Nachdem er zwei Jahre lang im Burgund Önologie studiert und nebenbei in der Region Erfahrung gesammelt hatte, stieg Jurij Fiore 1991 in das elterliche Weingut Podere Poggio Scalette in Chianti ein. Sein Vater ist der bekannte und einflussreiche Önologe Vittorio Fiore.
2015 bekam Jurij dann eine einzigartige Gelegenheit: Er entdeckte im Ort Lamole ein paar kleine Lagen, die allesamt mit alten Sangiovese-Reben bestockt waren. Jurij konnte sein Glück kaum fassen, als ihm diese Parzellen zum Kauf angeboten wurden.
Für den Liebhaber eleganter Weine sind diese Reben ein großartiges Geschenk, denn sie bilden die Basis für herausragende, einzigartige Weine, gerade so, wie sie der Qualitätsfetischist anstrebt.
Lamole ist eine kleine Stadt, die zu Greve in Chianti in der Provinz Florenz gehört. Hier sind wir auf ungefähr 600 Höhenmetern – Jurijs höchstgelegene Parzelle steht sogar auf 654 Höhenmetern! Das ist in der Region Chianti also ein absolut einzigartiges Terroir, denn das Mikroklima ist bedeutend kühler als in den meisten anderen Teilen der Region. Lamole kann man übrigens als die Wiege der Rebsorte Sangiovese bezeichnen, denn hier wurden schon zur Zeit der Römer gefeierte Weine gemacht. 2020 konnte Jurij eine weitere Lage in Montefioralle, neben Lamole ebenfalls eine der offiziellen Unterzonen der Chianti-Classico-Appellation, ergattern. Hier stehen die Reben in 450 Höhenmetern auf Tonböden, was generell körperreichere, dichtere Weine hervorbringt. Insgesamt gehören vier Hektar Rebfläche zum Weingut. Das Weingut macht acht verschiedene, hoch individuelle Weine, alle von ihnen werden in überschaubaren, homöopathischen Mini-Mengen streng zugeteilt.
Based on what I have tasted so far, Jurji Fiore & Figlia is easily one of the most exciting and promising new projects in Tuscany.
– Antonio Galloni
Der weiße Lassu ist ein Blend aus Chardonnay, Trebbiano und der in Romagna autochthonen Rebsorte Famoso. Beim Ausbau kommt Jurijs Erfahrung aus dem Burgund ins Spiel, denn er erfolgt in 228 Liter fassenden Pièces, den in der dortigen Region typischen Fässern.
Der Chianti Classico Sonocosi (»genau das bin ich«) wird im Betontank ausgebaut, um die puristische Frucht der Höhenlagen von Lamole nicht zu überdecken und sie in Reinform weiterzugeben. Alle Einzellagen »Cru«-Weine, zu denen auch Altola und Porcacciamiseria gehören, werden von dem Moment an, in dem die Trauben beim Weingut ankommen, genau gleich behandelt und nach Abschluss der Gärung 18 Monate lang in Burgunder Pièces ausgebaut. Die deutlich schmeckbaren Unterschiede kommen allein von den unterschiedlichen Höhenlagen, Gegebenheiten der Weinberge und Böden – einmal abgesehen von der Lage Altola basieren die Böden hauptsächlich auf Sand. Die Lage Altola ist wie bereits gesagt in Montefioralle gelegen und steht auf Tonböden.
Der Fokus des Weinguts liegt zwar auf der Rebsorte Sangiovese, aber wie das im 19. Jahrhundert so üblich war, wurden auch hier typische autochthone Rebsorten zwischen den Sangiovese-Reben angepflanzt, es handelt sich also genauer gesagt um sogenannte »Field Blends«. In Österreich wird diese Art der Anpflanzung auch »gemischter Satz« genannt. Vielleicht liegt es an Jurijs burgundischen Winzer-Wurzeln, dass seine Chianti allesamt von Spannung und Finesse geprägt sind. Vor allem die Rotweine machen in einem großen Burgunderglas serviert am meisten Freude, denn hier entfalten sie sich bezüglich ihres Aromas am besten.
Jurij Fiore and daughter, Sara, continue to turn out distinctive wines from small parcels in the Lamole and Montefioralle UGAs. This young estate continues to impress.
