Vor 5 Millionen Jahren war das Tal noch Meeresgrund, das erklärt die massiven Vorkommnisse von Muschelkalk, der für die salzige Mineralität und die Ausdrucksstärke der Weine verantwortlich ist. Die oberen Hanglagen sind 350 Millionen Jahre alt, rotes Trias-Gestein mit satten Metall- und Mineralvorkommen, hier steht der Sangiovese. Die Gegend wurde schon 1000 vor Christus erwähnt, die Etrusker siedelten hier, betrieben Landwirtschaft, es folgten die Römer und später die Tempelritter. Das Landgut wurde 1404 an das Hospital von Santa Fina in San Gimignano gegeben, die heutige Besitzerfamilie betreibt das Weingut seit 1965.
Elisabetta Fagiuoli, die Besitzerin, stammt aus einer Familie, die seit 300 Jahren Weinbau betrieb. Davon schon eine ungezählte Periode organisch, biologischer Weinbau ist heute nicht mehr wegzudenken. Es gibt 11 verschiedene Weine auf insgesamt 200 Hektar Landbesitz mit Wäldern und Oliven, davon 27 Hektar Wein. Alte Pflanzungen, zum Teil uralt. Vernaccia ist der Hauptbestandteil, dazu etwas Trebbiano, Canaiolo und natürlich Sangiovese. Montenidoli ist sicher DAS Vorzeigeweingut für die Vernaccia di San Gimignano, nur hier entsteht aus dieser manchmal auch banal ausfallenden Rebsorte echte Weltklasse. In perfekter Arbeit können Trebbiano, Vernaccia und auch die Verdicchio aus Marken perfekte Abbilder des Terroirs sein. Wenn wir noch die piemontesische Timorasso und andere regionale Rebsorten dazu betrachten wird erst klar, dass die wahren Weißwein-Schätze Italiens aus den autochthonen Rebsorten des Landes entstehen.
Elisabetta Fagioli genießt weit über die Grenzen Italiens hinaus höchstes Ansehen unter ihren Winzerkollegen. Die energiegeladene, unglaublich herzliche Frau ist seit Jahrzehnten eine wahre Größe in der Weinwelt und sie betreibt zudem seit über 50 Jahren auf ganz natürliche Art und Weise Networking. Nachdem sie beinahe 50 Jahrgänge abgefüllt hatte, wusste sie sehr genau, dass es im Alter von über 80 Jahren an der Zeit war, sich langsam um die Zukunft ihres Lebenswerks zu kümmern und dafür zu sorgen, dass die Weinproduktion von Montenidoli weiter in ihrem Sinne betrieben wird. 2019 kam der junge, außerordentlich talentierte Winzer Alessio Cecchini in ihr Team und arbeitete zunächst eng an Elisabettas Seite. Alessio kommt ursprünglich – wie auch Elisabetta – aus der Gegend um Verona, und die beiden waren philosophisch gesehen von Anfang an auf einer Wellenlänge. Diese ähnliche Einstellung und Seelenverwandtschaft war sicher hilfreich für Alessio, denn Elisabetta ist kompromisslos, beharrlich, fordernd und anspruchsvoll. Trotz der hohen Messlatte konnte Alessio innerhalb kurzer Zeit in Elisabettas große önologische Schuhe hineinwachsen.
Die größte Herausforderung des Jahrgangs 2022 war die lange andauernde sommerliche Trockenheit. Es regnete vom 15. Mai bis zum 11. August gar nicht mehr. Um die Frische und Balance der Trauben zu erhalten, wurde in dem Jahr zwei Wochen früher gelesen als 2021. Die Weine haben generell einen dichten und cremigen Charakter. Nach Alessios Erfahrung hat Vernaccia aus wärmeren Jahrgängen ein erstaunliches Potenzial für Flaschenreife, die Weine werden mit der Zeit noch cremiger und entwickeln petrolartige Aromen, ähnlich wie manche Rieslinge aus dem Elsass. Alessios Fokus liegt immer auf den Trauben im Weinberg, denn dort wird bei Montenidoli die Qualität erzeugt. Das Weingut ist übrigens bio-zertifiziert, aber da das eine Selbstverständlichkeit ist, wird das nicht mal auf den Etiketten erwähnt.
2021 verlor das Weingut aufgrund von Frost bereits im Frühling über 30 Prozent der potenziellen Erntemenge. Der Sommer war heiß und trocken. Der perfekte Lesezeitpunkt war wieder absolut entscheidend. 2021 ist bei Montenidoli super stark und außerordentlich gelungen. Die Aromen sind dicht und harmonisch und ebenso wie die überraschende, beinahe klirrende Frische im Mund faszinierend komprimiert und voller Spannung.