Ronchi di Cialla ist eines der alteingesessenen und traditionellen Weingüter der Region Collio Orientali del Friuli im Nordosten Italiens, nur wenige Kilometer von der slowenischen Grenze entfernt. Roncs bedeutet im friulanischen Dialekt übersetzt »mit Reben bewachsener Hügel« und Cialla ist der Name des abgelegenen, weitgehend unberührten Tals, in dem sich das Weingut befindet. Cialla leitet sich übrigens aus dem slowenischen Wort Cela ab, das wiederum »Riviera« bedeutet und auf das mediterrane Mikroklima hinweist. Neben Olivenbäumen fühlen sich auch viele andere mediterrane Pflanzen hier zu Hause.
Die steilen, terrassierten Hänge sind aufgrund ihrer idealen Ausrichtung perfekt für den Weinbau geeignet.
Laut einer lokalen Folklore wurden sie bereits in der ehemaligen Republik Venedig im 15. Jahrhundert von türkischen Gefangenen angelegt. Dass die Weine des Cialla-Tals schon damals geschätzt wurden, belegen Dokumente aus dem Jahr 1496, aus denen hervorgeht, dass die Kathedrale von Cividale del Friuli damals jedes Jahr einen Teil der Weine kaufte.
Das Cialla-Tal durchschneidet die Berge von Südwesten nach Nordosten und ist durch den dichten Wald aus alten Eichen, Kastanien und wilden Kirschbäumen vom Rest des Collio Orientali del Friuli ziemlich abgeschnitten. Das in die Berge eingebettete Tal ist immer windig und etwas kühler. Hier gibt es zudem deutlich mehr Niederschlag als im übrigen Collio Orientali del Friuli. Der Untergrund besteht wie in den Regionen Collio und Collio Orientali del Friuli auch aus Mergel, Lehm und Kalkstein. Die Besonderheit ist aber der höhere Anteil an Kalkstein in der Cru-Lage Cialla, der dazu führte, dass sie 1995 eine eigene Monopol-Unter-Appellation für das einzigartige Terroirs erhielt, ähnlich wie beispielsweise auch Sassicaia, die als DOC anerkannt wurde. Diese DOC bezieht sich ausschließlich auf die autochthonen Rebsorten der Region Friaul, dazu gehören die weißen Rebsorten Verduzzo, Picolit und Ribolla Gialla sowie die roten Rebsorten Refosco dal Peduncolo Rosso und Schioppettino.
Als Dina und Paolo Rapuzzi ihr Weingut 1970 gründeten, waren die Visionäre ihrer Zeit voraus, denn sie machten es sich bewusst zum Ziel, einen Fokus auf die faszinierend andersartigen autochthonen einheimischen Rebsorten zu legen. Damals pflanzten die meisten Winzer Kollegen der Region vermehrt internationale Rebsorten wie Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Sauvignon Blanc an. Die Bevorzugung autochthoner Sorten war bedeutend schwieriger zu erklären und daher waren sie überhaupt erst aus der Mode geraten. Die rote Rebsorte Schioppettino wurde sogar bereits offiziell als »ausgestorben« erklärt. Das bedeutete, dass der Anbau der Rebsorte per Gesetz damals nicht mehr erlaubt war. Das Ehepaar wollte das aber nicht akzeptieren und kämpfte einige Jahre für die Wiedereinführung der Schioppettino in ihrem Ursprungsgebiet. 1976 erhielten die Rapuzzis für die Rettung der Schioppettino und die Rückkehr der Rebsorte die Auszeichnung »Risit d'Aur« (die goldene Rebe). Heute wird vermutet, dass alle Schioppettino-Reben des Friauls – und der Welt – auf das Weingut Ronchi di Cialla und das Cialla-Tal zurückzuführen sind. Zudem legten Dina und Paolo von Anfang an Wert darauf, dass ihre Weine großes Reifepotenzial mitbrachten.
Neben der Schioppettino (die auch Ribolla Nera genannt wird) konzentrierten sich Dina und Paolo auf Refosco und Pignolo sowie auf die Weißweinsorten Ribolla Gialla, Friulano, Verduzzo und Picolit. Die Weißweine von Ronchi di Cialla sind natürlich ebenso einzigartig und spannend. Aber die weltweite Anerkennung genießt das Weingut für seine Rotweine, denn diese gehören zu den besten und individuellsten Italiens. In Ihrer Jugend bleibt ihr Potenzial zwar oft versteckt, aber nach fünf bis zehn Jahren im Keller legen sie ihr magisches Gewand der vielschichtigen Erdigkeit an. Die autochthonen Rotweine des Friauls verdienen eigentlich viel mehr Anerkennung.
Bei Ronchi di Cialla werden die Trauben mit wilden Hefen natürlich vergoren. Der Ausbau erfolgt in Eichenfässern, die durch ihr leichtes Toasting einen wohldosierten würzigen Geschmack beitragen. Nach der Abfüllung reift der in nummerierten Flaschen befindliche Wein im Dunkeln des Weinkellers, bis diese nach ausreichendem Flaschenlager zum richtigen Zeitpunkt, wenn die Weine beginnen, die Persönlichkeit und Typizität der Cru-Lage Cialla herauszurücken, auf den Markt gebracht werden. Auch das ist heutzutage schon ziemlich unique.
Heute werden die Geschicke des Weinguts von Ivan und Pierpaolo, den beiden Söhne von Dina und Paolo, geleitet. Schon während ihrer Kindheit lernten die beiden auf spielerische Art und Weise von ihren Eltern und kennen das Geschehen sowohl in den Weinbergen als auch im Keller bis ins kleinste Detail. Dennoch studierten beide Entomologie, also Insektenkunde. Das erklärt vielleicht ihr Streben nach einer möglichst großen biologischen Artenvielfalt in den eigenen Weinbergen. Auf Ronchi di Cialla wurde übrigens schon immer ökologisch gearbeitet, obwohl noch nie eine Zertifizierung angestrebt wurde.
In den Weinbergen werden alle Arbeitsschritte in sorgfältiger Handarbeit erledigt, aber zugleich sind die beiden Wissenschaftler dem Fortschritt natürlich nicht abgeneigt. Sie überwachen die Weinberge mithilfe einer computergesteuerten mikroklimatischen Kontrolleinheit. Diese ermöglicht es ihnen, wenn nötig schnell und dadurch minimalinvasiv und mit umweltfreundlichen Produkten eingreifen zu können. Bei Ronchi di Cialla werden Fortschritt und Tradition somit auf geniale Art und Weise vereint.