In der jüngeren Vergangenheit hat es in der Pfalz vielleicht keine spannendere Erfolgsstory als die der Familie Seckinger gegeben. Erst 2012 gegründet, zählt Seckinger sicherlich noch zu den jüngsten Weingütern im kleinen Örtchen Niederkirchen bei Deidesheim.
Erste Experimente in Garage und Kartoffelkeller
Etwa vier Hektar Rebfläche waren bereits seit Jahren in Familienbesitz, allerdings hatte Vater Josef die Weinberge für andere Deidesheimer Spitzenbetriebe bewirtschaftet. Die Pachtverträge liefen noch bis 2016, aber seine drei Söhne wollten schon eher anfangen, eigenen Wein zu produzieren. Also entschieden sich die drei Brüder Jonas, Lukas und Philipp im Alter von gerade einmal Anfang Zwanzig dazu, einen eigenen, einen Hektar großen Weinberg zu kaufen – 2012, das Weingut Seckinger war geboren!
Zu Beginn mussten erstmal die Garage und der alte Kartoffelkeller des Elternhauses herhalten. Für mehr als vier kleine Edelstahltanks, eine Handvoll Holzfässer und eine alte Korbpresse war hier kein Platz. Die Vision war aber von Anfang an klar: Sehr trockene, klare und fokussierte Terroirweine sollten hier entstehen. Das Ergebnis war im ersten Jahrgang 2012 etwas extrem: Null Gramm Restzucker und Säurewerte an die zehn Gramm – das war selbst für die meisten Säure- und Rieslingfreaks etwas zu drüber. Also entwickelten sich die Seckingers weiter, feilten immer mehr an ihrer Stilistik. Die Rebfläche stieg von Jahr zu Jahr an, die Weine wurden immer besser. Mit dem Jahrgang 2013 folgten auch die ersten Bio-Versuche, 2015 dann die offizielle Umstellung auf biologische Bewirtschaftung. 2016 endeten dann die Pachtverträge und die Weinberge von Vater Josef kamen dazu – plötzlich hatten die Seckingers in vielen Top-Lagen der Mittelhaardt Weinberge mit altem Rebbestand.
Vom Garagenweingut zum Top-Betrieb in nicht einmal zehn Jahren
Mit dem neuen Schatz an alten Reben und entsprechend auch mehr Produktionsmenge kam eine größere Halle am Rande Niederkirchens dazu. Fortan konnte man sich noch mehr der perfekten Weinbereitung widmen und in den Jahren 2017 bis 2019 folgten weitere Experimente: Angefangen bei weiteren Weinbergen im rund zwanzig Kilometer entfernten Maikammer, dessen Lagen noch deutlich unbekannter sind als die der Mittelhaardt, sich aufgrund ihres Terroirs aber insbesondere für Burgundersorten perfekt eignen. Hier entstand die optimale Grundlage für Chardonnay, Weiß- und Grauburgunder, sowie Spätburgunder.
Außerdem beschäftigten sich die Seckingers zunehmend mit der Biodynamie – angeleitet von einem der Großmeister des Fachs, Andreas Schumann vom Weingut Odinstal. Im Jahr 2019 entschieden sie sich dahingehend für die vollständige Umstellung ihrer Arbeitsweise. Damit einher ging auch eine sehr »Naturwein-ähnliche« Stilistik – unfiltrierte und weitestgehend ungeschwefelte Weine. Sehr eigenwillig und experimentell, teils auch so, dass es den Seckingers manchmal selbst etwas zu wild wurde. Nach Jahren des Experimentierens haben die drei Seckinger Brüder nun endlich ihre klare Linie gefunden und sozusagen ihr Erfolgsrezept für großartige, spannungsgeladene Terroirweine. Philipp kümmert sich um die Weinberge, Jonas um den Ausbau der Weine im Keller und Lukas um die ganze Verwaltung drumherum.
Man kann ihn getrost zu den Protagonisten einer frühreifen und bestens ausgebildeten Winzer-Generation zählen, die genau weiß, was sie will: Seine Weine wirken schon erstaunlich erwachsen und stilsicher.
– Falstaff über Jonas Seckinger (2019)
Back to the Roots: Das Seckinger’sche Erfolgsrezept für große Weine
Heute bewirtschaftet Seckinger etwa 30 Hektar Rebfläche. Von einem Hektar auf 30 in nur knapp zehn Jahren – und das bei immer steigender Qualität. Das ist schon eine ziemliche Glanzleistung. Im Weinberg wird weiterhin nach den biodynamischen Grundsätzen gearbeitet. Monokulturen sollen dabei aufgebrochen und die Biodiversität gefördert werden. Weinberge sollen nicht allein für Reben »reserviert« sein, sondern auch Lebensraum für andere Pflanzen und Tiere bieten. Die Seckingers sind von den ursprünglichen Praktiken der Vorfahren überzeugt, früher war es hier nämlich Standard, biologisch zu arbeiten. Außerdem wurde den Weinen immer ihre nötige Zeit gelassen und sie wurden nicht durch überflüssige Mittelchen verfälscht. Deshalb wird bei Seckinger alles spontan vergoren, quasi nur der reine Traubensaft ohne jegliche Zusätze. Alle Weine bekommen so viel Zeit, bis sie möglichst komplett durchgegoren sind. Der Großteil der Weine liegt dabei im Holz, lange auf der Vollhefe. Der natürliche, biologische Säureabbau (BSA) sorgt für zusätzliche Stabilität. Vor der Abfüllung bekommen die Weine nun eine geringe Schwefelgabe – die Erfahrung hat gezeigt, dass das dogmatische »sulfur free« den Weinen etwas Präzision nimmt.
Das Ergebnis sind nun wirklich atemberaubende, mineralische Kracher von hoher Finesse, genialem Spiel aus reduktiver Spannung, feinen Gerbstoffen, kristalliner Säure und teils saftiger Frucht. Die Seckingers interpretieren den Pfälzer Riesling komplett neu, haben damit nach Jahren des Experimentierens eine großartige, eigene Handschrift entwickelt. Terroirgetreu, klar und puristisch, aber dabei immer mit »Pälzer Seele«. Es bleibt spannend, was hier in den nächsten Jahren noch auf uns zukommen wird. Eins ist sicher: Es wird genial und sicher niemals langweilig!