In diesem so spannenden Hotspot tummeln sich aus gutem Grund viele der Top-Domaines der Region.

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Fleurie

Fleurie

Der Wein kommt mit brillanter, kühler, köstlich-saftiger Beerenfrucht ins Glas, darüber ätherische Nuancen von Veilchen und Minze. Die Tannine sind wie Samt und Seide, sie legen sich kalksteinig über den Gaumen. Die Balance aus Säurefrische, zarter Struktur und Mineralität ist hervorragend, dazu ist der Wein so fein und tänzerisch in seiner Aromatik. Man schwankt zwischen Chambolle-Musigny und Volnay – doch die richtige Antwort liegt viel weiter südlich: Fleurie! Nur wenige Gemeinden im Beaujolais können mit ihren besten Lagen den Pinot Noirs der Côte d’Or in Sachen Lagerfähigkeit und Balance auf Augenhöhe begegnen – Fleurie gehört definitiv dazu. Schon Robert Parker himself hat die verblüffende Annäherung im Alter von Rhôneweinen, Burgundern und Beaujolais Crus mehrfach bekräftigt. Sie in einer Reife von 30 Jahren und mehr zu unterscheiden? Gar nicht so einfach.

Was zunächst paradox klingt, ist eigentlich logisch. Denn das Beaujolais markiert klimatisch und geographisch den Schmelzpunkt zwischen Burgund und Rhônetal. Das Klima bewegt sich im Spannungsfeld aus burgundisch-kontinental und mediterran mit alpinen Einflüssen. Die Rebsorte ist mit Gamay burgundisch. Die Böden der besten Crus sind mit Granit eher rhônetypisch, wie an der nahen Côte-Rotie. Je nach Jahrgang und Terroir kann Fleurie sowohl mehr zur blumigen Eleganz des Pinot Noirs oder eher zur warmen Intensität von Grenache tendieren. Das Terroir des Beaujolais ist nicht weniger komplex als das des nördlichen Burgunds. Jeder der zehn Crus du Beaujolais hat seinen ganz eigenen Charakter.

Fleurie
Weinbaugebiet Beaujolais

Etwas südwestlich von Moulin-a-Vent gelegen, teilt sich Fleurie mit eben jenem ein großes Terroir: pinke Granitfelsen mit vielen steilen Hängen. Fleurie liegt etwas höher am selben Hügel wie der berühmte Nachbar. Die Kombination aus Höhenlage, Steillagen und ebenso hochwertigen Böden wie der »Grand Cru« der Region, verleiht Fleurie diese einzigartige Luftigkeit, den verführerischen Duft und die große Verspieltheit.

Fleurie ist unter den Crus – wie Chambolle an der Côte de Nuits – der Inbegriff der Finesse und Zartheit.

Trotz karger Granitböden sind die Tannine hier immer zarter, die beerige Frucht stets etwas geschmeidiger als in den anderen Crus. Im Trio Infernal mit Morgon und Moulin-a-Vent bringt Fleurie fraglos den hedonistischen und saftigsten Wein ins Glas. Das ist die Magie dieses Ortes. In diesem so spannenden Hotspot tummeln sich aus gutem Grund viele der Top-Domaines der Region. Als ich das erste Mal durch die sanften Hügel der Gemeinde Fleurie fuhr, war ich erschrocken, wie verheerend viele Weinberge durch jahrzehntelangen, chemischen Massenertragsweinbau teilweise aussahen. Die Böden sind mancherorts so kaputt, dass nur noch Moos zwischen den Reben wächst. Doch es gibt gerade in Fleurie so einige Domaines, die sich seit jeher gegen diese Art von Weinbau und Kommerzialisierung à la Beaujolais Primeur und unteren Regalfächern im Weinhandel gestemmt haben. Einer davon ist Jean-Louis Dutraive, der mit seinen Lieu-dit-Abfüllungen im Burgunderstil viel dazu beiträgt, die Climats von Fleurie auf die Weltbühne zu holen. Insgesamt 13 Einzellagen weist Fleurie aus, davon sind bisher nur wenige, wie Grille-Midi oder Poncié, überregional bekannt.

Dutraives Clos de la Grand'Cour ist ein ganz spezielles Terroir. Ein Weingut arrondiert von seinen eigenen Reben wie ein Château in Bordeaux, natürlich alles Monopol-Lage. Seit langem strikt biologisch bewirtschaftet, ist der Clos eine grüne Oase inmitten von vielen konventionellen Hochertragslagen im Beaujolais. Bei Grand’Cour stehen alle Zeichen auf Qualität aus Handarbeit. Eine bezaubernde Nase mit so viel Frische, die sich dann auch in den Mund zieht, auch hier alles auf roter Frucht laufend, ein Traum. Himbeere, Erdbeere, Schlehe, sooo schick. Das Ganze mit vibrierendem Spiel, fast explosiv in der Aromatik und Intensität. Ein großer Fleurie von einem unikathaften Weinberg mitten im Ort. Auf Grand’Cour wachsen Weine für Bonvivants und alle, die es werden wollen.

Fleurie
Weinkeller der Domaine de la Grand'Cour

In dieselbe Kerbe der extremen Handwerklichkeit schlägt die fast benachbarte Demeter-Domaine Château des Bachelards. Das Schloss ist annähernd ein Jahrtausend alt, von den Benediktinermönchen von Cluny erbaut und seit jeher auch Weinbauinstitution. Die umtriebige Comtesse Alexandra de Vazeilles hat das Weingut zu einem naturbelassenen Ökosystem gemacht. Blumen, Obstbäume, Kräuter und Gemüse wachsen innerhalb des Clos direkt neben den Reben. Bio total. Die Power des vitalen Granit-Bodens zieht sich bei Bachelards Eins zu Eins bis in den Wein. Unglaublich druckvoll und mundfüllend – man mag kaum glauben, dass ein Fleurie so viel Mineralität, Konzentration und Power entfalten kann. Zum Teil werden die Weine in 228-Liter-Burgunderfässern ausgebaut, um ihre gewaltige Struktur zu bändigen. Fantastische Fleuries, die sowohl die delikate und leckere Seite als auch die Struktur und Größe dieser Appellation in sich tragen.

Ein Lebemann wie Dutraive ist auch Jean-Marie Chermette. Seine Domaine liegt im äußersten Süden der Region, schon im Umland von Lyon. Das hält die Familie aber nicht davon ab, mit die feinsten Lagen in Fleurie zu bewirtschaften. Klassische Maceration Semi-Carbonique als Ganztraube in Betontanks, dann folgt der Ausbau in großen, alten Fuderfässern. Chermette trifft den goldenen Mittelweg zwischen Fülle und Feinheit. Etwas dichter als Grand’Cour, sind die saftig-feinen, ungeheuer kühlen Fleuries dieser Domaine wie gemacht für eines der Vesperbrettchen, die Chermette so liebend gerne selbst auftischt. Er ist ein Virtuose sowohl als Winzer als auch beim Charcuterie anschneiden, das ihm ebenso geschmeidig von der Hand geht wie seine Weine den Gaumen herunter.
 

Die Winzer machen es vor: Fleurie ist DER Wein für Gourmands.

Ganz ohne die Starallüren der Côte de Nuits bekommt man in dieser verträumten Gemeinde unterhalb der berühmten Kapelle tolle Weinwerte, die in Sachen Finesse und Trinkspaß ihresgleichen suchen.