Weinbereitung wurde Callum sozusagen mit in die Wiege gelegt. Sein Vater Dave Powell ist eine Größe in der australischen Weinwelt, denn er gründete 1994 das Weingut Torbreck im südaustralischen Barossa Valley – im selben Jahr kam Callum auf die Welt. Das Start-up füllte damals nur wenige tausend Flaschen ab und zu dieser Zeit konnte noch niemand erahnen, dass Torbreck mal zu einem der angesehensten und erfolgreichsten Weingütern Australiens werden würde – Robert Parker zählte es nur wenig später zu den besten 100 Weingütern der Welt. Dieser Cocktail aus Drive, Weinpassion und Hingabe in der Familie hatte großen Einfluss und formte den weinverrückten jungen Mann, der sozusagen gemeinsam mit dem Weingut Torbreck aufwuchs und groß wurde.
Mit dem Abitur in der Tasche verdiente sich Callum zunächst beim Familienweingut das nötige Kleingeld, um sich eine Reise nach Europa zu finanzieren. Ein Jahr später arbeitete er bereits mit Jean-Louis Chave zusammen, seinem großen Vorbild und einem Freund der Familie. Das legendäre Weingut in Hermitage an der Rhône bringt den ultimativen Syrah-Ausdruck auf die Flasche. Bei der Knochenarbeit in den steilen Lagen, die nicht mit dem Traktor, sondern hauptsächlich von Hand bearbeitet werden müssen, erlernte der junge Winzer die Bedeutung der Herkunft und erlebte hautnah, wie unendlich viel Sorgfalt der ikonische Jean-Louis Chave in seine Weine steckt, um ihre Herkunft gerecht und mit Stolz darzustellen.
Zurück in Australien lernte Callum erst mal ein paar Jahre lang von den besten und gleichgesinnten Winzern, unter anderem den Tyrrell’s im Hunter Valley und Jasper Hill in Heathcote, bevor er das Projekt »Powell & Son« mit seinem Vater startete. Damit war Callums Enthusiasmus aber noch lange nicht befriedigt, und sein Wunschtraum, sein komplett eigenes Ding zu machen, wurde immer lauter. Fünf Jahre später gründete er 2018 Agricola Vintners. Es ist keine Überraschung, dass Callum innerhalb kürzester Zeit sein eigenes Standing unter Australiens Topwinzern erlangte.
Von seinem ersten Jahrgang 2018 gab es gerade mal drei Fässer Shiraz – Agricola Vintners konzentriert sich allein auf diese Rebsorte. Inzwischen macht Callum glücklicherweise etwas mehr Wein, aber dennoch ist jede der wenigen weltweit gefragten Flaschen gezählt und nummeriert.
Da die Phylloxera-Reblaus nie in Südaustralien ankam, stehen im Barossa Valley einige der ältesten Reben der Welt. Selbst Callums jüngste Reben sind über 50 Jahre alt! Es ist auf eine Art beeindruckend und berührend, wenn man bedenkt, dass der junge Mann bei jedem Rebschnitt die große Verantwortung für die Zukunft dieser Reben trägt, die zum Teil beinahe fünfmal so alt sind wie er selbst!
Callum arbeitet mit Trauben aus drei verschiedenen Lagen: Ebenezer, Kalimna, Flaxman Valley. Kalimna und Ebenezer sind im Norden des Barossa Valley gelegen, während Flaxman Valley im benachbarten Eden Valley nur unweit vom Weinguts Henschke liegt.
In der Lage Flaxman Valley stehen die ältesten, ungefähr 100 Jahre alten Reben der Familie Powell direkt bei Callums Elternhaus auf ungefähr 500 Höhenmetern. Die Böden hier bestehen aus sehr steinigem Granit, also ähnlich wie in Hermitage, sind aber dennoch auch ganz anders. Die Lage ist durch einen Meteoriteneinschlag entstanden, der den »Flaxman-Krater« geschaffen hat, daher sind die Böden eher steil und steinig. Übrigens gibt es im Flaxman Valley beinahe doppelt so viel Niederschlag wie in den Lagen im nördlichen Barossa.
Ebenezer stammt zum Großteil aus den ältesten Reben der Lage Hoffmann Dallwitz, die dem Traubenbauer Adrian Hoffmann gehört. Callum arbeitet mit Trauben aus den Parzellen Dallwitz Old (1888 – 1912 gepflanzt), Dimchurch Home Old (1951 gepflanzt), Dallwitz 95 (1995 gepflanzt) und Limit Lodge (2000 gepflanzt). Auf 300 Höhenmetern besteht der Untergrund hier aus eisenhaltiger, rotbrauner Erde, rotem Ton und kalkhaltigen Unterböden. Die Unterschiede zwischen Tages- und Nachttemperaturen während der Wachstumsperiode sind hoch und das führt zur fabelhaften Fruchtklarheit des dunkelbeerigen Weins.
Ab dem Jahrgang 2022 konnte sich Callum Trauben aus zwei weiteren Lagen sichern. Nachdem er jahrelang versucht hatte, an Trauben aus Asbroeks Kalimna Vineyard heranzukommen, bringt er 2022 erstmals den Kalimna Sands auf die Flasche. Die Reben wurden 1860, 1970 und 2015 gepflanzt und Callum ist überglücklich, in diesem ikonischen Barossa-Weinberg arbeiten zu dürfen. Kalimna liegt ungefähr fünf Kilometer südlich von Ebenezer und hat ähnliche eisenhaltige Tonböden, zusätzlich kommt hier aber auch noch weißer Sand ins Spiel, der zum verführerischen Parfum des Weins und seinen seidigen Tanninen beiträgt.
Theel’s Handfibel ist eine Cuvée aus Ebenezer-Trauben (aus der Parzelle Hoffmann Dimchurch Home Old, die 1951 gepflanzt wurde) und Kalimna (aus der Parzelle Asbroek, die 1970 gepflanzt wurde).
Callum fokussiert sich darauf, die Essenz und Weisheit dieser uralten Shiraz-Rebstöcke herauszuarbeiten. Herkunft muss schmeckbar sein, aber vor allem sollen die Weine bei jedem Schluck Freude machen und auch zum nächsten Schluck anregen. Callums Weine sind daher stilistisch komplett anders als die körperreichen Weine vieler Nachbarn, denn sie sind von einzigartiger Eleganz und Filigranität gezeichnet – das sind Weine, die bei jedem Schluck berühren.
Im Weingut wird ein minimal invasiver ›Hands-off‹-Approach gefahren. Trauben und Saft werden super schonend und lediglich mithilfe von Schwerkraft bewegt.
Die ganzen Trauben werden mitsamt ihrer Stile über drei bis vier Wochen mit wilden Hefen vergoren. Anschließend reifen sie 12 Monate lang auf der Hefe, bevor sie abgefüllt werden. Es kommen maximal zehn Prozent neues Holz zum Einsatz, denn der Wein soll hier immer im Vordergrund stehen und außer einer kleinen Menge Schwefel zur Stabilisierung des Weins vor der Abfüllung wird nichts zugegeben.
Agricola Vintners ist eine hoch spannende Entdeckung und dabei ist Callum erst ganz am Anfang seines eigenen Projekts. Für mich ist er schon heute ganz vorne mit dabei, nicht nur bei den begnadetsten Winzern Australiens, sondern sogar bei den besten Shiraz-/Syrah-Winzern der Welt. Und das ist eine durchaus krasse Behauptung!