Der Jahrgang 2022 ist ein multikomplexer, kontrastreicher, heterogener und ganz und gar ungewöhnlicher Jahrgang - offensichtliche Folgen des Klimawandels? Die Rhone hat in den letzten zwei Jahren somit zwei extreme, paradoxe und diametral entgegengesetzte Jahrgänge erlebt. 2021 war frostig, kühl und regenreich, klassisch aufregendes cool-climate. 2022 war dagegen viel zu trocken und extrem sonnig. Dieser schnelle Wechsel macht etwas ratlos und 2022 stellt sogar die Zukunft mancher Weinberge dauerhaft in Frage.
Der schon jetzt zu einem der besten Jahrgänge des letzten Jahrzehnts erklärte Jahrgang 2022, den manche gar mit 1978 vergleichen, hält zwar im Norden wunderbare, ja grandiose Überraschungen bereit, aber im Süden durchaus auch einige herbe Enttäuschungen. Die Widerstandsfähigkeit der Reben angesichts der klimatischen Extremsituationen erstaunt dennoch! Die mehr oder weniger intensiven Regenfälle Mitte August und September retteten dann die Weinberge und Regionen, in denen der Punkt ohne Wiederkehr durch Wasserstress noch nicht erreicht war, manchmal aber war es zu spät.
2022 ist somit durch sehr starke Heterogenität zwischen und auch innerhalb der Appellationen gekennzeichnet, grandiose Schönheiten und vertrocknetes, unreifes Elend liegen oft nah beieinander, alles hing am seidenen Faden. Unsere Verkostungen bei den Erzeugern und unsere akribische Auswahl hat in diesem Jahrgang 2022 noch mehr Bedeutung als je zuvor.
Südliche Rhone
Wider Erwarten sind die Weißen harmonisch, aromatisch und nicht fett und alkoholisch, es gibt viele großartige Erfolge. Erstaunlich und superb! Die Qualität der Roten ist deutlich heterogener. Unbalanciertheit, Disharmonie, spröde und harte Tannine und mangelnde phenolische Reife findet man in vielen jungen Reben. Nur sehr alte Reben mit minimalen Erträgen und tiefem Wurzelwerk bieten komplexe und anmutige, ja sogar ganz große Weine der historischen Extraklasse.
Nördliche Rhone
Der kühlere Norden blieb von den meisten Leiden des Jahrgangs verschont. Die vollständige Reife wurde fast immer erreicht und die Alkoholgrade blieben moderat. Die Gaumen der gleichermaßen großartigen Weißen und Roten sind üppig, prall und dennoch straff. Weine mit Typizität und Stil, die Sommeliers und Restaurants gleichermaßen glücklich machen werden. Ein historisch großer Jahrgang!
Mitte April komme ich direkt von Südspanien an die Rhône. Dort treffe ich mich mit meinen Wein-Scouts Elias und Max, die gerade von ihrer Deutschlandtour kommen. In den nächsten Tagen werden wir unsere vier Rhône-Weingüter verkosten, die wir – wie in jedem Jahr – in Subskription anbieten werden. Also stehen alle 2022er von Tardieu, Ferraton, Perrin und Clos des Papes auf dem Plan – DIE Spitzenbetriebe im Norden und Süden. Auf geht’s!
Tardieu
Von Bastien und Michel Tardieu bekommen wir schon im Vorfeld immer einen detaillierten Jahrgangsbericht. Mit ihrem quasi das gesamte Rhônetal abdeckenden Portfolio, haben sie ja auch den besten Überblick und können den Jahrgang einfach extrem gut einschätzen. 2022 war eigentlich überall heiß und trocken, insbesondere im Süden.
Umso überraschter bin ich, als ich mit der 22er Cuvée Spéciale den potenziell besten Châteauneuf im Glas habe, den die Tardieus jemals produziert haben! Die uralten Reben auf Top-Terroir haben die Trockenheit sehr gut verkraftet, heraus kommt ein elegantes Meisterwerk a la Château Rayas. Konzentration und Dichte, aber auch Frische, niemals ins Fette abdriftend – enorm starker Stoff! Die Weine aus dem Norden sind noch etwas feiner, verspielter, beinahe burgundisch. Cornas, Hermitage und Cote Rotie – allesamt 100 Punkte für mich – sind flüssige Belege dafür, dass das ein großartiger, ultrafeiner Jahrgang mit Power ist. Eben nach dem Motto »Faust im Samthandschuh«.
