Auf der Suche nach den kleinen, feinen Bordeaux-Weinen wird man vor allem im Gebiet AC Bordeaux fündig.
Überall, wo man die Spitzen-Appellationen des Bordelais verlässt, lauern die kleinen, feinen Alltagsweine der AC Bordeaux. Taucht man in die Welt der qualitativen Basis des Bordelais ein, wird schnell klar, dass Bordeaux viel mehr ist als teuer, abgehoben und edel. Leckere und verlässliche Rot- und Weißweine zu einem tollen Tarif gibt es in Bordeaux zur Genüge – man muss nur etwas suchen. Zu groß, zu heterogen ist das Bordelais letztendlich, um einfach blindlings zuschlagen zu können. Oft wird vergessen, dass Bordeaux mit über 110.000 Hektar Reben das größte zusammenhängende Weinanbaugebiet der Welt ist. Zum Vergleich: Deutschland kommt mit allen seinen 13 Anbaugebieten gerade einmal auf etwas mehr als 100.000 Hektar.
AC Bordeaux – ein riesiges Gebiet
Auf der Suche nach den kleinen, feinen Bordeaux-Weinen wird man vor allem in den Bereichen fündig, die keinen glanzvollen Namen tragen wie Saint-Émilion, Margaux, Pauillac, Haut-Médoc oder Graves. Die Reben, die außerhalb der berühmten Appellationen und Subregionen liegen, erstrecken sich über ein riesiges Gebiet: rund 52.000 Hektar, was knapp 50 Prozent der gesamten Rebfläche des Bordelais gleichkommt. Hier darf ausschließlich AC Bordeaux (AC = Appellation Contrôlée, auch als AOC oder neuerdings AOP bekannt, entspricht der deutschen geschützten Ursprungsbezeichnung) erzeugt werden. Es ist die qualitative Basis des Bordelais, auf dem Etikett findet man meist einfach nur die Bezeichnung »Bordeaux«. Das Niveau reicht von bescheiden bis hervorragend, von belanglos bis ultraspannend.
Aktiviert man seine Trüffelschwein-Gene, stößt man auf etliche Überraschungen: Weine für die Freude, für den Alltagstrinkspaß, für den perfekten Einstieg in die Bordeaux-Welt.
Gemacht werden sie oft von kleinen Winzerfamilien, die seit Jahrzehnten in der Region verwurzelt sind.
Die qualitative Spitze
Da ist beispielsweise die Domaine de Bouscat, die in fünfter Generation von François Dubernard geleitet wird. Das Weingut liegt rund zehn Kilometer westlich von Fronsac, die Rebflächen werden seit Langem biologisch bewirtschaftet. Der 2019er-Jahrgang erhielt von Parker 91–93 Punkte – ein Topwert für einen Bordeaux, der in der Subskription für knapp 15 Euro zu haben ist. Sehr viel teurer wird es bei Weinen aus dem Bordeaux AC-Gebiet ohnehin nicht.
Auch bekannte Persönlichkeiten des Bordelais, darunter Winzer, Önologen und Investoren, lassen es sich oft nicht nehmen, ein kleines Bordeaux-AC-Weingut zu bewirtschaften, um zu zeigen, welche Klasse bereits in den Einstiegsweinen stecken kann.
Denis Dubourdieu, Önologie-Professor, Winzer und Berater, leitete bis zu seinem Tod Château Reynon, eine DER Adressen, wenn es um köstliche, anspruchsvolle und gleichzeitig bezahlbare Weißweine im Bordelais geht. Heute wird das Weingut von seinen Söhnen geleitet. Stéphane Asseo, der mit Château Robin die Appellation Côtes de Castillon weltberühmt machte, war auch auf dem Gebiet der einfachen AC-Weine erfolgreich. Er gründete die Domaine de Courteillac, die zehn Kilometer südlich von Castillon-la-Bataille am linken Ufer der Dordogne liegt. Heute bereitet der neue Inhaber Dominique Meneret aus Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc einen absoluten Top-Wert des Bordelais. Ein archetypisches Schnäppchen ist auch Cour d’Argent von Denis Barraud, das auf den südlichen Stufen von Saint-Émilion liegt. Generell schmiegen sich die Flächen vieler Top-Weingüter der AC Bordeaux an die Flächen deutlich bekannterer Appellationen an. Kein Wunder, dass die Weine qualitativ oft nicht viel trennt.
Bordeaux und Bordeaux Supérieur
Ein Bordeaux AC kann in der Theorie überall im Bordelais erzeugt werden, also auch in den kleineren regionalen und kommunalen Appellationen. Das wird meist dann gemacht, wenn der Wein nicht den Appellationsrichtlinien entspricht. Ein Weißwein, der in den Grenzen von Saint-Émilion gewachsen ist, darf beispielsweise nur als Bordeaux Blanc AC vermarktet werden. Rot- und Süßweine der AC Bordeaux dürfen darüber hinaus auch die Bezeichnung AC Bordeaux Supérieur tragen. Für diese Weine gelten etwas strengere Richtlinien als für den einfachen AC Bordeaux, beispielsweise liegt der Mindestalkoholgehalt etwas höher. In Zeiten des Klimawandels ist das aber schon lange keine Hürde mehr …
Was zeichnet die Basis im Bordelais aus? Es ist die offenherzige und früh zugängliche Art, welche die Weine so liebenswürdig und charmant macht. Keine Riesen, keine Blockbuster, keine 100-Punkte-Kandidaten, sondern einfach ehrliche und äußerst schmackhafte Weine, bei denen man nicht lange auf Trinkreife warten muss. Bordeaux für den Alltag? Kein Problem!