Spätburgunder vom Kalk 2022

Jülg: Spätburgunder vom Kalk 2022

VDP

Zum Winzer

92
100
2
Pinot Noir 100%
5
rot, trocken
13,0% Vol.
Trinkreife: 2024–2032
Verpackt in: 6er
9
fruchtbetont
saftig
3
Lobenberg: 92/100
Gerstl zu 2021: 18/20
6
Deutschland, Pfalz
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Spätburgunder vom Kalk 2022

92
/100

Lobenberg: Die eher ins Violett gehende Farbe verspricht eine Tendenz Richtung Kirsche, Richtung Frankreich. Beim ersten Hineinriechen kommt dann aber zunächst doch Erdbeere, aber Wilderdbeere, nichts Eingelegtes oder Bonbon-artiges. Sie ist unterlegt mit wilden Kräutern und zieht die Nase tiefer ins Glas. Und dann auf einmal kommt doch die Kirsche. Wunderbar fein rot und sogar schwarz. Zwar wechselt sie sich mit der Erdbeere ab, aber die Überhand gewinnt die Kirsche. Vielleicht ist das der perfekte Ausgleich. Teile dieses Weines wachsen jenseits der Grenze in Frankreich, vielleicht zeigt man hier »best of both worlds«. Im Mund dann kein Zweifel mehr. Kirsche satt. Mit Druck und Tannin und Kalk. Hier zeigt der Boden, was er kann. Wir schmecken Kirschkern, aber auch Gesteinsmehl. Ganz feine Bitterstoffe kleiden den Mundraum aus. Die Säure hat eine innere Spannung, die immer alles zusammenhält und geradeausführt. Nicht so sehr verspielt. Sehr geradeaus und aber auch mit Muskelfleisch. Kein Kraftmeier, aber auch nicht nur die tänzelnde Ballerina. Eine kompakte Kirschfrucht schnellt mit Zug über die Zunge. Verlangt nach mehr. 92/100

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

18
/20

Gerstl zu 2021 über: Spätburgunder vom Kalk

-- Gerstl zu 2021: Der burgundische Einfluss in dieser pfälzerischen Region ist sehr schön im Duft erkennbar. Der Wein wurde spontan vergoren und zu 100% im Holz ausgebaut (neue und gebrauchte Fässer), zudem ist er unfiltriert abgefüllt. Herrliche Kirschenfrucht mit Himbeere und Erdbeere, dahinter etwas Johannisbeere. Hier strahlt und lacht ein fantastischer Pinot aus dem Glas. Nebst der Reife gefällt mir auch der kühl würzige Hintergrund. Beim Jahrgang 2021 gab es rund 40% Verlust und entsprechend nur eine sehr kleine Ernte. Die Qualität der Trauben, die verwendet werden konnten, ist aber hervorragend! Klassische Aromatik im würzigen und fruchtigen Stil. Unheimlich saftig und expressiv fruchtig am Gaumen, wo er seinen tänzerisch fröhlichen Charakter zeigt. Im Finale zart würzig und leicht pfeffrig. Viel Genuss für wenig Geld.

Mein Winzer

Jülg

Das Weingut Jülg im südpfälzischen Schweigen-Rechtenbach ist schon längst kein Geheimtipp mehr. Winzer Johannes Jülg zählt mit seiner absolut eigenständigen und sehr burgundischen Stilistik bereits seit einigen Jahren zur qualitativen Spitze der Pfalz.

Spätburgunder vom Kalk 2022