Die Demeter-zertifizierten Weinberge liegen im 1er Cru Avenay Val d’Or, einem sehr speziellen Terroir, genau am Schnittpunkt zwischen dem Vallée de la Marne und der Montagne de Reims. Die Champagner von Augustin sind aber nur nicht deshalb mehr als unique.
Die Heimatgemeinde von Augustin, Avenay Val d’Or, ist wirklich ein superbes Terroir. Wir sind zwar offiziell noch im Vallée de la Marne dort, allerdings ist der Charakter des Ortes und auch seine geographische Lage viel eher der Montagne de Reims zuzuschreiben, denn der Grand Cru Aÿ liegt nur einen Steinwurf westlich des Dorfes. Der Ort ist in eine sanft abfallende Hügellandschaft eingebettet, den kühlenden Wald im Rücken und gen Süden exponiert. Das verspricht schöne Reife bei knackig-frischen Säurestrukturen. Es ist also nicht verwunderlich, dass von Bollinger über Philipponnat bis Billecart-Salmon viele der Top-Häuser im 1er Cru Avenay-Val d’Or unterwegs sind, um überwiegend herausragende Pinot Noir-Trauben anzubauen oder zu kaufen.
Bei Augustin geht es um akribische und tiefgreifende Biodynamie in den Weinbergen, seit 2016 ist die gesamte Domaine Demeter-zertifiziert. Marc Augustin hat für alles seine eigenen Ideen. Er beschäftigt sich sehr viel mit kosmischen Konstellationen, sowie Mineral- und Pflanzenkunde. Er vergräbt Edelsteine mit unterschiedlichen Eigenschaften in den Ecken seiner Parzellen, genau wie er diese an den Wänden seines Kellers hat oder teilweise auch in die Fässer und Amphoren hineingibt während der Vergärung und des Ausbaus. Man kann über die Wirkweisen solcher Maßnahmen trefflich streiten, denn all das spielt sich in mikroskopisch kleinen oder gar überhaupt nicht seh- oder messbaren Spektren ab, aber darum geht es auch im Grunde gar nicht. Marc Augustin ist ein hands-on-Mann, er lebt für das, was er tut und seine Überzeugungen. Beinahe täglich geht es in die Reben, immer mitten in der Natur zu stehen, ist für ihn alles. Ob und wie nun alle seine Ideen tatsächlich Wirkung zeigen, ist schwer nachzuweisen, aber auch am Thema vorbei. Denn worum es eigentlich geht, ist die Hingabe und den Hirnschmalz, den er in seine Arbeit steckt. Kaum ein anderer Winzer in der Champagne ist so nah an seinen Reben, wühlt, gräbt, bastelt und schraubt in seinen Parzellen herum. Er hört jedes Blatt rascheln. Ich denke, Sie verstehen, was ich meine.
Im Winter weiden Schafe zwischen den Reben, ab der growing season ist dann fast alles Handarbeit bei Augustin. Die Reben sind in der Regel dauerbegrünt, es wird nur wenn nötig gepflügt, auch die Unterstockarbeit geschieht überwiegend manuell. Viele Lagen bewirtschaftet Marc Augustin auch mit dem eigenen Pferd, um seine mühsame Humus-Aufbauarbeit im Boden nicht durch unnötige Verdichtungen zu torpedieren. Marc Augustin und seine Frau Emmanuelle haben das Glück, auf Rebbestand zurückgreifen zu können, der kaum je mit konventionellen Weinbau in Berührung gekommen ist. Schon Marcs Vater verzichtete auf jegliche Herbizide, Insektizide oder chemische Düngemittel. Eine perfekte Voraussetzung, um diesen Weg konsequent fortzusetzen und immer weiter zu verfeinern.
Es gibt kein Edelstahl in Champagne Augustins Keller. Das Material ist den Biodynamikern viel zu steril. Sie nutzen für ihre Grundweine ausschließlich Holzfässer unterschiedlicher Größen aus lokalem Holz, ein paar Ton- oder Steingutamphoren oder auch das Dolium – ein Tongefäß, das schon die Römer zur Weinlagerung verwendeten – sowie emaillierte Tanks für die Reserveweine. Alle Weine werden rein spontan vergoren, meist mit einem Hefeansatz aus dem Vorjahr, den Augustin für jeden Wein anlegt und dann im Folgejahr wieder reaktiviert, um die Fässer und Amphoren mit den Kulturen derselben Weinberge wieder anzuimpfen. Auf Schönungsmittel wird weitgehend verzichtet, auch Schwefelzusatz wird nur in geringen Dosen verwendet und nur wenn es nötig ist. Augustin sieht sich nicht prinzipiell als Naturwein-Winzer, aber er möchte so nah wie es eben geht am unveränderten Traubensaft bleiben, der Frucht seiner großen Anstrengungen in den Weinbergen.
In der biodynamischen Welt von Augustin, hat jeder Champagner seine Entsprechung in den Elementen, je nachdem, wie er sich geschmacklich und von den Trauben her ausprägt. Die Cuvée Terre ist der erdig-würzige Einstieg von Augustin, wohingegen mein heimlicher Favorit, der Air, die ätherische, schwebende Seite des Pinot Noirs aus Avenay zeigt. Es geht bei Augustin immer zuerst im Wein und erst in zweiter Linie um die Bubbles. Wer bereit ist die Zügel loszulassen, der kann sich mit Augustin auf einen Ritt begeben, der weit abseits der klassischen Champagner-Häuser führt. Eine biodynamische Welt, hinter der höchst sympathische Naturmenschen stehen.