Riesling von der Mosel ist bei Kennern in aller Welt der Inbegriff des deutschen Weins.

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Im Überblick

Weinregion Mosel Saar Ruwer

Riesling von der Mosel ist bei Kennern in aller Welt der Inbegriff des deutschen Weins. Mit ihm verbindet sich die Vorstellung eines leichten, ja filigranen Weißweins, dessen Qualität nicht auf Fülle oder Wucht, sondern auf Feinheit beruht. Weine dieses Typus findet man nur sehr selten auf der Erde. Um genau zu sein: nirgendwo sonst. Mosel – das ist eine eigene Welt.

Weinlese in der Weinregion Mosel Saar Ruwer, auf dem Weingut Peter Lauer
Peter Lauer Mosel Wein

Die Erfolgsgeschichte der Mosel verläuft wellenförmig

Freilich war diese Welt nicht immer heil. Durch die von Napo­leon verfügte Real­teilung zer­splitterte im 19. Jahrhundert der Besitz vieler Winzerfamilien. Zahl­reiche Betriebe waren nicht mehr lebens­fähig, obwohl die besten Mosel­weine zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts auf den inter­natio­nalen Märkten Spitzenpreise erzielten. Viele Winzer hatten nur die Wahl zwischen Armut oder Wegzug. Von heiler Welt keine Spur. Die Lage verschärfte sich noch, als 1907 die Reblauskatas­trophe über die Mosel hereinbrach. Der größte Teil der Rebberge wurde verwüstet. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als Deutschland in Trümmern lag, waren die Rieslinge vom Bern­kasteler Doctor und der Wehlener Sonnenuhr zwar international immer noch stark gefragt. Doch leider waren (und sind) nicht alle 4.000 Moselwinzer in diesen Lagen begütert. Die meisten waren froh, dass Grosskellereien und Genossenschaften ihnen die Trauben (beziehungsweise den Most oder den Jungwein) abnahmen.Doch was diese dann daraus machten, zerstörte auf Jahrzehnte die Lust der Deutschen auf einheimischen Wein. Bis in die 1980er Jahre hinein war die Mosel eher berüchtigt denn berühmt für ihre für lieblichen Spätlesen vom Typ »Kröver Nacktarsch« Weine, die mit Zuckerwasser aufgepäppelt und mit hoch geschwefeltem Most gesüßt wurden, um aus randvoll geschenkten Römergläsern mit grünem Fuss getrunken zu werden, nicht selten unter Absingen alberner Trinklieder. Die Römergläser gibt es auch heute noch, die lieblichen Spätlesen ebenfalls. Aber sie sind nicht mehr repräsentativ für das Bild von der Mosel.

Weinlese weisser Trauben

Das Prädikatsweinsystem dominiert die Weine von der Mosel

Das heutige Profil besticht vor allem durch seine Einzigartigkeit. Zum Leichten, Spie­lerischen kommt das unverwechselbare Geschmacksprofil des Moselrieslings hinzu: hochmineralisch mit Apfel- und Grapefruitnoten im trockenen Bereich, in restsüßen mit zartfruchtigen Tönen, die an Pfirsich, Mandarine, Honigmelone, im gereiften Zustand auch an Quitte erinnern. Das Ganze durchzogen von einer frechen Säure.

Mosel – das ist eine eigene Welt.

Weinregion Mosel Saar Ruwer, Frau bei der Weinlese

Wehlen, Graach, Ürzig, …

Alle diese Dörfer liegen im Bereich Mittel­mosel. Er ist das Herzstück des Anbau­gebiets. Dort findet man den berühmten grau-blau schimmernden Schiefer, der 400 Millionen Jahre alt ist und aus dem Devon stammt. Er gibt den Weinen ihren ausgeprägt »schiefrigen« Geschmack. Dort haben Winzer wie J. J. Prüm, Fritz Haag, Thomas Haag von Schloss Lieser und Ansgar Clüsserath ihre Reben stehen. Den kalkarmen Devonschiefer findet man auch an Ruwer und Saar, zwei Neben­flüssen der Mosel, an denen ebenfalls seit ältester Zeit Weinbau betrieben wird. Die bei­den Gebiete sind geografisch höher gelegen und somit kühler als die Mittel­mosel. Die Ruwer-Weine fallen oftmals noch rassiger aus, sind noch verspielter und können noch filigraner sein – Beispiel: der Karthäuserhof der Familie Tyrell. Auch die Saar-Weine prunken mit »strammer« Säure, wie die Winzer sagen. Aus dem Umstand, dass die Weinberge dort regel­mäßig von Frühfrösten heimgesucht wer­den, haben die Winzer eine Tugend ge­macht. Sie lassen einen Teil ihrer Trauben bis in den November oder Dezember hinein hängen und bekommen, wenn das Thermo­meter unter minus 7 °C fällt, grandiose Eisweine. Egon Müller und Geltz Zilliken haben dort ihre Weinberge. Egon Müller und Geltz Zilliken haben dort ihre Weinberge. Übrigens sind die Namen Ruwer und Saar seit 2008 aus der offiziellen Bezeichnung des Anbaugebiets getilgt worden – zum Ärger der ortsansässigen Winzer.