Eine echte Sensation sind für mich auch die »kleineren« Weine wie Rasteau und Gigondas Vieilles Vignes, die sich mit 2022 auf einem so vielleicht noch nie da gewesenen, enorm hohen Level befinden. Als ganz besonderen Tipp muss ich aber noch den Côtes du Rhône »Cuvée Speciale« hervorheben. Ein Wein, der sich ohnehin schon über Jahre etabliert hat, immer einer der besten Werte an der Rhône ist. Aber 2022 toppt wirklich nochmal alles – ein leckeres Meisterwerk, das ist so unglaublich viel Wein für das Geld und damit eine echte Sensation!
Ferraton
Wie schon bei Tardieu, durchziehen Ferratons 2022er ebenfalls eine sehr burgundische Ader. Hier hat man die Arbeitsweise auch etwas geändert, angefangen beim Schwefeleinsatz, der auf ein Minimum reduziert wurde. Laut Winemaker Damien werden die Weine dadurch deutlich präziser und eleganter. Bevor sie ins Fass kommen, zieht er die Weine ab 2022 nun zudem ohne die Vollhefe aus dem Beton. Eine Neuerung, wodurch sie im Charakter etwas weniger voluminös und fleischig rüberkommen.
2022 ist hier echt sensationell, moderate Alkoholwerte bei 13 bis 13,5 %, dennoch eine beachtlicher Tiefe und Spannung bei enorm dichter Struktur mit präsentem Tannin. Gleichzeitig dann aber auch eine recht hohe Frische und so viel Fruchtdruck zeigend. Les Pichères könnte mein liebster »Zechwein« in diesem Jahr werden – so viel Schub aus süßer, roter Beerenfrucht, gespickt mit floralen Akzenten und einem schicken Schwarzkirsch-Touch. Das ist einfach unglaublich schön, so verträumt. Der ultrakomplexe Le Méal beeindruckt mich auch noch Stunden später, weil er 2022 so anders ist. Ätherisch, fächert immer wieder auf, zeigt so viele Facetten – von roter, zu schwarzer, dann sogar zu gelber Frucht tendierend. Hermitage in Perfektion, glatte 100 Punkte. Die Krone der Feinheit trägt dann sicherlich der Cornas »Eygats«, den man blind auch nach Chambolle-Musigny Vororten könnte. Genial und groß!
Perrin
Auch bei Perrin schwärmt man von einem sehr vielversprechenden und insbesondere balancierten Jahrgang. Nach der Verkostung dieser Reihe elegant-ausgewogener Weine, kann ich das nur bestätigen. Aber es braucht auch viel Know-How, nicht jeder kann elegante Weine in einem heißen Jahr produzieren. Die besonders schonende Weinbereitung mit nur ganz geringer und sanfter Extraktion, war hier definitiv der Schlüssel zum Erfolg. Viele Jahre finde ich »Les Hauts de Julien« nun schon großartig, weil er so viel bietet für sein Geld. Ich schätze diesen Wein auch deshalb, weil er so sehr für seine Appellation steht. Süd- und Nordrhône treffen hier in Vinsobres aromatisch aufeinander.
2022 war zwar heiß und trocken, das merkt man aber nicht ansatzweise in diesem Wein, der auf rund 400 Metern Höhe gewachsen ist. Ist das hier die Zukunfts-Appellation der südlichen Rhône? Ich denke ja, die Frische ist zumindest beeindruckend! Neben dem Grand Vin von Château de Beaucastel, der überraschend mineralisch-elegant und mit fast vibrierender, sehr von der Mourvèdre geprägten Frische daherkommt, ist es auch der kleinere Coudoulet, auf den ich Lobeshymnen singen könnte. Coudoulet kommt 2022 fast konzentrierter daher als sein großer Bruder, ist aber gleichzeitig auch einfach wollüstig lecker mit diesem saftig-süßen Fruchtdruck. Einfach wunderschöner Stoff.
