Dass sich etwa 800 Jahre später ein Sojasaucemeister aus eben diesem Dorf mit einem Winzer aus Saint-Émilion zusammen tun würde, um dort nach traditioneller Methode die wahrscheinlich besten Sojasaucen außerhalb Asiens zu produzieren, klingt nach einem fast absurden Märchen. Es ist aber Realität – Shinko ist der Beweis.
Tradition und Moderne
Der Name Shinko steht für Erneuerung (Shin) und Tradition (Ko) und ist gleichzeitig der Familienname von Meister Toshio Shinko, der das japanische Familienunternehmen Yuasa Shoyu Co. heute führt. Einst gab es über neunzig Sojasauce produzierende Betriebe in Yuasa, wovon heute gerade einmal vier übrig geblieben sind. Sein Name hat sich während der Zeit auch zu seinem Motto entwickelt, denn einerseits wird hier klassische Shoyu nach traditionellem Handwerk hergestellt, andererseits gilt Toshios Leidenschaft auch außergewöhnlichen Kreationen wie der weltweit ersten Schokoladen-Soja-Paste. Es war immer ein Traum von ihm, sein Wissen auf andere Kontinente zu bringen. Durch einen Freund lernte Meister Shinko schließlich das Château Coutet in Saint-Émilion kennen, wo wie in seiner Familie Traditionen über Jahrhunderte bewahrt wurden. Niemals konventionelle Landwirtschaft betrieben, Flora und Fauna wurden stets erhalten – ideale Voraussetzungen für die Schaffung dieses Projekts, das den Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen ihm und Coutet-Winzer Adrien David Beaulieu, sowie seiner Lebenspartnerin Madina Querre markierte.
Brutal lokal
Die Idee war geschaffen, aber Adrien und Madina brauchten noch den richtigen Ort für die Produktion. Wie passend, dass sie tatsächlich kurz zuvor einen vier Hektar großen Bio-Polykultur-Hof im Herzen von Sainte-Terre, einem Dorf innerhalb des Grand Saint-Émillionnais, erworben hatten. Neben zahlreichen Obstbäumen, Reben, Getreide und Brachland befindet sich hier nun auch die kleine Sojasaucen-Manufaktur. Unter der Anleitung von Meister Shinko lernten Adrien und Madina das traditionelle Handwerk der Herstellung von Sojasaucen – adaptiert auf die vorhandenen Mittel. So verwenden sie hauptsächlich Gefäße und Werkzeuge aus der eigenen Weinbereitung, wie beispielsweise einen alten Rotwein-Gärbottich. Weizen und Sojabohnen beziehen sie von Freunden aus dem nur 14 Kilometer entfernten Ort Blasimon. Natürlich alles Bio-zertifiziert, wie man es von den beiden auch nicht anders erwarten würde. Das Meersalz stammt vom nächstgelegenen Produzenten auf der Île de Ré und ist von allerhöchster Qualität. Nicht raffiniert oder behandelt und frei von jeglichen Zusätzen.
Es gibt vorerst zwei verschiedene Sorten Sojasauce – eine helle, sowie eine dunkle. Benannt nach Meister Shinko. Eine länger gereifte, dunkle Sojasauce ist als Ergänzung in Planung.
Noire
Die dunkle Shinko ist eine eher klassische Sojasauce der Art Kijoyu. Sie besteht zu jeweils gleichen Teilen aus Sojabohnen und geröstetem Weizen. Nach der Fermentation durch den Koji-Pilz, bleibt sie für 18 Monate im offenen Holzgärständer. Zu Beginn tägliches, dann wöchentliches Unterstoßen. Anschließend in einer über 100 Jahre alten Korbpresse abgepresst. Sehr feine, würzige Umami-Noten. Miso, etwas malzig und mit feiner Balance aus Süße und Salzigkeit. Nicht zu intensiv, lässt daher noch genug Raum für Sushi und Sashimi, funktioniert aber auch wunderbar mit fleischigen Gerichte wie beispielsweise einem Wagyu-Carpaccio oder als Würze für Rindertatar.
Blanche
Die weiße Sojasauce nach dem Vorbild der japanischen Shori. Eine seltene Variante, die besonders in der Region Kansai verwendet wird. Sie enthält überwiegend Weizen, nur 10% Sojabohnen. Nach der traditionellen Fermentation durch den Koji-Pilz, durchläuft sie eine 7-monatige Mazeration mit manuellem Unterstoßen in den ersten drei Monaten. Geschmacklich unterscheidet sie sich stark von einer klassischen Sojasauce und ist nicht der typische Partner zu Sushi, sondern eher ein großartiges Würzmittel in verschiedenen Gerichten.
In der Nase schon extrem spannend, da sie leicht floral ist, gleichzeitig aber auch Noten von geräuchertem Speck zeigt. Im Mund dann deutlich salzig, aber sehr fein mit leicht nussig-rauchigen Noten und vor allem wieder viel Umami. Blanche passt besonders gut zu europäischer Küche. Grandios um zum Beispiel eine Hollandaise, Kartoffelsuppe oder Selleriepüree damit zu verfeinern.