Weinregion Mosel Saar Ruwer

Obermosel

Auch an der Obermosel (zwischen Trier und Wasserbillig an der Grenze zu Luxemburg) wird Wein angebaut, allerdings hauptsächlich Elbling. Die untere Mosel ist dagegen wieder Rieslingland. Dieser Bereich zwischen Zell und Koblenz ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Weintrinker geraten, nicht zuletzt durch die aussergewöhnlichen Rieslinge von Heymann-Löwenstein. Dort sind die Lagen nicht flurbereinigt, was dazu geführt hat, dass viele Winzer den Weinbau aus Rentabilitätsgründen aufgegeben haben. Die geblieben sind, erzeugen heute in heroischer Handarbeit auf abenteuerlich hohen, oft nur handtuchgrossen Terrassen einige der spannendsten Moselrieslinge überhaupt. Manche der Terrassen sind wie alpine Klettersteige mit Seilen gesichert und nur über Treppen oder Leiterchen erreichbar. Um schwere Lasten zu transportieren, mussten an vielen Stellen Mini-Zahnradbahnen (Monorack) in die Hänge montiert worden. Winningen, Hatzenport, Pommern, Bremm – so heißen dort die bekanntesten Weindörfer an der Terrassenmosel, wie dieser Abschnitt genannt wird. Dort findet sich mehr quarzitischer Sandstein als Schiefer, wodurch die Weine etwas kräftiger und körperreicher ausfallen als an der Mittelmosel. Sie schmecken besonders mineralisch, ja oft richtig salzig. Mit den »Kröver Nacktarsch«-Spätlesen von einst haben sie soviel zu tun wie ein Rainer Werner Fassbinder-Opus mit einem klebrigen Heimatfilm.

Weinregion Mosel Saar Ruwer, Mann im Weinkeller

Natürliche Fruchtsüsse dominiert

Die trockenen Qualitäten findet man am häufigsten im Bereich der einfachen Gutsweine. Spätlesen werden nur vereinzelt trocken ausgebaut, und selbst wenn »trocken« auf dem Etikett steht, kann die Restsüße durchaus 10 Gramm pro Liter betragen. Einige der besten Winzer sind sogar der Überzeugung, dass der trockene Weintypus an der Mosel deplaziert ist. Egon Müller und J. J. Prüm verzichten beispielsweise auf trockene Weine und damit auch auf Große Gewächse. Diese sollen laut VDP auch an der Mosel 10 Gramm pro Liter Restsüße nicht überschreiten, um das »trockene Erscheinungsbild« zu gewährleisten. Restsüße in dieser Grössenordnung ist bei Moselweinen kaum schmeckbar, da die Säuren allgemein hoch liegen. Dennoch passiert es immer wieder, dass Spitzenweine diese Grenze überschreiten (unter anderem weil spontan vergoren) und dann nicht als GG, sondern nur als Riesling »Erste Lage« auf den Markt kommen dürfen.

Insgesamt liegt der Anteil trockener Weine an der Mosel bei etwa 18 % – so niedrig wie in keinem anderen deutschen Anbaugebiet.

Viele Moselwinzer sind der Meinung, dass der Charakter ihres Rieslings am besten bei Weinen zum Ausdruck kommt, die eine zarte, schmeckbare Restsüße aufweisen. Weinliebhaber schließen sich dieser Auffassung immer häufiger an. Sie ziehen halbtrockene Weine mit einem Restzucker-Anteil zwischen 12 und 18 Gramm pro Liter den trockenen Exemplaren vor. »Feinherb« wird diese Geschmacksrichtung genannt. Oder sie gehen sogar auf die »fruchtigen« Weine mit einem Restzucker von über 18 Gramm pro Liter. Bei diesen Weinen ist das Spiel zwischen Süße und Säure noch raffinierter. Ausserdem erweisen sich die fruchtigen und feinherben Weine als außerordentlich langlebig, während der Charme der trockenen Weine nach einigen Jahren langsam verblasst.

Edelsüsse Formate, wie es sie andernorts nicht geben kann

Eine Spezialität, wie es sie sonst nirgendwo auf der Welt gibt, sind die edelsüßen Weine, die überall an der Mosel regelmäßig und in höchster Qualität geerntet werden: Auslesen, Beerenauslesen, Trockenbeerenauslesen und Eisweine. Sie werden aus extrem spät gelesenen Trauben oder Beeren erzeugt, die am Stock von der Edelfäule befallen wurden, sich bräunlich verfärben und von hässlichem Schimmel überzogen werden. Aber gerade diese Trauben ergeben Weine von schwerer Süße, die dennoch leicht und spielerisch über die Zunge laufen, weil sie von einer sehr hohen Säure geädert sind. Sie weisen nur 9 % vol, Trockenbeerenauslesen und hochgrädige Eisweine sogar nur 7,5 % vol Alkohol auf – im Gegensatz zu den Sauternes aus Frankreich, die doppelt so alkoholreich sind. Diese Weine, oft in mühsamer Handarbeit »gepiedelt« (wie die Moselaner das Herauszupfen edelfauler Beeren aus der Traube nennen), sind rar und entsprechend teuer, bieten aber unvergessliche Geschmackserlebnisse. »Schweiß der Engel« schwärmen die Kenner.

Prüm Weinlese