Clos des Papes
Zuletzt noch zu Vincent Avril, der uns mit einem lachenden, aber auch mit einem weinenden Auge begrüßt. Die gute Nachricht zuerst: Clos des Papes 2022 ist großartig, ja überwältigend! Ich würde sagen, dass das, was ich hier probiert habe, zu den größten Châteauneuf meiner Karriere zählt. Keine Ahnung, wann ich zum letzten Mal einen Wein mit einer so massigen, aber ultrapolierten Tanninstruktur hatte. So eine reife Aromatik, die aber nicht in die Überreife kippt, sondern genau richtig und perfekt ist. Klar haben wir hier etwas mehr Alkohol, aber das gehört dazu, es wirkt nicht einmal im Ansatz alkoholisch, sondern einfach nur schick und geschliffen. Den Blanc zeichnet eine Frische aus, die man so niemals in einen warmen Jahrgang verorten würde. Nicht über eine kristalline Säure definiert wie 2021, mehr über ganz feinen Bitterstoff und eine enorm hohe, salzige Mineralität.
Wir haben an diesem Tag auch den weißen 2009er getrunken, ein Wein, der jetzt gerade am Beginn des perfekten Trinkfensters ist. So, jetzt aber zur schlechten Nachricht: Es gibt von beiden Weinen kaum Menge, das ist beim Weißwein sogar noch etwas dramatischer. Im April gab es hier Frost, im Sommer dann Hagel. Das führt im Mittel leider zu einem Ausfall von rund 40%. Aber dafür wurde Vincent immerhin von dieser herausragenden Qualität gesegnet. 2022 ist auch hier einfach ein Ausnahme-Jahr.
Ich gebe zu – wegen der Vorberichte war ich anfangs etwas skeptisch, hatte auch ein bisschen Angst vor unbalancierten, vielleicht alkoholischen Weinen. Aber was ich hier in den Tagen verkostet habe, ist, zumindest wenn ich von diesen vier Spitzenbetrieben spreche, wirklich genial und zum Teil sogar richtig groß. 2021 war pure Klassik und kühle Finesse, 2022 ist zwar deutlich wärmer, aber eigentlich nicht weniger fein. Sowohl im Norden als auch im Süden sind die Weine insgesamt schon konzentrierter und dichter, aber einfach so unglaublich harmonisch. Schon jetzt so lecker und offen, werden das aber auch großartige Langstreckenläufer sein.
Der Kauf eines Weines in Subskription ist im Grunde ein Warentermingeschäft: Sie bestellen heute z. B. den Jahrgang 2023 und bekommen diesen im Herbst 2026 ausgeliefert. In der Regel kommen gerade die raren Weine zwei Jahre später deutlich über dem Subskriptionspreis auf den Markt. Wenn Sie sich für Wein begeistern und die Entwicklungen in Frankreich, Spanien und Deutschland verfolgen, haben Sie als informierter Konsument so oft einen großen Preisvorteil – zumal Sie gerade rare Weine aus Bordeaux häufig nicht mehr bekommen, wenn diese abgefüllt auf den Markt gelangen.
Ergänzende Hinweise
Die Zahlung der Subskriptionsrechnung ist, ergänzend zu unseren AGB, unmittelbar und ohne Abzug fällig. Die Auslieferung erfolgt i. d. R. im Herbst des dritten Jahres auf den Weinjahrgang.
Die Abgabe aller Subskriptionsweine in 0,75l-Flaschen erfolgt i. d. R in 12er-Original-Holzkisten. Selten ist die 0,75-Liter-Flasche auch in 6er-Original-Holzkisten als Packgröße möglich. In vielen Fällen sind Bordeaux-Weine auch als Magnum (1,5l), seltener auch als Doppelmagnum (3,0l) oder sogar Imperial (6,0l) erhältlich.
Alle erhältlichen Größen finden Sie immer direkt in unserem Shop. Wenn es einen Wein in abweichenden Formaten und Größen gibt, finden Sie auch immer unter dem Artikel mit dem Dropdown-Button »Andere Jahrgänge und Größen« die Möglichkeit das entsprechende Format auszuwählen: