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Im Portrait

Timo Mayer

Weinberge von Timo Mayer

Von Baden-Württemberg nach Wagga Wagga

Die Geschichte von Timo Mayer ist sozusagen der »American Dream« eines im positiven Sinne dezent verrückten und exzentrischen Schwaben. Den Weinbau hatte er im Blut, als er seine Heimat und damit auch sein traditionelles Familienweingut verließ, in dem seit über 400 Jahren in Württemberg Wein gemacht wird. Zunächst stillte er aber bei einer Reise um die Welt seinen Durst nach Freiheit.

Gemeinsam mit seiner Frau Rhonda, die er in den USA kennengelernt hatte, zog er wenig später nach Australien. Dort studierte Timo Weinbau in Wagga Wagga und suchte nebenbei nach einem Job. Den fand er beim innovativen Steve Webber von De Bortoli Wines. Mitte der 1990er-Jahre waren die meisten Weine Australiens eher kräftig und mit Holz überladen, das kühle Klima der Region Yarra Valley wurde zum Teil sogar bis zur Unerkennbarkeit mit Holz »überschminkt«. Erst ganz allmählich begannen die Winzer dort das einzigartige Klima und die Böden der Region zu verstehen, und nur ganz wenige waren mutig und hissten die Flagge für elegantere, interessantere Weine, die zum Nachdenken anregen. Deshalb entschloss sich Timo im nächsten Schritt, in einem kleinen Familienbetrieb Erfahrung zu sammeln. Das Weingut Gembrook Hill erzeugte damals schon einige der besten Weine der Region in minimalinvasiver Arbeitsweise mit einfachen Techniken.

2000 gründete Timo, mit dieser unerlässlich wichtigen Erfahrung in der Tasche, sein eigenes Weingut im australischen Yarra Valley, ungefähr eine Fahrtstunde entfernt von der mit jugendlicher Energie geladenen, aufregend bunten Metropole Melbourne.

Timo Mayer is a one-of-a-kind, and acclaimed, winemaker in Australia’s Yarra Valley, who produces a wide range of natural wines of high definition.

– Kevin Davy, Jamessuckling.com

Der Schwabe begab sich auf »Mission Impossible«: Um das Potenzial der Region aufzudecken und den australischen Weinen zu dem ihnen gebührenden nervenkitzelnder Spannung zu verhelfen, ging Timo von Anfang an bis an die Grenzen der Machbarkeit in der Weinherstellung. Auf einer 3 Hektar großen Parzelle auf dem »Bloody Hill« (so benannt, weil sie so »verdammt steil« ist), die er und Rhonda mit Chardonnay und Pinot Noir bestockten, betreibt er seither kompromisslosen, bedingungslosen Bio-Weinbau und erzeugt handwerklich hergestellte, phänomenal einzigartige Weine in in minimalen Mengen. Der Bloody Hill erstreckt sich von 120 bis 200 Höhenmetern und der Boden besteht aus einer dünnen Schicht aus kargem, felsigem Ton über Sand- und Lehmstein.

Der Held des Yarra Valley

In den letzten Jahrzehnten hat Timo dazu beigetragen, elegante, interessante und komplexe Weine mit niedrigerem Alkoholgehalt zu erzeugen, die das kühle Klima des Yarra Valley elegant widerspiegeln und dabei geschmacklich eine ganze Generation junger Winzer beeinflusst haben. »Bring back the funk« war sein Motto, und das Ziel war es, Weine zu erzeugen, wie er sie selbst gerne trinken würde. Timo überschreitet übrigens auch heute noch wie verrückt Grenzen, indem er unaufhörlich experimentiert, zum Beispiel mit »neuen« Rebsorten wie Nebbiolo und Gamay. Auch nach über 20 Jahren verbessert er sich dadurch unaufhörlich jedes Jahr weiter. Die Chardonnay, Pinot Noir und Syrah Trauben kommen aus den eigenen Weinbergen, die anderen Sorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot, Sangiovese, Gamay, Nebbiolo und Tempranillo werden aus dem wärmeren Teil des Yarra Valley zugekauft.

Puristische Frucht und Eleganz stehen trotz all dem »Funk« in Timo Mayers Weinen ganz klar im Vordergrund – die vielschichtigen, ultrafeinen Weine könnten nicht weiter von der krassen Blockbuster-Frucht und der druckvollen Intensität entfernt sein, für die australische Weine ehemals in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren bekannt waren. 

Und da Timo nie etwas Halbherziges macht, ging er auch hier aufs Ganze und verwendete sogar zu 100 Prozent Ganztrauben! ›Love it or hate it, that’s what we do!‹

Der Trend hin zur alten Schule des Pinot Noir

Timos Markenzeichen ist seit 2004 die Verwendung ganzer Trauben während der Gärung seines Pinot Noir, also deren Vergärung mitsamt ihrer Stiele. Die rustikale Technik der alten Schule erhöht die aromatische Komplexität und sorgt zudem für raffinierte Tannine und beeindruckende Frische. Damals machte in Australien kaum jemand Wein auf diese Art. Und da Timo nie etwas Halbherziges macht, ging er auch hier aufs Ganze und verwendete sogar zu 100 Prozent Ganztrauben! »Love it or hate it, that’s what we do!« Die einen Nachbarn waren skeptisch, die anderen waren begeistert von der Komplexität und Frische seines neuen Weinstils. Heute wird diese Technik vermehrt von Winzern in ganz Australien angewandt. Timos Weine gehören hinsichtlich ihres Aromas zu den besten Pinot Noirs in Australien – sie  schmecken einfach extrem verführerisch. Durch ihre Qualität zog er viele Pinot-Noir-Erzeuger Australiens mit in die Höhe.

Die Weine werden größtenteils in offenen Stahltanks und manche kleinere Parzellen sogar in den Behältern, in die die Trauben gelesen werden, vergoren. Der Ausbau erfolgt ausschließlich in 300 Liter fassenden Hogsheads aus Allier Eiche, die zuvor drei Jahre lang gelagert wurde, um die Holz-Tannine abzubauen. Die Fässer werden nur leicht getoastet, das Holz soll keinen intensiven geschmacklichen Einfluss haben. Alle Weine werden so natürlich wie möglich ungeschönt und unfiltriert abgefüllt.

Timo bezeichnet sich selbst bescheiden als »einfachen Bauern«. Aber jeder, der ihn einmal persönlich kennenlernen durfte, kann bestätigen, dass der ultra entspannt wirkende Winzer in Wirklichkeit schon ziemlich einzigartig und legendär ist!

Zu meinem Bedauern werden alle seiner genialen Weine in homöopathisch winzigen Mengen produziert. Je nach Jahrgang macht Timo 30.000 Flaschen seiner Mayer Weine und 18.000 Flaschen davon aus der Einzellage Bloody Hill. Daher heißt es – wie bei den meisten der gehypten Weingütern auf der Welt – »the early bird catches the bottle!«