Sizilien zählt zu den absolut spannendsten Weinregionen Italiens – Spitzenwinzer treiben die Qualität der alten autochthonen Rebstöcke ständig weiter nach oben.
Sizilien ist nur einen Katzensprung vom südlichen Kalabrien entfernt. Die schmale Seestraße »Strait of Messina« trennt die beiden Regionen voneinander. Mit der Bewegung weg von Massenproduktion und hin zur Qualität erlebt die Insel in den letzten Jahrzehnten die aufregendste Wiederbelebung in der Weinwelt Italiens.
Sizilien ist natürlich auch ein total faszinierendes Reiseziel, denn hier gibt es jede Menge Kultur und Geschichte zu erleben. Kein anderes Land veranschaulicht die verbliebenen Reste vorheriger Zivilisationen so gut intakt und vor allem auch so nah beieinander wie Sizilien: maurische Kirchen, griechische Tempel, römische Mosaiken, Festungen – ganz zu schweigen von der reichen und spannenden kulinarischen Geschichte. So wie in anderen Ländern eine Kaffeepause eingelegt wird, gehört hier die Eiscreme-Pause zum täglichen Leben und die Insel hat auch sonst ihre ganz eigenen Rituale. Und übrigens: Das beste Zitronensorbet gibt es ganz ohne Zweifel ebenfalls hier.
Marsala ist der berühmteste historische Wein der Insel. Er kommt von der gleichnamigen Hafenstadt im äußersten Nordwesten Siziliens und wurde im 18. Jahrhundert vom Engländer John Woodhouse entdeckt. Und bevor er im 20. Jahrhundert zum Kochwein degradiert wurde, stillte Marsala zusammen mit Portwein, Sherry und Madeira den Durst der Briten nach Likörwein. Das war wohlgemerkt zu einer Zeit, als die Briten mal wieder im Clinch mit Frankreich waren und dadurch die von ihnen so geliebten Bordeaux-Weine mit derart hohen Steuern belegt worden waren, dass ihr Handel fast zum Stillstand kam.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeichnete sich vor allem unter der zunehmenden Anzahl kleiner Produzenten der Drang ab, Qualitätsweine aus Einzellagen zu produzieren. Sizilien eignet sich eben auch perfekt für die den Weinbau.
Die gebirgige Insel hat ausgezeichnete Hanglagen, und der trockenen, mediterranen Hitze wird mit Anpflanzungen in höheren und somit kühleren Lagen entgegengewirkt.
Große Schwankungen zwischen Tages- und Nachttemperaturen ermöglichen einen langsamen Reifeprozess der Trauben und erhalten zugleich die notwendige Säure. In niedrigeren Lagen, vor allem im Inland, kann man im Sommer die Nähe zu Afrika oft deutlich spüren, wenn der Scirocco-Wind warme Luft herüber bläst. Der südöstliche Zipfel Siziliens liegt tatsächlich so weit südlich wie Tunesien! Zwar müssen vor allem internationale Rebsorten hier bewässert werden, aber durch die Trockenheit muss dafür so gut wie gar nicht gegen Pilzerkrankungen im Weinberg vorgegangen werden – ideale Voraussetzungen für den Bio-Weinbau. Die Böden auf der Insel sind auch total komplex. Von vulkanischem Ursprung um den Ätna im Nordosten zu sandig im Nordwesten bei Marsala und kalkreich im südöstlichen Noto gibt es allerlei Kombinationen.
Internationale Rebsorten wie Cabernet Sauvignon, Syrah oder auch Chardonnay werden zwar angepflanzt, aber das wahre Geheimnis der Insel liegt in der Fülle ihrer einheimischen Rebsorten, die eben perfekt für das warme, trockene Klima geeignet sind und auf die sich Winzer mehr und mehr konzentrieren.
Die rote Nerello Mascalese und die weiße Carricante sind die wichtigsten Rebsorten auf dem Ätna. Liebhaber der hiesigen Weine vergleichen das Anbaugebiet mit dem »Burgund des Mittelmeers«, so mineralisch, so fein, so elegant und auch so komplex können sie sein. Der Ätna liegt im Osten Siziliens und die Reben an seinen Hängen profitieren von gut durchlässigen vulkanischen Böden. Der Weinbau im Schatten des aktiven Vulkans ist natürlich ein riskantes Unterfangen. Die finessenreiche Nerello Mascalese dominiert auch die Cuvées von Faro an Siziliens äußerster Nordostküste. Nero d’Avola ist insgesamt die am meisten angebaute rote Rebsorte der Insel. Im Geschmack ist sie der dunkelbeerig-würzigen Syrah gar nicht so unähnlich.
Auf Sizilien gibt es auch einige Weingüter, die nicht nur zurück zu den Ursprüngen der Weinerzeugung gehen und ihre Weinberge ganz naturnah bewirtschaften, um den Wein dann völlig unkonventionell in Amphoren auszubauen, sondern oft noch einen Schritt weiter gehen und nach biodynamischen Regeln, also mit den Mondphasen, arbeiten. Occhipinti und COS zum Beispiel nutzen vermehrt Amphoren für den Ausbau und die daraus resultierenden Weine bieten ein faszinierendes und überaus spannungsreiches Geschmackserlebnis.