Ideales Klima, mineralisch reiche Böden und der Vorteil, dass die Reblaus sich in Chile nicht ausbreitete, sorgten für das internationale Renommee.
Ähnlich wie in Argentinien, das zur gleichen Zeit von Europäern erobert und besiedelt wurde, beginnt auch in Chile der Weinbau wegen des Bedarfs an Messwein und an Wein für die Bevölkerung. Der Adelige Don Francisco de Aguirre pflanzte 1551 in La Serena die ersten Rebstöcke. Chile erwies sich als »Paradies für den Weinbau«, wie es der erste international renommierte Investor, Miguel Torres, später nannte. Ideales Klima, mineralisch reiche Böden und der Vorteil, dass die Reblaus sich in Chile nicht ausbreitete, sorgten für internationales Renommee.
Nach der Einführung der País, jener Rebsorte, die sich über Argentinien bis nach Mexiko und Kalifornien in allen spanischsprachigen Kolonien ausbreitete, wurde Chile auf Grund der idealen Rahmenbedingungen schnell ein Exportland für billigen Massenwein, der sogar ins Mutterland Spanien verschifft wurde. Erst 1851 brachte Bertrand Silvestre Ochagavia Echazareta die ersten noblen Rebsorten aus Bordeaux nach Chile, und zwar genau zum richtigen Zeitpunkt, wie bald klar werden sollte; denn die Reiser waren wurzelecht. Während Europas Weinbau unter der Reblauskatastrophe einige Jahre später fast vernichtet wurde, breitete sich der Weinbau in Chile aus. Die besondere geografische Lage und deutliche Einfuhrbeschränkungen von Rebstöcken haben den chilenischen Weinbau bis heute von der Reblaus verschont. Ein Grund warum es hier so viel Wein von alten Reben gibt. Nicht verschont wurde der Weinbau jedoch von den Prohibitionsgesetzen, die 1938 griffen und sich ähnlich verheerend auswirkten wie in den USA. So konnte man den Niedergang des Weinbaus über Jahrzehnte hinweg bis zur Aufhebung der Gesetze im Jahr 1974 verfolgen.
Es war dann der spanische Weinvisionär Miguel Torres, der das brachliegende Potential erkannte und nutzen wollte. Chiles wirtschaftliche Rahmenbedingungen erlaubten es ihm, in Curicó das damals modernste Weingut der Welt zu errichten und dem Weinbau den entscheidenden Impuls zu geben. Während der Export von chilenischem Wein damals gerade einmal 10 Mio. Dollar entsprach, lag er zwölf Jahre später bereits bei 550 Mio. Dollar. Innerhalb weniger Jahre investierten international operierende Weingüter wie Rothschild (Los Vascos), Lurton, Grand Marnier oder Mondavi. Mit diesem Impuls war es nun auch den heimischen, alteingesessenen Weingütern möglich, zu investieren und zu erweitern. So sind Firmen wie Concha y Toro, De Martino, Cono Sur, Montes, Felipe Edwards oder Errazuriz selbst zu global operierenden Weingütern geworden.
Mit Beginn der Aufbruchsstimmung zu Beginn der 1980er Jahre hat sich das Weinland grundlegend verändert. Wurde damals noch zu 44 % País für Massenwein angepflanzt, liegt die Rebsorte heute bei nur noch 10 %. Cabernet Sauvignon und Merlot wurden die wichtigsten Rebsorten, auch wenn eine weitere französische Rebsorte viel häufiger mit Chile in Verbindung gebracht wird. Es ist die Carménère, die in Chile eine ähnliche Funktion hat wie der Malbec in Argentinien. Die Carménère ist das Aushängeschild des chilenischen Weinbaus. Früher eine typische Bordeauxrebsorte, findet man sie dort so gut wie gar nicht mehr. In Chile aber bringt sie einen einzigartigen Stil hervor. Die Weingüter in Chile nutzen heute auf Grund der extremen Nord-Südausrichtung vier unterschiedliche Klimazonen zwischen dem 30. und 38. Breitengrad. Als bestes Anbaugebiet wird das 40 Kilometer südlich von Santiago de Chile gelegene Maipo genannt, wo die würzigsten Rotweine entstehen. Doch auch die Täler von Aconcagua, Colchagua, Bío-Bío, Elqui und Maule werden immer wichtiger. Die Anbaugebiete liegen meist zwischen 500 und 1.100 Höhenmetern und profitieren sowohl vom pazifischen Klima als auch vom mineralreichen Schmelzwasser der Anden. Das Klima führt zu hohen Tag- und niedrigen Nachttemperaturen, die die Trauben voll ausreifen lassen, viel Aroma bringen und den Alkohol moderat halten.
Chile hat sich mit seinen 122.000 Hektar, die in etwa der Rebfläche Deutschlands entsprechen, international etabliert. Das gilt für die Literweine genauso wie für Weine der Spitzengastronomie. Dafür sorgen Weine wie der Seña, ein Joint Venture von Chadwick und Mondavi, oder der Almaviva, ein Joint-Venture von Rothschild und Concha y Toro. Dabei punktet Chile nicht nur in Sachen Qualitätsmanagement, sondern auch in Bezug auf Nachhaltigkeit und ökologischen Anbau. Die größten ökologisch oder sogar biodynamisch arbeitenden Betriebe findet man heute in Chile. Und Nachhaltigkeit ist in diesem Staat, der über 4.000 Kilometer Küstenlinie verfügt und vom Klimawandel stark betroffen ist, ein Thema, das dort jeden Weinmacher umtreibt. Lediglich die teils starken, immer wieder auftretenden Erdbeben stören die beeindruckende Entwicklung dieses Weinlandes, können den positiven Trend jedoch nicht aufhalten.