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Im Portrait

Barone Ricasoli

Das Castello di Brolio ist seit langer Zeit Federführer eines wichtigen Teils der Wein-Geschichte der Region Chianti Classico und das Castello selbst steht symbolisch für die Region. Heute ist das Anwesen mit 1.200 Hektar das größte und zugleich eines der wichtigsten Weingüter in der Chianti Classico DOCG. Zusätzlich zu den 235 Hektar Rebfläche gehören auch Olivenhaine, Felder und großflächige Eichen- und Kastanienwälder zum Besitz, der sich um das Schloss in Gaiole bis nach Castelnuovo Berardenga über rollende Hügel erstreckt.

Als Rückhalt des großartigen Erfolges dient die Tradition, denn die Wurzeln der adeligen Familie Ricasoli reichen bis zur Zeit von Karl dem Großen zurück – sich allein das vorzustellen ist schon großartig! Wein macht die Familie nachweislich seit dem Jahr 1141, vermutlich aber sogar schon viel länger. Bereits im 16. Jahrhundert wurden die Weine zu den damals extrem wichtigen Weltmärkten Amsterdam und England exportiert. Außerdem kann die Familie im Grunde die Erfindung des Chiantis für sich beanspruchen. Bettino Ricasoli, der im 19. Jahrhundert auch italienischer Ministerpräsident war, legte circa 1872 die erste Rezeptur des klassischen Chianti (heute Chianti Classico) fest. Damals verlangte die Assemblage noch nach Weißweintrauben im Blend, um dem Wein mehr Zugänglichkeit und Frucht  zu verleihen, mittlerweile hat sich das geändert.

Und wenn man meint, dass eine derart lange und erfolgreiche Historie nicht mehr getoppt werden kann, so wird man getäuscht. Setzte das Weingut doch auch in diesem Jahrhundert unter der Führung des weltoffenen, charmanten und abenteuerlustigen Francesco Ricasoli weitere Teile ins Puzzle der unglaublichen Erfolgsgeschichte. Der junge Baron, der bis dato seine eigene Erfolgsgeschichte als Werbefotograf zelebriert hatte, eroberte 1993 das traditionsreiche Weingut seiner Ahnen aus den Händen eines multinationalen Konzerns. 1997 startete er mit dem großen Chianti Castello di Brolio die Renaissance von Brolio und bereits 2002 wurde das Castello di Brolio 2002 zu Italiens Weingut des Jahres. Was für ein unglaublich rasanter Aufstieg! Innovative Herausforderungen jeder Art wurden mit dem tiefsten Respekt vor Francescos berühmten Vorfahren, die dieses Gebiet groß gemacht haben, gemeistert.

Each wine we produce has a very independent personality, though all are produced in the same territory. The credit lies in the multifaceted soils, altitudes and microclimates that allow us to bring out the true nature of the Brolio Terroir.

– Francesco Ricasoli

Getragen sind diese Erfolge der modernen Zeit von intensivster Arbeit in den Weingärten. Francesco Ricasoli war von Anfang an auf Qualitätskurs, und mit dem Wissen, dass wirklich große Weine im Weinberg gemacht werden, hatte er zuerst umfassende Neupflanzungen veranlasst und stellte sicher, dass verschiedene hochwertige Sangiovese-Klone in seinen Weinbergen gepflanzt wurden. Unter anderem waren auch die allerbesten Klone der ursprünglichen Sangiovese-Stöcke aus den Weinbergen um das Castello di Brolio dabei. Die ständige Erforschung der verschiedenen Bodentypen des Anwesens und die klonale Selektion des Brolio Sangiovese gehören zu Francescos größten Leidenschaften, er hat sogar seine Weinberge, die auf 220 bis 250 Höhenmetern hauptsächlich in Süd- und Südwest-Ausrichtung liegen, vollständig neu kartiert. Das Zentrum all seiner Anstrengungen war stets die Nachhaltigkeit. Das komplette Anwesen ist eine Hymne an die Artenvielfalt. 70 Prozent der großen Fläche sind mit Wäldern und mediterraner Macchia bedeckt, die sich durch eine außergewöhnliche Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten auszeichnen. Eine riesige grüne Lunge, die heute wie damals nach einer jahrhundertealten Tradition gepflegt wird.

