Hier stehen einige der ältesten Weinberge der Welt, und dennoch ist die Weinwelt in South Australia extrem aufregend, spannend und mit dem Finger am Puls der Zeit.
Die um die Stadt Adelaide gelegene Region South Australia (Südaustralien) stieg Ende des 18. Jahrhunderts zum Zentrum der australischen Weinproduktion auf. Hauptgrund dafür war zunächst die Reblaus, die die bis dahin in der australischen Weinbranche wichtigste Region Victoria, die sich rund um Melbourne erstreckt, komplett lahmgelegt und ruiniert hatte. Auf wundersame Art und Weise gelang es den Südaustraliern glücklicherweise, sogar bis heute Reblaus-frei zu bleiben. Die entscheidende Maßnahme zum Schutz der südaustralischen Weinberge war mit Sicherheit, dass 1874 schnell ein vollständiges Verbot für importiertes Rebmaterial eingeführt wurde. Bis heute ist es übrigens verboten, Früchte aus anderen Staaten nach South Australia einzuführen, selbst der persönlich mitgeführte Apfel-Proviant muss an der Staatsgrenze entsorgt werden, ansonsten macht man sich strafbar.
Die Abschaffung der zwischenstaatlichen Handelszölle im Jahr 1901 festigte Südaustraliens Rolle als wichtigster Wein-Staat Australiens weiter, denn dadurch konnten Weine aus South Australia zu wettbewerbsfähigen Preisen an die Bevölkerungszentren von Victoria und New South Wales verkauft werden. Auch die Entwicklung der Region Riverland entlang dem Murray River, in der ertragreiche Weinberge mithilfe von Bewässerung angelegt wurden, trug zum enormen Wachstum der südaustralischen Weinindustrie bei.
In den späten 1940er-Jahren produzierte Südaustralien mehr als drei Viertel allen australischen Weins, wobei dieser hohe Anteil mittlerweile durch das Wiederaufleben der ebenfalls extrem spannenden, energiegeladenen viktorianischen Weinindustrie und dem Aufstieg weiterer Weinbauregionen entlang dem Murray River in Victoria und New South Wales zurückgegangen ist. Heute liegt die südaustralische Weinproduktion bei etwa 50 Prozent der nationalen Gesamterzeugung. Viele der größten Weinkonzerne des Landes, zu denen auch Australiens berühmtestes Weingut Penfolds gehört, haben ihren Hauptsitz in Südaustralien.
Die Weinproduktion des Staats South Australia ist in acht Zonen unterteilt. Sie konzentrieren sich allesamt auf den unteren, südöstlichen Teil des Staates, denn ein großer Teil des Nordens ist aufgrund der dort vorherrschenden extremen Trockenheit und Hitze für jegliche Art von Landwirtschaft völlig ungeeignet.
Obwohl Weinbau dadurch also in diesem relativ kleinen Teil des Staates geballt betrieben wird, sind die südöstlichen Zonen Südaustraliens weder klimatisch noch charakteristisch homogen – hier wird eine ganze Bandbreite an verschiedenen Wein-Stilen und Rebsorten gemacht.
Barossa ist das berühmteste und wichtigste Weinanbaugebiet der Region South Australia. Das Land im Barossa Valley wurde in den 1830er-Jahren hauptsächlich unter wohlhabenden – und meist abstinenten! – englischen Landbesitzern aufgeteilt. In den 1840er-Jahren kamen dann vermehrt deutschsprachige, preußische Lutheraner in der Region an, die vor der religiösen Verfolgung in ihrer Heimat fliehen mussten. Sie brachten den Weinbau mit. Die Barossa-Zone ist wiederum in zwei parallel verlaufende Täler unterteilt, das Barossa Valley und das Eden Valley. Dabei ist das Barossa Valley nicht nur die wichtigste Region für Fine Wine, sondern zugleich auch die viertgrößte Weinregion in South Australia, gleich hinter den Regionen Riverland, Riverina und Murray Darling, die sich auf günstige Einstiegsweine aus bewässerten Weinbergen spezialisieren. Steht auf einem Shiraz also »Barossa« (Zone) anstelle von »Barossa Valley« (Region), so kommt häufig ein Teil der Trauben aus dem etwas höher gelegenen, kühleren Eden Valley.
Das Barossa Valley liegt auf einer Höhe zwischen 100 und 300 Metern über dem Meeresspiegel, also relativ niedrig. Die durchschnittlichen Tagestemperaturen sind daher in der Regel zwei bis drei Grad Celsius wärmer als im höher gelegenen Eden Valley. Die Böden bestehen hauptsächlich aus braunem Lehm und sind für die Bewässerung in den trockenen Sommern der Region mit unterirdischem Wasser versorgt.
