Lobenberg: 2019 begann mit einem frühen Austrieb, dann eine lange kühle Periode bis zur Blüte, der Sommer hatte einige sehr frühe Juni-Hitzespitzen, war insgesamt sehr warm und trocken. In einigen Lagen gab es Sonnenbrand aber kein Trockenstress. Diese Beeren sind einfach vertrocknet und herausgefallen, somit war das eine natürliche Ertragsreduzierung. Der Rest wurde dann händisch heraus sortiert bei der Lese, das war neben etwas Fäulnis eine extreme Selektionsarbeit, die dieses Jahr geleistet werden musste. Wer eine extreme Selektion vornahm, bekam 2019 herausragende Traubenqualitäten. Die Lese dauerte vier Wochen, von Anfang September bei bestem Wetter mit warmen Tagen und kühlen Nächten. Dann drehte das Wetter und es gab immer wieder Regenschauer, es musste extrem schnell und lang durchgearbeitet werden um die Trauben trocken hereinzuholen. Die GGs wurden alle in den ersten beiden Oktoberwochen gelesen, circa eine Woche später als 2018. Die Alkoholgrade sind moderat und im Schnitt circa ein halbes Grad geringer als 2018, 11,5% bis maximal 12,5%, die GGs zum Teil bis 13%. Durch die sehr kalten Nächte im Herbst hat sich eine brillante Fruchtsäure erhalten, die dem Jahrgang diese einmalige energetische Frische verleiht. Kellerwirtschaftlich war das laut Cornelius ein extrem einfaches Jahr, weil die Trauben perfekte Mostgewicht-Mostsäure-Verhältnisse mitbrachten, keine Ansäuerung und keine Anreicherung war hier nötig, alles passte. Die Erntemenge liegt circa 10-15% unterhalb der durchschnittlichen Normalmenge, also deutlich tiefer als 2018. Einen derartigen Spagat wie im Jahr 2019 zwischen den eigentlichen Gegensätzen hoher Fruchtreife und zugleich perfekten natürlichen Säuren gab es so noch nie in der Geschichte sagt Cornelius Dönnhoff. 2010 trifft auf 2018. Diese Mischung ist total einzigartig und macht den Jahrgang auch sehr langlebig, obwohl er sich auch jung schon genial probieren lässt.Die Oberhäuser Brücke von Dönnhoff als Großes Gewächs gibt es nur in der Versteigerung zu kaufen. Ein sehr spezielles Terroir, was früher nur den besten Süßweinen des Hauses vorbehalten war, weil die Flussnähe eben auch Botrytis fördert. Die Füße der Reben stehen in Schiefer, in Schwemmsanden mit großen vulkanischen Anteilen. Eine sehr komplexe Bodenstruktur, die sich hier am Flussbett angereichert hat. Das Große Gewächs wächst auf einem Teilbereich der Großen Lage, und zwar im kühlsten Teil der Lage direkt an der Brücke. Es ist die kühlste Lage und gleichzeitig auch die kargste Lage. Dieses GG wird nur in sehr guten und eher warmen, trockenen Jahren ohne Botrytisgefahr erzeugt. Sonst kommt nur der beste Süßwein des Hauses aus der Oberhäuser Brücke. Es ist keine Steillage, aber es gibt aufgrund der Nähe zum Fluss große Unterschiede zwischen Tag- und Nachttemperaturen. Der 2019er hat 13 Volumenprozent Alkohol. Die Nase des Weins besticht durch ihre Klarheit und durch ihren Charme. Reifer Augustapfel, Williams Birne, ein Hauch Zitronengras darunter. Litschi, ganz fein. Im Mund ist man dann sehr hin und hergerissen, ob es ein Supercharmeur ist oder ein richtiger Kracher, weil er von beidem reichlich hat. Wir haben diesen leichten Bratapfel, den reifen Augustapfel, die in Zucker gewälzte Limette und Orangenschalen, aber wir haben auch großen Zug und steinig-schiefrige Substanz untendrunter. Lang und dicht und erhaben in seiner salzigen Ausprägung, mit recht viel Limette und Zitronengras darunter. Er zeigt nicht ganz so viel Harmonie und Schlüssigkeit wie Dellchen, Felsenberg und Hermannshöhle aus gleichem Haus. Er ist noch ein wenig ungehobelt und unfertig, weil er eigentlich von beiden Seiten zu viel hat. Zu viel Charme, grandiose Frische und gleichzeitig auch extreme Mineralität und einen salzig-steinigen Nachhall. Das muss sich erst noch finden. Ein riesiges Potenzial, aber noch nicht entwickelt. Für mich noch nicht so eindeutig auf finale Größe festlegbar wie die zuvor genannten drei GGs. 96-100/100