Roséwein boomt seit Jahren unaufhörlich, vor allem in den USA, UK und erstaunlicherweise stark in Frankreich, aber auch in Deutschland wächst das Interesse stetig. Leider ist im großen Meer der Roséweine auch viel Mittelmaß und Belanglosigkeit zu finden, doch wer sorgsam auswählt, kann einige wunderbare Exemplare mit Charakter und Trinkfluss finden.

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eine entdeckung wert

Roséweine

Weingut Salwey
Familienweingut Salwey

Mit seiner leuchtenden Farbe ist Roséwein nicht nur ein echter Hingucker, sondern mit seinem meist frischen Geschmack, der intensiven Frucht und der oft gegebenen Cremigkeit ist Rosé auch ein echter Allrounder. In Deutschland unterliegt die Herstellung von Wein strengen Vorschriften nach dem deutschen Weingesetz.

Der früher schlechte Ruf von Roséwein hat damit zu tun, dass er in vielen Gebieten oft aus nicht ganz ausgereiften oder einfach an sich nicht besonders guten roten Trauben hergestellt wurde, die keinen qualitativ akzeptablen Rotwein ergeben hätten. Damit bekam Roséwein seinen Ruf als eine Art Notfallprodukt, das ihm teils bis heute anlastet. Bereits seit über 15 Jahren wechselt allerdings nicht nur die Qualität und dadurch auch der Ruf zum Positiven, sondern auch das Kaufverhalten bei Roséweinen. In Deutschland machten Roséweine im Jahr 2020 bereits 12 Prozent aller Weinkäufe aus. In Schweden beispielsweise ist Roséwein im Moment die am stärksten wachsende Art von Wein am Markt. In den meisten anderen Ländern kann das Wachstum nur vermutet werden, da die Zahlen für Roséwein und Rotwein meist zusammen erhoben werden. Nach einer Datenanalyse des Conseil Interprofessionnel des Vins de Provence (CIVP) und der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) wurden allerdings Hochrechnungen veröffentlicht, welche von einem Anteil von knapp 10 Prozent an der weltweiten Erzeugung von Stillwein ausgehen.

In Frankreich, vor allem in den Regionen Provence und Rhône, wird Roséwein schon seit langem geschätzt und in hoher Qualität hergestellt. Die Provence wird oft als Sinnbild für Roséwein genommen und hat dies durch eine seit einer langen Zeit anhaltenden Qualitätsoffensive, sowie mit geschicktem Marketing geschafft. So kommt bei vielen Weingenießern beim Namen Provence – neben Lavendelfeldern – sofort Roséwein in den Kopf. Einem breiten Publikum wurde der Roséwein aus der Provence auch durch Prominente bekannt, die hier Weingüter gekauft haben – wie etwa Brad Pitt und Angelina Jolie das 1000 Hektar-Anwesen Château Miraval, auf dem Famille Perrin (Beaucastel) einen sehr guten, klassischen Rosé der Provence erzeugt.

Terroir al Limit
Weingut Terroir al Limit

Darüber, ob die besten Rosé der Welt in Bandol oder Tavel wachsen, lässt sich trefflich diskutieren. Da die beiden Typizitäten aber völlig unterschiedlich sind, ist die Frage eigentlich überflüssig. Beide zusammen bilden in Summe sicher die Spitze der Roséweine der Welt. Wer einmal einen der Weltklasse-Rosés von Clos Cibonne oder Château Simone, einen der selten erzeugten von Jérôme Bressy auf Gourt de Mautens oder Tempier Rosé im perfekten Trinkfester im Glas hat, der wird nicht mehr daran zweifeln, dass Rosé auch groß sein kann. Clos Cibonne, Tempier, Miraval und Château d’Esclans widmen sich nahezu zu 100 Prozent dem Rosé, was vom Anbau, dem Rebmaterial, der Wahl der Standorte schon einen riesigen Unterschied machen kann, wie beim Sektanbau. Wenn das Ziel von Anfang an Rosé ist, kommt einfach ein anderer Stoff dabei raus, als wenn es als Nebenprodukt behandelt wird. Deshalb sind Bandol und vor allem Tavel, als 100 Prozent Rosé Appellation, aber auch die Côtes de Provence so stark in dieser Kategorie. Was nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass auch dort sehr viel belangloser Urlaubswein gekeltert wird. Wenn man es aber richtig ernst meint, etwa wie auf Clos Cibonne oder Château Galoupet mit Holzeinsatz und alten Traubensorten gearbeitet wird, dann kann richtig die Post abgehen im Rosé – und vor allem müssen diese Weine nicht im ersten Jahr ausgetrunken werden.

