Die beiden lernten sich im Wirtschaftsstudium in Montpellier kennen und hatten ihre Köpfe damals schon eher in Weinbüchern als in BWL-Kompendien. Die Studienfreunde waren sich rasch einig, was sie wollten: Wein machen! Aber ohne Weingut, Weinberge und Kapital blieb das zunächst nur ein ferner Traum. In die Weinbranche zog es die beiden nach dem Studium dennoch. Mit findigem Unternehmergeist zog es sie dorthin, wo sie derzeit mit ihrem großen Know-How der französischen Fine Wine-Szene großes Kapital schlagen konnten: China. Sie gründeten ein erfolgreiches Wein-Import-Startup für französische Top-Weine, vor allem Burgunder. Innerhalb von nur zehn Jahren hatten sie ein sehr lukratives Business aufgebaut. Doch ihnen fehlte die Heimat, das Languedoc, ihre Familien und vor allem die Verwirklichung ihres eigentlichen Traumes einer eigenen Domaine. Also fassten sie den Entschluss: alles verkaufen und zurück nach Hause.
Mit sattem Kapital ausgestattet, machten sie sich daran, allerfeiste Parzellen mit uralten Reben und perfekten Böden zusammenzukaufen. In und um das Weltklasse-Terroir der Terrasses du Larzac, wo auch Daumas Gassac heimig ist, wurden sie fündig.
Mit ihrer großen Liebe, dem Burgund, als Vorbild waren sie vor allem an möglichst puren Kalkstein-Terroirs interessiert.
Da sie durch den Verkauf ihrer Firma in China finanziell auf soliden Beinen standen, konzentrierten sich Matthieu und Nicolas nur auf kleinste Weinbergsstücke, die ihrem extrem hohen Anspruch genügen. In dieser so spannenden, waldigen Region zwischen Languedoc und Roussillon, zwischen Bergen und Meer, liegen die Filetstücke von Cassagne et Vitailles wie ein Mosaik zersplittert. Überwiegend alte Reben von Carignan, Syrah, Grenache und Cinsault, sowie etwas Chardonnay, Colombard und Sauvignon Blanc für die Weißen. Alles ist in biologischer Bewirtschaftung (ohne Zertifizierung), der Dünger wird selbst hergestellt, Schafe weiden zwischen den freistehenden Busch-Reben. Es ist ein Mikro-Projekt, das mit diesem Freakansatz von nur wenigen Fässern aus einem Weinberg wirtschaftlich kaum überleben könnte. Doch darum geht es bei Cassagne & Vitailles auch nicht, sondern einzig und alleine darum, die größtmöglichen Weine des Languedoc zu erzeugen.
Von Suckling und anderen Journalisten werden die Weine schon durch die Decke gelobt und einige Pariser Restaurants verkaufen die Top-Weine für mehrere hundert Euro pro Flasche auf der Karte.
Der Hype ist gewissermaßen berechtigt, denn Cassagne & Vitailles schmeckt anders als alles, was ich bisher aus der Region im Glas hatte.
Es erinnert mich viel eher an Château Rayas in Châteauneuf oder die feinen Berg-Garnacha aus der Sierra de Gredos bei Madrid. Als riesige Burgunder-Fans ist ihr Ansatz klar: überwiegend Einzellagen und rebsortenreine Abfüllungen, ganz zarte Vinifikation, eben alles wie in der Bourgogne.
Was Cassagne & Vitailles aus diesen alten Rebbeständen herausholt, ist schlicht spektakulär. Die puristische, aber unglaublich ausgeprägte Aromatik, die geschliffene Feinheit, so pur und kristallin, hochfein und tänzelnd, einfach unvergleichlich. Das ist ganz großes Burgunder-Kino aus dem wilden Süden, völlig andere Rebsorten natürlich, aber eine Finesse, die ihresgleichen höchstens in den allerfeinsten Grenache oder eben Pinot Noir findet. Solche Weine gibt es in den Terrasses du Larzac kein zweites Mal, überzeugen Sie sich selbst.