Im Jahr 1847 legte der Engländer Joseph Gilbert seinen Weinberg Pewsey Vale in den windgepeitschten »Barossa Ranges« östlich des Barossa Valley an. Das war der Beginn des Weinbaus im Eden Valley. Im Vergleich zum Barossa Valley ist das Eden Valley aufgrund der 400 bis 600 Höhenmeter wie gesagt kühler. Eine dünne Schicht aus Ton färbt die mit Granitfelsen gesprenkelten Hügel des Eden Valley rötlich. Die Region ist spärlicher bepflanzt und auf den sanften Hügeln befindet sich nur etwa ein Fünftel der Weinanbaufläche des Barossa Valley – hier sieht man dafür wesentlich mehr Schafe als Reben. Die Wasserknappheit sowie der hohe Salzgehalt der Böden machen eine weitere Ausweitung des Weinbaus unwahrscheinlich.
Während das Barossa Valley bekanntermaßen eine Rotwein-Region ist, wird im Eden Valley beinahe genau so viel Weißwein wie Rotwein angebaut. Und wer hätte gedacht, dass mehr als ein Viertel der Rebfläche mit Riesling bepflanzt ist?! Klar ist diese Rebfläche eine Hommage an die deutschen Vorfahren, aber die Weine können sich auch absolut sehen lassen. Die besten davon sind trocken, mit krassen Aromen von frischer Limette, Limettenzeste und Limettensirup, und die salzige, knackige Säure regt den Speichelfluss so richtig an und macht Appetit auf mehr.
Obwohl in der Region historisch vor allem aufgespritzte, Portwein-ähnliche Weine gemacht wurden, ist sie heute für ihren Barossa Shiraz weltweit berühmt. Über die Hälfte aller Weinberge sind mit der Rebsorte bepflanzt und daher entstand hier in South Australia das für die meisten Weinliebhaber klassische Bild des australischen Shiraz: intensive, konzentrierte Aromen von Schokolade, Pflaumen und Trockenobst mit seidigen Tanninen und zudem noch ordentlich Bums, denn die Weine haben traditionell nicht selten einen Alkoholgehalt über 15 % Vol. Auch Penfolds »Grange«, Australiens meist gesammelter und bekanntester Rotwein, basiert auf Barossa Shiraz.
Cabernet Sauvignon ist die am zweithäufigsten angebaute Sorte im Barossa Valley, sie wird meist in flachen Tallagen angebaut. Aber die berühmteste Hochburg für Cabernet Sauvignon befindet sich in Coonawarra, weiter südöstlich und beinahe an der Landesgrenze zu Victoria. Coonawarra ist neben Margaret River in Westaustralien die wichtigste Region Australiens für reinen Cabernet Sauvignon sowie Bordeaux Blends.
Grenache und Mataro (alias Mourvèdre) aus South Australia können aufregende sortenreine Weine, aber auch Blends im GSM-Stil der südlichen Rhône hervorbringen. Dabei ist der Trend hin zur Finesse und Feinheit besonders beeindruckend. Die Zartheit der Weine des Weinguts Yangarra erstaunt einen jedes Mal aufs Neue.
Was weiße Rebsorten anbelangt, so gedeiht Semillon im warmen Barossa Valley erstaunlich gut. Wenn er früh genug geerntet wird, kann er sogar erfrischend leichte Weine mit niedrigem Alkohollevel hervorbringen, die den eleganten Stilen des »Lower Hunter Valley« nicht zu unähnlich sind. Stilistisch werden die reiferen Vertreter meist im Barrique ausgebaut und sind dicht und körperreich.
In der Barossa-Zone gibt es über 100 Hektar Reben, die mindestens ein Jahrhundert alt sind. Hier stehen sogar die ältesten Syrah/Shiraz-Reben der Welt sowie vermutlich auch die ältesten Grenache- und Mataro/Mourvèdre-Reben der Welt. Die älteste Cabernet-Sauvignon-Parzelle Australiens, der »Block 42« von Penfolds, liegt in Kalimna im nördlichen Barossa Valley und stammt aus dem Jahr 1888!
Der einzigartige Reichtum dieser wurzelechten alten Reben wird zu Recht gefeiert. Im »Barossa Old Vine Charter«, einer selbstregulierten Klassifizierung alter Weinberge, werden vier Alterskategorien für Reben unterschieden:
- Old (mindestens 35 Jahre alt),
- Survivor (mindestens 70 Jahre alt),
- Centenarian (mindestens 100 Jahre alt),
- Ancestor (mindestens 125 Jahre alt).
Weingüter dürfen diese Bezeichnungen auf ihren Etiketten verwenden, sofern die Weinberge das erforderliche Alter aufweisen.
South Australia ist eine Weinregion mit einer bewegten Geschichte. Wie auch in den anderen Teilen Australiens gibt’s hier keinen Stillstand. Der Trend hin zu eleganten, balancierten Weinen wurde von den besten Winzern erkannt und schon lange umgesetzt. Mit der jungen Winzergeneration am Start, die weltweit vernetzt ist, haben sich viele Weine fabelhaft verfeinert.