Die besten können sogar Jahrzehnte reifen, wie etwa der legendäre Kultrosé Tondonia Rosado aus der Rioja beweist, der fast unsterblich ist. Auch darf man in der Riege der Besten Sylvain Patailles herausragenden Fleur de Pinot aus Marsannay im Burgund, sowie Terroir al Limits und Dominio del Aguilas beiden Clarete nicht vergessen.

Doch auch in Deutschland wird seit Jahren hervorragender Roséwein hergestellt, der manchen Franzosen in nichts nachsteht. Oft sind die Weine in Deutschland allerdings etwas frischer und säurehaltiger, in Frankreich oft kräftiger und strukturierter. Bei den deutschen Roséweinen überwiegen die Rebsorten Spätburgunder und Dornfelder.

Ein gängiger Irrglaube ist, dass Roséwein einfach durch das Verschneiden von Rot- und Weißwein hergestellt wird.

Chassenay D'Arce
Erzeugergemeinschaft Chassenay D'Arce

Das ist zwar außerhalb der EU erlaubt, wird allerdings auch dort nur für die Herstellung einfacher Roseweine verwendet. In der EU ist das Verfahren verboten. Eine Ausnahme ist die Champagne, in der viele der Rosé Champagner entstehen, indem weißer Wein mit rotem gemischt wird. Das deutsche Weingesetz sieht zwei verschiedene Verfahren zur Herstellung von Roséwein vor: Die direkte Pressung der roten Trauben und die kurze Mazeration. Bei der Direktpressung werden die roten Trauben unmittelbar nach der Ernte gepresst, um den Saft zu gewinnen. Die Traubenschalen kommen nur kurz mit dem Saft in Berührung, was zu einer helleren Roséfarbe führt. Bei der Maischegärung hingegen werden die roten Trauben zunächst leicht angequetscht und die Schalen verbleiben für eine gewisse Zeit im Saft, um eine intensivere Farb- und Aromaextraktion zu erreichen. Je nach Intensität des Kontakts mit den Beerenhäuten variiert die Farbe von blassrosa bis kirschrot. Die genaue Dauer des Kontakts zwischen Saft und Schalen variiert je nach gewünschter Farbintensität und Geschmacksprofil. Rotwein wird auf dieselbe Weise hergestellt, denn die Farbstoffe des Weins befinden sich in der Beerenschale und nicht im Fruchtfleisch. Das Fruchtfleisch ist, sowohl bei Weiß- als auch bei Rotwein in der Regel hell. Lässt man den Roséwein also länger mit den Schalen in Kontakt würde Rotwein entstehen, bei fehlendem Kontakt und einer schnellen Pressung ein Blanc de Noir. In Frankreich wird auch die sogenannte Saignée-Methode zur Herstellung von Roséwein angewandt. Saignée ist französisch und steht für Aderlass. Hier wird ein Teil des Mosts, der zur Rotweingewinnung vorgesehen ist, abgelassen, um dem verbliebenen Most mehr Schalenkontakt zu erlauben, was kräftigere, gerbstoffbetontere Weine hervorbringt. Der Roséwein ist meist recht kräftig.

In einigen Weinbauregionen sind weiße Rebsorten für die Herstellung von Rotwein zugelassen, dies hat dann aber nichts mit Roséwein zu tun. Meist wird dies bei sehr vollen, eher schweren Weinen angewendet, um ihnen eine gewisse Frische beizusteuern und heutzutage eher selten. Ein Rotling oder auch Schillerwein bezeichnet einen Rosewein, bei dem rote und weiße Beeren bereits vor der Gärung vermischt werden. Eine weitere Art des Roséwein ist der Weißherbst. Dieser darf allerdings nur Trauben aus einer bestimmten Lage enthalten und darf nur eine Rebsorte enthalten. Ein Weißherbst muss mindestens die Anforderungen der Qualitätsstufe QbA erfüllen. Meist haben die Trauben nur einen kurzen Kontakt mit den Schalen. Dadurch entsteht eine meist sehr helle Farbe, eher ein sehr helles Rosa. Vor allem die Provence hat diesen superblassen Stil sehr en vogue gemacht und ein großer Teil der Welt folgt dem Beispiel des hellrosigen Roséweines mittlerweile, weil sie so erfolgreich sind.

Roséwein ist ein Thema, das man nicht unterschätzen sollte, denn die oberen paar Prozent der Rosé-Produzenten und einige Topweingüter erzeugen wirklich abgefahrenen, spannenden Stoff in dieser Kategorie. Man muss nur fleißig suchen, dann tun sich auch in der weiten See der Rosés die Leuchttürme auf! Aber auch die einfacheren Qualitäten können ein Genuss sein – einfach mal die Beine im Liegestuhl baumeln lassen und ein Glas Rosé dazu, was gibt es Schöneres im Sommer?!

Chateau Pibarnon
Weingut Chateau Pibarnon