Der Export begann erst 2006. Es ist ein ambitioniertes Single Vineyard-Projekt mit insgesamt nur 6500 Kisten, also unter 80.000 Flaschen, verteilt auf 16 verschiedene Weine und somit 16 verschiedene Lagen. Terroir und Autentizität der Reben sind ihr Credo. Das gesamte Weingut bewirtschaftet 34 Hektar langfristig gemieteter drei Weinfarmen. Einen Großteil der geernteten Frucht verkaufen sie weiter an große, bekannte, internationale Namen, weil sie nur die Crème de la Crème für ihre Single Vineyards behalten. Die Önologen und Winemaker praktizieren hier regeneratives Farming, also biologische, umweltschonende Weinbergsarbeit. Entsprechend dem State of the Art aus dem Burgund werden die Trauben hier vollständig und extrem sorgfältig entrappt und dann zwischen 15 und 35 Prozent der besten, trockenen, braunen Stielgerüste wieder der Maische zugegeben. Whole-Bunch lehnen sie ab, weil dies ihrer Ansicht nach dem Wein zu viele grüne Elemente verleiht. Alles wird in offenen Behältern vergoren, konisch zulaufender Beton, aber auch Edelstahl – je nach Erfordernissen der verschiedenen Rebsorten und Lagen. Im Ausbau der Weine werden unterschiedliche Materialien und Behältnisse eingesetzt, alles abgestimmt auf den Typ des Weins. Es gibt Betoneier, es gibt Tonamphoren, es gibt Tonneaux und Barriques. Jedoch keine großen Fuder, weil sie so viel Menge pro Wein gar nicht haben. Auch die Ausbauzeit ist je nach Bedürfnissen der Weine sehr unterschiedlich. Von kürzerem Ausbau bis zu zwei Jahren – alles individuell. Der größte Teil des Ausbaus geschieht allerdings nach wie vor in hölzernen Barriques, hier jedoch ein hoher Anteil Zweit- und Drittbelegung. Sie kaufen ihre Fässer aus Frankreich von Sylvain, aber auch gebrauchte Fässer von Toperzeugern wie Almaviva und anderen. Insgesamt ist das ein sehr ambitioniertes Lebens-Projekt, eine zur Mission gewordene Vision von Winzern, Önologen und selfmade weinverrückten Träumern.
Derek Mossmann wuchs weit entfernt vom Maule auf, in Toronto, Kanada. Er fand den Weg nach Chile weil er dort im Sommer seiner Studienzeit als Skitrainer arbeitete. Ursprünglich wollte er nach Neuseeland gehen, aber die schlechten Schneefälle führten ihn stattdessen nach Portillo in Chile. Manche sagen, es sei ein Zeichen gewesen; ein gutes Zeichen, denn Garage Wine CO. hat nie etwas hergestellt, das Kiwi Sauvignon Blanc ähnelt! Dereks Interesse an Wein kam nach Abschluss seines Studiums, als er mit einem Freund mit einem Kompass mit nur vier speziellen Himmelsrichtungen – Wein, Käse, Pasta und Brot – eine Fahrradreise durch Europa unternahm. Sie fuhren in jenem Sommer 6.000+ Kilometer, die Hälfte davon in Frankreich. Zuerst verweilten sie in Châteauneuf-du-Pape (dem Lieblingswein seines Vaters) und dann im Land der Carignan-Rebe, also im Südwesten. Es war ein guter Sommer um Kanadier in Frankreich zu sein, denn Landsmann Steve Bauer führte die Tour de France an, und die kanadischen Flaggen auf den Packtaschen der Fahrräder schienen die Türen der Weingüter und die Herzen der Winzer zu öffnen. Nach einem Master-Abschluss in vergleichender Literaturwissenschaft an der Columbia University in New York City kehrte Derek nach Chile zurück und traf und heiratete die Winzerin (und heutige Geschäftspartnerin) Pilar Miranda Avendaño. Er verbrachte während der aufregenden Tage des neuen Internets einige Jahre mit dem Aufbau seiner eigenen Internet-Agentur, in denen er mit Kunden aus der Wein- und Reisebranche arbeitete. Er erkannte, dass das, was das Weingeschäft wirklich brauchte, Weinqualität, inmitten von so viel GROSSER WELT eher klein war. Er verließ also die Agentur, und zusammen mit seiner Frau und einem befreundeten Weinwissenschaftler begann er langsam das Familienhobby, mit einem halbes Dutzend Fässer in der Garage, in ein Unternehmen zu verwandeln, das – wenig überraschend – als Garage Wine Company (GWCo) bekannt wurde.
