Elio Altare war zu Beginn der Revolutionär schlechthin, angefeindet und belächelt, im Streit mit seinem traditionalistischen Vater war er der Vorreiter der radikalen Ertragsbeschränkung im Weinberg und der erste Winzer, der mit den tanninreichen Baroli in neue Eichenholz-Barriques ging, um mit der dort erfolgenden Sauerstoffzufuhr früher zugängliche, fruchtigere und charmantere Weine zu erhalten. Seine großen Weine aus La Morra und aus den Einzellagen Arborina und Brunate, demnächst auch Cannubi, gehören zusammen mit den Weinen von Sandrone und Scavino zu den Prunkstücken der Modernisten. Jetzt ist Elio ein lebender Mythos und einer der angesehensten Winzer der ganzen Region.
Eine Ausnahme-Persönlichkeit. Und ein Verrückter, der inzwischen in extremster Handarbeit mit nunmehr über 60 Jahren einen grandiosen Weinberg in der Cinqueterre Liguriens reanimiert. Ein grandioses Unikat. Und nun beginnt er die extrem ertragsbeschränktesten (10 hl/ha) alten Reben der besten Lage Arborina per Vorlese zu ernten und per Hand zu entrappen, jedes nicht gefallende Beerchen wird aussortiert. Vergoren wird auf der Naturhefe in einer kleinen Holzeinheit. Leider erzeugt Elio Altare überall nur sehr geringe Mengen und es ist nicht so leicht an seine Weine zu kommen. Das Gute für uns: Seine Tochter Silvia, ein wahres Energiebündel, wird in seine Fußstapfen treten, diese Ausnahmeweine bleiben uns also erhalten. Und sein japanischer Kellermeister ist ein Riesentalent und großer Könner. Eine erstklassige Fortführung des Lebenswerks Elio Altares scheint gesichert.
Die größte Neuigkeit bei Elio Altare ist die Verlängerung des Pachtvertrags der kleinen Parzelle in der begehrten Cru Lage Cannubi. Dafür habe ich seit Jahren beide Daumen gedrückt gehalten, denn die Pacht lief 2024 aus. Eine Woche vor meinem Besuch konnte zum Glück ein Deal für 10 weitere Jahre abgeschlossen werden. Das Weingut arbeitet mit einigen geleasten Weinbergen. Silvia Altare erzählt, dass die früher wesentlich längeren Pachtverträge von 15 bis 20 Jahren – ganz besonders bei exklusiven Lagen – heute oft nur noch zwei bis fünf Jahre lang laufen. Und wenn Altare einmal in einer Lage gearbeitet hat, steigt der Preis des nächsten Pachtvertrags garantiert. Bisher verlor das Weingut deshalb die ein oder andere Lage wieder an Weingüter, die tiefer in die Tasche greifen konnten und wollten. Deshalb hält Silvia stets die Augen offen für neue Parzellen, die zum Leasing frei werden. Aber wie gesagt ist diesmal alles gut gegangen mit Cannubi.
Aber leider ging der Preis natürlich weiter in die Höhe und das Weingut wird daher den Preis des Altare Barolo Cannubi bedeutend anheben müssen. Ausgerechnet der große Jahrgang 2021 wird somit für unsere besonders schnellen Kunden, die sich ein paar Flaschen von dem streng zugeteilten Stoff sichern können, eine Chance sein, sich »einzudecken«. In Anbetracht der genialen Qualität des Jahrgangs ist der Jahrgang eh für alle Altare Fans ein absolutes Muss! Die Baroli präsentieren sich bei Elio Altare durch die Bank reichhaltig und konzentriert. Die brillant rot-fruchtigen Weine (bei vielen Barolo-Weingütern haben die 2021er ein eher dunkles Fruchtprofil, aber bei Altare ist die Frucht eher klirrend rot!) zeichnen sich durch eine herausragende Harmonie und verführerische, vielschichtige betörende Würze im saftigen Nachhall aus.
Im Weinberg war das Jahr ziemlich »easy«, sagt Silvia Altare. Kein Hagel und keine außergewöhnlichen Herausforderungen während der Wachstumsperiode, auch vom Frost blieb das Weingut in La Morra verschont. Die Temperaturen waren mit 30°C tagsüber und 15°C bei Nacht ausgeglichen und lieferten perfekte Bedingungen für das gleichmäßige Ausreifen der Trauben. Allerdings war 2021 auch der Beginn einer langen Durststrecke für die Reben. Nach dem Frühling verlief der Jahrgang trockener als gewöhnlich. Die Lese der Nebbiolo-Trauben war am 16. Oktober beendet.
