Riesling Centgrafenberg Großes Gewächs 2023

Rudolf Fürst: Riesling Centgrafenberg Großes Gewächs 2023

VDP

Zum Winzer

96–97+
100
2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
12,5% Vol.
Trinkreife: 2027–2044
Verpackt in: 6er
9
mineralisch
leicht & frisch
3
Lobenberg: 96–97+/100
Suckling: 98/100
6
Deutschland, Franken
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Centgrafenberg Großes Gewächs 2023

96–97+
/100

Lobenberg: Natürlich steht auch der Centgrafenberg im Bürgstadter Berg. Ist also umgeben von der Ersten Lage und die GG-Parzellen sind die Filets. Der Wein wächst komplett auf Buntsandstein mit Eisenanteil. Das macht die Würze dieser Weine aus. Genau wie die Erste Lage als Ganztraube sofort gequetscht mit den Füßen und abgepresst, keine Standzeiten. Vergärung erfolgt spontan. Ausbau in einem alten Doppelstückfässern von 2400 Litern, mehr gibt es nicht. Sebastian Fürst erinnert 2023 am ehesten an eine Kreuzung von 2015 und 2017, also hohe Reife und hohe Spannung. Grapefruit und Kumquat, Curry, was ein bisschen die Signatur von 2023 ist, das hatten viele Weine. Eine einnehmende, steinige Wärme liegt darüber, wie sie typisch ist für viele Weine auch von der Nahe, wie der Felsenberg, der Roxheimer Höllenberg. Der Centgrafenberg zeigt initial keine laute Frucht, drückt sich eher in feinen Tönen aus. Die Würze changiert zwischen weißem Pfeffer und grünem Tee. Wir sind schon aufregender und rassiger, vibrierender als 2022. Das gefällt mir sehr gut. Ich kann diesen Vergleich zu 2015 sehr gut nachvollziehen, das wäre wohl auch meine Assoziation. Denn wir haben hohe Reife und rassige Säure zugleich. Vielleicht der begeisterndste Jahrgang seit 2019. Ein Betrieb, den nichts erschüttert, der jedes Jahr liefert, der jedem Jahrgang das beste abringt und seelenruhige und doch aufregende, fesselnde Weine erzeugt. Zeitlos gut.

Jahrgangsbericht

Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

98
/100

Suckling über: Riesling Centgrafenberg Großes Gewächs

-- Suckling: Fabulous nose of yellow fruit, wild herbs and berries. Tremendous concentration and finesse on the extremely tightly wound but only medium-bodied palate. Like a sparkling diamond, the facets glitter with so many colors. Enormous aging potential. Drink from release.

Mein Winzer

Rudolf Fürst

Franken ist Frankreich nicht nur phonetisch ganz nahe. Wer behauptet, dass exzellenter Pinot Noir, also Spätburgunder nur aus dem in Frankreich gelegenen Burgund stammt, hat mindestens die letzte Dekade verschlafen.

Riesling Centgrafenberg Großes Gewächs 2023