Der Querkopf besaß klare Prinzipien für die Weinproduktion, mit Kritikern konnte er allerdings nicht gut. Seine Weine waren jedoch eh nie für sie gemacht. Auch das Brunello-Konsortium verließ er und zerstritt sich mit den Mitgliedern. Der Weg zu Case Basse® könnte in keinem größeren Kontrast stehen zur typischen, romantischen Vorstellung einer von Zypressen gesäumten toskanischen Weingutsauffahrt. Die Zufahrt ziert eine Vielzahl an Überwachungskameras, die auch rings um die Rebanlagen angebracht sind. Diese sind zum Teil sicher eine Reaktion auf den 2. Dezember 2012, an dem Unbekannte in das Weingut einbrachen, die Türe des Kellers aufhebelten und die Hähne von zehn Holzfässern öffneten. Über 60.000 Liter Brunello di Montalcino strömten so über den Boden. Damit verlor Soldera® den Großteil seiner Schätze, und sechs Jahrgänge in Folge, von 2007 bis 2012, gab es tragischerweise keinen Brunello von Case Basse®. Diese Sabotageaktion geschah damals aus Neid, soviel ist heute klar. Jedenfalls wurde später ein ehemaliger Mitarbeiter von der Polizei festgenommen. Allerdings sind nicht alle Kameras zur Sicherheitsüberwachung gedacht, sondern sie dienen auch Forschungszwecken, da das Weingut eng mit der Uni in Florenz zusammenarbeitet.
1972 erstand Gianfranco Soldera® die Lage mit extrem kargem Boden in Südwestausrichtung – harte, reine Felsen gehen hier vier bis fünf Meter unter die Erde, darunter kommt extrem mineralreicher, schwarzer Schiefer. Dafür profitiert die 10 Hektar große Lage in der Hangmitte auf circa 330 bis 350 Höhenmetern vom perfekten Klima. Kühlender Wind gleitet vom nahegelegenen, erloschenen Vulkan Monte Amiata hinunter und sorgt dafür, dass die Reben stets gut belüftet werden.
Gianfranco Soldera® war einer der ersten Biowinzer in Montalcino, er arbeitete immer mit natürlichen Methoden und Chemie wurde in seinen Weinbergen von Anfang an vermieden. So werden die Reben im Sommer nicht zurückgeschnitten, sondern wachsen wie es ihnen beliebt; manche Triebe werden dabei bis zu neun Meter lang! »Blätter sind der Wasserhahn, die Trauben sind das Waschbecken.« war Gianfrancos’ Devise. Jeden Winter wird ausserdem ein enormer Aufwand betrieben und die Erde von jedem Rebstock abgegraben, damit die Kälte das Holz desinfizieren kann. Und nach dem Winterrebschnitt wird jede einzelne Wunde am Rebstock sofort versiegelt und jegliches Holz aus dem Weinberg entfernt.
Direkt neben den Reben hat Gianfrancos Frau Graziella den wohl schönsten und traumhaftesten botanischen Garten der Toskana angelegt. Auf den 2 Hektar wachsen sowohl Apfel- und Olivenbäume als auch über 1.000 Sorten seltener Rosen, Pfingstrosen, Iris und allerlei andere Pflanzen. Der Toscsna IGP 100% Sangiovese Soldera® Case Basse® ist 100 Prozent reiner Sangiovese Grosso. Stilistisch wird hier früh gelesen und die Lese geht meist sehr rasch vonstatten, in drei bis fünf Tagen. Die ganzen, entrappten Beeren werden penibelst einzeln von Hand sortiert, daher gibt es maximal zwischen 11.000 und 15.000 Flaschen pro Jahr. Falls der Jahrgang nicht den strengen Qualitätsvorstellungen entspricht, wird er einfach nicht gemacht, wie es zum Beispiel 1989 der Fall war. Die Gärung findet in Garbelotto-Holzfässern von 138 bis 150 Hl statt, die jeweils nur bis knapp über die Hälfte gefüllt werden. Während der Gärung wird der Saft häufig bis zu 5 Mal am Tag über den Trester gepumpt, um die Temperatur der Gärung zu kontrollieren und ausreichend Farbe der früh gelesenen Trauben zu extrahieren. Anschließend reift der Brunello je nach Jahrgang drei, vier oder fünf Jahre lang in traditionellen, großen slawonischen Eichenfässern. Der schlichte, unscheinbare Keller, dessen Wände und Boden aus Steinen aus dem Weinberg bestehen, liegt in 14 Metern Tiefe.
Gianfranco starb im Februar 2019 im Alter von 82 Jahren an einem Herzinfarkt – inmitten seiner Weinberge. Stilistisch wird es keine Änderung der Case Basse-Weine geben, denn Gianfrancos Tochter Monica und ihr Mann Paulo sind bereits 2003 ins Weingut eingestiegen. So hatten sie viele Jahre Zeit, alle Tipps und Tricks von Gianfranco zu lernen und führen das Weingut nun in seinem Sinne fort.