Ende der 80er Jahre übernahmen die Töchter von Giacinto die Geschicke von Brovia. Elena (Agrarbetriebswirtin) und Cristin (Önologin) bewahrten die Tradition des Weinguts Brovia und führten es gleichwohl in die Moderne. Seit 2018 ist allein Elena zusammen mit ihrem Mann Alex Sanchez verantwortlich für das Weingut. Schon immer hatte man bei Brovia ein Bewusstsein für die Bedeutung des Terroirs und damit eine kompromisslose Haltung gegenüber der Auswahl beim Kauf der besten Lagen. Und die Familie schaffte es in der Tat, großartige Weinberge im Barolo-Anbaugebiet zu erwerben: Rocche, Villero und Garblèt Sue in Castiglione Falletto und Karn und Brea in Serralunga d’Alba.
Die Philosophie des Weinguts Brovia war und ist es, Weine mit großem Charakter hervorzubringen. Alle auf die gleiche Weise traditionell vinifiziert, aber immer mit sehr spezifischen und klar definierten Eigenheiten. Jeder Wein, jeder Barolo soll den Reichtum der großen Langhe-Weinberge naturgetreu widerspiegeln. Großer Wein hängt von der Qualität der Trauben ab. Dies im Sinn, nimmt man sich im Weingut Brovia viel Zeit für Pflege der Weinberge. Wenn die Trauben ihre Farbe ändern, beginnt die grüne Lese. Hier werden nur die besten Mitarbeiter mit viel Erfahrung rangelassen. Und um immer zu wissen, wie es um die Qualität der Böden bestellt ist, wird das Gelände mit seinen Böden regelmäßig analysiert. Die Vinifikation bei Brovia ist eher traditionell. Die Trauben werden leicht angedrückt und die Frucht wird komplett entrappt. Die Mazerationszeit variiert je nach Wein. Die Temperatur während der Fermentation liegt zwischen 28–30 °C. Der Ausbau der Barolo und Barbaresco erfolgt in großer slowenischer und französischer Eiche. Danach Abfüllung ohne Filtration. Alles nüchterne Fakten, aber in Summe verantwortlich für grandiose Weine. Brovia kreiert druckvolle und elegante Weine zugleich. Extrem präsent und vor allem eines: ausdrucksstark.
Für Alex Sanchez ist 2020 ein Jahrgang, der das perfekte Mittelmaß zwischen dem charmanten, harmonischen Finesse-Jahrgang 2018 und dem reichhaltig strukturierten, mächtigen und wunderbar klassischen Jahrgang 2019 darstellt. Brovias 2020er sind tief, komplex und balanciert. Die Weine haben eine wunderbare Saftigkeit, die tatsächlich an die 2018er erinnert, aber die Weine sind noch deutlich dichter und tiefer. Alex Sanchez ist mit dem Barolo Garblet Sue 2020 ein absolut perfekter Wein gelungen. Ich muss mich nach dem Probieren erstmal fassen, um meine Begeisterung zu kontrollieren, das ist der größte Wein des Jahrgangs 2020 im Piemont! 2019 gab es keinen Garblet Sue, da die komplette Ernte kurz vor der Lese vom Hagel zerstört wurde und mir scheint es, als wollten die Reben das mit extra grandiosen Trauben wieder gut machen. Der Wein ist auf jeden Fall ein Erlebnis und eine Faszination. Nur knapp dahinter liegt der Rocche di Castiglione des Weinguts. Er ist nicht so geheimnisvoll wie Garblet Sue, dafür aber unendlich fruchtklar und mit vibrierender Würze ausgestattet. Der Barolo Villero 2020 steht stolz auf dem dritten Platz. 2020 ist bei Brovia ein ganz besonders schöner Jahrgang. Die Baroli sind anmutig ohne Ende und kombinieren hedonistische Würze mit Saftigkeit. Ich liebe diesen athletischen Stil der Weine, denn sie sind muskulös und zugleich erstaunlich elegant und definiert. Einfach wunderbar! Auch ansonsten gibt es Neues im Weingut: 2024 wird erstmals ein Metodo Classico released. Das Ziel war es, einen authentischen Blend der Langhe zu kreieren und der »Jungfernjahrgang« ist ein grandioser Start für dieses spannende Projekt. Watch this space! Schaumwein aus dem Piemont wird wahrscheinlich zum »Next Hot Stuff« gehören. Zudem hat das Weingut nun einen brandneuen Verkostungsraum mit Ausblick über die Weinberge.
2022 fand im Piemont ebenso wie im Rest Europas eine der frühesten Weinlesen überhaupt statt. Brovias energiegeladener Winzer Alex Sanchez hat alle Trauben im Keller, zum Teil sind die Weine sogar schon fertig vergoren. Alex kann sich – wie viele andere Winzer – die Balance und Stimmigkeit der 2022er Weine nicht erklären. Die Weine wurden wie erwartet mit potenziell höheren Alkoholwerten gelesen. Doch während der Gärung blieb zum einen die Säure der Weine stabil, und zum anderen der tatsächliche Alkoholwert niedriger als erwartet. Wir bekommen bei Alex eine Vorschau auf einen bereits durchgegorenen Dolcetto, der – falls die Entwicklung im Fass wie erwartet weiter geht – ein weiterer Jahrgang des nur äußerst selten gemachten »Dolcetto Solatio« werden wird. Dieser Wein wurde zuletzt 2019 und davor 2009 gemacht. Alex’ 2019er Barolo sind körperreiche, präzise definierte Marathonläufer. Die starken Frucht-Muskeln halten alles am richtigen Platz. Die intensive Mineralik begeistert nicht nur im grandiosen Barolo Villero, auch der Barolo Brea Ca' Mia ist in diesem fantastischen Jahrgang 2019 phänomenal vielversprechend.