1984 ist Volker Raumland in Rheinhessen angetreten, erstklassige Schaumweine in traditioneller Flaschengärung mit extensivem Hefelager nach dem Vorbild der Champagne zu erzeugen. In Deutschland, und noch mehr in Rheinhessen, ist er damit damals ziemlich alleine auf weiter Flur. Was dann geschah, ist eine Erfolgsgeschichte, die den deutschen Sekt heute auf ein völlig anderes Niveau gehoben hat, als noch vor 40 Jahren. Nur eine von unzähligen Adelungen, die Raumlands seither auf diesem langen Weg erhalten haben, war die Aufnahme in den VDP im Jahr 2020 – als erstes reines Sektgut.
Sektpionier Volker Raumland, der den Familienbetrieb heute mit seinen beiden Töchtern Katharina und Marie-Louise führt, hat damals wie heute auf grundlegendes Handwerk gesetzt. Denn Trauben explizit für Sekt anzubauen, ist eine völlig andere Sache als aus Trauben einfach Sekt zu machen. Das fängt zunächst im Weinberg an. Schon die Auswahl der Unterlagsreben, der Genetik, des Standortes, der Erziehungsformen, des Anschnitts – wenn von Anfang an alles auf die Erzeugung großer Schaumweine ausgelegt ist, eröffnen sich völlig neue Spielräume und Qualitätsdimensionen, die ansonsten verwehrt bleiben.
Nur etwas über 10 Hektar hervorragende Weinlagen in Rheinhessen und der Pfalz, vorwiegend um die Heimatgemeinde Flörsheim-Dalsheim im Wonnegau, bewirtschaften Raumlands strikt biologisch. Alle Sekte stammen ausschließlich von eigenen Trauben, die nur per Hand gelesen werden. Dass es hier allein um die Erzielung maximaler Qualität geht, wird schon an der alleinigen Verwendung der Cuvée-Pressung für alle Weine deutlich. Die von der Champagnererzeugung stammenden Begriffe Taille und Cuvée bezeichnen Presswein und Ablaufsaft. Die Cuvée ist also das Herzstück des Traubensaftes, das völlig unberührt von der Presse läuft. Hier ist der pH-Wert am tiefsten, die Säuren am höchsten und die Aromatik am klarsten – allerdings verzichtet man auf einen erheblichen Anteil an Menge in der Produktion. Der Presswein wird bei Raumlands nie verwendet, sondern weiterverkauft. Der Ausbau der Grundweine findet in Edelstahl und französischen Holzfässern statt, dabei wird jede Parzelle zunächst einzeln ausgebaut, um am Ende in kleinteiliger Arbeit den perfekten Blend ausmachen zu können. Der zweite Schlüsselfaktor ist Zeit, vor allem die Zeit auf der Hefe. Komplexität und Tiefe gibt es nicht im Eilverfahren, daher verlässt kein Sekt unter 36 Monaten Hefelager das Weingut, der Mindeststandard für Vintage-Champagner. Die Topcuvées bleiben bei Raumland sogar bis zu 10 Jahren auf der Hefe.
Die Traubenlese 2024 präsentierte sich aus Sicht der Sektbereitung als nahezu ideal. Bereits früh im Herbst zeigten sich die Trauben in einem außergewöhnlich balancierten Zustand: goldgelbe Beeren mit reifen, braunen Kernen – ein klares Zeichen für eine hohe physiologische Reife. Was dabei in diesem Jahr besonders war: Trotz dieser inneren Reife stiegen die Zuckerwerte kaum weiter an. Die Oechsle-Werte blieben moderat, was für die Erzeugung von Sektgrundweinen von großem Vorteil ist – hier kommt es weniger auf hohe Mostgewichte als auf Frische, Säurestruktur und Aromatik an.
Diese spezielle Reifeentwicklung ermöglichte eine entspannte, gut planbare und entzerrte Weinlese. Es gab keinen Druck, schnell ernten zu müssen, da die Trauben stabil blieben und nicht Gefahr liefen, überreif zu werden. So konnten wir unsere Erntearbeiten in aller Ruhe und mit großer Präzision durchführen – ein seltener Luxus in einem oft von Wetterkapriolen bestimmten Herbst.
Pünktlich mit den ersten Oktobertagen stellte sich schließlich das typische Herbstwetter ein: kühl, feucht und zunehmend von Fäulnis geprägt. Doch zu diesem Zeitpunkt war unsere Lese bereits abgeschlossen – zum idealen Zeitpunkt, kurz bevor die Witterung kippte.
Rückblickend steht der Jahrgang 2024 für elegante Grundweine mit feiner Säure, viel Frische und einer bemerkenswerten inneren Reife. Die Voraussetzungen für charaktervolle, lagerfähige Sekte könnten kaum besser sein.