Chateau Certan de May 2022

Chateau Certan de May 2022

Holzkiste

Zum Winzer

97–99
100
2
Merlot 60%, Cabernet Franc 30%, Cabernet Sauvignon 10%
5
rot, trocken
14,5% Vol.
Trinkreife: 2032–2071
Verpackt in: 6er OHK flach
9
voluminös & kräftig
seidig & aromatisch
tanninreich
3
Lobenberg: 97–99/100
Suckling: 96–97/100
Quarin: 96/100
Gerstl: 20/20
6
Frankreich, Bordeaux, Pomerol
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Chateau Certan de May 2022

97–99
/100

Lobenberg: 2022 besteht der Wein aus 60 Prozent Merlot, 30 Prozent Cabernet Franc und zehn Prozent Cabernet Sauvignon. Gelesen wurde zwischen dem 7. und dem 20. September. Hochreife, würzige Himbeeren in der Nase, dazu satte Erdbeeren, Pflaumen, reich, dicht und würzig. Und unglaublich voluminös. Deutlich feinerer, rotfruchtiger Mund. Cabernet Sauvignon in Dominanz mit roter Paprika – erstaunlich! Dazu rote Kirsche, Sauerkirsche und eine schöne salzige Länge. Viel Druck im Mund. Ein Samtteppich mit delikaten Tanninen. Das ist genau der Kompromiss von Pomerol, der einfach perfekt kommt. Die Fülle, die Reichhaltigkeit und trotzdem diese Feinheit und Frische. Opulenz, Wollust und guter Trinkfluss zugleich. Nicht ganz so gut wie Latour à Pomerol, aber schon ziemliche Oberliga in der Appellation. 97-99/100 *** Ein Weingut der Familie May, die im Mittelalter von Schottland nach Frankreich gezogen ist und per königlichem Dekret im 16. Jahrhundert als Dank diese Domaine erhalten hat. Die erste Weinproduktion fand im 18. Jahrhundert statt. Bis 1925 war das Château im Familienbesitz der May de Certan und ging dann an die Familie Barreau. Certan de May liegt auf dem Zentralplateau in direkter Nachbarschaft von Vieux Château Certan und La Fleur-Pétrus. Also vom Potenzial eines der feinsten Terroirs überhaupt. Das Weingut wird heute vom Direktor und Mitbesitzer Jean-Luc Barreau geleitet und gehört zur Gruppe Moueix. Als führender Berater ist seit 2013 Jean-Claude Berrouet engagiert, der auch leitender Önologe für Château Pétrus ist. Das Weingut besteht nur aus 5,5 Hektar auf Lehm- und tiefen Kiesböden. Die klassische Machart bei Moueix: Komplette Entrappung, dann die Vergärung in temperaturregulierten Betontanks. Der Ausbau geschieht in Barriques, davon ein Drittel Neuholz. Ganz häufig ist Certan de May auf fast ähnlichem Level wie VCC, kostet nur in der Regel deutlich weniger. Zwar nicht günstig, aber die Hälfte von VCC. Häufig mit einem ähnlichen Charakter gesegnet, aber meist eine Spur grober als die unendliche Feinheit von VCC. Aber schon in die gleiche Ausrichtung gehend durch die Kieslinse und die hohen Cabernet-Anteile.