Es handelte sich um ein wirkliches, ganz reales Do-it-yourself-Unternehmen, immer und alles selbst, das ständig gegen alle Widrigkeiten und Hürden eines Geschäftsumfelds kämpfte, das nur auf Größe und Gleichartigkeit ausgerichtet war. Um diesen Kampf zu führen, bildeten sie Allianzen. Das Trio war Mitbegründer der MoVI – der Bewegung Unabhängiger Weinbauern – und von Vigno, einer Gruppe von Carignan-Produzenten. Auf diese Weise trugen sie dazu bei, die chilenische Weinbaulandschaft zu verändern, denn jetzt ging es um das Land, um Terroir, und nicht mehr um eine Marke.
Pilar Miranda Avendaño wuchs in einer typisch chilenischen Familie mit langjähriger Tradition von langen Mittagessen und Rotwein auf. Sie spielte Fußball, meistens besser als die Jungen (trainiert von ihrem Vater, der einst für die berühmte Mannschaft der Universidad Catolica spielte), aber es war vielleicht ihre Mutter, eine Professorin für Pharmazie an der Universität von Chile, die Pilar zur Wissenschaft und dann zur Weinherstellung führte. Anders als in Frankreich kann man in Chile nicht von der Pharmazie aus in die Önologie einsteigen, also wandte sich Pilar der Agronomie zu. Nach Abschluss ihres Studiums an der Universität von Chile arbeitete Pilar in Undurraga, dem bekannten chilenischen Weingut, und unterrichtete Kurse an ihrer Alma Mater. Derek und Pilar lernten sich auf der Ernteparty eines gemeinsamen Winzer-Freundes kennen und heirateten eineinhalb Jahre später. In der Garage begann dann ein gemeinsames Hobby, das vielleicht nur ein Hobby geblieben wäre, wenn Pilar nicht eine Arbeit in einer Parfüm- und Aromenfirma angeboten worden wäre. Mit kleinen Kindern war die Arbeit ideal, aber das Paar befürchtete, dass es für Pilar später eher schwierig werden würde, wieder in das eher geschlossene und doch insidige Weingeschäft einzusteigen, wenn die Kinder erst älter sind. Also beschlossen die beiden, dass sie parallel einfach ein paar hervorragende Weine in der besagten Garage herstellen mussten, und das würde Pilars Namen in den Köpfen der Branche lebendig halten. Aus bescheidenen Anfängen, als sie ihren Wein in billigsten Behältnissen neben ihrem Haus produzierten, erlangten die Weine wegen ihrer Andersartigkeit, ihrer Unikathaftigkeit, dennoch bald Berühmtheit.
Es handelte sich um ein wirkliches, ganz reales Do-it-yourself-Unternehmen, immer und alles selbst, das ständig gegen alle Widrigkeiten und Hürden eines Geschäftsumfelds kämpfte (…)
Das Paar lernte dann den Wissenschaftler Alvaro Peña-Neira kennen, der an der Universität lehrte. Der Arzt, der ein Freund wurde, kam eigentlich nur, um bei der körperlichen Arbeit in der Weinherstellung zu helfen, und fand bald eine eher zerebrale und ergänzende Rolle in dem im Entstehen begriffenen Unternehmen. Alvaro Peña-Neira wuchs in der Hafenstadt Valparaiso auf. Er studierte als Student an der Universidad Federico Santa María, bevor er ein Stipendium des Königs von Spanien erhielt, um sein Studium an der Polytechnischen Universität in Madrid fortzusetzen. Dort promovierte er mit einer Arbeit über die phenolische Zusammensetzung von Wein. Infiziert von diesem Zaubertrank reiste er ausgiebig in der alten Welt herum, um einfach alles zu probieren und seinen Geschmack und Verkostungssinn zu formen, bevor er letztlich nach Chile zurückkehrte, wo er dann an der Universität von Chile, der ältesten und größten öffentlichen Universität des Landes, angestellt wurde. Dort lehrt und forscht er bis heute über die Metaboliten der Trauben (Phenole, Aromen) und betreibt Weinforschung. Um seine Karriere zu fördern schuf er ein Labor, seine Forschungsteams haben im Laufe der Jahre Dutzende von wissenschaftlichen Projekten durchgeführt und lehren bis heute in Italien und Spanien. Alvaro brachte wissenschaftliche Strenge und Struktur mit in das Projekt, und er bewirkte, dass Garage Wine im Laufe der Jahre an vielen Forschungsstudien beteiligt war. Angesichts der Erfahrung des Mini-Unternehmens mit kleinsten Chargen, der Liebe der drei Freunde zu intensiven Diskussionen, und der angeborenen Neugierde und Experimentierfreudigkeit, hat sich das Trio zu großartigen Partnern entwickelt.
Garage Wine Co ist für mich DAS high-end Experimental-Labor chilenischer Weine und ein »Stand Alone« der natürlichen Weine höchster Qualität und Terroir-Abdrucks. Chile und Wein wie ich es nicht zu hoffen gewagt habe!