Kiedrich Turmberg Riesling Erste Lage Spätlese 2023

Robert Weil: Kiedrich Turmberg Riesling Erste Lage Spätlese 2023

VDP

Zum Winzer

96–97
100
2
Riesling 100%
5
weiß, süss
8,5% Vol.
Trinkreife: 2027–2053
Verpackt in: 6er
9
fruchtbetont
mineralisch
3
Lobenberg: 96–97/100
6
Deutschland, Rheingau
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Kiedrich Turmberg Riesling Erste Lage Spätlese 2023

96–97
/100

Lobenberg: Der Turmberg ist die steilste Lage vom Weingut Robert Weil, hinter dem Gräfenberg gelegen. Es handelt sich hier um grauen Phyllitschiefer, fast pur mit nur wenig Erdauflage, ein sehr karger Boden. Der benachbarte Gräfenberg hat mehr Löss- und Lehmanteile, die dem ganzen mehr Power verleihen. Turmberg ist immer der kargere, schlankere und ziseliertere Wein. Gräfenberg mag erhabener und vielleicht auch irgendwann wenn man in Jahrzehnten spricht auch langlebiger sein, aber Turmberg hat einfach diese fesselnde Mineralität, die sich am Gaumen festbeißt und nicht mehr loslässt. Es ist fast immer der faszinierendere, elegantere Wein, ohne die Tiefe des Gräfenberg zu erreichen. Nach einem erneut historisch trockenen und sehr sonnigen Sommer, kamen Regenfälle gegen Herbst. Die Spätlesen 2023 sind entsprechend komplett botrytisfrei, entstanden vor allem aus hochreifen bis überreifen Beeren und am Stock angetrockneten Trauben. Das Team war fleißig in den Weinbergen unterwegs und hat komplett biologisch gearbeitet, die Zertifizierung folgt demnächst. Die restsüßen Weine von 2023 sind enorm faszinierend, weil sie so glockenklar sind und dennoch so viel Expressivität, Druck und Exotik mitbringen. Wahnsinnig intensiver Duft von hochreifem Pfirsich, Grapefruit, süße marokkanische Minze, Litschi und Melone. Köstlich! Eine Spätlese gebaut für Jahrzehnte mit gewaltigem Anschub gepaart mit dieser extrem hintersinnigen, feinen Mineralität des Turmbergs, die immer wieder aufblitzt. Auch in diesem Jahr gefällt mir die Spätlese aus dem Turmberg besser als die aus dem Gräfenberg, auch wenn sich dieses Verhältnis in 30 Jahren vielleicht umdrehen mag, aber da werden die allermeisten Flaschen schon ausgetrunken sein. Der Turmberg ist mit seiner höheren Spannung und straffen Salzigkeit in den ersten Jahrzehnten einfach die spannendere, packendere Spätlese, die sich aufregender trinkt.

Jahrgangsbericht

Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

Mein Winzer

Robert Weil

Schon von weitem erkennt man die Flaschen von Robert Weil an ihrem charakteristischen Himmelblau. Nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt steht diese Farbe für Spitzen-Rieslinge auf absolut höchstem Niveau. Ein Markenzeichen, symbolisch für die kompromisslose Qualität der Weine von...