Ansonsten gibt es bei Altare keine Änderung. Seit 10 Jahren verwendet Silvia für einen Teil der Weine die Burgunder Fässer von François Frères, die auch in den besten Kellern des Burgunds in Reih und Glied stehen. Ansonsten bleibt sie den Taransaud-Fässern, die schon ihr Vater zu schätzen wusste, treu.
Das Weingut Elio Altare arbeitet hauptsächlich mit geleasten Weinbergen, das heißt also, diese werden vom Weingut für einen bestimmten Zeitraum genauso bewirtschaftet wie ihre eigenen Lagen. Pachtverträge laufen heute oft nur noch zwei Jahre lang (früher waren es eher 15 bis 20 Jahre!), dann werden die Karten neu gemischt. Erfahrungsgemäß steigen die Traubenpreise, sobald eine Lage mal Trauben für die ultra-gefragten Altare Weine hervorgebracht hat. Das bedeutet, dass eine Lage ab dem nächsten Pachtvertrag nicht selten gleich fünf Mal so teuer sein kann! Obwohl Altare Weine bereits im gehobenen Preisbereich liegen, ist eine derartige Erhöhung wirtschaftlich nicht tragbar. Silvia Altare ist daher immer auf der Suche nach Top-Lagen, aber welche zu finden, die noch halbwegs bezahlbar sind, wird zunehmend schwieriger. Vom Jahrgang 2020 füllte das Weingut Elio Altare eine durchschnittliche Menge von 80.000 Flaschen ab. Dieses Jahr konnte Silvia erstmals Trauben aus der neuen Lage »Bricco Ambrogio« in Roddi ernten, sie gehen ebenso wie die Trauben aus Pernanno (Castiglione Falletto) und Sarmassa (La Morra) in den Barolo Classico. Im 2020er Barolo Classico Blend is zudem ein Teil der Trauben der exklusiven Cru Lage Cerretta aus Serralunga. Silvia Altares Tochter Nora wurde im Mai 2020 geboren, daher war sie selbst im Herbst 2020 zwar bei allen wichtigen Entscheidungen dabei, aber das Lob für den schönen, erfolgreichen Jahrgang geht hauptsächlich an ihren langjährigen Kellermeister Tesu Cyo, der seit 2009 mit Silvia arbeitet und der bei der Lese dafür sorgte, dass auch 2020 alles seinen gewohnten Gang ging. Auch Elio Altare war im Jahrgang 2020 »Hands-on«. In La Morra war der Jahrgang im Weinberg recht unspektakulär und mit einer gleichmäßigen Wachstumsperiode gesegnet. Elio Altare Baroli 2020 zeichnen sich durch ihre phänomenale Balance aus. Sie sind mit saftiger Frucht und spannender Frische ausgestattet, daher ist der Ausbau im Barrique dieses Jahr weniger präsent, denn das Holz wurde komplett aufgenommen. Wenn ich die Weine mit einem Wort beschreiben müsste, wäre es »Harmonie«.
Bei Silvia Altare stehen in den nächsten Jahren ein paar Änderungen an, die zum Teil darin begründet liegen, dass die Verträge geleaster Lagen, wie zum Beispiel die Barolo Cannubi, in Kürze auslaufen. Heute sind leider sowohl die Traubenverträge als auch die Traubenpreise für zugekaufte Trauben in La Morra ins schier unermessliche gestiegen. Daher heißt heute auch Silvias ehemaliger Barolo La Morra nur noch Barolo, weil inzwischen circa 40 Prozent Serralunga-Trauben in den Wein kommen. Ansonsten, was die Weinbereitung angeht, ist beim Weingut Elio Altare alles so solide wie eh und je, und Silvia steuert das Schiff mit ihrer sicheren Hand. Der beste Wein des grandiosen klassischen Jahrgangs 2019 ist sicher der Barolo Cannubi, der viel reife, saftige Frucht mit seiner grandiosen Struktur verbindet. Er ist der ultimative Finessewein bei Altare. Die Pacht konnte hier bis 2024 verlängert werden, dann sieht man weiter. Der Vigneto Arborina ist sicher der Wein, in dem der Ausbau im Barrique am präsentesten ist, dabei lebt er von seiner Balance und Trinkigkeit.