Spätburgunder JS 2022

Jean Stodden: Spätburgunder JS 2022

VDP

Zum Winzer

94+
100
2
Spätburgunder
5
rot, trocken
13,0% Vol.
Trinkreife: 2026–2042
Verpackt in: 6er
9
strukturiert
seidig & aromatisch
saftig
3
Lobenberg: 94+/100
6
Deutschland, Ahr
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Spätburgunder JS 2022

94+
/100

Lobenberg: In 2022 war die Trockenheit das bestimmende Thema über den Sommer, dann kam der Regen im Herbst, der zu einem mutigen Wartespiel wurde. Alexander hat einen Großteil seiner Trauben vor dem Regen geholt, weil er nicht pokern wollte oder anders gesagt die reifen Trauben reinholen wollte, um im schlimmsten Fall nicht zu viel zu verlieren. Dann ging es immer wieder hin und her mit partiellen Regenschauern und am Ende war für Alexander alles was vor dem Regen geholt wurde das größere und bessere Material. Wie immer bei Stodden komplett entrappt. Alexander mag keinerlei grüne Noten in seinen Weinen. Spontane Angärung im Edelstahl, Ausbau in Barriques in dritter Belegung und ungefähr 10 Prozent Neuholzanteil. Im JS noch mehr als dem J begeistert diese feine Extraktsüße, die Weine sind knalltrocken, aber sie duften so wunderbar köstlich nach reifen Beeren und süßen Gewürzen, süße Veilchen, sehr viel Kalkstein und Feuerstein im Duft. Enormer Spannungsbogen aus reifer Schwarzkirsche mit Brombeere und einem Hauch Meersalz. Die 2022er sind wirklich eine berauschende Delikatesse, reich, duftig, vollmundig und satt. Im Gegensatz zum fruchtigeren J kommt der Mund dann aber mit einem mineralisch-salzigen Druck angerauscht. Diese hohe Frische und Pikanz aus der Cassis und der Johannisbeere mochte man dem heißen Jahrgang gar nicht zutrauen. Tolles Säurespiel, die Energie erinnert etwas an 2019, hat darüber diese leicht beerig-schokoladige Frucht von 2018 und die Konzentration von 2015. Das ist schon ein sehr hedonistisches, leckeres, fruchtopulentes Jahr. Dennoch hat Alexander Stodden es geschafft die Spannung und den Alkohol im Griff zu behalten. Diese kanalisierte Frische, zusammen mit der feuersteinigen Schiefermineralik, die den Wein mit viel Nachdruck marmoriert, wird in 2022 von einem unglaublich köstlichen, fast süßen Tannin- und Fruchtmantel begleitet. Reich und unendlich fein, samtig, saftig. Man will ins Glas springen so köstlich ist dieser beerige Saft. Moselanisch tänzelnd und doch so burgundisch reich und mundfüllend. Eine superbe Kombination. Die feine Handschrift von Alexander Stodden mit seiner kompletten Entrappung und dem heute sehr eleganten Holzeinsatz tun ihr übriges dazu. Toller Spätburgunder für die Freude, schon jung mit großem Genuss antrinkbar!

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

Mein Winzer

Jean Stodden

»Im Einklang mit der Natur alles tun, um Wein zur Vollendung zu bringen. Die Weinberge sind das Pfund, mit dem wir wuchern können.« Dieser Feststellung vom jetzigen Winzer, Jean Stoddens Sohn Alexander, beschreibt schon exakt die Philosophie, mit der hier am Weingut seit Generationen grandiose Weine...

Spätburgunder JS 2022