Lobenberg: In Bordeaux gab es 2020 eine unglaubliche Regenmenge im Frühjahr. Während der frühen, aber perfekten Blüte, blieb es zwei Wochen lang trocken, direkt danach gab es wieder Regenfälle. Von Mitte Juni bis Mitte August fiel dann allerdings keinen einziger Tropfen Regen mehr. Bei Sandböden war das ein Desaster – die Reben bekamen Trockenstress. Bei Lehmböden, wie wir sie in den besten Lagen des Médoc und Pomerol haben, oder auf reinem Kalkstein, wie oft in Saint-Émilion, war das überhaupt kein Problem. Zumal Mitte August circa 80 Millimeter Regen fielen. Ende August nochmal 15 Millimeter. Danach war es den ganzen September über trocken. Also ziemlich perfekte Bedingungen für hervorragendes Terroir, perfekte Bedingungen für hohe Reife und satte Tanninwerte, bei recht moderater Säure. So auch für Château Margaux mit seinem lehmhaltigen Terroir. Der Pavillon Rouge besteht 2020 aus 75 Prozent Cabernet Sauvignon, 18 Prozent Merlot, fünf Prozent Petit Verdot und zwei Prozent Cabernet Franc. Der Ertrag lag 2020 aufgrund der Trockenheit bei nur 36 Hektolitern pro Hektar. Normalerweise sind es rund 45 Hektoliter. Die Lese fand zwischen dem 10. und dem 30. September statt. Wir haben hier einen klassischen Zweitwein, in den ein Drittel der Produktionsmenge geht, ein weiteres Drittel geht in den Erstwein, der Rest in einen Drittwein. Was wir schon zuvor bei Château Palmer erlebt haben, das setzt sich hier bei Château Margaux mit seinem Pavillon Rouge fort: eine wunderschöne Duftwolke, hohe reife Frucht. Schon in der Nase eine satte Konzentration zeigend. Aber eine milde Säure. Einfach eine hedonistische, liebliche Duftwolke. Schwarze Kirsche, süße rote Kirsche, reife Zwetschge, leichte Lakritze und Milchschokolade. Die Nase wird umspült von dieser sanften, ja fast leckeren hedonistischen Wolke. Im Mund setzt sich das fort. Unglaublich fein, aromatisch und lecker. Die Säure und der pH-Wert ist – wie mir versichert wurde – identisch mit den Werten von 2019. Aber die Tanninmengen sind 2020 höher, jedoch sind sie butterweich, seidig und poliert. Der Tannin-Level ist, zusammen mit 2018, der höchste in der Geschichte von Château Margaux. Das Finale endet in Wohlgefallen – ein Leckerli. Ein wirklich schöner Margaux, der aber wahrscheinlich angesichts des Preises nur wenige Liebhaber finden wird. Eine große Freude! 95-97/100