Jahrgangsbericht

2022 hatte den trockensten Sommer in Frankreich seit Beginn der Aufzeichnungen und war insgesamt das heißeste Jahr seit 1947. Nicht so extrem und plötzlich heiß wie 2003, eher harmoniefördernd gleichmäßig warm und eben sehr trocken. Nachdem im November und Dezember 2021 satt Regen fiel, blieb es in den Folgemonaten trocken und warm. Die Reben konnten sich also bei gleichmäßiger Blüte langsam an die Trockenheit gewöhnen. Die Terroirs mit den besten Wasserspeicher-Eigenschaften und den sehr tief wurzelnden alten Reben konnten das Wasser-Reservoir des Winters und Frühjahrs nach früher und sonniger Blüte relativ problemlos durch den trockenen Sommer nutzen. Regen gab es erst wieder im Juni und dann in der zweiten Augusthälfte mit 30 bis 50mm. Danach blieb es sonnig und trocken mit einem langen »Indian Summer« bis weit in den Oktober und sogar November. Jeder konnte auf den perfekten Erntezeitpunkt warten, zumal es dank sommerlicher Stillstände keinen Zucker-Alkoholdruck gab. Wer mit alten Reben und perfekten Terroirs dann noch verschont wurde vom jährlich zunehmendem April-Frost und vom allzu häufigen Hagel des Frühsommers, konnte sich gerade als biologisch arbeitender Winzer über das, ob des Klimas, vollständige Ausbleiben von Fäulnis und Pilzkrankheiten freuen. Niemand musste auch nur irgendwas spritzen. Für Bio-Winzer mit alten Reben und superbem Terroir war 2022 ein so noch nie erlebtes, perfektes Jahr, zumal man sich über die vergangenen 10 extremen Jahre an die besser angepasste Laub- und Bodenarbeit gewöhnt hatte. Saint Emilions und Castillons Kalksteinfelsen, Pomerols und Fronsacs Lehmböden und die dicken Kieslinsen des Medocs hatten bei sehr altem Rebbestand bis auf den Malus kleinerer Erträge kaum Sorgen. Weniger, aber ein überragend intensiver Saft aus kleinen, dickschaligen, kerngesunden Beeren. Aromatisch frischer Most, tiefes und zugleich delikates Tannin, dazu eine überragende Balance. Junge Reben und sandige Böden litten allerdings extrem, da gab es hier und da schon desaströse Ergebnisse. Besonders profitiert haben, neben den o.g. perfekten Böden dazu am linken Ufer, die in sehr nassen Jahren benachteiligten Fluss- und Ufernahen Terroirs des Medocs, des nördlichen Haut Medocs und Saint Estèphes. Die meisten Winzer vergleichen 2022 mit 2018, allerdings war 2022 überwiegend noch deutlich konzentrierter und reicher in der Frucht, vibrierender, cremiger und trotz der extremen Reichhaltigkeit erstaunlich frisch, seidig und harmonisch, das erinnert auch an das Traumjahr 2016. 2022 ist nicht so extrem pikant wie das Hammerjahr 2019 und nicht ganz so tänzelnd finessenreich wie der 2020er. Winzer mit langer Erfahrung sprechen eher von einer deutlich perfekteren Reinkarnation der Jahrgänge 1982, 1961 und 1949. Jean-Philippe Janoueix, eine Instanz am rechten Ufer und Besitzer vieler Châteaux in Pomerol, Saint Emilion und Castillon sagt: »2022 is the more concentrated version of 2018. With deep acidity and rich, soft masses of tannin, 2022 is the much better and long-lived resurrection of the great 1982 and 1961.« Und das mit größerem Know-how, optimaleren Weinstöcken, niedrigeren Erträgen je Stock, besserer biologischer Weinbergsarbeit, dramatisch präziserer Selektion vor der Kelter (Laser und Wasserbad) und einer kenntnisreicheren Kellertechnik als vor vierzig Jahren. Ohne Zweifel ist 2022 also ein historischer Jahrgang. Fakt ist, dass trotz der wohl berechtigten Jubelschreie der allerbesten Winzer das Jahr 2022 auf Kante genäht ist. Junge Reben und nur mittelgute und schwächere Terroirs, und das ist nun mal mit Abstand der Großteil des Bordelais, haben in nassen und noch mehr in solch trocken-heißen Jahren ganz schlechte Karten und üble Zukunftsaussichten. Und leider werden die Jahre trotz einiger, klassischer Ausnahmen wie das Bordelaiser »Normaljahr« 2021 im Schnitt immer extremer. Die wenigen, strahlenden Topwinzer der Appellationen glänzen ob der extraterrestrischen Qualitäten mehr denn je, die große Masse bleibt auf der Strecke. Die Spitze der Pyramide wird noch schmaler und zugleich noch höher. 2022 ist für die Superstars jeder Appellation ein so noch nie dagewesener Qualitätstraum, aber wo soll das für die breite Basis enden? Spanien findet den Ausweg aus den immer extremeren klimatischen Wetterkonditionen in 800 bis 1200 kühlen Höhenmetern, aber wie sieht – neben den weiter vorwärts stürmenden Superstars – die Zukunft des Bordelaiser »Normalwinzers« auf NN aus?

96–97
/100

Suckling über: Chateau Certan de May

-- Suckling: The bramble berry and blueberry character with violets and black olives comes through clearly here. It’s full-bodied yet the quality of the tannins are polished and attractive. Strength with appeal. 60% merlot, 30% cabernet franc and 10% cabernet sauvignon. 96-97/100

96
/100

Quarin über: Chateau Certan de May

-- Quarin: Dunkelrote, lebhafte Farbe. Feine, fruchtige, subtile, edle und komplexe Nase. Am Gaumen mit minutiöser Textur, duftendem Körper und zarter Fülle. Das Ganze zieht sich minutiös in den Abgang mit ausgeklügelten und fesselnden aromatischen Nuancen. Assemblage: 60 % Merlot, 30 % Cabernet Franc, 10 % Cabernet Sauvignon. 96/100

20
/20

Gerstl über: Chateau Certan de May

-- Gerstl: Das ist schon im Duft wieder die betörende Pomerol-Erotik, tiefgründige Schwarzfrucht, ganz viel Kräuter, verführerisch floral, enorme Vielfalt. Das ist schon ganz grosses Kino, begeisternde Eleganz, enorme Konzentration, verspielt leichtfüssig in Szene gesetzt. Er hat auch etwas Wildes an sich, fast ein wenig verrucht, das knistert, das kann nur Certan de May. Das ist und bleibt eine einzigartige Wein- Persönlichkeit. 20/20

Falstaff über: Chateau Certan de May

-- Falstaff: Tiefdunkles Rubingranat, opaker Kern, violette Reflexe, dezente Randaufhellung. Reife schwarze Kirschen, einladende Brombeerkonfitüre, kandierte Orangenzesten, entwickeltes Bukett. Komplex, saftig, dunkle Frucht, frisch und lebendig am Gaumen, salzig-zitronig im Abgang, ein facettenreicher, früher zugänglicher Speisenbegleiter. 95/100

Mein Winzer

Certan de May

Auf der höchsten Erhebung von Pomerol in allerbester Lage zwischen Petrus und Vieux-Chateau-Certan befinden sich die fünf Hektar Weinberge von Certan de May. Seit die Eigentümerin Madame Barreau-Badar und ihr Sohn Jean Luc 1974 die Weinbereitung bis ins kleinste Detail selbst in die Hand genommen...

Chateau Certan de May 2022