Barone Ricasoli

Modernste Kellertechnik garantiert nach der sorgfältigen und selektiven Handlese anschließend den optimalen Ausbau der im Weinberg gewonnenen Qualitäten. Die Weine werden im Stahltank vergoren und bleiben selten länger als drei Wochen auf der Maische, bevor abgepresst wird. Die Riserva und Gran Selezione Qualitätsweine werden anschließend zu 20 bis 40 Prozent in neuer französischer Eiche ausgebaut, alle anderen Weine in gebrauchtem Holz. Francesco spielt mit verschiedenen Größen der Fässer, von 225 Liter fassenden Barriques bis hin zu 500 Liter fassenden Tonneaux.

Mit seinem ersten Colledila aus dem Jahrgang 2010 erreichte Francesco Ricasoli einen weiteren Meilenstein: ein Einzellagen-Wein, gekennzeichnet als Gran Selezione, wurde kreiert.

Francesco schafft es immer wieder, der jahrhundertelangen Weingeschichte des Castello di Brolio neue Bewegung und Drive einzuhauchen. Das Weingut ist der Inbegriff der Weingenialität! Die charmante Zugänglichkeit und das »Lecker-Gen« der Weine machen die größte Freude.

Aktuelles

Neueste Jahrgangsberichte

Barone Ricasoli

»Die letzten Jahrgänge waren alle ein wenig verrückt«, berichtet Francesco Ricasoli. Die Sommermonate waren immer heiß und sehr trocken, dann rettete eine ausreichende Regenmenge glücklicherweise Ende des Sommers doch noch die Qualität und die Menge des Traubensafts 2020 und 2021. Der Frühfrost in der Toskana im Jahr 2021 reduzierte auch bei Ricasoli die Erntemenge. Nach dem heißen und trockenen Sommer kam Ende August und Anfang September wie gesagt der ersehnte Regen. Die Qualität der 2021er-Weine bei Ricasoli ist durch die Bank herausragend. Sie zeigen sich verführerisch komplex und zugleich wollüstig in ihrer tiefen und immer sehr klaren Fruchtigkeit, dabei sind vibrierende Frische, Harmonie und Intensität das Kennzeichen des Jahrgangs. Generell ist 2021 in der Region Chianti Classico ein qualitativ herausragend guter Jahrgang. Aber bei Ricasoli war die Probe eine ganz besonders genussvolle Freude.

Francesco betont, dass die Arbeit im Weinberg immer wichtiger wird. Ein großer Wein kann nicht im Keller gemacht werden und die Präzisionsarbeit im Weinberg zählt mehr denn je. Man kann schon lange nicht mehr wie noch vor 20 Jahren jede Lage und jeden Weinberg gleich bearbeiten, sondern es muss genau beobachtet und analysiert werden, was die Reben genau benötigen, beispielsweise wie viele Blätter nötig sind, um den Trauben Sonnenschutz zu geben und dennoch auch ausreichend Luftzirkulation in den Weinbergen zu ermöglichen. Ebenso ist zu beachten, wie die Begrünung zwischen den Rebzeilen Einfluss auf den Wasserbedarf der jeweiligen Lage hat. Es wird immer wichtiger, auf das sich verändernde Klima einzugehen und dementsprechend zu reagieren. Im Vergleich zu den ersten heißen Jahrgängen des Jahrhunderts, wie beispielsweise 2003, wurde inzwischen enorm viel Erfahrung gesammelt und dazugelernt. Beim Gedanken an Verbesserungen und Lerneffekte bleibt Francesco Ricasoli nach meinem Besuch als enorm beeindruckende Persönlichkeit in Erinnerung. Der begeisterte Japan-Fan erklärt das Prinzip des »Wabi Sabi«, das die Schönheit des Unperfekten ausdrückt. Francesco ist in seiner Rolle als visionärer Gestalter und Begleiter der Weine des Castello di Brolio nahbar und bescheiden, es ist berührend, mit Partnern wie ihm zusammenzuarbeiten.