Die Weine aus Chablis zählen zu den beliebtesten Weißweinen überhaupt, weil sie eine so unverkennbare Stilistik und einmalige Ausdrucksstärke haben.
Obwohl Chablis natürlich ganz offiziell zum Burgund gehört, nimmt es durch seine Lage als nördlichster Ausläufer der Region in vielerlei Hinsicht eine Sonderstellung ein. Das Chablis ist geographisch gesehen ebenso nah an der Champagne wie am Kerngebiet des Burgunds, der Côte d’Or. Das spiegelt sich sowohl in den Böden als auch im Weintyp wider, der hier erzeugt wird. Weine aus Chablis können durch ihre sehr mineralische Grundausrichtung von kreidehaltigen Böden aromatisch durchaus als Brücke zwischen den Blanc de Blancs der Champagne und Chardonnay von der Côte d’Or verstanden werden.
IN DER REGION CHABLIS IST CHARDONNAY DER KÖNIG
Anders als im Kernbereich des Burgunds findet man innerhalb der Appellation Chablis tatsächlich zu 100 Prozent nur Chardonnay. Die nördliche Lage und die sehr kargen, steinigen Böden führten über die letzten Jahrhunderte zu einer vollständigen Fokussierung auf diese Rebsorte. Der Pinot Noir wurde hier traditionell einfach nicht reif genug, um wirklich Freude zu bereiten. So beschränkte man sich letztendlich auf das, was hier immer schon am besten geriet: knackig-frischer Chardonnay mit mineralischem Kern und animierender Säure. Auf Basis dieser einmaligen Expression wie sie Chardonnay nur hier erreicht – belebend, rassig, kreidig, frisch und vibrierend – begannen die Crus des Chablis ihren weltweiten Siegeszug.
Die Weine aus Chablis zählen heute zu den bekanntesten und beliebtesten Weißweinen überhaupt, weil sie eine so unverkennbare Stilistik und einmalige Ausdrucksstärke haben.
DIE MAGIE DES CHABLIS SIND SEINE BÖDEN
Die kreidigen Mergel- und Kalksteinböden sind im wahrsten Sinne des Wortes der Grund für den so distinktiven, rassigen Charakter dieses Crus des burgundischen Nordens. Die extrem mineralreichen aber ebenso kargen Böden bestimmen die einzigartig mineralische Anmutung der Weine aus Chablis. Diese Mergel-Böden mit einer Mischung aus Kreide, Kalk, Lehm und Ton entstanden im Zeitalter des Kimmeridge und lassen kraftvolle und tiefe Chardonnays mit Rasse entstehen. Die Hangspitzen sind oft mit härterem, purem Kalksteinfels besetzt, der über die Jahrtausende langsam die Hänge hinunter erodiert. Die daraus entstehende Verbindung aus komplexen Mergel-Kalksteinböden lässt diese einmalige mineralische Anmutung des Chablis entstehen. Zahlreiche Fossilien und Muschelkalkablagerungen verweisen noch heute auf die frühere Anwesenheit eines großen Urmeeres, welches einst das Pariser Becken füllte. Das Verschwinden des Meeres legte den Bodenschatz frei, der den Osten Frankreichs von der Champagne über das Chablis bis zum Burgund trotz marginalem, kontinentalem Klima weinbaulich so erfolgreich macht. Heute reifen die Weine des Chablis durch die vorteilhafte Lage der besten Weinberge an steilen Hängen und die warmen Sommer meist voll aus. Frost und Regen sind aber selbst in den besten Crus noch immer eine Plage, die der Region in manchen Jahren sehr zu schaffen macht und die Erträge oft gering hält. Wie alle eher nördlich gelegenen Weinbauregionen spielt die Klimaerwärmung auch der Region Chablis vorteilhaft in die Karten, sodass trotz der Ertragseinbußen mancher Jahre die Qualität heute beständig auf einem Allzeit-Hoch ist.
DER WEINSTIL DES CHABLIS
Weine aus Chablis sind deshalb so großartig, weil sie absolut einzigartig sind. Es gibt nur wenige andere Weine, die so unverwechselbar für ihre Region, ihre Böden und ihr Terroir stehen. Was in Deutschland wohl am ehesten mit dem Mosel-Riesling vergleichbar wäre. In einer Blindprobe aus zehn verschiedenen Chardonnays wird ein Chablis immer hervorstechen. Die kreidige Ader, die hohe Brillanz und Reintönigkeit der Aromen, die stahlige Mineralität, die feine Salzigkeit, die das Wasser im Mund zusammen laufen lässt. Ein Chablis ist stets rassig, schlank und athletisch gebaut, mit elektrisierender Säure und salzigem Kern. Auch wenn die Crus natürlich viel Power haben können, reichen sie an das Fett und die Konzentration eines Puligny Montrachet oder Meursault dennoch nie heran. Traditionell wird Chablis meist im Stahltank ausgebaut, um diesen frischen Charakter zu betonen. Heute setzen allerdings viele Produzenten auf eine Kombination aus Stahl und Holzfässern, da die Trauben mittlerweile genug Reife erreichen, um sich auch mit etwas Holz zu vertragen. Dennoch werden die wirklich guten Chablis Crus niemals vom Holz definiert wie die Côte de Beaune, sondern sie behalten stets ihren rassigen, bodengeprägten Charakter bei. Die Frucht ist in normalen und kühleren Jahren ein Kaleidoskop aus Zitrusfrüchten. In wärmeren Jahren und wärmeren Lagen kann die Frucht durchaus auch etwas zum Steinobst tendieren. Die kreidige Mineralik und die prägnante Säurespur sind aber in jedem Jahr stetige Begleiter der Frucht. All das macht Weine aus dem Chablis völlig einzigartig und einfach genial.
