Lobenberg: 2020 gab es an der Rhône insgesamt relativ normale Mengen. An der Nordrhône vielleicht sogar etwas mehr als im Durchschnitt. Im Süden hatten die Reben deutlich mehr mit Trockenstress zu kämpfen, weil hier im Sommer nur wenige Millimeter Regen fielen. Aber besonders die Reben auf Lehmböden und die alten, tiefwurzelnden Rebstöcke, konnten das Ganze gut wegstecken. Probleme gab es erst während der Lese, weil es um den 20. September relativ starke Regenfälle zwischen 40 und 60 Millimetern pro Quadratmeter gab. So kann man durchaus unterscheiden zwischen Weinen, die vor dem Regen gelesen wurden und jenen, die erst danach den Weg in die Keller fanden. An der Südrhône erinnert 2020 sehr an 2018. Wir haben eine sehr saftige und reiche Frucht, aber nicht dieses extrem Fette, ja fast Dramatische, aus 2019. Im Süden ist es – anders als an der Nordrhône – eher kein klassischer, sondern ein saftiger, fruchtstarker Jahrgang wie 2018, der auch schon ziemlich perfekt gelungen war. In Summe ist 2020 an der Rhône ein großes Jahr. Balancierter und harmonischer als das Kracher-Jahr 2019. Die Tardieus haben das Label und den Namen des Guy Louis neugestaltet, ohne jedoch den Inhalt zu verändern. Weiterhin ist es eine Zusammenarbeit mit verschiedenen, teils biologisch arbeitenden Winzern, von denen sie schon lange Trauben beziehen. Der Name Nobles Origines wurde gewählt, weil der Wein zu 100 Prozent aus fünf Crus stammt: Vacqueyras, Beaumes-de-Venise, Rasteau, Lirac und Cairanne. Das Ganze wird deklassiert zu einem Côtes du Rhône. Also großes Kino für kleines Geld. Der Wein besteht aus 70 Prozent Grenache, 20 Prozent Syrah und 10 Prozent Mourvèdre. Die Grenache-Reben sind 50 Jahre alt, die Syrah 40 Jahre und die Mourvèdre 30 bis 40 Jahre. Der Alkoholgehalt liegt bei 14,5 Volumenprozent. Ein Drittel der Trauben wurde nicht entrappt. Nach der Spontangärung in Betonfudern erfolgt der Ausbau für zehn Monate in Barriques mit Zweit- und Drittbelegung. Danach geht der Wein für weitere acht Monate ins Stockinger-Fuder. Die Weine werden nicht geschönt und nicht filtriert, bevor sie in die authentischen Burgunderflaschen wandern. Ab dem Jahrgang 2020 mit der teuersten Korkvariante von DIAM ausgestattet, die neben Naturkork 100 Prozent natürliche Materialien wie Rizinusöl und Bienenwachs enthält. Der Nobles Origines hat eine reiche, dichte, schwarzfruchtige Nase. Satte Backpflaume, ein bisschen Rumtopf, reiche und dichte Maulbeere. Schon die Nase ist saftig, wow! Konzentrierte Himbeere, zum Reinspringen schöne Fruchtmassen, reich, aber ohne Fett. Im Mund dann unerwartet fein, schlank und komplex. Sehr harmonisch. Saftige rote Frucht, rote Kirsche und etwas Schattenmorelle. Aber in der Säure nicht sehr hoch, sondern sehr gut verwoben. Mit schwarzer Kirsche fast etwas burgundisch daherkommend, nicht so üppig, körperreich und fast brachial im Fett wie 2019. Eher fein, schick und seidig. Die Tannine sind total geschliffen. Ein sehr aromatisches Geschmacksbild. Die intensive Aromatik lässt die Augenbrauen ein bisschen sich zusammenziehen. Und trotzdem tut nichts weh an diesem Wein. In seiner Größe steht er klar hinter 2019, aber in der Komplexität, Feinheit und saftigen, klassischen Ausrichtung ist er vielmehr das, was der Nobles Origines (bzw. der frühere Guy Louis) darstellen soll. Ein Oberklasse Côtes du Rhône. Das hat – und das überrascht mich sehr – ein bisschen Ähnlichkeit mit Bordeaux. Wir haben eine ganz große Feinheit und Saftigkeit, einen puren Hedonismus. Es ist klassisch und gleichzeitig total unanstrengend. Sehr schicker Wein! 94-95/100