Thierry Germain kann ohne Übertreibung zu den allergrößten Winzern der Loire gezählt werden. Er beherrscht die Vielfältigkeit der Loire wie nur ganz wenige Winzer. Man kann dabei aber nicht sagen, ob seine Rot- oder seine Weißweine besser sind, er beherrscht eben die ganze Farbpalette der Loire auf Top-Niveau. Germain stammt eigentlich aus dem Bordelais. Er entschied sich dann in den 90ern, diese für ihn damals langweilige Region zu verlassen und ein Weingut an der Loire zu übernehmen. Denn da ging die Post ab. Mit 12 Hektar fing er an, heute greift er auf 28 zurück und hat die seiner Auffassung nach ideale Betriebsgröße gefunden. Als Winzer, der den Weinbau möglichst in geschlossenen Kreisläufen praktiziert (seit 2000 zertifiziert biodynamisch) und sowohl dem Mensch als auch der Natur und Tieren etwas abgeben möchte, lancierte Germain ein System, das eben auch seine Mitarbeiter persönlich anreizt und belohnt. Pro zwei Hektar steht ihm eine Arbeitskraft zur Verfügung. Seine Mitarbeiter bewirtschaften einzelne Parzellen, pflegen diese ganz persönlich, und haben dafür großen Arbeits- und Entscheidungsspielraum. Germain selbst ist davon überzeugt, dass Chenin Blanc und Riesling die größten Rebsorten der Weinwelt sind. Erst seit 2006 sieht er auch den Cabernet Franc als ebenbürtig, denn erst seitdem ist er mit den Resultaten zufrieden. Nur wenn die Rebsorte die nötige Reife und Komplexität erreicht, ist das Resultat groß. Das ist dann eine Belohnung nach jahrelanger Optimierung und Training der Rebanlagen.
Thierry Germain erzeugt seine 12 Cuvées im Tuffsteinkeller seiner Domaine. Den Treppeneingang hat er selbst aus dem Stein gegraben. Ist man erst mal unten im verwinkelten Keller angekommen, kann man sich hier durch die feinsten Weine der Loire trinken. Dort stehen Stockinger-Fässer von exzellenter Qualität, sie stammen aus der Zeit, als Stockinger noch persönlich zu den Winzern reiste, um dort die Fässer vor Ort zu erbauen. Gemeinsam mit Gauby war er der erste Winzer, der diese legendären Fässer in Frankreich besaß. Amphoren reihen sich neben Betontanks, Eichenfässern, großem Holz und Solera-Anlagen, die Bandbreite ist enorm. Stahl steht hier nicht zum Ausbau bereit, denn Wein muss für Thierry in lebendem Material reifen. Im Mittelpunkt steht nur der perfekte Wein. Wenn es nach dem Winzer geht, so versucht er bei 11 % Vol. Alkohol die möglichst reife Traube zu erzielen, diese muss quasi »al dente« sein. Die Frische und Leichtigkeit in Verbindung mit mineralischem Gerüst ist zentrales Merkmal des Weingutstils.
Außerdem beherrscht Germain die elegante Feinheit der Tannine beim Cabernet Franc wie kaum ein anderer Winzer. Zusammen mit den befreundeten Foucault-Brüdern, den Koryphäen der Loire von der Domaine Clos Rougeard, tauschte er sich regelmäßig aus und lernte viel über den »goût« der Loire. Heute sind seine Weine auf gleichem Niveau und man respektiert sich gegenseitig. Was die Vinifikation angeht, so ist alles auf die ideale Pflege der Rebanlagen und Böden als Basis guter Weine ausgerichtet. Fungizide, Pestizide und Herbizide haben die Böden nicht gesehen. Maximal 30 Minuten braucht es, bis die entferntesten Trauben im Keller ankommen, davor wurden sie im Weinberg und am Sortiertisch ausgewählt. Behutsamkeit und langsame Aromengewinnung sind wichtiger Bestandteil, es findet kein Stößeln und Remontieren des Saftes statt, eher eine behutsame Infusion der Maische. Wie beim Tee, alles um die zartesten Aromen heraus zu kitzeln. Pure Understatement-Weine, immer auf Frische und Spannung aufgebaut.