– Antonio Galloni
Vom ersten Jahrgang 2015 an bis 2023 arbeitete Jurij mit seiner älteren Tochter Sara zusammen. Mit dem Einstieg der zweiten Tochter Chiara wurde das Weingut 2024 von Jurij Fiore e Figlia in Jurij Fiore & Figlie umbenannt. Die beiden haben das Winemaking im Blut und die Zukunft des kleinen Juwels ist somit gesichert! Das ist besonders schön zu wissen, denn dass das Weingut mit diesen kleinen Mengen kaum Geld verdient, ist klar.
Es handelt sich hier um ein verrücktes Liebhaberprojekt, das die Herzen von Finesse-Trinkern und Weinfreaks, die außergewöhnliche, hoch individuelle Weine schätzen, höherschlagen lässt. Das Weingut macht insgesamt gerade mal 8.000 Flaschen und wird allein deshalb wohl auch in Zukunft ziemlich sicher ein »Insider«-Weingut bleiben.
Bei meinem ersten Besuch auf diesem jungen Weingut gab es direkt spannende Neuigkeiten, denn Jurij konnte den Pfarrer des kleinen Weilers Lamole dazu überreden, den alten, mittlerweile stillgelegten Weinkeller der Dorfkirche in einer Langzeitpacht von 25 Jahren abzutreten. Der Keller liegt links neben der romanischen Kirche San Donato aus dem 13. Jahrhundert und unter dem ehemaligen Theater von Lamole. Die schweren Samtvorhänge geben dem Raum, der bereits als Verkostungsraum für eine Probe der Weine aller Weingüter aus Lamole diente, ein nostalgisch-elegantes Feeling. Tochter Sara hat das Design des eigenen Degustationsraums für das Familienweinguts übrigens selbst kreiert und dabei an alle Details gedacht. Jurij und seine Töchter arbeiten nach biologischen Richtlinien, aber noch nicht alle Weinberge sind zertifiziert. Die dazu gemieteten Parzellen müssen zunächst erst drei Jahre bearbeitet werden, bevor die Zertifizierung beantragt werden kann.
Hier werden alle Weine zu 100 Prozent entrappt. Die Cru-Lagen-Weine werden 17 bis 18 Monate lang im Barrique ausgebaut, davon sind 30 Prozent neu und der Rest in Zweit- und Drittbelegung im Einsatz. Übrigens werden die drei verschiedenen Cru-Lagen als »Chianti Classico« deklariert, es gibt keine Riserva oder Gran Selezione. Damit orientiert sich Jurij ganz klar am burgundischen Prinzip, denn die Herkunft der Trauben spielt die erste Geige und dies ist ihm wichtiger, als den Fokus auf den Ausbau zu richten. Zudem möchte Jurij sich nicht vorschreiben lassen, wie lange seine Weine ausgebaut werden sollten. Die Herkunft spielt für ihn die wichtigste Rolle. Vielleicht liegt es daran, dass durch die wärmeren Jahrgänge der letzten Jahre der Fokus vieler Chianti-Winzer in die Höhe geht und Lamole sich zum gehyptesten Hotspot in Chinati Classico entwickelt. Neben Lamole di Lamole und den Weinen der Ortschaft von Fontodi-Winzer Giovanni Manetti ist Jurij Fiore unser dritter Winzer-Partner aus der mit insgesamt 80 Hektar Reben bestockten, überschaubar kleinen Gemeinde.
Der Jahrgang 2022 war für Jurijs kleines Weingut ein Erfolg, denn sowohl die Qualität als auch die produzierte Menge ist herausragend, hat das Weingut in diesem Jahr doch von jedem Wein 3 volle Fässer hervorgebracht. 2021 waren es eher zwischen 2 und 2,5 Fässern. Die Weine sind dem Jahrgang entsprechend reichhaltiger und überzeugen mit dichterer Frucht in einem dunkleren Fruchtprofil, zugleich gibt die »Lamole-Eleganz« den Frischekick, der den Weinen der Ortschaft noch mal eine Qualitäts-Schippe drauflegt und die Weine gegenüber denen der Nachbarn nochmals hervorhebt.