die Weine sind hoch individuell und ein gutes Beispiel dafür, wie man Traditionen neu interpretieren und auf ein höheres Level heben kann.
Auch wenn Jugoslawien zu den offeneren Ländern hinter dem eisernen Vorhang gehörte, blieb uns in diesem Vielvölkerstaat auch die Provinz Kroatien weitgehend verschlossen. Das gilt auch für den Weinbau, der dort eine erheblich längere Tradition hat als in Mitteleuropa. In Kroatien wird seit der Zeit der Illyrer vor 3.000 Jahren Wein angebaut. Außerdem verfügt das Land über eine große Zahl autochthoner Rebsorten.
Das heutige Kroatien lag über Jahrhunderte hinweg im Einflussbereich der Griechen und Römer, die auch die Weinkultur rund um das Mittelmeer entscheidend geprägt haben. Bevor die Griechen ca. 600 v. Chr. erste Kolonien entlang der dalmatischen Adriaküste gründeten, waren es wohl die Illyrer, die dort die ersten Reben anpflanzten. Die Griechen betrachteten die Weine von der Insel Vis, wo sie die Kolonie Issa gegründet hatten, als die besten Weine der damaligen Welt. Auch die Römer und später die Slawen förderten den Weinbau. Ab 1.000 n. Chr. wurde Dalmatien über mehrere Jahrhunderte weitgehend von der Republik Venedig beherrscht. Auch Ungarn, Serben und Kroaten bemühten sich um Einfluss. 1815 fiel Dalmatien an Österreich und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg überwiegend Kroatien zugeschlagen. Alle involvierten Völker brachten ihre eigenen bevorzugten Rebsorten mit, sodass Kroatien bald über einen umfangreichen Rebbestand verfügte. Das hat sich auch über die Zeit des Kommunismus hinweg gehalten, in der das Weinland allerdings den Anschluss an die modernen Methoden der Vinifizierung verlor. Investitionen waren über Jahrzehnte hinweg ausgeblieben. So brachen mit dem Fall des Eisernen Vorhangs auch wesentliche Teile des Weinbaus in sich zusammen. Betrug die Anbaufläche Mitte der 1990er Jahre noch rund 60.000 Hektar, waren es 2012 nur noch 29.000 Hektar.
Der Weinbau in Kroatien erstreckt sich vor allem über zwei Regionen. Im Landesinneren zieht sich die Region Kontinentalna Hrvatska von Slowenien aus bis an die Grenze zu Serbien. Die Region Primorska Hrvatska liegt dagegen im Süden an der dalmatischen Küste und beginnt unweit der italienischen Stadt Triest. Die wichtigste Rebsorte ist mit knapp 5.000 Hektar der Welschriesling, Graševina genannt. Es folgen die istrische Malvasia-Variante Malvasia Istarska, die bekannteste kroatische Rotweinsorte Plavac Mali sowie Merlot, Riesling und Chardonnay. Autochthone Sorten wie Debit, Babic, Kraljevina, Pošip Bijeli oder Trbljan werden so gut wie gar nicht exportiert und sind bei uns daher kaum bekannt.
Auch wenn sich Kroatien als Gesamtheit schwertut, Aufmerksamkeit für seine Weine zu erwecken, so finden sich in der Nische doch einige Stars. Es gibt Winzer wie Coconica Moreno, Matošević Ivica, Bibich oder Andro Tomić, die sich dem modernen Weinbau verschrieben haben. Gleichzeitig tun sich mit dem Revival der maischevergorenen Weißweine – gerne auch Orange Wines genannt – einige Winzer in Istrien hervor, die diesen Stil hervorragend interpretieren. Neben Vesna und Giorgio Clai ist dies vor allem Mladen Rožanic. In seinem Weingut Roxanich interpretiert er sowohl heimische Rebsorten wie auch den vor langer Zeit schon eingebürgerten Chardonnay in einer einzigartigen Charakteristik. Bei dessen Entstehung spielen Amphoren und offene Tonbottiche genauso eine Rolle wie Holz, langsame Vergärung und ein langer Ausbau. Diese Weine sind hoch individuell und sicher ein gutes Beispiel dafür, wie man uralte Traditionen neu interpretieren und auf ein höheres Level heben kann. Kroatien hat Zukunft.