Neben dem Muscadet gibt es keinen besseren Wein als einen Chablis zu leichten Fischgerichten und Meeresfrüchten.
DIE KLASSIFIKATION VON PETIT CHABLIS BIS GRAND CRU
Herz und Zentrum der Region ist natürlich das namenspendende Städtchen Chablis. Zu allen Himmelsrichtungen um die Stadt herum, verteilen sich die Weinberge der Region über mehrere, teils verwinkelte Täler. Die »geringste« Appellation des Gebietes ist der Petit Chablis. Hier entstehen saftige, säurebetonte und knackige Weine aus etwas abgelegeneren Weinbergen. Petit Chablis wird fast nur im Edelstahl ausgebaut, um die Frische zu bewahren. Die eher kurzlebigen, meist auch etwas rustikalen Weine sind trinkfreudige Durstlöscher. Die besten Exemplare, wie etwa die der Genossenschaft La Chablisienne, sind auch schöne Speisebegleiter zur leichten Küche. Etwa zwei Drittel der Rebfläche der Region sind als Chablis Village klassifiziert. Die Weinberge liegen meist näher an der Stadt Chablis. Die Village-Lagen befinden sich in einer Vielzahl von verschiedenen Expositionen und Hanglagen, manche auf steilen Abschnitten, manche eher im Flachland.
Diese hohe Diversität der Weinberge lässt viel Spielraum für unterschiedliche Philosophien der Produzenten und zeigt die ganze Ausdrucksstärke dieser vielfältigen Region, die nur auf den ersten Blick homogen erscheinen mag. Die Village-Lagen des Chablis versprechen gegenüber dem Petit Chablis eine höhere Fruchtdichte und etwas mehr Konzentration, insgesamt also auch etwas lagerfähigere Weine.
DIE CRUS DES CHABLIS
Die besten Weinlagen, also jene Parzellen, die als Premier Cru und Grand Cru klassifiziert sind, verteilen sich über die best-exponierten Hangabschnitte, der die Stadt Chablis umringenden Hügelketten. Durch das Flusstal der Sereine getrennt, die Chablis durchströmt, ragen die Top-Lagen in süd-südwestlicher Exposition unweit des Stadtkerns auf. Man kann also was die Crus des Chablis angeht, ähnlich wie in Bordeaux, von einem linken und einem rechten Ufer sprechen.
DAS LINKE UND DAS RECHTE UFER DER CRUS
Die Premiers Crus auf der linken Seite der Sereine, unter anderem Beauroy, Vaillons, Montmains, sind meist etwas direkter, mineralischer und schlanker im Ausdruck. Die Domaine William Fèvre hat unter anderem grandiose Anteile in diesen Lagen und eignet sich hervorragend zum Entdecken der feinen Unterschiede der Terroirs. Auf der rechten Seite ragt der Grand Cru Hang auf, der die Stadt umringt wie ein verwinkeltes Amphitheater. Tatsächlich gibt es nur eine einzige Appellation Chablis Grand Cru, die aber in sieben Climats, also Parzellen, unterteilt ist. Als absolute Spitze im Grand Cru Bereich bezüglich Ausdruckskraft, Tiefe, Power und Komplexität gelten Les Clos und Les Preuses. Sie sind die perfekte Verkörperung all dessen was Chablis ausmacht und zwar mit allen Reglern nach rechts. Insgesamt sind die Chablis der Grand Cru Seite immer etwas kraftvoller, körperreicher und intensiver. Die ebenso stahlige Mineralität wird hier in der Jugend manchmal von der hohen Intensität aller Komponenten etwas überflügelt, tritt aber dank der immensen Alterungsfähigkeit später umso mehr hervor. Die Weine von Patrick Piuze und William Fèvre sind ein hervorragendes Beispiel für diese Evolution. Sie zeigen in der Jugend eine schöne Fruchtdichte und mit etwas mehr Reife tritt der mineralische Kern noch mehr hervor.
DIE UNSTERBLICHKEIT DES CHABLIS
Weine aus Chablis können in der Regel etwas jünger getrunken werden als ihre Pendants von der Côte de Beaune. Chablis Village trinkt sich gut innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Abfüllung, Premiers Crus nach etwa drei bis sieben Jahren und die Grand Cru Parzellen halten meist eine Dekade und länger. Das Chablis hatte insgesamt deutlich weniger Probleme mit der vorzeitigen Alterung ihrer Chardonnays (Premature Oxidation) als die Côte d’Or. Und obwohl auch viele der Weine ohne Holzkontakt ausgebaut werden, zeichnet sie eine enorme Alterungsfähigkeit aus. Dass die Weine in ihrer knackigen Spritzigkeit der Jugend so verlockend sind, sorgt allerdings dafür, dass nur wenige Exemplare überhaupt dazu kommen ihre grandiose Reifefähigkeit unter Beweis zu stellen. Je nach Stil und Produzenten kann es bezüglich der Alterung natürlich individuelle Tatsachen geben. Gerade die im Holz ausgebauten Weine von Dauvissat, Raveneau, Patrick Piuze und William Fèvre können in guten Jahren unter Umständen Jahrzehnte halten. Sie sind aber durch ihre Lebendigkeit und Frische eben auch jung ein absoluter Hochgenuss.